Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung über den Exekutionsantrag nach Einleitung eines Verbesserungsverfahrens gemäß § 54 Abs 3 EO aufgetragen.
Die Kosten des Rekurs- und des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Exekutionsverfahrens.
Text
Begründung
Der Verpflichteten als Pächterin des Parkrestaurants "G*****" in K*****, Parzelle Nr. ***** der EZ ***** KG K*****, wurde mit einstweiliger Vorkehrung des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 1.10.1996 bis zur rechtskräftigen Erledigung des zwischen den Parteien anhängigen Besitzstörungsverfahrens AZ 14 C 663/96s des Bezirksgerichts Klagenfurt untersagt, am Pachtgegenstand bauliche Maßnahmen jeder Art, insbesondere Abbrucharbeiten, durchzuführen.
Die betreibende Partei beantragte am 17.10.1996 beim Erstgericht mit folgendem Vorbringen, die Bewilligung der Exekution gemäß §§ 355, 356 EO: "Am 10.10.1996 mußte die betreibende Partei feststellen, daß durch die Fa. R***** im Auftrag der verpflichteten Partei Abbrucharbeiten durchgeführt wurden, insbesondere wurden sog. "Tram" aus der Decke herausgebrochen, Ziegel abgerissen, die Bretterschalung entfernt und neue Tram eingezogen. Die einstweilige Vorkehrung wurde der verpflichteten Partei zugestellt, sodaß "diese" rechtskräftig und vollstreckbar ist. Durch das Zuwiderhandeln der verpflichteten Partei sind die unter den "Tram" gelegenen Decken derart desolat, daß im Hinblick auf das Herannahen der Winterjahreszeit aufgrund der Tatsache, daß die Decken bereits jetzt herunterhängen, zu befürchten ist, daß das gesamte Objekt einstürzen wird."
Unter Vorlage von drei Farblichtbildern (über den Stand am 10.10.1996) und eines Kostenvoranschlages eines Planungs- und Ingenieurbüros, in dem der Aufwand für die Herstellung einer winterfesten Abdeckung (wohl gemeint: des am 10.10.1996 bestehenden Ist-Zustandes der Baustelle) mit S 41.000,-- geschätzt wurde, beantragte die betreibende Partei die Bewilligung der Unterlassungsexekution durch Androhung und Verhängung von Geldstrafen und Haft, ferner die Auferlegung einer Sicherheitsleistung von S 150.000,-- an die verpflichtete Partei für den durch ferneres Zuwiderhandeln entstehenden Schaden, weiters die betreibende Partei zu ermächtigen den früheren Zustand auf Gefahr und Kosten der verpflichteten Partei wiederherstellen zu lassen, der verpflichteten Partei die Zahlung der mit S 41.000,-- veranschlagten Kosten der (näher umschriebenen) Wiederherstellung des früheren Zustandes an die betreibende Partei binnen 14 Tagen aufzutragen und ihr letztlich zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrages und der weiteren Exekutionskosten die Fahrnisexekution zu bewilligen.
Das Erstgericht bewilligte mit Beschluß vom 21.10.1996 die Unterlassungsexekution, verhängte über die Verpflichtete eine Geldstrafe von S 5.000,--, drohte dieser für den Fall weiteren Zuwiderhandelns eine Geldstrafe von S 10.000,-- an, ermächtigte die betreibende Partei zur Wiederherstellung des früheren (durch die Entfernung der Bretterverschalung und das Herausreißen der Trams veränderten) Zustandes auf Gefahr und Kosten der verpflichteten Partei und verpflichtete diese zugleich, der betreibenden Partei die hiefür entstehenden und vorläufig mit S 41.000,-- bemessenen Kosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen; weiters bewilligte es der betreibenden Partei antragsgemäß die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Antragskosten und der weiteren Kosten dieses Exekutionsverfahrens; den Antrag, der verpflichteten Partei eine Sicherheitsleisung von S 150.000,-- aufzuerlegen, sowie ein Kostenmehrbegehren wies es hingegen ab. Die Abweisung des Antrags auf Auferlegung einer Sicherheitsleistung begründete es damit, daß die diesem Antrag zugrundegelegte Einsturzgefahr den vorgelegten Bescheinigungsmitteln nicht entnommen werden könne.
Das von beiden Parteien mit Rekursen angerufene Gericht zweiter Instanz wies in Stattgebung des Rekurses der verpflichteten Partei den Exekutionsantrag zur Gänze ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es war der Rechtsauffassung, die betreibende Partei hätte sich im Exekutionsantrag entgegen ihrer nach Lehre und Rechtsprechung bestehenden Verpflichtung, schon darin konkret und schlüssig zu behaupten, daß die Verpflichtete dem Exekutionstitel nach Eintritt dessen Vollstreckbarkeit zuwidergehandelt habe, auf die bloße Behauptung beschränkt, "sie habe am 10.10.1996 festgestellt, daß durch die Fa. R***** im Auftrag der Verpflichteten die näher umschriebenen Abbrucharbeiten durchgeführt worden seien, und die einstweilige Vorkehrung zugestellt worden und vollstreckbar sei". Es gebreche dem Antrag an jeglicher Behauptung, wann die Abbrucharbeiten durchgeführt wurden, also ob vor oder nach dem "Wirksamwerden" des Unterlassungsgebotes. Für die Bewilligung der Exekution nach § 355 EO werde ein "Zuwiderhandeln" nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Titels vorausgesetzt. Das Fehlen dieser Angabe stelle einen nicht verbesserbaren Inhaltsmangel dar, der zur Antragsabweisung führe, weil die Verbesserung von Inhaltsmängeln eines Exekutionsantrages schon nach dem Gesetzeszweck auf Exekutionsanträge im vereinfachten Bewilligungsverfahren (§ 54b Abs 2 Z 1 EO) beschränkt sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig und berechtigt:
Der betreibenden Partei ist zwar nicht dahin zu folgen, daß die eingangs dargelegten Antragsbehauptungen über ihre Beobachtungen am 10.10.1996 bereits klar die Behauptung des Zeitpunktes der Titelverstöße am 10.10.1996 darstellte oder jedenfalls eindeutig (aus der Zeitabfolge: mußte am 10.10.1996 feststellen, daß .... herausgebrochen, abgerissen, entfernt, eingezogen wurden) in diesem Sinn zu verstehen war. Wenngleich nämlich der Erstrichter diesem Verständnis der Antragsangaben gefolgt sein mochte, ist immerhin auch die von der verpflichteten Partei und vom Rekursgericht in der angefochtenen Entscheidung vertretene Interpretation möglich, sodaß der Exekutionsantrag in seinem wesentlichsten Inhaltserfordernis, dem konkreten Verstoß gegen den vollstreckbaren Exekutionstitel unklar war. Die betreibende Partei nimmt selbst in ihrem Revisionsrekurs keine Klarstellung ihres Antragsvorbringens in der aufgezeigten Richtung vor, sondern versucht nur, ihr Verständnis von der gewählten Formulierung als klare Angabe des Zeitpunktes des Titelverstoßes zu deuten. Die aufgezeigte Unklarheit des Antrages besteht daher nach wie vor.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist allerdings seit der EO-Nov 1995 gemäß § 54 Abs 3 EO ein Verfahren zur Verbesserung von Inhaltsmängeln ("bei Fehlen des gesetzlich vorgeschriebenen Vorbringens") nicht nur bei Anträgen im vereinfachten Bewilligungsverfahren, dessen Einführung wohl auch Anlaß zur Änderung des § 54 Abs 3 EO war (vgl RV 195 Blg 19.GP 30), sondern in jedem Exekutionsverfahren durchzuführen, soweit der Antrag (wie hier) nicht rangwahrend ist (3 Ob 2323/96f; Angst/Jakusch/Pimmer, EO12 [MTA] Anm 12 zu § 54; Kloiber in ÖA 1996, 3; Mohr in ÖJZ 1995, 891f; RPfl E 1996/130 [LGZ Graz]). Soweit die vom Rekursgericht für seinen Rechtsstandpunkt genannte Entscheidung des erkennenden Senates 3 Ob 2009/96d = JBl 1996, 793 = EvBl 1997/6 = ecolex 1996, 914 in ihrem Satz, "Änderungen am Inhalt des Exekutionsantrages wurden durch die EO-Nov 1995 nur für den Exekutionsantrag im vereinfachten Bewilligungsverfahren (§ 54 Abs 2 Z 1 EO) geschaffen" dahin verstanden werden könnte, eine Verbesserung inhaltlicher Antragsmängel komme nur im vereinfachten Bewilligungsverfahren in Betracht, wird dies vom erkennenden Senat unter Hinweis auf die obigen Ausführungen dahin klar gestellt, daß die Verbesserung von Inhaltsmängeln eines Exekutionsantrages in jedem Exekutionsverfahren möglich ist, soferne der Antrag nicht rangwahrend ist.
Da das Rekursgericht aufgrund seiner, vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht den Exekutionsantrag ohne Einleitung eines Verbesserungsverfahrens abwies, ein solches Verfahren jedoch gemäß § 54 Abs 3 EO zur Klärung des gesetzlich geforderten Inhalts des Exekutionsantragsvorbringens erforderlich ist, ist nach Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen dem Erstgericht die Einleitung des Verbesserungsverfahrens wie im Spruch aufzutragen. Bei der neuerlichen Entscheidung über den Exekutionsbewilligungsantrag wird das Erstgericht im Falle der Antragsbewilligung die gesetzlichen Vorschriften über die Unterlassungsexekution auch insoweit zu beachten haben, als dort die Androhung von Geldstrafen sowie anders als nach § 353 EO die Bevorschussung von Wiederherstellungskosten nicht vorgesehen sind (SZ 49/155; EvBl 1963/387 ua; Heller/Berger/Stix 2598).
Der Kostenvorbehalt beruht auf §§ 78 EO, 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)