OGH 2Ob185/97p

OGH2Ob185/97p26.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helga M*****, vertreten durch Dr.Franz Rainer und Dr.Hans-Moritz Pott, Rechtsanwälte in Schladming, wider die beklagte Partei C*****, vertreten durch Dr.Roger Haarmann und Dr.Bärbl Haarmann, Rechtsanwälte in Liezen, und deren Nebenintervenientin A*****, vertreten durch Dr.Norbert Scherbaum und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen Zahlung von S 131.336,50 sA und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 6.März 1997, GZ 4 R 19/97i-43, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 11.November 1996, GZ 7 Cg 57/95a-36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der Nebenintervenientin die mit S

7.605 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.267,50, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zwischen den Streitteilen wurde im Sommer 1994 ein Beherbergungsvertrag über die Wohnung Nr.5 in der Pension der Beklagten abgeschlossen. In diesem Appartement befand sich als Schlafgelegenheit ua eine zu einem Doppelbett ausziehbare Couch. Diese hatte der Vater der Beklagten, der die Pension bis 1992 führte, 1980 gemeinsam mit vier weiteren in einem Möbelfachgeschäft gekauft. Diese Ausziehbetten waren seither mehrfach als Doppelbetten verwendet worden, ohne daß es zu irgendwelchen Zwischenfällen gekommen wäre.

Am Morgen des 8.7.1994 geriet die Klägerin beim Aufstehen mit der linken Ferse unter ein seitlich an der Couch montiertes Winkeleisen. Dieses war am Holzrahmen im unteren Bereich angebracht und stand senkrecht aus diesem ungeschützt über die Kante der Pölster vor. Das Winkeleisen war insoferne mangelhaft, als es nicht entgratet und abgerundet bzw nicht abgeschliffen war. Weder der Klägerin noch ihrem Ehegatten noch der Beklagten ist das dunkelbraun gestrichene und tief montierte, im aufgebetteten Zustand vom herabhängenden Leintuch beinahe verdeckte Winkeleisen aufgefallen. Für einen Laien ist nicht erkennbar, daß die nicht entgrateten Metallteile gefährlich sind. Selbst ein Fachmann müßte ausdrücklich darauf hingewiesen werden.

Die Klägerin erlitt durch den Kontakt mit diesem Winkeleisen eine Rißquetschwunde an der linken Ferse und mußte im Krankenhaus genäht werden.

Sie begehrt aus dem Titel des Schadenersatzes neben der Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden die Zahlung eines Schmerzengeldes von 100.000 S sowie den Ersatz verschiedener Kosten. Die Beklagte wendete ein, daß sie kein Verschulden treffe, die Couch sei 1980 gekauft worden und habe sich noch im Originalzustand befunden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mangels eines Verschuldens der Beklagten ab.

Das dagegen von der Klägerin angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht verwies darauf, daß gemäß § 36 IPRG österreichisches Recht anzuwenden sei. In der Sache selbst vertrat es die Ansicht, es sei der Beklagten der Nachweis, die nötige, objektiv gebotene Sorgfalt eingehalten zu haben, gelungen. Die Beklagte habe das Bett von einem konzessionierten Unternehmer erworben, es habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls noch im Originalzustand befunden und sei nicht verändert worden und es seien die Mängel nicht nur einem Laien nicht, sondern auch einem Sachverständigen nur bei eingehender Betrachtung der Scharfkantigkeit erkennbar. Das Berufungsgericht verneinte auch eine Haftung der Beklagten für ein allfälliges Verschulden des Herstellers des Bettes nach § 1313 a ABGB. Gehilfe sei nicht nur, wer anläßlich der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung beigezogen werde, sondern auch jener Unternehmer, dessen sich der Schuldner zur Vorbereitung bediene. Die Vorbereitungshandlung müsse aber einen Teil der Erfüllungshandlung bilden oder doch in einem engeren Zusammenhang mit ihr stehen. Die Haftung des Schuldners hänge davon ab, ob es ihm möglich sei und nach der Verkehrssitte zugemutet werden könne, die in Frage kommende Vorbereitungshandlung selbst oder durch sein Personal ausführen zu lassen. Dies treffe aber für die Herstellung von Betten nicht zu. Damit sei aber jede Grundlage für eine Haftung der Beklagten weggefallen.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil die Frage des engen Zusammenhanges der Vorbereitungshandlung mit der Erfüllung der geschuldeten Leistung sich zwar am Einzelfall orientiere, doch seien zu dieser Rechtsfrage in jüngerer Zeit keine oberstgerichtlichen Entscheidungen mehr ergangen.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde.

Die Beklagte und deren Nebenintervenientin haben Revisionsbeantwortung erstattet.

Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, die Beklagte hätte das von ihr zur Verfügung gestellte Bett zumindest bei der erstmaligen Inbetriebnahme einer Überprüfung unterziehen müssen. Hätte sie dies getan, dann wäre ihr sicherlich das scharfe Winkeleisen aufgefallen. Sie hätte dann sein Abschleifen veranlaßt und der Unfall wäre unterblieben. Es könne auch die Fortführung des Gedankens der fehlerhaften Vorbereitungshandlung als Basis für eine Vertragshaftung rechtslogisch so aussehen, daß im Ergebnis auch das Verschulden des diese Vorbereitungshandlung ausführenden Geschäftspartners, wenn es kausal ist, die Haftung der beklagten Wirtin begründe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend (§ 508 a Abs 1 ZPO) - unzulässig.

Das Berufungsgericht hat die Grundsätze der Haftung für die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten zutreffend dargestellt. Welche Sicherungsmaßnahmen zumutbar und erforderlich sind, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Derartige Einzelfallentscheidungen sind durch den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm (hier des unbestimmten Gesetzesbegriffes der Unzumutbarkeit) korrigiert werden müßte (7 Ob 2360/96a; 2 Ob 580, 581/95).

Im vorliegenden Fall geht die Beurteilung der Frage, ob die Beklagte zumutbare Maßnahmen gegen das scharfe Winkeleisen des Ausziehbettes ergreifen hätte können, in ihrer Bedeutung über den konkreten Einzelfall nicht hinaus.

Aber auch zur Frage der Haftung nach § 1313 a ABGB für Vorbereitungshandlungen liegt eine einheitliche Rechtsprechung vor. Erfüllungsgehilfe ist demnach auch derjenige, der die nötigen Vorbereitungen zur Leistung trifft; die Vorbereitungshandlung muß aber einen Teil der Erfüllungshandlung bilden oder doch im engen Zusammenhang mit ihr stehen (8 Ob 266/74; JBl 1972, 609; ZVR 1971/82). Die Haftung des Schuldners hängt auch davon ab, ob es ihm möglich ist und nach der Verkehrssitte zugemutet werden kann, die Vorbereitungshandlung selbst oder durch sein Personal durchführen zu lassen (ZVR 1967/42 = EvBl 1966/424).

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht dieser Rechtsprechung, weshalb die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf die §§ 40, 41, 50 ZPO. Auf die Unzulässigkeit der Revision aus dem Grunde des Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage hat lediglich die Nebenintervenientin hingewiesen.

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