OGH 15Os51/95

OGH15Os51/9511.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Mai 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Pointner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Robert Thomas A***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 14.Dezember 1994, GZ 20 x Vr 12552/93-124, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Robert Thomas A***** wurde mit dem angefochtenen Urteil auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen - welche die (anklagekonformen) Hauptfragen 1 und 2 bejaht, die entsprechenden Zusatzfragen A und B (nach Zurechnungsunfähigkeit gemäß § 11 StGB) hingegen verneint und demgemäß die (nur für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 2 zu beantwortende) Eventualfrage 1 sowie die korrespondierende Zusatzfrage C folgerichtig unbeantwortet gelassen haben - der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB (A.) und des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (B.) schuldig erkannt und zu "lebenslänglicher" (gemeint: lebenslanger) Freiheitsstrafe verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die allein auf die Z 5 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.

Den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer darin, daß der Schwurgerichtshof einerseits den von seinem Verteidiger unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 26.Juni 1994 (ON 94/II) in der Hauptverhandlung am 5.Oktober 1994 gestellten Antrag auf Rückleitung des Aktes an den Untersuchungsrichter abgewiesen hat (415/II), andererseits die unter Punkt 4. des Schriftsatzes vom 21. Juni 1994 (bei ON 87/II) beantragte Ergänzung des Gutachtens des drogenmedizinischen Sachverständigen Univ.Prof. Dr. S***** unterblieben ist.

Zur Erhebung dieser Verfahrensrüge ist der Rechtsmittelwerber jedoch nicht legitimiert:

Die Hauptverhandlung vom 5.Oktober 1994 wurde zur Durchführung von Erhebungen auf unbestimmte Zeit vertagt (415/II). Nach Vorliegen der Erhebungsergebnisse (ON 108, 111, 115 iVm dem ergänzenden Gutachten bei ON 123/III) wurde sie am 14.Dezember 1994, sohin nach Ablauf der im § 276 a StPO statuierten Zweimonatefrist (trotz der unscharfen Formulierung im Hauptverhandlungsprotokoll S 105/III) neu durchgeführt (ON 123/III). Abgesehen davon, daß der Verteidiger schon am 5.Oktober 1994 erklärt hat (413/II): "Vom Antrag v. 21.6.1994 wird nur Punkt 9 (Untersuchung der Maske) und Punkt 6 (Schlüssel zur Wohnung) aufrechterhalten." - demnach der in Rede stehende Antrag auf ergänzende Gutachtenerstattung durch den Sachverständigen Univ.Prof. Dr.S***** obsolet geworden war - und die Vorsitzende des Geschworenengerichtes gemäß § 254 Abs 2 StPO die in den Punkten 6 und 9 des schriftlichen Beweisantrages beantragten Erhebungen ohnehin durchgeführt hat (Ergänzungsgutachten bei ON 123/III), ist dem (vollen Beweis machenden) Hauptverhandlungsprotokoll vom 14.Dezember 1994, dessen Berichtigung von keiner Seite beantragt wurde, keine Antragstellung durch den Verteidiger oder den Angeklagten zu entnehmen.

Die Beschwerde scheint zu verkennen, daß nach ständiger Rechtsprechung im Falle, daß die Hauptverhandlung - wie vorliegend - aus einem der im § 276 a StPO genannten Gründe (hier: Ablauf der Zweimonatefrist) neu durchzuführen ist, in der neuerlichen Hauptverhandlung alle Beweisanträge wiederholt werden müssen, um rechtswirksam zu bleiben. Dabei ersetzt auch die Verlesung des Protokolls über die frühere Hauptverhandlung in der gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung (vgl 113/III) nicht die (gebotene) Wiederholung eines schon in der früheren Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages. Ja selbst die einverständliche Verlesung eines in der früheren Hauptverhandlung gestellten Antrages und der darüber ergangenen Entscheidung in einer durchgeführten Hauptverhandlung bewirkt mangels einer Willenserklärung des Antragstellers nicht, daß dieser Antrag als in der neuen Hauptverhandlung wiederholt anzusehen ist (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 30 bis 33 mit Judikaturhinweisen).

Nichts anderes gilt für das Geschworenengerichtsverfahren (vgl § 344 sowie den Wortlaut des § 345 Abs 1 Z 5 StPO; ferner Mayerhofer/Rieder aaO § 355 E 1 und § 345 Z 5 E 29).

Da - wie dargelegt - der Beschwerdeführer in der neu durchgeführten Hauptverhandlung am 14.Dezember 1994 keinen Antrag gestellt hat, ermangelt es ihm an einer essentiellen formellen Voraussetzung zur Ergreifung der Verfahrensrüge, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs 1 (§ 344) StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war.

Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung (§§ 285 i, 344 StPO).

Stichworte