OGH 8ObA181/97v

OGH8ObA181/97v26.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Adamovic und Dr.Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Johannes Schenk und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Eveline G*****, Arbeiterin, ***** vertreten durch Mag.Jochen Buchacher, Referent der Kammer für Arbeiter und Angestellte Steiermark, Graz, Hans Resel-Gasse 8-10, wider die beklagte Partei A***** Gebäudereinigungs GmbH, ***** vertreten durch Dr.Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 10.452,99 sA (Revisionsinteresse S 10.151,41 brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.Dezember 1996, GZ 8 Ra 205/96w-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.Mai 1996, GZ 32 Cga 91/95s-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin war vom 25.3.1994 bis 6.12.1994 bei der beklagten Partei als Raumpflegerin beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis war der Kollektivvertrag für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger (für Kärnten) anzuwenden. Nach § 3 Abs 3 dieses KV kann das Arbeitsverhältnis im ersten Arbeitsjahr beidseitig ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gelöst werden. Die Begründung der Berufungsentscheidung, bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses innerhalb des ersten Jahres bestehe zwischen ordentlicher Kündigung und außerordentlicher Beendigung durch vorzeitigen Austritt (oder Entlassung) kein Unterschied, weshalb der Klägerin die anteiligen Sonderzahlungen, die gemäß den §§ 9 Abs 3 und 10 Abs 5 des KV im Falle der berechtigten Entlassung oder des unberechtigten vorzeitigen Austritts auch nicht anteilig zustünden, gebühren, ist zutreffend (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Im ersten Arbeitsjahr besteht zwischen außerordentlicher und ordentlicher Beendigung mangels zu wahrender Kündigungsfristen (und Termine) kein Unterschied (§ 3 Abs 3 des KV; vgl Arb 10.987 = WBl 1992, 94 = ecolex 1992, 40 = RdW 1992, 119). Die Regelung, wonach im Falle des Verschuldens des Arbeitnehmers (berechtigte Entlassung bzw unberechtigter Austritt) als Sanktion auch die anteiligen Sonderzahlungen nicht gebühren (§§ 9 Abs 3 und 10 Abs 5 des KV), ist teleologisch dahin zu reduzieren, daß diese Regelung erst im Falle einer Beendigung ab dem Ende des ersten Arbeitsjahres anwendbar ist.

Das einseitig zwingende Fristengleichheitsgebot (vgl zu § 1159 c ABGB: ZAS 1993/18, 218 [Gruber] = DRdA 1993/19 [Runggaldier]; dazu W.Schwarz ÖJZ 1995, 201, 202) ist nicht nur formal im Sinne gleich langer Fristen zu verstehen, sondern auch im materiellen Sinn, daß die Gestaltung der beendigungsabhängigen Ansprüche für den Arbeitnehmer nicht ungünstiger sein darf (hier Verlust anteiliger Sonderzahlungen) als für den Arbeitgeber, für den im ersten Jahr keine Kündigungsentschädigung anfällt (vgl Arb 10.987). Wie der Oberste Gerichtshof zu dem eine ähnliche Regelung über die jederzeitige Lösbarkeit des Arbeitsverhältnisses innerhalb der ersten 6 Monate enthaltenden Bundeskollektivvertrag für die gewerblichen fleischverarbeitenden Betriebe ausgesprochen hat, macht der Arbeitnehmer mit einer sofortigen Auflösung von dem ihm kollektivvertraglich eingeräumten Recht Gebrauch und ist damit nicht vorzeitig ausgetreten (9 ObA 1021/93).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO; eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

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