OGH 1Ob2368/96h

OGH1Ob2368/96h29.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl K*****, vertreten durch Dr.Ulf Zmölnig, Rechtsanwalt in Weiz, wider die beklagte Partei Kurt Z*****, vertreten durch Dr.Walter Poschinger und Mag.Anita Taucher, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 185.000,-- sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 9.Juli 1996, GZ 5 R 140/96i-24, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 13.April 1996, GZ 21 Cg 121/95g-20, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO (§ 519 Abs 2 ZPO) gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 9.900,-- (darin S 1.650,-- USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit seiner am 19.5.1995 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger, den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S 185.000,-- sA schuldig zu erkennen. Er habe im April 1993 beim Beklagten einen "Lotus-Seventy-Seven" gekauft und sofort eine Anzahlung von S 65.000,-- geleistet. Dieses Fahrzeug sei vom Beklagten mittels eines Bausatzes herzustellen gewesen, wobei der Kläger einige Ersatzteile beistellen sollte. Für das fertige Fahrzeug sei einschließlich Typisierung ein Preis von S 200.000,-- vereinbart gewesen. Der Kläger habe im Jahre 1993 in mehreren Raten einschließlich der geleisteten Anzahlung einen Betrag von insgesamt S 185.000,-- an den Beklagten bezahlt. Der Beklagte habe jedoch in der Folge immer weitere Zahlungen begehrt, sodaß das fertige Fahrzeug im Ergebnis den Kläger rund S 370.000,-- gekostet hätte. Der Beklagte habe den Leichtsinn des im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch minderjährigen Klägers ausgenützt und ihn in Irrtum geführt. Er habe den erstellten Kostenvoranschlag wesentlich überschritten. Die Vertragsteile seien schließlich übereingekommen, daß der Beklagte das teilfertig montierte Fahrzeug mit allen vorhandenen Teilen zum Kläger bringe, daß dieser selbst versuche, das Fahrzeug fertig zu montieren, und dabei eine Restbestellung für einzelne Teile bezahle. Auch dieser Vereinbarung sei der Beklagte in angemessener Frist nicht nachgekommen, weshalb der Kläger mit Schreiben vom 18.4.1994 seinen Rücktritt vom Vertrag erklärt habe.

Der Beklagte wendete dagegen ein, er habe niemals zugesagt, das Fahrzeug zum Preis von S 200.000,-- zu montieren. Außer dem Bausatz seien über Wunsch des Klägers noch gebrauchte Autoteile vom Beklagten bestellt und teilweise speziell abgeändert worden. Trotz mehrmaliger Aufforderung habe der Kläger den Bausatz beim Beklagten nicht abgeholt, sodaß schließlich die Zustellung durch den Beklagten vereinbart worden sei. Der Beklagte habe zweimal vergeblich versucht, alle Bausatzteile dem Kläger zuzustellen. Der Kläger habe nie den Rücktritt vom Vertrag erklärt, sondern im Gegenteil auf der Leistungserfüllung bestanden. Der Beklagte wendete gegen den geltend gemachten Anspruch die Kosten der zweimaligen vergeblichen Zustellung, der Lagerung der Ersatzteile sowie der Entsorgung zweier Fahrzeugwracks und den Wert einer dem Beklagten leihweise überlassenen, jedoch von diesem nicht retournierten Auspuffanlage von insgesamt S 44.862,-- aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach Wiedergabe des Parteienvorbringens führte es aus: "Aufgrund der aufgenommenen Beweise wird folgender Sachverhalt festzustellen versucht und als so weit erwiesen angenommen:" Den danach wiedergegebenen Sachverhalt relativierte es in der Folge im Rahmen der rechtlichen Beurteilung insoweit, als es darauf hinwies, "daß nach den zumindest soweit einigermaßen verläßlichen Feststellungen gesagt werden kann, daß die Streitteile offenbar von der ursprünglichen Vereinbarung abgegangen sind...". Die Beweiswürdigung des Erstgerichtes erschöpfte sich in der Aussage, daß es weder dem Kläger noch dem Beklagten vollen Glauben habe schenken können und daß die Aussagen der vernommenen Zeugen "keinerlei einigermaßen verläßliche Beweisergebnisse" darstellten. Selbst die schriftlichen Unterlagen, soweit sie vorhanden seien, hätten sich im großen und ganzen als Schmierzettel erwiesen, die bestenfalls die Glaubwürdigkeit der Prozeßparteien erreichten. In der Folge gelangte das Erstgericht zu dem rechtlichen Schluß, daß dem Kläger der Nachweis eines für die Verurteilung des Beklagten notwendigen Verschuldens nicht gelungen sei.

Das Gericht zweiter Instanz hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Der bloße Versuch einer Feststellung einer Entscheidungsgrundlage reiche für die Überprüfbarkeit eines Urteils nicht aus. Dies gelte vor allem dann, wenn das Gericht keinem der von ihm aufgenommenen Beweismittel einen ausreichend hohen Überzeugungsgrad habe zubilligen können. Dazu komme, daß das angefochtene Urteil lediglich deshalb eine Rückabwicklung durch den Kläger abgelehnt habe, weil es ihm nicht gelungen sei, nachzuweisen, daß die im März 1995 versuchte Lieferung der Fahrzeug-Bausatzteile durch eine Spedition vollständig gewesen sei. Bei einer Annahmeverweigerung, wie im vorliegenden Fall, gerate aber der Gläubiger in Verzug, der Vertrag bleibe aufrecht. Den Schuldner, im vorliegenden Fall somit den Beklagten, treffe die Beweislast für den als Annahmeverzug zu qualifizierenden Sachverhalt. Dem angefochtenen Urteil mangle es aus Gründen unzutreffender Beweismaßeinschätzung und Beweislastverteilung an gesicherten Entscheidungsgrundlagen. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht exakte Feststellungen über Inhalt und Umfang der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarungen und die Details ihrer Durchführung zu treffen haben. Sollte das diesbezüglich zu ergänzende Beweisverfahren zu keiner ausreichenden Überzeugung des Richters führen, müßte eine Entscheidung nach den Beweislastregeln getroffen werden.

Der dagegen erhobene Rekurs des Beklagten ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 526 Abs 2 ZPO vermag auch im Falle des § 519 Abs 2 ZPO die Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage den Obersten Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses nicht zu binden. Der vom Berufungsgericht relevierten Rechtsfrage der Folgen der Annahmeverweigerung und der sich darauf beziehenden Beweislastverteilung kommt aber - zumindest im derzeitigen Verfahrensstadium - keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu:

Aus den Bestimmungen der §§ 272, 417 ZPO ergibt sich, daß die Entscheidungsgründe eines Urteils die für die Entscheidung erforderlichen Tatsachenfeststellungen enthalten müssen. Das Gericht muß daher klar und zweifelsfrei - und zwar in geschlossener Darstellung und nicht mit der Beweiswürdigung vermengt - aussprechen, welche Tatsachen seiner Meinung nach vorliegen. Es hat dabei insbesondere, wenn es auf die Beurteilung des Willens einer Person bzw ihrer Vereinbarungen mit einer anderen Person ankommt, nicht nur Äußerungen jener Person festzustellen, sondern vielmehr unmißverständlich darzutun, was nach seiner Auffassung dieser Wille wirklich war bzw welche konkreten Vereinbarungen getroffen wurden, oder aber zumindest klarzustellen, daß es solche Feststellungen nicht treffen kann (SZ 47/41; 2 Ob 2073/96h ua). Der Richter muß in knapper, überprüfbarer und logisch einwandfreier Form darlegen, warum er aufgrund bestimmter Beweisergebnisse oder Verhandlungsergebnisse bestimmte Tatsachen feststellt oder für den Ausgang des Rechtsstreits erhebliche Tatsachen nicht feststellen kann, damit sowohl die Parteien als auch das Rechtsmittelgericht die Schlüssigkeit seines Werturteils überprüfen können (8 Ob 630/84). Die erstgerichtliche Entscheidungsbegründung verfehlt diese Grundsätze in einem Ausmaß, daß die Abfassung des Urteils dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO jedenfalls nahekommt.

Weil aber somit in Wahrheit keine Sachverhaltsgrundlage vorliegt, ist dem Obersten Gerichtshof die Überprüfung der Lösung einzelner Rechtsfragen durch die Vorinstanzen verwehrt. Dies wäre ohne Eingriff in die nur von den Vorinstanzen zu ermittelnden Tatsachengrundlagen nicht möglich (vgl 2 Ob 2073/96h). Die vom Gericht zweiter Instanz aufgezeigte Rechtsfrage kann daher nicht die Zulässigkeit des Rekurses begründen.

Weil der Kläger auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, waren ihm gemäß §§ 50, 41 ZPO die Kosten seiner Rekursbeantwortung zuzusprechen.

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