OGH 8Ob2315/96s

OGH8Ob2315/96s27.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** reg.Gen.m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Johann Kölly, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, wider die beklagten Parteien 1.) Horst G*****, 2.) Johannes G*****, 3.) Margarethe G*****, 4.) Monika W*****, alle vertreten durch Dr.Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 2,000.000,- s.A. infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 29.August 1996, GZ 4 R 122/96g-23, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

§ 502 Abs 1 ZPO, welcher als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Revision unter anderem das Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nennt, kann nicht entnommen werden, daß das Vorhandensein lediglich einer Vorentscheidung in jedem Falle die Revisionszulässigkeit begründen müßte. Eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes besteht auch dann, wenn eine einzige, aber ausführlich begründete, grundlegende und veröffentlichte Entscheidung vorliegt, der keine gegenteiligen Entscheidungen entgegenstehen. Dies insbesondere dann, wenn diese Entscheidung auch im Schrifttum nicht auf beachtliche Kritik gestoßen ist (Kodek in Rechberger, ZPO, § 502 RdZ 3). Diese Voraussetzungen treffen auf die von den Revisionswerbern zitierte Entscheidung SZ 68/64 zu, sodaß es allein deshalb, weil keine weiteren Erkenntnisse zur Frage der Grenzen der Haftungsübernahme durch Familienangehörige vorliegen, nicht der Annahme des Rechtsmittels bedarf.

Die Vorinstanzen haben den Sachverhalt auch im Lichte dieser Entscheidung rechtlich richtig beurteilt. Die Befreiung einkommens- und vermögensloser naher Angehöriger von der übernommenen Haftung kann nämlich nur in Ausnahmefällen wirksam werden, so dann, wenn aus Geschäftsunerfahrenheit und ohne wesentliches Eigeninteresses am Zustandekommen des Vertrages gehandelt wurde und der Gläubigerbank diese Umstände bekannt waren. Nach den Feststellungen haben aber sämtliche Beklagte und ihre Familien von den Einkünften des kreditaufnehmenden Unternehmens gelebt, sodaß ein vehementes Eigeninteresse am Weiterbestand der Einkommensquelle vorlag. Dies trifft auch auf die Gattin des verstorbenen Geschäftsführers zu, die zwar im Gegensatz zu den übrigen Beklagten nicht Firmengesellschafterin, aber Angestellte im Unternehmen war und sich damit in einer dem der Entscheidung SZ 68/64 zugrundeliegenden Sachverhalt, wo der im Unternehmen angestellte Sohn der Inhaberin aus einer Garantie in Anspruch genommen wurde, durchaus vergleichbaren Situation befand. Hier wie dort kann weder von mangelndem Eigeninteresse noch von Geschäftsunerfahrenheit ausgegangen werden. Zu letzterer hat schon das Erstgericht darauf verwiesen, daß alle Beklagte bereits früher Bürgschaften eingegangen sind und daher über das damit verbundene Risiko Bescheid wissen mußten.

Die Bank trifft nur dann gegenüber Solidarschuldnern eine Aufklärungspflicht, wenn für sie erkennbar ist, daß der wirtschaftliche Ruin des Hauptschuldners unmittelbar bevorsteht oder der Hauptschuldner mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein wird, den Kredit zurückzuzahlen und sie damit rechnen muß, daß dem nahen Angehörigen diese Umstände nicht bewußt sind (SZ 57/70; ÖBA 1992, 74; ÖBA 1993, 61; 4 Ob 1687/95). Nach den unbekämpften erstgerichtlichen Feststellungen warf aber das Unternehmen in den Jahren 1989 bis 1991 auch im Verhältnis zur behaupteten Kreditbelastung beträchtliche Gewinne ab (AS 117), sodaß es mangels weiteren konkreten Vorbringens der Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Zeitpunkt einer "erkennbar aussichtslosen Überschuldung", auch wenn man unterstellt, daß der Antrag auf den 31.1.1991 abstellte, nicht bedurfte. Auch bei vorliegender Überschuldung ist nicht ohne weiters eine Aussage darüber möglich, ob eine Kapitalgesellschaft ihren Verpflichtungen nicht im Rahmen ihrer laufenden Betriebstätigkeit wird nachkommen können (SZ 61/26).

Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt daher nicht vor. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte