OGH 2Ob7/95

OGH2Ob7/9527.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Baumann und Dr.Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DDr.Michael T*****, vertreten durch Dr.Jakob Oberhofer und Dr.Johannes Hibler, Rechtsanwälte in Lienz, wider die beklagten Parteien 1. Gebietskrankenkasse für Tirol, 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2, 2. Ärztekammer für Tirol, 6020 Innsbruck, Anichstraße 7, und 3. Hauptverband der Sozialversicherungsträger, 1030 Wien, Kundmanngasse 21-23, die erst- und drittbeklagte Partei vertreten durch Rechtsanwälte Dr.Gustav Teicht, Dr.Gerhard Jöchl Partnerschaft in Wien, die zweitbeklagte Partei vertreten duch Dr.Manfred Ainedter und Dr.Friedrich Trappel, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung, in eventu Leistung (Streitwert S 110.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 27.Oktober 1994, GZ 4 R 227/94-15, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 4.Mai 1994, GZ 15 Cg 407/93t-10, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden teils bestätigt, teils dahin abgeändert, daß sie insgesamt zu lauten haben:

"1. Das bisherige Verfahren wird als nichtig aufgehoben, soweit es die erstbeklagte Partei betrifft.

Die Klage wird - soweit sie gegen die erstbeklagte Partei gerichtet ist - zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 11.473,20 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin enthalten S 1.912,20 USt) sowie die mit S 3.485,79 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin S 580,96 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

2. Die von der zweit- und der drittbeklagten Partei erhobenen Einreden der Unzulässigkeit des Rechtsweges werden verworfen.

Die zweit- und die drittbeklagte Partei sind je zur Hälfte schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.225,20 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin S 704,20 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 3.802,50 bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung (darin S 633,75 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die zweit- und die drittbeklagte Partei sind je zur Hälfte schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.070,-- bestimmten Kosten ihres Revisionsrekurses (darin S 845,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger schloß als praktischer Arzt am 20.3.1974 mit der Erstbeklagten, der örtlich zuständigen Trägerin der Krankenversicherung, einen Einzelvertrag im Sinne der §§ 341 ff ASVG ab. Die gemäß § 341 Abs 1 ASVG für den Einzelvertrag zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten maßgebenden Gesamtverträge werden nach dieser Bestimmung für die Träger der Krankenversicherung durch die Drittbeklagte mit der Zweitbeklagten abgeschlossen. Diese Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung der Erstbeklagten. Die Zweit- und die Drittbeklagte schlossen im Juni 1993 unter Zustimmung der Erstbeklagten für die Jahre 1993 und 1994 eine Vereinbarung über die Änderung der Honorarordnung, die einen Bestandteil des für den Kläger maßgebenden Gesamtvertrages bildet.

Diese Änderung der Honorarordnung für die Vertragsärzte Tirols im Verhältnis zur Erstbeklagten sieht unter anderem vor, daß die Positionen 178b bis d, g, h, i, m, n, u und v mit insgesamt maximal S 20,-- pro Quartal und Patient verrechnet werden dürfen. Unter Punkt 4. lit. g der Änderung der Honorarordnung wurde mit Wirksamkeit zum 1.1.1994 die zusätzliche Position 12a "ausführliche diagnostisch-therapeutische Aussprache" in den Leistungskatalog der praktischen Ärzte und allgemeinen Fachärzte im Rahmen ihrer Vertragstätigkeit für die Erstbeklagte aufgenommen. Nach dieser Regelung wird diese Leistung von der Erstbeklagten mit S 131,-- abgegolten. Der Kläger kann diese Position nach den Bestimmungen der Honorarordnung in höchstens 15 % der Behandlungsfälle pro Quartal gegenüber der Erstbeklagten verrechnen.

Mit seinem Klagehauptbegehren begehrt der Kläger letztlich die gegenüber allen Beklagten zu treffende Feststellung, daß die für die Vertragsärzte der Erstbeklagten geltende Honorarordnung der Fassung für die Kalenderjahre 1993 und 1994 dem Kläger gegenüber insofern unwirksam sei, als für die Leistungspositionen 178b, 178c, 178d, 178g, 178h, 178i, 178m, 178n, 178u und 178v hinsichtlich der Honorierung ein durchschnittliches Fallimit von S 20,-- pro Quartal sowie für die zusätzliche Leistungsposition Nr.12a - "ausführliche therapeutische Aussprache" - eine Entlohnung von S 131,-- vorgesehen und die Honorierung auf maximal 15 % der Behandlungsfälle pro Quartal beschränkt wurde.

Ferner erhob der Kläger ein Eventualbegehren auf Feststellung, die Beklagten seien schuldig, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem in Hinkunft daraus entsteht, daß die für die Vertragsärzte der Erstbeklagten geltende Honorarordnung die eben genannten Regelungen aufweist.

Mit einem weiteren Eventualbegehren begehrt der Kläger die Verpflichtung der Beklagten, sich dafür zu verwenden, daß die die Leistungspositionen 178b, 178c, 178d, 178g, 178h, 178i, 178m, 178n, 178u und 178v betreffende Regelung ersatzlos aufgehoben, für die Honorierung der Leistungsposition 12a ein angemessener Betrag vorgesehen und das hiebei für die Verrechnung geltende Fallimit von 15 % der Behandlungsfälle ersatzlos aufgehoben wird.

Nach dem Vorbringen des Klägers stellten die beanstandeten Teile der Honorarordnung eine willkürliche Begrenzung der Honorierung von im Einzelfall notwendigen Leistungen im Rahmen der Patientenbehandlung dar. Sie zwängen den Kläger, unentgeltlich Leistungen zu erbringen. Dies könne ihn in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährden. Die Vereinbarungen im Rahmen des Gesamtvertrages seien grob unbillig und damit sittenwidrig. In solchen Fällen habe der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, daß sich Krankenkassen und Ärztekammern gegenüber dem Arzt schadenersatzpflichtig machten. Der Kläger habe allen Beklagten gegenüber ein rechtliches Interesse auf Feststellung der Nichtigkeit der angesprochenen Punkte der Honorarordnung. Gegenüber der Erstbeklagten verstehe sich das von selbst; gegenüber der Drittbeklagten ergebe sich das rechtliche Interesse sowie die Zulässigkeit der Feststellungsklage aus den Eigenheiten des Sozialversicherungsrechtes, das vorsehe, daß die Einzelverträge zwar mit den Gebietskrankenkassen, die jeweils gültigen Honorarordnungen hingegen vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger als übergeordneter Organisation der Gebietskrankenkassen mit den jeweiligen Ärztekammern geschlossen werden. Gegenüber der Zweitbeklagten ergebe sich die Zulässigkeit der Feststellungsklage ebenfalls aus den Besonderheiten des Vertragsarztrechtes, wonach die Ärztekammer als gesetzliche Interessenvertretung der freien Ärzteschaft mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger im Wege der Honorarordnungen bzw Gesamtverträge den Inhalt der Einzelverträge gestalte. Darüber hinaus hafteten sämtliche Beklagten dem Kläger auf Ersatz jedweden Schadens, welcher diesem künftig daraus erwachse, daß die gegenständliche Änderung der Honorarordnung für die Vertragsärzte der Gebietskrankenkasse in den angesprochenen Punkten unter Verletzung der Grundsätze von Treu und Glauben geändert bzw ergänzt bzw zu einem früheren Zeitpunkt in dieser Form in Kraft gesetzt worden sei. Schließlich seien alle Beklagten aufgrund des Umstandes, daß sie gesetzwidrig bzw unter Verstoß gegen Treu und Glauben für den Einzelvertrag des Klägers zur erstbeklagten Partei unmittelbar wirksam werdende Honorarregelungen geschlossen hätten, diesem gegenüber unmittelbar verpflichtet, auf eine Änderung der geltenden Honorarordnung in dem Sinne hinzuwirken, daß die inkriminierten Bestimmungen einen gesetzeskonformen Inhalt erhielten.

Die Beklagten wendeten ua die Unzulässigkeit des Rechtsweges ein. Für das vorliegende Verfahren sei gemäß § 344 Abs 1 ASVG die paritätische Schiedskommission zuständig.

Dem hielt der Kläger entgegen, daß die paritätische Schiedskommission nur zur Auslegung und Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Einzelvertrag zuständig sei. Für die hier geltend gemachten Ansprüche sei sie jedoch schon aufgrund ihrer Besetzung völlig ungeeignet. Hinsichtlich der Zweitbeklagten stehe die Zulässigkeit des Rechtsweges jedenfalls außer Zweifel.

Das Erstgericht hob das bisherige Verfahren als nichtig auf und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Es vertrat die Auffassung, daß für Streitigkeiten darüber, ob ein gültig abgeschlossener Einzelvertrag (nur zum Teil) weiterbestehe, gemäß § 344 Abs 1 ASVG idF der am 1.1.1990 in Kraft getretenen 48.Novelle zum ASVG die paritätische Schiedskommission zuständig sei. Da der Inhalt des Gesamtvertrages auch den Inhalt des Einzelvertrages bestimme, seien Vertragspartner des Einzelvertrages nicht nur der Arzt und die Erstbeklagte, sondern - im Umweg über den Gesamtvertrag - auch die Zweit- und die Drittbeklagte. Daher sei die Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission auch für die gegen sie gerichteten Ansprüche zu bejahen. Dies ergebe sich auch aus dem Aufbau des 6. Teiles des ASVG, der in seinem 2.Abschnitt die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung zu den Ärzten regle und insbesondere auch die Ärztekammer in das System des ASVG einbinde. Es sei daher kein Grund ersichtlich, warum § 344 ASVG für die Zweit- und die Drittbeklagte nicht gelten solle.

Das Rekursgericht wies die Anträge des Klägers auf Unterbrechung des Verfahrens und auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich des § 344 Abs 1 ASVG ab bzw zurück und bestätigte infolge des Rekurses des Klägers die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes sowohl hinsichtlich des Hauptbegehrens als auch hinsichtlich der Eventualbegehren S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, daß die Bestimmungen der §§ 344 ff ASVG verfassungskonform seien. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes machten es die besonderen Ziele und Folgen eines Zivilverfahrens möglich, der Entscheidung durch ein Gericht iSd Art 6 EMRK - also durch ein Tribunal - ein Verfahren vor einer weisungsgebundenen Verwaltungsbehörde vorzuschalten. Es reiche aus, daß das letztlich maßgebliche Tribunal aufgrund selbständiger Feststellung und Würdigung der Tat- und Rechtsfragen die Sachentscheidung fälle. Dies sei hier gewährleistet, weil gemäß § 344 Abs 4 ASVG gegen die Bescheide der (nicht als Tribunal ausgestalteten) paritätischen Schiedskommision die Berufung an die Landesberufungskommission offenstehe. Diese sei aber - wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30.9.1993, B 1136/92, ausgesprochen habe - ein Gericht iSd Art 6 EMRK. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß vier von fünf Mitgliedern der Landesberufungskommission von der zuständigen Ärztekammer und vom Krankenversicherungsträger, der Partei des Einzelvertrages sei, bestellt werden. Der Verfassungsgerichtshof habe bereits mehrmals ausgesprochen, daß aus der gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkung sogenannter Interessenvertreter an der Entscheidung eine - auch nur scheinbare - Abhängigkeit von den Streitparteien nicht abgeleitet werden könne.

Im übrigen habe der Kläger selbst zugestanden, daß Streitigkeiten wie die gegenständliche dem Wortlaut nach unter die weit gefaßte Formulierung des § 344 Abs 1 ASVG ("Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen") subsumiert werden könnten. Dies gelte - wie sich aus der unmittelbaren Einwirkung des zwischen der zweit- und der drittbeklagten Partei abgeschlossenen Gesamtvertrages auf den zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten abgeschlossenen Einzelvertrag ergebe - auch für die Streitigkeit des Klägers mit der zweit- und der drittbeklagten Partei. Der Kläger könne auf die Gestaltung des Gesamtvertrages überhaupt nur insoweit Einfluß haben, als dieser Gesamtvertrag den Einzelvertrag bestimme. Er habe nur die Möglichkeit, einen Streit aus dem Einzelvertrag zu führen. Demgemäß habe er auch sämtliche drei Klagebegehren gegenüber der zweit- und der drittbeklagten Partei auf deren Verhalten im Zusammenhang mit dem Abschluß des Gesamtvertrages, soweit es auf seinen Einzelvertrag eingewirkt habe, gestützt. Was das Hauptbegehren anlangt, seien die drei Beklagten als notwendige Streitgenossenschaft im Sinne § 14 ZPO anzusehen, weil ein in diesem Rechtsstreit ergehendes Urteil zwangsläufig Rechtswirksamkeit für und gegen alle am Rechtsgeschäft Beteiligten haben müsse. Krejci (Teilnichtige Honorarordnung:

"Angemessenes" Entgelt oder "vertragsfreier Raum" für Kassenärzte, ZAS 1983, 3 ff) führe zwar aus, daß dann, wenn sich ein einzelner Vertragsarzt auf die teilweise Nichtigkeit der Honorarordnung berufe, die Rechtskraft einer Entscheidung, die dem Kassenarzt im Wege einer entsprechenden Ergänzung des Gesamtvertrages ein "angemessenes Entgelt" zubillige, lediglich die Einzelvertragsparteien erfasse. Der Kläger klage aber hier gegenüber der zweit- und der drittbeklagten Partei nicht auf (teilweise) Nichtigkeit des Gesamtvertrages überhaupt, sondern nur in bezug auf die Rechtswirkungen des Gesamtvertrages für seinen Einzelvertrag. Soweit sei nur eine einheitliche Entscheidung gegenüber den drei Beklagten möglich, sodaß eine einheitliche Streitgenossenschaft vorliege. Damit genüge das Fehlen auch nur einer Prozeßvoraussetzung bei einem Streitgenossen, um die Nichtigkeit des Verfahrens gegen die gesamte einheitliche Streitpartei zu bewirken. Für das Hauptbegehren sei somit hinsichtlich sämtlicher Beklagter der Rechtsweg unzulässig.

Für die beiden Eventualbegehren könne die Unzulässigkeit des Rechtsweges nicht auf dieses Argument gestützt werden. Das Rekursgericht teile aber die Auffassung des Erstgerichtes, daß die im ASVG vorgesehene Einbeziehung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Ärztekammer in das System der privatrechtlichen Gestaltung der für Kassenärzte geltenden Honorarordnung einen hinreichenden Grund dafür bilde, Streitigkeiten wie die gegenständliche auch gegenüber den angeführten Körperschaften unter die Zuständigkeitsregelung des § 344 Abs 1 ASVG zu subsumieren. Diese Zuständigkeitsregelung müsse sogar erst recht für Streitigkeiten mit den Vertragspartnern des Gesamtvertrages gelten, da diese ja die Honorarordnung (mit Wirkung für den Einzelvertrag) festlegten. Daß dabei die Ärztekammer nicht anders als der Hauptverband zu behandeln sei, ergebe sich daraus, daß der Kläger beide aus dem gleichen Rechtsgrund in Anspruch nehme und nicht etwa die Ärztekammer aus seinem besonderen Rechtsverhältnis zu ihr.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene sowie die erstinstanzliche Entscheidung ersatzlos aufzuheben und die Rechtssache zur Fortsetzung des Verfahrens gegen alle drei Beklagten an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen in ihren Revisionsrekursbeantwortungen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 344 Abs 1 ASVG idF der am 1.1.1990 in Kraft getretenen 48. Novelle zum ASVG, BGBl 1989/642, ist zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, in jedem Land eine paritätische Schiedskommission berufen. Der Aufgabenbereich dieser Kommission umfaßt die Schlichtung und Entscheidung einzelvertraglicher Streitigkeiten zwischen den Parteien des Einzelvertrages (Souhrada, Die neue Schiedskommissionsorganisation, SoSi 1990, 18 ff), und zwar auch solcher Streitigkeiten, die nicht konkret aus einem Einzelvertrag entstehen, sondern mit einem solchen Vertrag in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang stehen (Erl. zur RV der 48.ASVG-Nov, abgedruckt bei Teschner/Widlar, ASVG, Vorbem zu den §§ 344, 345, 345a, 346 und 347, 50.ErgLfg, 1624).

Soweit die Vorinstanzen für das gegen die Erstbeklagte gerichtete Klagebegehren die Zulässigkeit des Rechtsweges verneint haben, ist ihnen daher uneingeschränkt beizupflichten:

Schon in SZ 63/11 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß ein Streit darüber, ob ein gültig abgeschlossener Einzelvertrag weiterbesteht, jedenfalls in die Kompetenz der paritätischen Schiedskommission fällt. Daraus schlossen die Vorinstanzen zu Recht, daß die Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission auch dann gegeben sein muß, wenn - wie hier - strittig ist, ob ein gültig abgeschlossener Vertrag zwischen den Vertragspartnern nur zum Teil (bzw teilweise nicht) weiterbesteht. Auch im Zusammenhang mit einem Einzelvertrag stehende Schadenersatzansprüche zwischen den Parteien des Vertrages fallen nach nunmehr einhelliger Lehre und Rechtsprechung in die Kompetenz der paritätischen Schiedskommission (SZ 63/11; RdW 1996, 30; Souhrada aaO 20; Teschner/Widlar aaO). Ebenso ist den Vorinstanzen beizupflichten, daß auch der gegen den Partner des Einzelvertrages gerichtete Anspruch, "sich dafür zu verwenden, daß die für die Vertragsärzte der erstbeklagten Partei geltende Honorarordnung" in bestimmter Weise geändert wird, in tatsächlichem und rechtlichem Zusammenhang mit dem zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten bestehenden Einzelvertrag steht und daher in die Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission fällt.

Auf die im Revisionsrekurs gegen die Verfassungsmäßigkeit dieses Ergebnisses vorgebrachten Einwände wird im folgenden noch einzugehen sein.

Nicht zu folgen ist den Vorinstanzen aber insoweit, als sie die Zulässigkeit des Rechtsweges auch für das Klagebegehren gegen die zweit- und gegen die drittbeklagte Partei verneinen.

Wie schon ausgeführt, dient das Verfahren vor der paritätischen Schlichtungskommission zur Schlichtung und Entscheidung einzelvertraglicher Streitigkeiten zwischen den Parteien des Einzelvertrages. Dementsprechend hält § 344 Abs 1 letzter Satz ASVG ausdrücklich fest, daß antragsberechtigt im Verfahren vor dieser Behörde die Parteien des Einzelvertrages sind. Zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Gesamtvertrages über die Auslegung oder die Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages (und zur Entscheidung über die hier nicht interessierende Wirksamkeit einer Kündigung gemäß § 343 Abs 4 ASVG) ist hingegen die Landesschiedskommission iS § 345a ASVG zuständig. Für sonstige Streitigkeiten aus Gesamtverträgen, aber auch für Streitigkeiten zwischen dem Vertragsarzt und den am Einzelvertrag nicht beteiligten Parteien des Gesamtvertrages sieht hingegen das Gesetz keine Kommissionszuständigkeit vor.

Demgemäß vertritt - wie das Rekursgericht ohnedies ausführt - Krejci (Über unerlaubte Honorarordnungen für Kassenärzte, VersRdSch 1991, 145 ff [159 f]) die Meinung, daß einem Vertragsarzt, der den Gesamtvertrag für nichtig, ergänzungs- oder änderungsbedürftig hält, nur die Möglichkeit offenstehe, vor der paritätischen Schiedskommission einen Streit aus dem Einzelvertrag zu beginnen, wobei die Entscheidung der Schiedskommission nur zwischen den Parteien des Einzelvertrages Rechtskraft entfalten könne. Die Gesamtvertragsparteien und ihr Verhältnis zueinander würden hingegen von einer solchen Entscheidung ebensowenig berührt wie die übrigen Vertragsärzte (Krejci aaO 160; ebenso Krejci, Kassenärzte:

Honorarordnungen rechts- und sittenwidrig 62; ferner Krejci, Teilnichtige Honorarordnung: "Angemessenes" Entgelt oder "vertragsfreier Raum" für Kassenärzte, ZAS 1993, 3 ff).

Demgemäß ist die Meinung des Rekursgerichtes unzutreffend, wonach über die hier geltend gemachten Ansprüche des Klägers nur eine einheitliche Entscheidung gegenüber den drei beklagten Parteien möglich sei. Richtig ist vielmehr, daß die dargestellte Gesetzeslage eine derartige einheitliche Entscheidung in der vom Kläger gewünschten Weise nicht zuläßt. Daß - wie das Rekursgericht meint - der Kläger gegenüber der Zweit- und der Drittbeklagten nur auf (teilweise) Nichtigkeit des Gesamtvertrages in bezug auf dessen Rechtswirkung für seinen Einzelvertrag klagt, vermag daran nichts zu ändern.

Im übrigen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß der Kläger - was er selbst mehrfach hervorhebt - zivilrechtliche Ansprüche geltend macht, zumal auch Gesamtverträge privatrechtliche Verträge sind (Krejci, VersRdSch 1991, 149, 151). Über solche Ansprüche haben aber grundsätzlich die Gerichte zu entscheiden (vgl § 1 JN). Nichts zu gewinnen für die Lösung der hier zu entscheidenden Frage ist entgegen der von der zweitbeklagten Partei in der Revisionsrekursbeantwortung vertretenen Meinung aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29.11.1993, B 2070/92 (= Slg 13.592). Damals lag der paritätischen Schiedskommission nämlich kein zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung tauglicher Antrag vor und die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde aus diesem Grund abgewiesen, ohne daß auf die Frage der Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission eingegangen werden mußte und eingegangen wurde.

Da sich somit aus § 344 ASVG die Unzulässigkeit des Rechtsweges nur für das gegen die Erstbeklagte gerichtete Klagebegehren ergibt, ist den in der Revision geäußerten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung zu einem erheblichen Teil der Boden entzogen:

Richtig ist, daß Streitigkeiten aus Einzelverträgen dem Kernbereich der "civil rights" zuzurechnende zivilrechtliche Ansprüche zum Gegenstand haben und daß die Entscheidung solcher Streitigkeiten zwingend Organen vorbehalten ist, die den Anforderungen des Art 6 EMRK entsprechen (VfGH 30.9.1993, B 1136/92). Dabei machen es - wie der Verfassungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat - die Ziele und Folgen eines Zivilverfahrens möglich, der Entscheidung durch das Tribunal ein Verfahren vor einer weisungsgebundenen Verwaltungsbehörde vorzuschalten; es reicht aus, wenn das letztlich maßgebliche Tribunal aufgrund selbständiger Feststellung und Würdigung der Tat- und Rechtsfragen die Sachentscheidung fällt (VfSlg 11.591, 11.729 ua).

Damit bestehen aber gegen das Schiedskommissionsverfahren, wie es vom Gesetzgeber durch die 48.ASVG-Novelle eingerichtet wurde, aus der Sicht der Verfassung keine Bedenken: Gemäß § 344 Abs 4 ASVG kann nämlich gegen einen Bescheid der nicht als Tribunal eingerichteten paritätischen Schiedskommission Berufung an die Landesberufungskommission (§ 345 ASVG) erhoben werden, die als ein Gericht iSd Art 6 EMRK (Tribunal) eingerichtet ist (VfGH 30.9.1993, B 1136/92).

All dies erkennt offenbar auch der Revisionsrekurswerber, der aber meint, daß das Schiedskommissionsverfahren in den von ihm angestrengten Streitigkeiten über die Unwirksamkeit eines Gesamtvertrages wegen sittenwidrigen Vorgehens der vertragsschließenden Parteien nicht den Erfordernissen der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit entspreche, da jeweils vier von fünf Mitgliedern der zur Entscheidung berufenen Kommissionen von seinen Verfahrensgegnern zu entsenden seien. Da aber - wie gezeigt - nur die Streitigkeit zwischen dem Antragsgegner und der Erstbeklagten aus dem Einzelvertrag im Schiedskommissionsverfahren zu entscheiden ist, entbehrt dieser Einwand von vornherein einer Grundlage. Er trifft nicht einmal für die paritätische Schiedskommission zu, die aus vier Mitgliedern besteht, von denen nur zwei vom zuständigen Krankenversicherungsträger entsandt werden (§ 344 Abs 2 ASVG). Die beiden weiteren Mitglieder werden von der zuständigen Ärztekammer bestellt, die kraft Gesetzes zur Wahrung der gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Belange der Ärzte berufen ist. Die für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Schiedskommissionsverfahrens maßgebliche Landesberufungskommission setzt sich aus einem Richter als Vorsitzenden und vier Beisitzern zusammen, von denen zwei von der zuständigen Ärztekammer und zwei vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger entsendet werden (§ 345 Abs 1 ASVG). Insofern steht der dem Kläger als Gegner im Schiedskommissionsverfahren gegenüberstehenden Erstbeklagten kein Entsendungsrecht zu. Daß sich der Kläger mit dem von ihm eingenommenen Standpunkt im Widerspruch auch zur Ärztekammer und zum Hauptverband der Sozialversicherungsträger befindet, schadet in diesem Zusammenhang nichts, weil weisungsfrei gestellte Interessenvertreter in einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag nicht als persönliches Sprachrohr der einen oder der anderen Partei fungieren. Allein aus der gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkung von Interessenvertretern an der Entscheidung läßt sich daher eine - auch nur scheinbare - Abhängigkeit von den Streitparteien nicht ableiten (VfSlg 11.912; VfGH 30.9.1993, B 1136/92 ua).

Demgemäß sieht sich der Oberste Gerichshof nicht veranlaßt, der Anregung des Revisionsrekurswerbers zu folgen, beim Verfassungsgerichshof die Aufhebung des § 344 ASVG zu beantragen.

In teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses waren die Entscheidungen der Vorinstanzen daher hinsichtlich der Erstbeklagten zu bestätigen, hinsichtlich der zweit- und der drittbeklagten Partei jedoch im Sinne der Verwerfung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges abzuändern.

Hinsichtlich der Erstbeklagten bleibt es daher bei den sie betreffenden Teilen der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Überdies waren ihr gemäß §§ 41, 50 ZPO die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung - im Umfang der Hälfte der Gesamtkosten des gemeinsam mit der Drittbeklagten erstatteten Schriftsatzes - zuzusprechen.

Die Zweit- und die Drittbeklagte haben dem Kläger die ihm im Zwischenstreit über die Unzulässigkeit des Rechtsweges aufgelaufenen Kosten zu ersetzen (§§ 41 und 50 ZPO). Im erstinstanzlichen Verfahren sind dem Kläger solche von der Hauptsache zu trennenden Kosten jedoch nicht aufgelaufen. Die ihm in zweiter und in dritter Instanz erwachsenen Kosten sind ihm von der Zweit- und der Drittbeklagten im Umfang zweier Drittel zu ersetzen.

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