OGH 5Ob196/97b

OGH5Ob196/97b10.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Baumann, Dr.Prückner und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Karin K*****, vertreten durch Dr.Helga Wagner, Rechtsanwältin in Wien, wider den Antragsgegner Dr.Wolfrid K*****, vertreten durch Dr.Herwig Kubac und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 12 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 4.Februar 1997, GZ 40 R 798/96s-12, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 26.September 1996, GZ 29 Msch 4/96f-6, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag der Mieterin auf Überprüfung bestimmter Abrechnungsposten der Betriebskostenabrechnungen der Jahre 1991 bis 1994 ab. Der Antrag sei schon vor der Schlichtungsstelle ausdrücklich nur gegen einen von zwei Hälfteeigentümern der Liegenschaft gestellt worden, das Begehren könne jedoch nur gemeinsam allen Miteigentümern gegenüber durchgesetzt werden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge, hob den Sachbeschluß des Erstgerichtes auf, trug diesem die Fortsetzung des Verfahrens auf und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es führte folgendes aus:

Der Grundbuchstand ergebe, daß am 27.4.1995 das bücherliche Alleineigentum des Antragsgegners an der Liegenschaft einverleibt worden sei. Zuvor habe die Liegenschaft im verfahrensrelevanten Zeitraum, also in den Jahren 1991 und danach, je im Hälfteeigentum des Antragsgegners und einer weiteren Miteigentümerin gestanden. 1994 habe die Antragstellerin zunächst - allein gegen den Antragsgegner gerichtet - vor der Schlichtungsstelle ein Verfahren angestrengt, diesen zur Legung der Betriebskostenabrechnungen der Jahre 1991 bis 1993 zu verhalten. Mit Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 16.2.1995 sei dem Antragsgegner die begehrte Rechnungslegung auch aufgetragen worden. Die Entscheidung sei in Rechtskraft erwachsen. Am 2.8.1995 habe der bestellte Hausverwalter der Schlichtungsstelle die Betriebskostenabrechnungen der Jahre 1991 bis 1994 vorgelegt. Daraufhin habe die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 16.10.1995 vor der Schlichtungsstelle wiederum allein gegen den Antragsgegner die Überprüfung bestimmter Posten der nun vorliegenden Abrechnungen beantragt. Zum Zeitpunkt der von der Antragstellerin beanstandeten Rechnungslegung einerseits und ihrer Antragstellung andererseits sei der Antragsgegner somit bereits bücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft gewesen.

Nun erscheine es jedoch nur folgerichtig, im Verfahren zur Überprüfung bestimmter Betriebskostenpositionen einer Abrechnung den im Zeitpunkt der Rechnungslegung aktuellen Vermieter und Vertragspartner des Mieters, von dem auch die Abrechnung stamme, möge sie auch Zeiträume umfassen, die vor seinem Eigentumserwerb liegen und für die der Voreigentümer seiner Abrechnungspflicht noch nicht nachgekommen ist, als passiv legitimiert anzusehen. Schließlich sei mit der Rechnungslegung nicht zuletzt verbunden, daß der abrechnende Vermieter den von ihm ermittelten Negativsaldo den Mietern zur Vorschreibung bringe bzw allenfalls Gutschriften vornehme. Diese Dispositionen müßten nötigenfalls von den Mietern fraglos gegenüber dem neuen Vermieter und nicht einem früheren Liegenschaftseigentümer gegenüber bekämpfbar sein. Damit im Einklang stehe auch die von Palten (Betriebskosten im Mietrecht Rz 168) vertretene Rechtsmeinung, daß im Falle der Jahrespauschalverrechnung die Abrechnungspflicht nach § 21 Abs 3 MRG nur den jeweiligen Vermieter (Hauseigentümer) treffe. Werde die Bestandsache im Falle der Jahrespauschalverrechnung vor Erfüllung der Abrechnungspflicht veräußert und übergeben, könne die Abrechnung der Bewirtschaftungskosten - wie im übrigen auch die Legung der Hauptmietzinsabrechnung (SZ 61/223) - nur noch durch den Erwerber vorgenommen werden, der dann das Recht, von den Vermietern die Zahlung eines Fehlbetrages zu fordern, aber auch die Pflicht habe, einen aus einer Abrechnung resultierenden Überschußbetrag rückzuerstatten. Wäre man hingegen - wie etwa LGZ Wien MietSlg 45.475 - der Ansicht, bei Eigentümerwechsel sei für davorliegende, noch nicht abgerechnete Abrechnungsperioden nur der frühere Vermieter passiv legitimiert, käme es zu dem unbefriedigenden Ergebnis, daß dieser mit Recht entgegenhalten könne, er habe ja weder die beanstandeten Positionen in eine Abrechnung aufgenommen, noch sei er an der Vorschreibung des unter Berücksichtigung der strittigen Positionen sich allfällig ergebenden Negativsaldos bzw einer zu nieder vorgenommenen Abrechnung von Guthaben beteiligt. Bloß auf die Tatsache abzustellen, an wen die Pauschalraten geleistet worden seien, erscheine auch systemwidrig; einerseits, weil die Pauschalraten unabhängig vom Zeitpunkt der späteren Abrechnung ohnehin einst geschuldeter Mietzinsbestandteil gewesen seien (MietSlg 43/31, 43/35); andererseits, weil auch die Nachzahlungsverpflichtung bzw der Anspruch auf Auszahlung eines Guthabens nicht dem im Abrechnungszeitraum die Pauschalraten entrichtenden Mieter zukomme, sondern jenem, der zum Zeitpunkt der in § 21 Abs 3 MRG normierten Fälligkeit der Vertragspartner des Vermieters sei. Es sei daher davon auszugehen, daß der in Anspruch genommene Antragsgegner im Verfahren zur Überprüfung der von ihm als Alleineigentümer gelegten Abrechnung allein passiv legitimiert sei und es der Inanspruchnahme des in den betroffenen Abrechnungsperioden noch vorhandenen, aber im Hinblick auf die Abrechnung untätig gebliebenen Miteigentümers nicht bedürfe. Dem Erstgericht sei daher in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen, in welcher die Einwände der Antragstellerin gegen die von ihr beanstandeten Positionen einer inhaltlichen Prüfung zu unterziehen seien.

Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses seien gegeben, weil der Oberste Gerichtshof bisher zur Frage der Passivlegitimation bei Überprüfung von Betriebskostenabrechnungen nach Eigentümerwechsel noch nicht Stellung bezogen habe.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, im derzeitigen Verfahrensstadium seien ausschließlich formale Voraussetzungen relevant, eine materielle Prüfung, etwa der Rückzahlungspflicht, habe derzeit nicht stattzufinden. Abzustellen sei ausschließlich auf die ursprüngliche Anrufung der Schlichtungsstelle am 12.8.1994 (betreffend die Legung der Betriebskostenabrechnungen) und nicht auf den am 16.10.1995 eingelangten Schriftsatz (Antrag auf Überprüfung der Abrechnungen). Durch dieses zeitliche Abgleiten des Rekursgerichtes sei es zu einer vorerst irrelevanten Prüfung materiellrechtlicher Aspekte der Betriebskostenabrechnung gekommen. Auch die Schlichtungsstelle sei beim erwähnten Schriftsatz nicht von einem neuen Antrag ausgegangen, sondern habe das Verfahren mit dem alten Aktenzeichen fortgesetzt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt sei der Antragsgegner nicht Alleineigentümer, sondern nur Miteigentümer gewesen. Entsprechend der Entscheidung 5 Ob 49/95 hätte der Antrag aber gegen alle Miteigentümer gerichtet werden müssen.

Der erkennende Senat hält diese Rechtsmittelausführungen für nicht stichhaltig, hingegen die damit bekämpfte Begründung des angefochtenen Beschlusses für zutreffend, weshalb er sich mit einer kurzen Begründung seiner Beurteilung begnügen darf (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG, §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO).

Dem Rechtsmittelwerber ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Sachlegitimation keine Frage des formellen, sondern des materiellen Rechtes ist (Würth/Zingher Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 49 f; Fasching, Lehrbuch2 Rz 338). Dies gilt auch für die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Frage der passiven Antragslegitimation. Soweit der Rechtsmittelwerber auf die Rückzahlungsfrage Bezug genommen hat, ist er darauf hinzuweisen, daß ein Feststellungsausspruch in einem Verfahren gemäß § 37 Abs 1 MRG die Schaffung eines Rückforderungstitels gemäß § 37 Abs 4 MRG nach sich ziehen kann.

Weiters ist klarzustellen, daß über den am 12.8.1994 gestellten Antrag der Antragstellerin gemäß § 21 Abs 5, § 37 Abs 1 Z 11 MRG bereits von der Schlichtungsstelle rechtskräftig entschieden und der Antragsgegner zur Legung der Betriebskostenabrechnungen 1991 bis 1993 verpflichtet wurde. Im Hinblick auf die Rechtskraft dieser Entscheidung ist es ohne Bedeutung, daß dieser Antrag nicht gegen beide damaligen Miteigentümer, sondern nur gegen den Antragsgegner als Hälfteeigentümer gerichtet worden war. In der Folge wurde der Antragsgegner Alleineigentümer und hat er sodann durch seinen Hausverwalter Betriebskostenabrechnungen gelegt. Danach hat die Antragstellerin einen (neuen) Antrag auf Überprüfung dieser Abrechnungen gemäß § 37 Abs 1 Z 12 MRG (allein) gegen den Antragsgegner gerichtet. Hiebei ist es für dessen Passivlegitimation unerheblich, daß die Schlichtungsstelle das bisherige Aktenzeichen beibehalten hat. Auch aus der Entscheidung 5 Ob 49/95 = WoBl 1996/55, derzufolge ein Antrag gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG nur gegen alle Miteigentümer des Hauses als Vermieter gerichtet werden kann, läßt sich für den Antragsgegner nichts gewinnen, weil die Antragstellerin ihren Antrag gemäß § 37 Abs 1 Z 12 MRG gegen ihn als (damaligen) Alleineigentümer gerichtet hat und - hier wesentliche - Fragen des Eigentümerwechsels in der zitierten Entscheidung nicht erörtert wurden.

Der erkennende Senat billigt die Ansicht des Rekursgerichtes, daß ein Antrag auf Überprüfung einer Betriebskostenabrechnung (vgl Würth/Zingher aaO Rz 21) für noch nicht abgerechnete Perioden im Falle eines Eigentümerwechsels gegen den neuen (Allein-)Eigentümer, der sie auch erstellt hat (hier schon infolge rechtskräftiger Entscheidung der Schlichtungsstelle; vgl ansonsten zur Verpflichtung des jeweiligen Vertragspartners des antragstellenden Mieters, die Hauptmietzinsabrechnung zu legen SZ 61/223; 5 Ob 1055/95), zu richten ist und nicht gegen frühere (Mit-)Eigentümer, in deren Eigentümerschaft zwar die Abrechnungsperiode fällt, die aber keinen Einfluß darauf haben, welche Positionen der Abrechnende in die Betriebskostenabrechnung aufnimmt, und die von den zahlungsmäßigen Auswirkungen der Abrechnung im Verhältnis zu den Mietern nicht betroffen sind. Allfällige interne Regreßansprüche zwischen neuen und alten Eigentümern sind für die Beantwortung der Frage, gegen wen der Mieter seinen Überprüfungsantrag zu richten hat, bedeutungslos.

Da das Rekursgericht die Rechtsfrage somit richtig gelöst hat, war sein Aufhebungsbeschluß zu bestätigen. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht auf die Verständigung allfälliger anderer Hauptmieter vom Verfahren zu achten haben (vgl Würth/Zingher aaO Rz 52).

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