Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde Erwin S***** des - vor dem 1. Januar 1995 begangenen (vgl EvBl 1996/142) - gewerbsmäßig und bandenmäßig begangenen Verbrechens nach § 12 Abs 1, 2 und 3 Z 2 und 3 SGG, teils als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB (I A, B und C), des (damit idealkonkurrierenden) Finanzvergehens des gewerbsmäßig und bandenmäßig verübten Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a und b FinStrG, teils als Beitragstäter nach § 11 dritter Fall FinStrG (II) sowie der Vergehen des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 2 StGB (III) und der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (IV) schuldig erkannt und hiefür einerseits nach §§ 12 Abs 3 SGG, 28 StGB zu einer siebeneinhalbjährigen Freiheitsstrafe, andererseits für das Finanzvergehen zu einer Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe sowie zu weiteren Sanktionen verurteilt.
Rechtliche Beurteilung
Ausdrücklich nur den Schuldspruch laut I B und den damit korrespondierenden Teil des Schuldspruches laut II des Urteilssatzes, soweit ihm darin als unmittelbarer Täter der Transport von 147 kg Heroin von Triest nach Österreich und weiter durch Deutschland in die Niederlande angelastet wird, bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 4 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die für das Suchtgiftverbrechen verhängte Freiheitsstrafe ficht er ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit Berufung an.
Zur Ergreifung der Verfahrensrüge (Z 4) ist der Nichtigkeitswerber jedoch schon deshalb nicht legitimiert, weil das Schöffengericht einen in der Hauptverhandlung vom 13.März 1996 (ON 249) gestellten Antrag auf Einsicht in den den abgesondert verfolgten Muhittin C***** betreffenden Strafakt, AZ 10 Vr 371/95 des Landesgerichtes Leoben, ohnehin stattgegeben hat (233 f/VI); indes hat es der Angeklagte - was aber unabdingbare Voraussetzung gewesen wäre - unterlassen, in den jeweils gemäß § 276 a StPO (wegen Zeitablaufs) neu durchgeführten Hauptverhandlungen vom 28.Mai 1996 (ON 255), insbesonders in jener von 15.Oktober 1996 (ON 77) - zufolge eines zeitweise bestehenden Hindernisses (ON 251) angeblich tatsächlich nicht gewährten Akteneinsicht, wogegen allerdings ein Fristsetzungsantrag oder eine Beschwerde gemäß § 15 StPO hätte Abhilfe schaffen können - einen darauf abzielenden Antrag zu wiederholen, über den der Gerichtshof sodann gemäß § 238 StPO zu entscheiden gehabt hätte.
Die Beschwerde verkennt nämlich, daß nach ständiger Rechtsprechung im Falle, daß die Hauptverhandlung - wie vorliegend - aus einem der in § 276 a StPO genannten Gründe (hier: Ablauf der Zwei-Monate-Frist) neu durchzuführen ist, in dieser alle Beweisanträge wiederholt werden müssen, um rechtswirksam zu bleiben. Dabei ersetzt auch die Verlesung des Protokolls über die frühere Hauptverhandlung in der gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung (vgl 49/VII) nicht die gebotene Wiederholung eines schon in der früheren Hauptverhandlung gestellten Antrages. Ja selbst die einverständliche Verlesung eines in der früheren Hauptverhandlung gestellten Antrages und der darüber ergangenen Entscheidung in einer neu durchgeführten Hauptverhandlung bewirkt mangels einer Willenserklärung des Antragstellers nicht, daß dieser Antrag in der neuen Hauptverhandlung als wiederholt anzusehen ist (vgl 15 Os 51/95,15 Os 91/96; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 30 f, 32 f mwN; § 276 a E 5 f).
Demzufolge müssen auch die weitwendigen Ausführungen in der Beschwerdeschrift auf sich beruhen.
Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Frage der Akteneinsicht Grundsätze eines fairen Verfahrens hintangesetzt sieht und damit ersichtlich auf Art 6 Abs 1 MRK abstellt, übersieht er, daß - auch nach der Judikatur der Straßburger Instanzen - die Inanspruchnahme zustehender innerstaatlicher Remedurmöglichkeiten Voraussetzung für die Geltendmachung einer Konventionsverletzung ist (Frowein/Peukert EMRK-Komm Art 26 Rz 12), wie dies auch in der geltenden, auf die EMRK abstellenden Fassung des § 281 Abs 1 Z 4 StPO statuiert wird; daß diese Möglichkeit vorliegend nicht ausgeschöpft wurde, ergibt sich aus dem bereits Dargelegten.
Mit der in der Strafzumessungsrüge (Z 11) aufgestellten (wesentlichen) Behauptung, das Erstgericht habe "seinen Ermessensspielraum dadurch verletzt", daß es über den Beschwerdeführer für das Suchtgiftverbrechen bei vergleichsweise geringer Schuld eine siebeneinhalbjährige Freiheitsstrafe (unter Hinzurechnung der nach § 13 Abs 2 und Abs 3 SGG ausgesprochenen Ersatzfreiheitsstrafen sogar eine solche von neun Jahren und zwei Monaten) verhängte, während das den abgesondert verurteilten Beteiligten Muhittin C***** betreffende Strafausmaß mit fünf Jahren Freiheitsstrafe wesentlich milder ausgefallen sei, wird keiner der in § 281 Abs 1 Z 11 StPO erfaßten Fälle einer gesetzwidrigen Strafbemessung dargetan (vgl Mayerhofer aaO § 281 Z 11 E 7 a). Das behauptete Mißverhältnis zwischen den beiden Sanktionen kann (allenfalls) nur im Rahmen der ohnehin auch vom Angeklagten S***** erhobenen Berufung berücksichtigt werden.
Sonach war die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen das Oberlandesgericht Graz zuständig ist (§ 285 i StPO).
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