Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Alois Z***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 10.Oktober 1996 in Linz Elfriede G***** durch Erwürgen getötet hat.
Die Geschworenen hatten die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach Mord stimmenmehrheitlich (7:1) bejaht und die Eventualfragen nach Totschlag (§ 76 StGB), absichtlicher schwerer Körperverletzung mit Todesfolge (§ 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB) und Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§§ 83 Abs 1, 86 StGB) folgerichtig unbeantwortet gelassen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Z 8, 10 a und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich in keinem Anfechtungspunkt als begründet erweist.
Der Einwand der Instruktionsrüge (Z 8), die den Geschworenen erteilte Rechtsbelehrung lasse Erläuterungen über das Verhältnis der Fragen zueinander und die Folgen der Bejahung oder Verneinung der Hauptfrage vermissen, ist an sich zutreffend, im Ergebnis aber nicht zielführend. Eine derartige, der Vorschrift des § 321 Abs 2 StPO zuwiderlaufende Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung kommt nur dann einer Unrichtigkeit gleich, wenn sie geeignet war, einen für den Schuldspruch bedeutsamen Irrtum der Geschworenen nach sich zu ziehen (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 8 E 66). Für eine solche Besorgnis besteht jedoch im vorliegenden Fall kein Anlaß. Denn die Laienrichter konnten insbesondere anhand der Überschrift - "Hauptfrage/Mord (§ 75 StGB)" - unschwer erkennen, daß eine Bejahung der Hauptfrage zu einem Schuldspruch wegen Mordes führen mußte, und das Verhältnis beider Fragen zueinander ergibt sich aus dem Fragenschema selbst. Sohin ist die Eignung der gerügten Formverletzung, zu einem Mißverständnis der Laienrichter zu führen, auszuschließen.
Eine (weitere) Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung erblickt der Nichtigkeitswerber im Fehlen der Belehrung der Geschworenen darüber, daß bei Beantwortung der Hauptfrage nach Mord "über die allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung (als Tatbestandsmerkmal des Totschlages) mitentschieden wird". Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, daß die Frage, ob sich der Angeklagte zur Tatzeit in einem privilegierenden Affekt im Sinne des § 76 StGB befunden hat, schon ein für die (bejahende oder verneinende) Beantwortung der Hauptfrage enscheidendes Kriterium betraf. Im vorliegenden Fall hatten die Geschworenen zunächst durch die Beantwortung der Hauptfrage zu klären, ob sich der Angeklagte des der Anklage zugrundeliegenden Verbrechens des Mordes schuldig gemacht hat. Nur für den Fall der (möglichen) Verneinung der vor der Eventualfrage zu beantwortenden Hauptfrage hätten die Geschworenen in Beantwortung der Eventualfrage nach dem formal selbständigen Delikt des Verbrechens des Totschlages zu prüfen und beurteilen gehabt, ob die ihm in der Anklageschrift zur Last gelegte vorsätzliche Tötung der Elfriede G***** in einer allgemeinen begreiflichen heftigen Gemütsbewegung erfolgt ist. Die im Frageschema enthaltene Belehrung, daß die Eventualfrage nur bei Verneinung der Hauptfrage zu beantworten ist (vgl S 307), verhinderte eine widersprüchliche Bejahung beider Fragen, keineswegs aber die Befassung der Geschworenen mit der Problematik des Totschlages; wird doch über Haupt- und Eventualfrage gleichzeitig beraten und entschieden (vgl 15 Os 189/93). Sonach bedurfte es hiezu nicht der vom Beschwerdeführer vermißten Erklärungen. Seinem Vorbringen zuwider ist nicht erkennbar, daß die relevierte Unvollständigkeit bei den Geschworenen eine unrichtige Vorstellung über die Rechtslage herbeigeführt haben könnte. Im übrigen umfaßte die ihnen zur Eventualfrage nach § 76 StGB erteilte Rechtsbelehrung der herrschenden Lehre und Rechtsprechung entsprechende und somit durchaus zutreffende Ausführungen zur allgemeinen Begreiflichkeit einer Gemütsbewegung im Sinne des § 76 StGB (vgl Leukauf/Steininger Komm3 RN 11 ff, Kienapfel BT I3 Rz 14 ff jeweils zu § 76 StGB mit Judikaturnachweisen), ohne daß irgend ein Anlaß zur mißverständlichen Auffassung, daß die Tat und nicht die Gemütsbewegung allgemein verständlich sein müsse, zu ersehen wäre. Soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf den Inhalt der Niederschrift der Geschworenen (ON 30) aufzeigen will, daß diese bei ihrem Wahrspruch tatsächlich von einer unrichtigen Rechtsauffassung ausgegangen seien, übersieht er, daß die Niederschrift gemäß § 331 Abs 3 StPO nicht zum Wahrspruch gehört, ihr auch nicht die Funktion einer (anfechtbaren) Begründung des Wahrspruchs im technischen Sinne zukommt und somit nicht auf die dort festgehaltenen Erwägungen, von denen sich die Geschworenen bei ihrem Wahrspruch leiten ließen, zur Darlegung eines Nichtigkeitsgrundes (hier der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO) zurückgegriffen werden kann (vgl Mayerhofer aaO § 331 E 11 f).
Verfehlt ist auch der Einwand, die Geschworenen hätten bereits zur Hauptfrage wegen Mordes über das Tatbestandsmerkmal der allgemeinen Begreiflichkeit einer Gemütsbewegung (im Sinn des § 76 StGB) belehrt werden müssen. Denn der Beschwerdeführer läßt bei seinen Ausführungen außer acht, daß die Rechtsbelehrung, die grundsätzlich für jede gestellte Frage gesondert zu erfolgen hat, die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die die Frage gerichtet ist, klarlegen muß (§ 321 Abs 2 StPO); eine "allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung" ist aber kein gesetzliches Merkmal des Verbrechens des Mordes, weshalb eine Belehrung hierüber zur Hauptfrage nicht geboten war.
Nicht mißzuverstehen waren schließlich auch jene vom Beschwerdeführer kritisierten Ausführungen in der Rechtsbelehrung zur Hauptfrage, mit denen die Laienrichter darauf hingewiesen wurden, daß eine vorsätzliche Tötung im Affekt als Mord zu beurteilen ist; wurde doch in der Belehrung zur Eventualfrage nach Totschlag betont, daß (nur) bei Vorliegen eines besonders qualifizierten (nämlich allgemein begreiflichen und heftigen) Affekts zur Tatzeit der privilegierende Tatbestand des § 76 StGB in Betracht kommt.
Auch die Tatsachenrüge (Z 10 a), mit der der Angeklagte den Wahrspruch deshalb für bedenklich erachtet, weil ihm nicht die Privilegierung des § 76 StGB zugebilligt worden sei, versagt. Der Beschwerdeführer läßt bei seinen Ausführungen unberücksichtigt, daß dieser Nichtigkeitsgrund nur in bezug auf Tatsachen geltend gemacht werden kann, die Gegenstand einer Fragestellung waren und wozu im Wahrspruch Feststellungen getroffen wurden (14 Os 190/88, 13 Os 133/89, 16 Os 22,23,37/91). Dagegen sind im vorliegenden Fall infolge Nichtbeantwortung der Eventualfrage nach Totschlag im Rahmen der Tatsachenrüge anfechtbare Tatsachenfeststellungen gar nicht getroffen worden.
Die auf eine Tatbeurteilung in Richtung des § 76 StGB abzielende Subsumtionsrüge (Z 12) läßt eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen. Denn mit dem - auch auf die Instruktionsrüge bezugnehmenden - Vorbringen werden in unzulässiger Weise die laut Wahrspruch von den Geschworenen als erwiesen angenommenen Tatsachen negiert. Subsumtionsfehler können in einem geschworenengerichtlichen Verfahren hingegen nur aus den im Wahrspruch festgestellten Tatsachen abgeleitet werden (Mayerhofer aaO § 345 Z 12 E 8). Ausgehend vom Inhalt des Verdiktes bleibt aber für den vom Beschwerdeführer angestrebten Schuldspruch nach § 76 StGB kein Raum.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach § 75 StGB eine lebenslange Freiheitsstrafe.
Dabei wertete es als erschwerend drei einschlägige Vorstrafen, "wobei im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Verurteilungen die Verurteilung aus dem Jahr 1989 wertungsmäßig wichtig ist, weil dieser zugrunde liegt, daß Z***** im Jahr 1989 schon eine Frau erwürgt hat" und den raschen Rückfall trotz mehrjährig verspürten Haftübels (nach der bedingten Entlassung aus seiner sechsjährigen Freiheitsstrafe am 25. Mai 1995); als mildernd den Beitrag zur Wahrheitsfindung durch Selbstanzeige. Weiters wurde ausdrücklich festgehalten, daß die Geschworenen dem Angeklagten nicht glaubten, im Affekt gehandelt zu haben, sodaß eine Beeinträchtigung der Dispositionsfähigkeit nicht als mildernd gewertet wurde.
Mit seiner Berufung bekämpft der Angeklagte den Strafausspruch, wobei er eine Strafreduktion auf eine zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe im Höchstausmaß von fünfzehn Jahren begehrt.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Vorerst ist festzuhalten, daß die Strafzumessungsgründe vom Geschworenengericht zutreffend erfaßt und richtig gewichtet wurden. Der Angeklagte vermag hingegen in seiner Berufung zusätzliche Umstände mildernder Natur nicht darzulegen. Bezüglich der behaupteten allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung ist auf die Erörterung dieses Einwandes im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde zu verweisen. Vom Vorliegen eines Zustandes exzeptioneller psychischer und emotionaler Erregung ist das Geschworenengericht - nach der Aktenlage begründet - nicht ausgegangen, sodaß eine derartige Gemütsbewegung im Sinn eines Milderungsgrundes des § 34 Z 8 StGB vom Erstgericht zutreffend nicht angenommen worden ist. Dem weiteren Einwand der "schwierigen Bedingungen", die der Angeklagte nach seiner Haftentlassung vorgefunden habe, genügt die Erwiderung, daß er sowohl über eine Unterkunft verfügte als auch - nachdem er vorerst einer Arbeit nachgegangen war - seit November 1995 eine Sozialunterstützung bezog und ihm damit aus dieser Sicht durchaus die Grundlagen für einen rechtstreuen Lebenswandel geboten wurden.
In richtiger Würdigung der gravierenden täterspezifischen Erschwerungsumstände, insbesondere jedoch des Umstandes, daß der Angeklagte bereits zum zweiten Mal eine Frau erwürgt hat, kam das Geschworenengericht zutreffend zu dem Ergebnis, daß es der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe bedarf, um der personalen Täterschuld und dem Tatunwert ausreichend Rechnung zu tragen, sodaß dem Begehren auf Verhängung einer (bloß) zeitlichen Freiheitsstrafe nicht nähergetreten werden konnte.
Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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