OGH 6Ob57/97v

OGH6Ob57/97v20.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin und Gegnerin der gefährdeten Partei Eveline S*****, vertreten durch Dr.Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner und gefährdete Partei Josef S*****, vertreten durch Dr.Helene Klaar, Rechtsanwältin in Wien, hier wegen einstweiliger Regelung der alleinigen Benützung der ehelichen Wohnung gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 16. Dezember 1996, GZ 43 R 959/96i-37, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Parteien, der zwei minderjährige Kinder entstammen, ist seit März 1995 rechtskräftig geschieden. Im anhängigen Verfahren über die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens beantragte der Mann am 21.5.1996, gestützt auf § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO, ihm die alleinige Benützung an der Ehewohnung zuzuweisen und der Frau die Benützung der Wohnung zu untersagen. Er benötige die Wohnung dringend. Die Frau habe kein dringendes Wohnungsbedürfnis. Sie wolle nach drei Jahren Abwesenheit wieder in die eheliche Wohnung einziehen. Es seien Konflikte, die sich aus der gemeinsamen Benützung von Bad und Küche zwangsläufig ergeben würden, zu befürchten. Das Wohl der Kinder spreche gegen eine Rückkehr der Frau.

Die Frau beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages. Sie benötige die eheliche Wohnung wegen ihres Arbeitsplatzes in Wien. Im Haus ihrer Eltern, wo sie derzeit wohne, lägen beengte Verhältnisse vor. Die Eltern hätten sie aufgefordert, das Haus zu verlassen. Sie habe die Absicht, nach Wien zu ziehen. Dies entspreche auch dem Wohl der Kinder.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.

Das Rekursgericht bewilligte über Rekurs des Mannes die beantragte Benützungsregelung. Es vertrat die Auffassung, daß die einstweilige Benützungsregelung keiner besonderen Gefahrenbescheinigung im Sinne des § 381 EO bedürfe, es genüge, wenn der Antragsteller ein Regelungsbedürfnis dartue. Dieses ergebe sich hier schon daraus, daß die Frau (nach mehr als dreijähriger Abwesenheit) wieder in die eheliche Wohnung zurückkehren wolle.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Frau die Abänderung dahin, daß der Antrag des Mannes abgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Die Rekurswerberin releviert ein Abweichen des Rekursgerichtes von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach es für die einstweilige Überlassung der Ehewohnung zur alleinigen Benützung an einen Ehepartner Voraussetzung sei, daß der andere Teil ein Zusammenleben (bis zur Beendigung des Aufteilungsverfahrens) unerträglich mache. Derartiges habe der Mann nicht einmal behauptet.

Dazu ist folgendes auszuführen:

§ 382 Abs 1 Z 8 lit c EO regelt einerseits die einstweilige Benützung des ehelichen Gebrauchsvermögens und andererseits die Sicherung dieses Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Während der zweite Fall der Sicherung des Aufteilungsanspruchs dient (Sicherungsmittel wäre etwa ein Belastungs- und Veräußerungsverbot hinsichtlich der der Aufteilung unterliegenden Gegenstände), betrifft der erstgenannte Fall der Benützungsregelung einen eigenen Billigkeitsanspruch ohne den erwähnten, für den zweiten Fall erforderlichen Sicherungszweck. Die sogenannte "Regelungs-EV" setzt nach ständiger Rechtsprechung keine Gefahrenbescheinigung nach § 381 EO voraus, es ist nur erforderlich, daß der Antragsteller ein Regelungsbedürfnis dartut (SZ 57/89; RZ 1989/42; EFSlg 70.090). Es ist selbstverständlich, daß ein solches Regelungsbedürfnis zu bejahen ist, wenn ein Ehepartner dem anderen das Zusammenleben in der ehelichen Wohnung unerträglich macht. In diesem Fall liegen nicht nur die Voraussetzungen für einen Auftrag an den unleidlichen Ehepartner zum Verlassen der Wohnung im Sinne des § 382 Abs 1 Z 8 lit b EO vor, der andere Ehepartner kann auch die alleinige Benützung der Wohnung nach der Z 8 lit c erster Fall leg cit beanspruchen. Nichts anderes wurde in den von der Rekurswerberin zitierten Entscheidungen und vielen anderen oberstgerichtlichen Entscheidungen ausgesagt (SZ 58/68; 6 Ob 514/91 = EFSlg 67.174; 1 Ob 608/93; 10 Ob 2433/96h uva). Damit ist aber noch keineswegs gesagt, daß nur die von einem Ehepartner verursachte Unerträglichkeit des Zusammenlebens ein Regelungsbedürfnis für die alleinige Benützung der Ehewohnung durch einen Teil darstellen könnte. Der Anspruch auf Benützungsregelung ist ein aus der Ehe nachwirkender Billigkeitsanspruch auf Lösung der gemeinsamen Lebensbereiche im partnerschaftlichen Sinn. Voraussetzung ist ein der Auflösung in diesem Sinn entgegenstehender Zustand (SZ 58/68). Die Benützungsregelung kann durchaus verschiedene Gründe haben (vgl SZ 57/89), etwa den, daß der aus der Ehewohnung schon ausgezogene Teil wieder in die Wohnung zurückkehren möchte, weil er ansonsten obdachlos wäre (RZ 1989/42). Die Bejahung eines Regelungsbedürfnisses des Mannes durch das Rekursgericht stellt bei weiterer Berücksichtigung des Umstandes, daß sich die Frau mit den Kindern schon mehr als drei Jahre nicht mehr in der ehelichen Wohnung aufhält, keine aufgreifbare Fehlbeurteilung dar (vgl dazu König, Einstweilige Verfügungen in Zivilverfahren Rz 151), zumal die Rekurswerberin im Revisionsrekurs zu der gebotenen Interessenabwägung (SZ 58/68) ein eigenes dringendes Wohnbedürfnis nicht mehr releviert. Der allein geltend gemachte Rekursgrund, daß die Unerträglichkeit des Zusammenlebens Voraussetzung für die beantragte alleinige Benützung der Ehewohnung durch den Mann wäre, trifft nicht zu. Mangels Relevierung erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs unzulässig.

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