OGH 7Ob2404/96x

OGH7Ob2404/96x2.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj.Philipp K*****, vertreten durch seine Mutter Eva K*****, diese vertreten durch Saxinger, Baumann & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, und die Nebenintervenientin seitens der beklagten Partei Firma Franz F***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Ludwig Pramer und Dr.Peter Lindinger, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 81.456,10 sA und Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 21.August 1996, GZ 14 R 115/96x-49, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 25.März 1996, GZ 16 C 500/95t-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.086,40 (darin enthalten S 1.014,40 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Republik Österreich ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ ***** der KG ***** K***** in Linz, auf der die Häuser mit der Adresse A*****weg 1-9 errichtet sind. In der Nähe der Häuser befindet sich ein asphaltierter Fußweg, der allgemein zugänglich ist. Er wird insbesondere von den Schülern der Ganztagesklassen einer Hauptschule benützt, die in Begleitung einer Lehrperson über diesen Weg zur Mensa der Universität Linz gelangen, um dort das Mittagessen einzunehmen. Zwischen den Häusern A*****weg 1-9 und diesem Weg befindet sich ein Rasenstreifen, der durch einen asphaltierten Zugang zu den Häusern Nr.1-7 und durch einen weiteren asphaltierten Weg, der zu einem Sprungdeckel führt, unterbrochen ist. Dieser Sprungdeckel deckt einen Schacht an der Außenmauer des Hauses Nr.7 ab, der zum Heizhaus führt. Der Schacht dient als Fluchtweg vom Heizhaus ins Freie. Der Sprungdeckel besteht aus Stahlriffelblech und ist mit Scharnieren derart auf der Schachtoberseite befestigt, daß er zur Hausmauer hin aufklappt und dabei den aus dem Kellergeschoß des Hauses führenden Fluchtweg freigibt. Weil der Deckel für ein händisches Aufklappen zu schwer ist, sind an ihm Druckfederngelenke befestigt, die sich an den Schachtwänden ebenfalls gelenkig abstützen und die den Deckel im Bedarfsfall aufklappen. Bei geschlossenem Deckel sind die Druckfedern gespannt. Damit der Deckel geschlossen gehalten werden kann, ist er mit einem Mechanismus verriegelt, der von der Schachtinnenseite her betätigt werden kann. Die planmäßige Entriegelung des Deckels erfolgt durch einen mit einem Handgriff versehenen Hebel, der um eine horizontale Achse nach unten geschwenkt wird. Dieser Hebel ist an einer horizontal liegenden, in zwei Wangen drehbaren Stange angeschweißt, die innerhalb des Wangenabstandes zwei hakenförmige Nocken trägt, welche in zwei korrespondierende Haken auf der Deckelunterseite eingreifen. Nocken und Haken ergeben einen Formschluß, d.h., die Kraft der Druckfedern überträgt sich über den Deckel hinweg auf die Nocken und allein aufgrund der Form der zueinander passenden Teile. Der Formschluß und damit die Verbindung von Nocken und Haken ist solange aufrecht, als der Hebel in seiner oberen Endlage bleibt, in die er beim Schließen des Deckels gebracht wird. Zieht man den Hebel nach unten, dann wird der Eingriff von Nocken und Haken gelöst und die Druckfedern schleudern den Deckel nach oben. Der Formschluß zwischen Nocken und Haken kann auch dadurch gelöst werden, daß man von außen etwa mit einem Hammer mehrmals von oben auf den Deckel schlägt. Durch Erschütterungen wird kurzzeitig die Haftreibung zwischen den Berührungsflächen von Nocken und Haken unterbrochen. Dadurch bewegt sich der Entriegelungshebel, der in der angehobenen Lage nur durch die Haftreibung zwischen den Nocken und Haken gehalten wird, infolge seines Eigengewichtes ein Stück nach unten. Erfolgen die Erschütterungen mehrmals hintereinander, dann senkt sich der Hebel ruckweise so weit nach unten, daß damit der Eingriff der Nocken und Haken bei der nächsten Erschütterung gelöst wird und der Deckel nach oben schnellt, genauso, als wäre er absichtlich entriegelt worden.

Am Verriegelungsmechanismus bestehen schon vom Konzept her Mängel seit der Inbetriebnahme des Deckels in der Form, daß die Verriegelungsstange auch dann längsverschieblich ist, wenn die Sicherungsstifte auf beiden Seiten eingelegt sind. Die Nocken auf der Stange haben zwar den gleichen Abstand voneinander wie die auf der Deckelunterseite angebrachten Haken und können daher auch mit den Haken exakt bündig eingelegt werden, doch hindert nichts, daß die Nocken gegenüber den Haken verschoben eingelegt werden und dann nur noch eine geringe Überdeckungsbreite aufweisen. Anstatt 8,5 mm Überdeckung bei bündiger Anordnung kann dadurch die Situation entstehen, daß bei den jeweils 8,5 mm dicken Nocken und Haken so weit eine Verschiebung eintreten kann, daß nur mehr 1,9 mm Überdeckung beim rechten und nur mehr 3 mm beim linken Nocken/Haken-Paar vorhanden ist. Insgesamt wirkt der Deckelverriegelungsmechanismus nicht sicher, weil zwar Horizontalkräfte bei geschlossenem Deckel nicht zu dessen Entriegelung führen, jedoch selbst bei bündig einjustierten Nocken und Haken, also bei einer Idealstellung, bei Kräften von außen in vertikaler Richtung von oben auf den geschlossenen Deckel, wie etwa Hammerschlägen oder Herumspringen oder auch abgehenden Dachlawinen schon nach wenigen Schlägen, nämlich drei oder vier Schlägen, der Deckel mit solcher Kraft nach oben schnellt, daß er zunächst an der Hausmauer anschlägt und erst nach dem Rückprall von den an der Hausmauer angebrachten Gummipuffern in eine Lage von etwa 60 Grad zur Horizontalen zurückfällt. Die sachgerechte Lösung gegen die Gefahr des Aufschnellens wäre gewesen, den am Deckel befindlichen Hebel gegen ein Herunterfallen des Hebels, etwa durch das Anbringen einer Feder, zu sichern. Es gibt durchaus technische Möglichkeiten, den Hebel gegen ein Herunterfallen abzusichern, die auch den feuerpolizeilichen Vorschriften entsprechen.

Im Jahr 1992 oder 1993 stand der Sprungdeckel einmal offen, weil er sich, als eine Schülerin darüberlaufen wollte, beim Betreten geöffnet hatte. Die Schülerin blieb unverletzt. Ein Lehrer meldete der Hauswartin, daß der Deckel offen stand. Ob er ihr auch den genauen Hergang schilderte, kann nicht festgestellt werden. Die Hauswartin schloß den Deckel mit Hilfe ihres Gatten. Sie meldete den Vorfall der Bundesgebäudeverwaltung nicht, weil sie der Meinung war, daß der Deckel wegen der damals im Heizhaus durchgeführten Arbeiten geöffnet worden war. Gegen die seit 1982 tätige Hauswartin gab es gegenüber ihrem Dienstgeber nie Beschwerden.

Am 11.5.1993 wurde der Kläger durch das Hochschnellen des Sprungdeckels schwer verletzt. Damals befand sich auf der Hauswand über dem Sprungdeckel ein Schild mit der Aufschrift: "Sprungdeckel - Achtung Lebensgefahr". Die Farbe des Warnschildes war verblaßt. Das Schild war derart angebracht, daß man den Warnhinweis nur wahrnehmen konnte, wenn man sich auf Höhe des Sprungdeckels befand und den Blick direkt auf die Hausmauer gerichtet hatte. Die Schüler werden von ihren Lehrern angehalten, den asphaltierten Fußweg und nicht den Rasenstreifen zu benützen. Eine besondere Anweisung, den Sprungdeckel nicht zu betreten, erfolgte nicht. Auch die Lehrpersonen wußten sich mit dem Warnhinweis, daß Lebensgefahr bestehe, nichts anzufangen.

Der Kläger befand sich auf dem Rückweg von der Mensa zur Schule, als er den Sprungdeckel betrat. Er hüpfte darauf nicht herum. Vielmehr schnellte der Sprungdeckel schon infolge des Betretens auf und traf den Kläger in der Bauchgegend. Zum Zeitpunkt, als der Kläger den Sprungdeckel betrat, befand sich der Verriegelungsmechanismus jedenfalls in einer solchen Position, daß nur mehr eine geringe Überdeckung von Nocken und Haken vorlag, sodaß er durch diese relativ geringe Erschütterung aufsprang. Neben diesem zum Zeitpunkt des Unfalles bestehenden, schon vom Konzept des Sprungdeckels her gegebenen und daher seit seiner Inbetriebnahme vorhandenen Mangels am Verriegelungsmechanismus, nämlich der Verschiebbarkeit der Verriegelungsstange, lag zum Zeitpunkt des Unfalles des Klägers kein Wartungsmangel in Form eines fehlenden Sicherungsstiftes vor.

Der Kläger erlitt eine Zerreißung der Milz, die operativ entfernt werden mußte. Es bestehen Dauerfolgen durch den Verlust der Milz und durch auffällige Narben. Spätfolgen im Sinne von medizinischen Komplikationen sind nicht auszuschließen.

Der Kläger begehrte S 80.000 Schmerzengeld, S 1.456,10 an Behandlungskosten sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für sämtliche Unfallsfolgen. Die beklagte Partei hafte gemäß § 1319a ABGB, weil der Sprungdeckel zu einem allgemein zugänglichen Fußweg gehöre. Sie hafte weiters gemäß § 1319 ABGB. Das Aufschnellen des Sprungdeckels sei als Ablösung eines Teiles vom Werk anzusehen und auf dessen mangelhafte Beschaffenheit zurückzuführen. Der beklagten Partei sei die Gefahrenquelle bekannt gewesen. Sie hafte außerdem gemäß § 1315 ABGB für ihre untüchtige Hausbesorgerin, die gemäß § 3 HBG ihre Aufgaben auch zugunsten dritter Personen wahrzunehmen gehabt hätte.

Die beklagte Partei und die Nebenintervenientin beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Der Sprungdeckel sei mängelfrei. Er sei wiederholt überprüft worden und hinlänglich abgesichert gewesen. Das Alleinverschulden treffe den Kläger, der auf dem Sprungdeckel herumgesprungen sei. § 1319 ABGB sei nicht anwendbar.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Der Sprungdeckel habe sich nicht auf einem Weg im Sinn des § 1319a ABGB befunden, sodaß die Haftung der beklagten Partei nach dieser Gesetzesstelle nicht in Betracht komme. Sie hafte jedoch gemäß § 1319 ABGB. Ein (Mit-)Verschulden des Klägers liege nicht vor.

Das Gericht zweiter Instanz verwarf die Berufung der beklagten Partei wegen Nichtigkeit und gab ihr im übrigen nicht Folge. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es teilte die Auffassung des Erstgerichtes, daß hier ein Haftungsfall des § 1319 ABGB vorliege. Die beim Einsturz eines Gebäudes oder bei der Ablösung von Gebäudeteilen auf den Geschädigten einwirkende Gravitationskraft unterscheide sich in ihrer Gefährlichkeit nicht von den in den angespannten Druckfedern des geschlossenen Deckels gebannten Federkräften, die den Deckel mit einer durchaus dem freien Fall vergleichbaren Wucht emporschleuderten. Auf den durch den mangelhaft konstruierten Verriegelungsmechanismus zurückzuführenden Unfall sei daher die Vorschrift des § 1319 ABGB ohneweiteres anwendbar. Der beklagten Partei sei der Entlastungsbeweis nicht gelungen. Die Warntafel habe keine hinreichende Absicherung gegen einen Aufenthalt von Personen auf dem Sprungdeckel geboten, zumal die beklagte Partei insbesondere auch mit dem Aufenthalt von Schülern im Gefahrenbereich rechnen habe müssen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob sich der Schutzbereich des § 1319 ABGB auch auf andere als aus der Höhe des Werkes erfließende Gefahren erstrecke.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

Nach einhelliger Rechtsprechung ist der Begriff des "Werkes" im Sinn des § 1319 ABGB weit auszulegen, sodaß diesem Begriff neben Zäunen, Geländern, Türen, Schranken, Bodenvertiefungen und überhaupt willkürlichen Gestaltungen der natürlichen Bodenbeschaffenheit (vgl. SZ 53/143 sowie weiters die bei Reischauer in Rummel2 II, Rz 3 und 4 zu § 1319 ABGB angeführten Judikaturbeispiele) auch ein in die Tiefe führender Fluchtschacht samt dem diesen abschließenden Deckel zu unterstellen ist. Ebenso wird das Haftungserfordernis des Einsturzes des Gebäudes oder Werkes oder des Ablösens von Teilen hievon weit ausgelegt.

Allerdings hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 6 Ob 626/80 = SZ 53/143 ausgesprochen, daß die Vorschrift des § 1319 ABGB auf jede Beschädigung durch den mangelhaften Zustand des Werkes nicht angewendet werden könne, weil sonst die Worte "durch Einsturz oder Ablösung von Teilen" keinen Sinn hätten. Es sei daher die Einschränkung zu machen, daß der Schaden durch die auf der Höhe des Gebäudes oder des Werkes beruhende Gefahr herbeigeführt worden sei. Dies sei allerdings nicht nur dann der Fall, wenn etwas aus der Höhe herabstürze und dadurch einen Schaden verursache, sondern auch, wenn der Geschädigte durch Sturz vom Gebäude oder Werk beschädigt worden sei. Der Oberste Gerichtshof folgte damit der Ansicht Koziols (Haftpflichtrecht2 II, S 394, 397), daß die besondere Gefährlichkeit der im § 1319 ABGB gemeinten Werke auf deren Höhe beruhe.

In der Entscheidung 2 Ob 599/92 = EvBl 1994/8 wurde offen gelassen, ob sich die Haftung auch auf alle anderen Gefahren erstrecke, weil die Gefährdung durch eine Stützmauer schon aus deren Höhe erfolge.

In mehreren anderen Entscheidungen findet sich keine derartige Einschränkung. Eine Haftung nach § 1319 ABGB wurde mehrfach auch in Fällen bejaht, bei denen der angerichtete Schaden nicht durch die Wucht des herabstürzenden Teiles oder durch einen Sturz des Geschädigten in die Tiefe hervorgerufen wurde, sondern derartige Umstände keine oder keine wesentliche Rolle spielten. Es wurde etwa auch ein Kanaleinsturz und eine dadurch entstehende Mulde von bloß 8 bis 10 cm Tiefe (JBl 1986, 523), eine fehlerhaft befestigte Tür eines Bretterzaunes, die umfiel (SZ 41/27) und ein mangelhaft befestigtes und daher durch einen kräftigen Windstoß aufschwingendes Gartentor (EvBl 1971/280) dem Tatbestand des § 1319 ABGB unterstellt.

Wie in 6 Ob 699/82 = MietSlg 34.219 ausgeführt wurde, finden somit nicht alle Rechtsprechungsfälle in dem von Koziol dargelegten Gedanken eine hinlängliche Rechtfertigung. Allen Anwendungsfällen des § 1319 ABGB scheint aber gemein zu sein, daß für willkürliche Gestaltung der natürlichen Boden- und Geländebeschaffenheit, die hinter den nach ihrem erkennbaren Zustand vorauszusetzenden Eigenschaften zurückbleibt, deren Erhalter demjenigen für Schäden durch diese "mangelhafte Beschaffenheit des Werkes" einzustehen hat, der sich im gerechtfertigten Vertrauen auf die Gefahrlosigkeit des Werkes dessen physikalischen Wirkungsbereich aussetzen durfte.

Die Eingrenzung der Anwendung des § 1319 ABGB im Sinne dieses Kriteriums erscheint auch dem erkennenden Senat sachgerechter als jene Koziols, dessen Ansicht auch von Reischauer (in Rummel2 II, Rz 2 zu § 1319 ABGB) als zu eng bezeichnet wird. Der erkennende Senat pflichtet Reischauer dahin bei, daß kein Anlaß besteht, die Begriffe "Einsturz oder Ablösen" auf Gefahren zu reduzieren, die aus einem beträchtlichen Höhenunterschied erfließen, sondern daß damit auch Gefahren umfaßt sein sollen, die sich aus der Statik und Dynamik des Werkes ergeben.

Wie bereits das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausgeführt hat, kann ein zu einer anderen Beurteilung Anlaß gebender Unterschied darin, ob ein (eine Öffnung verschließender) Teil eines Gebäudes oder "Werkes" plötzlich einsinkt, umfällt, aufschwingt oder - wie hier - mit voller Wucht in die Höhe schnellt, nicht erblickt werden.

Die Vorinstanzen haben auch zutreffend dargelegt, daß der beklagten Partei der gemäß § 1319 ABGB ihr obliegende Entlastungsbeweis nicht gelungen ist. Den Ausführungen in der Revision, die beklagte Partei habe bis zum gegenständlichen Vorfall keine Anhaltspunkte für die Gefährlichkeit des Sprungdeckels gehabt, steht allein schon der Umstand entgegen, daß nach dem dort angebrachten Schild sogar "Lebensgefahr" (!) bestanden haben soll, sodaß im Gegenteil davon auszugehen ist, daß der beklagten Partei seit jeher bewußt gewesen sein mußte, daß eine höchst gefahrträchtige Situation bestand. Die nunmehr in der Revision angestellten Spekulationen, daß dieses Schild nur wegen der Gefahr, daß der Sprungdeckel im Fall eines Brandes von innen geöffnet werden könnte, warnen sollte, vermögen die beklagte Partei nicht zu liberieren.

Die in der Revision enthaltenen Erwägungen, daß eine Abgrenzung des Sprungdeckels durch ein unüberwindliches Hindernis dem Sinn des Fluchtweges widersprochen hätte, sind zwar richtig, ändern aber nichts daran, daß der beklagten Partei der Beweis, daß sie alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe, mißlungen ist. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hätte der Deckel gegen das Aufschnellen etwa durch das Anbringen einer Feder gesichert werden können. Es liegt im übrigen auf der Hand, daß der Deckel überhaupt durch eine andere Schachtabdeckung mit einem anderen, zeitgemäßeren Öffnungsmechanismus ausgetauscht hätte werden können. Die Gefährlichkeit des Sprungdeckels hätte demnach durchaus durch zielführende und zweckentsprechende Maßnahmen beseitigt werden können.

Die Anbringung des Warnschildes, das überhaupt nur aus einer bestimmten Position wahrnehmbar war und dessen Aussage für Personen, die nicht mit der Aufgabe und Funktion des Deckels vertraut waren, nicht besonders überzeugend wirkte, wurde von den Vorinstanzen zutreffend als völlig unzureichender Versuch einer Gefahrenabwehr qualifiziert.

Der Deckel war frei zugänglich und nahe eines ständig von Schülern frequentierten Weges positioniert. Die Wahrscheinlichkeit, daß sich ein der Gefahr Unkundiger dieser aussetzt (vgl MietSlg 34.290), lag daher auf der Hand, zumal derartige Bodenabdeckungen Kinder erfahrungsgemäß geradezu zum Betreten verlocken.

Da der Haftungstatbestand des § 1319 ABGB erfüllt ist, kann dahingestellt bleiben, ob die beklagte Partei, die diese Gefahrenquelle schuf, nicht auch nach den allgemeinen Grundsätzen des Ingerenzprinzipes und der Verkehrssicherungspflichten (zu den Begriffen vgl Reischauer in Rummel2 II, Rz 4 und 5 zu § 1294 ABGB) zum Schadenersatz heranzuziehen wäre. Diese Frage läßt sich insbesondere deshalb nicht beantworten, weil in den Vorinstanzen unerörtert blieb, ob der beklagten Partei die Öffnung des Verkehrs oder zumindest die Duldung eines Verkehrs für die Allgemeinheit (ZVR 1978/111) unterstellt werden kann.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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