Spruch:
Zielt der Exekutionsantrag auf Beseitigung eines Zustandes, der nicht bereits Gegenstand des im Exekutionstitels erteilten Leistungsauftrages war, sondern durch ein neuerliches titelwidriges Verhalten nach Zustellung des Exekutionstitels an den Verpflichteten herbeigeführt wurde, so ist die Exekution bei Vertretbarkeit der Handlung nicht nach § 353, sondern nach § 356 EO zu erwirken
Der betreibende Gläubiger muß in der Regel im Antrag auf Erlag einer Sicherheit gemäß § 355 Abs. 2 EO Angaben über die Art des drohenden Schadens und dessen voraussichtlicher Höhe machen
Enthält der Antrag auf Erlag einer Sicherheit gemäß § 355 Abs. 2 EO kein Begehren bezüglich der Zeit, für welche die Sicherheit zu haften hat, ist die Zeit von Amts wegen zu bestimmen
OGH 14. Dezember 1976, 3 Ob 136/76 (LG Klagenfurt 1 R 233/76; BG Obervellach E 7/76)
Text
In Anerkenntnisendbeschluß des Erstgerichtes vom 3. Jänner 1975 wurde festgestellt, daß Grete und Maria W die betreibende Partei im ruhigen Mitbesitz der Benützung des ebenerdig im Hause R Nr. 5 gelegenen Badezimmers dadurch störten, daß sie in der Zeit vom 9. November 1974 bis 24. November 1974 und nachdem 25. November 1974 "durch Anbringen eines Einsteckschlosses in das Schloß der Türe des Badezimmers diese Tür verschlossen hielten und damit der Klägerin den Zugang und die Benützung des Badezimmers verwehrten. Gleichzeitig wurden Grete und Maria W schuldig erkannt, das Einsteckschloß zu entfernen und jeden weiteren Eingriff in den Besitz der betreibenden Partei an dem genannten Badezimmer zu unterlassen. Am 9. Jänner 1976 beantragte die betreibende Partei, ihr gegen Maria W die Exekution zur Erwirkung der Unterlassung aller Handlungen, durch die die verpflichtete Partei dem Anerkenntnisendbeschluß vom 3. Jänner 1975 zuwiderhandeln würde, durch Androhung und Verhängung von Geldstrafen und Haft zu bewilligen, der Verpflichteten die Bestellung einer Sicherheit von 1000 S für den durch ferneres Zuwiderhandeln entstehenden Schaden aufzutragen; die betreibende Partei zu ermächtigen, den früheren Zustand auf Gefahr und Kosten der verpflichteten Partei wiederherstellen zu lassen; der verpflichteten Partei die Bezahlung der vorläufig mit 300 S veranschlagten Kosten der Wiederherstellung aufzutragen; schließlich der betreibenden Partei zur Hereinbringung der Exekutionskosten die Fahrnisexekution zu bewilligen. Zu diesem Exekutionsantrag brachte die betreibende Partei vor, die Verpflichtete habe nach der Erlassung des Anerkenntnisendbeschlusses den Mitbesitz der betreibenden Partei am Badezimmer zunächst über ein Jahr lang nicht mehr gestört. Am 30. Dezember 1975 habe sie aber neuerlich ein Einsteckschloß in das Schloß der Tür des Badezimmers eingebracht und damit der betreibenden Partei den Zugang und die Benützung des Badezimmers verwehrt.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution mit Beschluß vom 9. Jänner 1976 unter Verwendung der Bewilligungsstampiglie "braun". Außerdem wurde noch mit EForm 308 ein "Räumungstermin" für den 30. Jänner 1976 zur "zwangsweisen Entfernung des Einsteckschlosses" angeordnet.
Infolge Rekurses der Verpflichteten wurde die Anordnung der zwangsweisen Entfernung des Einsteckschlosses sowie die Anberaumung des Vollzugstermines (EForm 308) ersatzlos aufgehoben. Im übrigen wurde der Bewilligungsbeschluß des Erstgerichtes dahin abgeändert, daß der betreibenden Partei nur eine Exekution nach § 353 EO zur Erwirkung der Entfernung des Einsteckschlosses unter Auferlegung eines Kostenvorschusses von 300 S nach § 353 Abs. 2 EO sowie zur Hereinbringung der Verfahrenskosten die Fahrnisexekution nach § 369 EO bewillig wurde. Der Antrag auf Bewilligung der Exekution nach § 355 EO wurde abgewiesen. Das Rekursgericht vertrat im wesentlichen die Ansicht, es seien nur die Voraussetzungen für die Exekution zur Erwirkung der Entfernung des Einsteckschlosses gegeben. Diese Exekution sei nach § 353 EO zu bewilligen. Mit der Bewilligung der zwangsweisen Entfernung des Einsteckschlosses (EForm 308) habe das Erstgericht den Antrag der betreibenden Partei überschritten; eine derartige Vollzugsmaßnahme sei nicht beantragt worden.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der verpflichteten Partei nicht, jenem der betreibenden,Partei teilweise Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach dem Vorbringen im Exekutionsantrag hat die verpflichtete Partei den ihr im Exekutionstitel erteilten Auftrag zur Entfernung des Einsteckschlosses entsprochen und weitere Störungshandlungen zunächst eine Zeitlang unterlassen. Erst am 30. Dezember 1975 hat sie neuerlich ein Einsteckschloß angebracht und dadurch der betreibenden Partei wieder die Benützung des Badezimmers verwehrt. Nach diesem Vorbringen, von dem bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag auszugehen ist, ist die betreibende Partei berechtigt, zur Erwirkung der Unterlassung der Eingriffe in ihren Mitbesitz am gegenständlichen Badezimmer gegen die verpflichtete Partei nach § 355 EO Exekution zu führen. Das Erstgericht hat daher mit Recht die beantragte Unterlassungsexekution nach § 355 Abs. 1 EO bewilligt. Neben der Bewilligung der Exekution nach § 355 Abs. 1 EO konnte die betreibende Partei auch den Erlag einer Sicherheit nach § 355 Abs. 2 EO verlangen. Es ist richtig, daß der betreibende Gläubiger in seinem Antrag auf Bestimmung einer solchen Sicherheit in der Regel Angaben über die Art des drohenden Schadens und dessen voraussichtliche Höhe zu machen hat (Heller - Berger - Stix, 2592). Ein derartiges Vorbringen ist aber dann entbehrlich, wenn nach der Natur des Unterlassungsanspruches ohne weiters erkennbar ist, welcher Schaden im Fall des Zuwiderhandelns der Verpflichteten gegen die Exekutionsbewilligung eintreten kann, und wenn sich auch die voraussichtliche Höhe dieses Schadens annähernd schätzen und damit beurteilen läßt, ob das konkrete Begehren auf Sicherheitsleistung auch der Höhe nach berechtigt ist. Dies trifft im vorliegenden Fall auf das Begehren auf Erlag einer Sicherheit von 1000 S zu. Der betreibenden Partei könnten im Falle eines neuerlichen Zuwiderhandelns vor allem Kosten durch die Inanspruchnahme einer Badeanstalt sowie durch exekutive Maßnahmen gegen die verpflichtete Partei (§ 356 Abs. 1 EO) zur Verschaffung des Zutrittes zum Badezimmer entstehen. Die Gesamthöhe des hiedurch entstehenden Schadens kann sich bei wiederholten Zuwiderhandlungen leicht auf 1000 S belaufen. Es war daher auch dem Antrag nach § 355 Abs. 2 EO Folge zu geben. Da die betreibende Partei im Exekutionsantrag aber kein Begehren bezüglich der Zeit, für welche die Sicherheit zu haften hat, gestellt hat, war die Zeit von Amts wegen zu bestimmen.
Die betreibende Partei konnte aber auch die Beseitigung des neuerlich angebrachten Einsteckschlosses nur nach § 356 EO erwirken. Eine Exekutionsführung nach § 353 EO kommt - entgegen der Meinung des Rekursgerichtes - hier nicht in Frage, weil jener Zustand, dessen Beseitigung angestrebt wird, nach dem Vorbringen im Exekutionsantrag nicht bereits Gegenstand des im Exekutionstitel erteilten Leistungsauftrages war, sondern erst durch ein neuerliches titelwidriges Verhalten nach Zustellung des Exekutionstitels an die verpflichtete Partei herbeigeführt wurde. Nur zur Erwirkung der im Exekutionstitel der verpflichteten Partei aufgetragenen Leistung, - also der Entfernung des seinerzeit angebrachten Einsteckschlosses - wäre eine Exekutionsführung nach § 353 EO in Frage gekommen (Heller - Berger - Stix, 2598). Es war daher auch die vom Erstgericht der betreibenden Partei nach § 356 EO erteilte Ermächtigung wiederherzustellen. Das Erstgericht hat jedoch übersehen, daß im Falle einer solchen Ermächtigung - im Unterschied zu § 353 EO - ein Kostenvorschuß vom Verpflichteten nicht begehrt werden kann (EvBl. 1958/185; EvBl. 1963/387; Heller - Berger - Stix, 2598).
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