OGH 2Ob2331/96z

OGH2Ob2331/96z24.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Kinder 1. Nicole S*****, 2. Natascha S*****, 3. Richard S*****, 4. Jasmin S*****, 5. Emil Roland S*****, sowie 6.-7. Melanie und Roland S*****, infolge Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen den Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien als Rekursgericht vom 29. Mai 1996 GZ 1 R 11/96-22, womit die Beschlüsse des Jugendgerichtshofes Wien als Pflegschaftsgericht vom 1.Februar 1996, GZ 13 P 94/94-11-17, bestätigt wurden, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 26.Juni 1995 verpflichtete das Erstgericht die Kindesmutter, den Kindern ab 19.November 1994 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur jeweiligen Volljährigkeit der Kinder, einen Unterhaltsbetrag in der Höhe des jeweiligen Familienzuschlags zu bezahlen.

Am 26.Jänner 1996 beantragte der zuständige Jugendwohlfahrtsträger, den Kindern ab dem 1.Jänner 1996 einen monatlichen Unterhaltsvorschuß von je S 678,- zu gewähren. Die Mutter beziehe Wochengeld; eine Exekution sei zwar beantragt worden, doch nehme die Bearbeitung dieses Antrages noch einige Zeit in Anspruch.

Das Erstgericht hat mit Beschlüssen vom selben Tag die beantragten Unterhaltsvorschüsse bewilligt.

Nach Erlassung dieser Beschlüsse legte der zuständige Jugendwohlfahrtsträger Ablichtungen der Exekutionsbewilligung und der Drittschuldnererklärung vor, aus der hervorgeht, daß der Ausspruch auf Wochengeld am 25.Jänner 1996 geendet habe.

Das Rekursgericht gab dem gegen die Beschlüsse des Erstgerichtes erhobenen Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien nicht Folge und sprach aus, daß der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei.

Der Rekurswerber habe zwar zu Recht darauf verwiesen, daß die in § 4 Z 1 UVG geforderte Aussichtslosigkeit der Exekutionsführung in den Anträgen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nicht einmal behauptet worden sei, doch habe sich herausgestellt, daß die beantragte Forderungsexekution gegen die Unterhaltsschuldnerin nicht durchgeführt werden konnte, weil deren Anspruch auf Wochengeld am 25. Jänner 1996 erloschen sei. Damit sei erwiesen, daß im Zeitpunkt der Bewilligung die Voraussetzungen der §§ 3 und 4 UVG gegeben gewesen seien.

Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Anträge auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen abgewiesen werden. Der Revisionsrekurswerber vertritt ebenfalls die Rechtsansicht, daß zum Zeitpunkt der Rekurserhebung die Bestimmungen der §§ 3 und 4 UVG nicht eingehalten worden seien.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 3 UVG sind Unterhaltsvorschüsse zu gewähren, wenn 1. für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch ein im Inland vollstreckbarer Exekutionstitel besteht und 2. eine wegen der laufenden Unterhaltsbeiträge geführte Exekution nach § 291c Abs 1 EO oder, sofern der Unterhaltsschuldner offenbar keine Gehaltsforderung oder eine andere in fortlaufenden Bezügen bestehende Forderung hat, eine Exekution nach § 372 EO auch nur einen in den letzten sechs Monaten vor Stellung des Antrags auf Vorschußgewährung fällig gewordenen Unterhaltsbeitrag nicht voll gedeckt hat.

Nach § 4 Z 1 UVG sind Vorschüsse auch dann zu gewähren, wenn zwar die Voraussetzungen des § 3 Z 1 leg cit gegeben sind, aber die Führung einer Exekution nach § 3 Z 2 leg cit aussichtslos scheint, besonders, weil im Inland ein Drittschuldner oder ein Vermögen, dessen Verwertung einen die laufenden Unterhaltsbeiträge deckenden Ertrag erwarten läßt, nicht bekannt ist.

Während § 3 Z 1 UVG als allgemeine Voraussetzung für die Gewährung eines Titelvorschusses das Bestehen eines im Inland vollstreckbaren Exekutionstitels normiert, zeigen die §§ 3 Z 2 und 4 Z 1 UVG die Möglichkeit der Bevorschussung eines notleidend gewordenen Unterhaltstitels auf. Maßgebend für die Beurteilung, ob der Anschein der Aussichtslosigkeit der Exekutionsführung gegeben ist, ist die objektive Lage zur Zeit der Fassung des Beschlusses erster Instanz (RZ 1992/14; EvBl 1995/10 ua).

Ob aber die Voraussetzungen des § 4 Z 1 UVG gegeben sind, hat zwar nach § 11 Abs 2 UVG der Vorschußwerber glaubhaft zu machen. Das Gericht hat aber auch ohne ausdrücklichen Antrag auf Grund seiner allgemeinen Fürsorgepflicht tätig zu werden und zur Klarstellung dieser Voraussetzungen beizutragen (4 Ob 552/95).

Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, daß der gepfändete Anspruch der Unterhaltsschuldnerin schon zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nicht mehr bestand. Wenngleich dieser Umstand erst nach der am Tage der Antragstellung erfolgten Bewilligung der Unterhaltsvorschüsse hervorgekommen ist, konnte vom Rekursgericht, das ebenfalls die angeführte Fürsorge und Aufklärungspflicht trifft, aus diesem Grund berücksichtigt werden. Damit war aber nachgewiesen, daß die im § 3 Z 2 UVG für die Gewährung der Vorschüsse festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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