European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1997:E46374
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.337,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin keine USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist als Vertragsbediensteter und vollbeschäftigter Grenztierarzt ab 1.5.1979 der Grenzeintrittsstelle Hohenau dienstzugeteilt. Er fuhr nur bei Bedarf zur Abfertigung von durchschnittlich zwei Zügen täglich von seiner Praxis in Dürnkrut nach Hohenau; 1985 verlegteer seine Privatpraxis von Dürnkrut nach Wien, wodurch sich die frühere Fahrtzeit zum Dienstort von ca 30 Minuten auf 40 Minuten verlängerte. Vom 1.10.1993 bis 30.9.1998 wurde der Kläger karenziert. Mit 1.4.1995 erfolgte die Versetzung des Klägers zum Dienstort Drasenhofen verbunden mit der Verpflichtung, auch die grenztierärztlichen Abfertigungen an der Grenzeintrittsstelle Bahnhof‑Hohenau zu verrichten.
Rechtliche Beurteilung
Die Begründung der Berufungsentscheidung, die Versetzung des Klägers von Hohenau nach Drasenhofen sei im Sinne des § 6 VBG rechtmäßig erfolgt, ist zutreffend (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Revisionsausführungen des Klägers entgegenzuhalten:
Das vom Revisionswerber in Frage gestellte dienstliche Interesse an der Versetzung ist wegen der Veränderungen der Warenströme infolge des EU‑Beitritts Österreichs am 1.1.1995 mit den Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Verkehr von Nutztieren und tierischen Produkten geradezu offensichtlich. Die Berücksichtigung einer angemessenen Frist zum Dienstantritt an einem neuen Dienstort infolge wichtiger familiärer Dispositionen (Kinderbetreuung, SZ 61/19) kommt im Fall des Klägers nicht in Betracht; die Fahrtstrecke von seinem Wohnsitz zum alten und zum neuen Dienstort ist nur geringfügig länger (71 km gegenüber 68) und die Fahrtzeit nahezu gleich.
Der Kläger wendet sich weniger gegen die Versetzung von einer Grenzübergangsstelle zu einer anderen, sondern gegen die dadurch bewirkte Verschlechterung seiner Arbeitssituation. Am früheren Dienstort war in den letzten Jahren praktisch überhaupt nichts zu tun (laut Angabe des Klägers in seiner Parteienvernehmung, AS 53), gegenüber der zu erwartenden erheblich intensiveren Beanspruchung am neuen Arbeitsort. Im Dienstvertrag des Klägers ist eine Vollbeschäftigung enthalten, dh er ist grundsätzlich verpflichtet, für sein volles Monatsentgelt auch im vollen Ausmaß der Dienstzeit zur Verfügung zu stehen im Sinne von arbeitsbereit sein (vgl § 21 VBG für Teilzeitbeschäftigung). Es kann zwar unter bestimmten außergewöhnlichen Voraussetzungen eine schlüssige Verkürzung der Dienstzeit erfolgen (vgl Verringerung der Dienstzeit einer Sekretärin der Hochschülerschaft in der vorlesungsfreien Zeit von 40 auf 20 Stunden infolge einer über ein Jahrzehnt dauernden Übung: RdW 1995, 194); redlicherweise kannjedoch ein stillschweigend begründeter Anspruch des Arbeitnehmers auf "Unterbeschäftigung" nicht angenommen werden (vgl ZAS 1987/16, 130 [Tomandl] = DRdA 1989/25, 395 [Apathy] = JBl 1987, 468). Der Annahme eines stillschweigenden Verzichts des Arbeitgebers auf die Differenz zur vollen Dienstzeit stünde insbesondere das Gebot der Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung entgegen.
In zahlreichen Entscheidungen zum Versetzungsschutz hat der Oberste Gerichtshof auch darauf verwiesen, daß Arbeitnehmer mit einem erhöhten Bestandschutz - wie dies auch für Vertragsbedienstete zutrifft - ihrem Arbeitgeber erhöhte Flexibilität schulden (vgl SZ 68/165; DRdA 1993/43 und 44 [Mosler]), um dem Arbeitgeber im Falle geänderter Verhältnisse eine organisatorische Anpassung zu ermöglichen.
Schließlich steht die vereinbarte Karenzierung anläßlich der zutagegetretenen Meinungsunterschiede über das faktische Beschäftigungsausmaß des Klägers der Annahme einer schlüssigen Vertragsänderung entgegen (§ 863 Abs 1 ABGB).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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