Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Ö*****, hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen und ist schuldig, der betreibenden Partei die mit S 19.845,-- (darin S 3.307,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der betreibenden Partei wurde aufgrund eines Urteils vom 17.7.1995 zur Hereinbringung der Forderung von S 340.096,-- sA die Exekution durch Pfändung und Überweisung der Forderung auf Ausfolgung des Abfindungsbetrages von S 330.000,--, die dem Verpflichteten gegen einen bestimmten Drittschuldner aus Anlaß seines Ausscheidens aus einer bestimmten Gesellschaft mbH zusteht, bewilligt. Unbestritten ist, daß der Drittschuldner Gesellschafter dieser Gesellschaft war und die Geschäftsanteile daran als Treuhänder des Verpflichteten innehatte. Das in der Exekutionsbewilligung verfügte Zahlungsverbot wurde ihm am 13.10.1995 zugestellt.
Der Drittschuldner gab in der Drittschuldnererklärung bekannt, daß die gepfändete Forderung aufgrund einer Verpfändung von einem weiteren Gläubiger (im folgenden Kreditinstitut genannt) in Anspruch genommen werde, und erlegte beim Erstgericht den Betrag von S 330.000,--.
Bei der vom Erstgericht anberaumten Verteilungstagsatzung brachte das Kreditinstitut im wesentlichen vor, daß der Verpflichtete aufgrund einer vom Drittschuldner ausgestellten besonderen Vollmacht am 29.12.1994 ein Verpfändungsanbot verfaßt habe, mit dem er die Geschäftsanteile "samt allen darauf entfallenden Gewinnanteilen und Dividenden auf Erlöse aus der Übertragung der Anteile oder sonstiger mit den Anteilen zusammenhängenden Forderungen" an das Kreditinstitut verpfändet habe. Dieses Anbot sei am selben Tag angenommen worden. Der Drittschuldner habe am 3.4.1995 neuerlich ein gleiches Verpfändungsanbot unterschrieben. Diese Erklärung sei als Drittschuldnerverständigung zu werten.
Die betreibende Partei bestritt in einer Stellungnahme zum Vorbringen des Kreditinstitutes, daß die Verpfändung gültig zustande gekommen sei, bevor das richterliche Pfandrecht begründet wurde. Zum einen sei die Gesellschaft nicht verständigt, zum anderen sei die Forderung auf Auszahlung des Abfertigungsbetrages erst am 28.12.1995 fällig geworden. Außerdem sei im Vertrag über die Errichtung der Gesellschaft ein Zessionsverbot enthalten, das auch einer wirksamen Verpfändung des Geschäftsanteils entgegenstehe. Schließlich sei die Klage, mit der den nunmehr betriebenen Forderung geltend gemacht worden sei, bereits am 25.11.1994 bei Gericht eingebracht worden. Die Vereinbarungen mit dem Kreditinstitut seien daher bewußt zu ihrer Benachteiligung geschlossen worden. Zumindest sei das Kreditinstitut schlechtgläubig gewesen.
Das Erstgericht wies den vom Drittschuldner erlegten Betrag von S 330.000,-- der betreibenden Partei zu. Es nahm im wesentlichen folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Der Drittschuldner ermächtigte am 21.12.1994 den Verpflichteten, seine Geschäftsanteile "entsprechend einer zur Gänze einbezahlten Stammeinlage in der Höhe von S 330.000,-- samt allen darauf entfallenden Gewinnanteilen und Dividenden, auf Erlöse aus der Übertragung der Anteile oder sonstige mit den Anteilen zusammenhängende Forderungen" an das Kreditinstitut zum Zweck der Besicherung eines vom Verpflichteten allein oder zusammen mit seiner Ehefrau aufzunehmenden Kredites zu verpfänden. Am 29.12.1994 wurde dem Verpflichteten vom Kreditinstitut ein Kredit in der Höhe von S 330.000,-- eingeräumt, der noch unberichtigt aushaftet. Der Verpflichtete unterfertigte an diesem Tag ein "Verpfändungsanbot", in dem er unter Hinweis auf die ihm erteilte Vollmacht die "Geschäftsanteile" an der Gesellschaft mbH "samt allen darauf entfallenden Gewinnanteilen und Dividenden, auf Erlöse aus der Übertragung der Anteile oder sonstige mit den Anteilen zusammenhängende Forderungen" an das Kreditinstitut verpfändete. Dieses nahm am selben Tag das Verpfändungsanbot an.
Am 3.4.1995 richtete der Drittschuldner an das Kreditinstitut ein Schreiben, in dem er auf den dem Verpflichteten gewährten Kredit Bezug nahm und erklärte, zur Sicherstellung dieses Kredites dem Kreditinstitut die ihm als Gesellschafter zustehenden Gesellschaftsanteile "entsprechend einer zur Gänze einbezahlten Stammeinlage von S 330.000,-- samt allen darauf entfallenden Gewinnanteilen und Dividenden, auf Erlöse aus der Übertragung der Anteile oder sonstige mit den Anteilen zusammenhängenden Forderungen" mit der Bestimmung zu verpfänden, daß das Kreditinstitut berechtigt sein solle, für den Fall, daß der Verpflichtete seinen Verpflichtungen aus der Krediteinräumung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen sollte, aus den hiemit verpfändeten Gesellschaftsanteilen samt dem aus ihnen entstandener Ertragsguthaben seine Befriedigung zu suchen.
Die Gesellschaft wurde von der Verpfändung nicht verständigt. Sie wurde am 28.10.1995 in eine Offene Handelsgesellschaft umgewandelt.
Rechtlich war das Erstgericht der Meinung, daß der Gesellschaftsanteil nicht rechtswirksam verpfändet worden sei, weil der "Drittschuldner" keine Verständigung hievon erhalten habe.
Das Rekursgericht wies den vom Drittschuldner erlegten Betrag infolge Rekurses des Kreditinstitutes diesem zu und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es ging zusätzlich zu dem Sachverhalt, der schon vom Erstgericht als bescheinigt angenommen wurde, noch von folgendem aus:
In dem Gesellschaftsvertrag über die Errichtung der Gesellschaft wurde bestimmt, daß die Geschäftsanteile teilbar, veräußerlich, verpfändbar und vererblich sind. Die Gesellschafter räumten sich darin gegenseitig in Ansehung ihrer Geschäftsanteile für alle Veräußerungsfälle ein Aufgriffsrecht in analoger Anwendung der Bestimmung der § 1072 ABGB über das Vorkaufsrecht ein. Dies in der Form, daß ein veräußerungswilliger Gesellschafter verpflichtet ist, vorerst dem oder den Gesellschaftern die Übernahme des Geschäftsanteiles unter Bekanntgabe der genauen Veräußerungsbedingungen und des Namens des vorgesehenen Erwerbers schriftlich durch eingeschriebenen Brief anzubieten. In der Generalversammlung vom 14.9.1995 wurde die Umwandlung der Gesellschaft in eine Offene Handelsgesellschaft nach dem Umwandlungsgesetz beschlossen. Der Drittschuldner des Exekutionsverfahrens war am Nachfolgeunternehmen nicht mehr beteiligt und wurde mit dem Betrag von S 330.000,-- abgefunden.
Rechtlich war das Rekursgericht der Meinung, daß der Drittschuldner als Treuhänder zur Verpfändung des Gesellschaftsanteils berechtigt gewesen sei. Da er bereits vor der Zustellung des Zahlungsverbotes eine Verpfändungserklärung abgegeben habe, könne dahingestellt bleiben, ob das Kreditinstitut schon durch die Verpfändung des Gesellschaftsanteils durch den Verpflichteten ein Pfandrecht erworben habe. Nach überwiegender Ansicht setze die Pfändung des Geschäftsanteils an einer Gesellschaft mbH keinen besonderen Publizitätsakt voraus. Das Kreditinstitut habe daher unabhängig von der Verständigung der Gesellschaft mit der Verpfändung wirksam ein Pfandrecht erworben. Dieses Pfandrecht erstrecke sich auch auf die Liquidationsquote und damit auch auf den Anspruch auf Abfindung im Zug der Umwandlung. Nach dem Gesellschaftsvertrag seien die Geschäftsanteile verpfändbar. Ein Übertragungsverbot, das auch die Verpfändbarkeit der Geschäftsanteile ausschließen würde, sei dem Gesellschaftsvertrag hingegen nicht zu entnehmen. Die Verpfändung sei auch nicht wegen Sittenwidrigkeit ungültig, weil der Verpflichtete der betreibenden Partei die Verpfändung seines Geschäftsanteils nach deren eigenen Vorbringen schon früher angeboten habe und es außerhalb der Anfechtungstatbestände der KO und der AnfO keinen allgemeinen Rechtssatz gebe, der die Rechtsbeständigkeit von Vereinbarungen bedrohe, die dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger zuwiderliefen. Da somit das Kreditinstitut schon vor dem exekutiven Pfandrecht ein wirksames Pfandrecht an der strittigen Forderung erworben habe, sei ihr der erlegte Betrag gemäß § 307 Abs 2 iVm den §§ 285 bis 287 EO zuzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.
Die Frage, ob für die Wirksamkeit der Verpfändung eines Geschäftsanteils an einer Gesellschaft mbH ein besonderer Publizitätsakt erforderlich ist, wurde im Schrifttum nicht einheitlich aber entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Auffassung überwiegend in dem Sinn beantwortet, daß es eines Publizitätsakts bedarf. Der Oberste Gerichtshof hat zu dieser Frage in neuerer Zeit zu dieser Frage nicht Stellung bezogen. In der Entscheidung ZBl 1914/556 ging allerdings wie selbstverständlich der OGH davon aus, daß die Verpfändung eines Geschäftsanteiles der Publizität nach § 452 ABGB bedürfe (dort Vormerkung im Anteilsbuch). Kralik (Kastner-FS [1972] 223 f) und - ihm folgend - Torggler (Zur Verpfändung von GmbH-Geschäftsanteilen, GesRZ 1977, 80) sowie Koppensteiner (GmbHG Rz 28 zu § 76) vertreten die Meinung, daß auf die Verpfändungen eines solchen Geschäftsanteils § 452 ABGB anzuwenden sei und daher die Verpfändung Zeichen erfordere, woraus jedermann sie leicht erfahren könne. Auch Eiselsberg/Schenk/Weißmann, FBG Rz 13 zu § 26 GmbHG vertreten unter Berufung auf Pimmer in Schwimann, Rz 1 zu § 452 ABGB die Ansicht, daß bei Verpfändung von Geschäftsanteilen die Übergabe durch Zeichen zu erfolgen hat; sie halten allerdings selbst die von der Lehre empfohlene Mitteilung an die Gesellschaft allein nicht für ausreichend. Ohne daß dies für Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mbH ausdrücklich gesagt wird, ergibt sich diese Auffassung auch aus den Ausführungen von Koziol/Welser (II10 125), wonach bei der Verpfändung von Rechten § 452 ABGB anzuwenden ist und als Modus daher die Übergabe durch "Zeichen" dient, von Klang in Klang**2 II 453, der für die Entstehung des Pfandrechtes an nichtbücherlichen Rechten § 452 ABGB anwendet und von Schinnerer/Avancini (Bankverträge II 197), die ausführen, der Grundsatz der Publizität des Pfandrechts mache es erforderlich, daß die Tatsache der Verpfändung nicht nur zwischen dem Pfandnehmer und dem Pfandgeber vereinbart wird, sondern daß auch die erfolgte Verpfändung dem Drittschuldner mitgeteilt oder sie, wenn Gegenstand der Verpfändung eine Buchforderung ist, in den Büchern vermerkt wird. Ähnlich hält Frotz (Aktuelle Probleme des Kreditsicherungsrechts 236 f) für die Verpfändung von Nichtbuchforderungen als Publizitätsakte die formlose Verpfändung kombiniert mit der formlosen Verständigung des Drittschuldners für ausreichend, aber auch für notwendig. Ausdrücklich die gegenteilige Ansicht vertritt Gellis (Kommentar zum GmbHG**2 408), der § 452 bei der Verpfändung eines GmbH-Geschäftsanteils für nicht anwendbar hält, ohne allerdings hiefür eine Begründung zu geben. Diese Meinung wird von Feil in der von ihm bearbeiteten dritten Auflage des Kommentars (484) unverändert übernommen. Ohne Begründung ergibt sie sich auch aus den Ausführungen von Kostner/Umfahrer (GmbH-Handbuch5 Rz 733), die sie als herrschend bezeichnen, Belegstellern hiefür aber nicht anführen. Reich-Rohrwig (GmbH-Recht1 634) läßt die Frage offen, hält aber die Verständigung der Gesellschaft aus Gründen der Vorsicht für vorteilhaft.
Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes ist somit überwiegende Auffassung, daß bei Verpfändung eines Geschäftsanteils an einer Gesellschaft mbH der Erwerb des Pfandrechts gemäß § 452 ABGB eine symbolische Übergabe, also eine Übergabe durch Zeichen, "woraus jedermann die Verpfändung leicht erfahren kann", erfordert. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung aus der Erwägung an, daß § 452 ABGB schon aufgrund seines Wortlauts auf die Verpfändung eines Geschäftsanteils an einer Gesellschaft mbH anzuwenden ist, weil ein solcher Geschäftsanteil zufolge § 298 ABGB zu den beweglichen Sachen gehört, und weil kein Grund dafür zu erkennen ist, daß von der wörtlichen Auslegung des § 452 ABGB abgegangen werden müßte. Dies gilt umsomehr, als auch die Begründung eines richterlichen Pfandrechts an einen Geschäftsanteil an einer Gesellschaft mbH erst dadurch bewirkt wird, daß der Gesellschaft gemäß § 331 Abs 1 EO ein Leistungsverbot zugestellt wird (SZ 57/30).
Da hier die Parteien des Pfandvertrages, auf den sich das Kreditinstitut beruft, über den schriftlichen Abschluß des Vertrages hinaus sich keiner Zeichen bedienten, muß nicht erörtert werden, welche Form für die symbolische Übergabe im Sinn des § 452 ABGB in Betracht kommt (vgl hiezu Torggler aaO 80 mwN). Das Kreditinstitut hat mangels einer symbolischen Übergabe des Geschäftsanteils daran ein Pfandrecht nicht erworben, weshalb ihm ein Anspruch auf Ausfolgung des vom Drittschuldner erlegten Geldbetrages nicht zusteht. Dieser wurde demnach vom Erstgericht zu Recht der betreibenden Partei aufgrund des von ihr erwirkten richtlichen Pfandrechts zugewiesen. Der Beschluß des Erstgerichtes war somit wiederherzustellen.
Der Ausspruch über die Kosten beruht bei der betreibenden Partei auf § 78 EO iVm den §§ 41 und 50 ZPO, beim Kreditinstitut hingegen auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.
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