OGH 7Ob2324/96g

OGH7Ob2324/96g26.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Schalich und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Michael G*****, vertreten durch Dr.Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Ing.Josef W*****, und 2. Helma W*****, beide vertreten durch Dr.Bernhard Krump, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 30.000,-- sA und Räumung, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 12. Juni 1996, GZ 3 R 83/96i-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 7. Dezember 1995, GZ 42 C 111/95d-11, teilweise abgeändert wurde, sowie über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den in die Ausfertigung des Teilurteiles aufgenommenen Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, womit infolge Berufung der klagenden Partei das genannte Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz teilweise (hinsichtlich des Räumungsbegehrens) aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Der Rekurs gegen den Beschluß auf Aufhebung des Ersturteils betreffend den Räumungsanspruch wird zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.358,14 (darin enthalten S 893,02 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagten wohnen seit den Siebzigerjahren im ersten Stock des Hauses in G*****, S*****straße 3, auf dem Grundstück Nr.***** der Liegenschaft EZ ***** der KG ***** W*****. Sie schlossen mit der damaligen Eigentümerin des Hauses, Maria K*****, einen Mietvertrag, in dem ein monatlicher Mietzins von S 1.000,-- vereinbart war. Der Mietzins wurde im Lauf der Jahre einvernehmlich nach und nach auf zuletzt S 1.700,-- monatlich erhöht. Mit Übergabsvertrag vom 29.1.1993 übertrug Maria K***** das Grundstück Nr.367/1 mit dem Haus S*****straße 3 an den Kläger.

Der Kläger begehrte für die Zeit von Juli 1994 bis April 1995 "Nutzungsentgelte" von monatlich S 3.000,--, insgesamt somit S 30.000,-- sA und weiters die Räumung der Wohnung. Er behauptete, daß der Betrag von S 3.000,-- monatlich bereits zwischen Maria K***** und den Beklagten vereinbart, von den Beklagten aber an den Kläger nie entrichtet worden sei. Der Räumungsanspruch gründe sich auf § 1118

ABGB.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei nicht rechtmäßiger Eigentümer der Liegenschaft und daher nicht klagslegitimiert. Maria K***** habe den Beklagten im Jahr 1992 ein kostenloses Wohnrecht auf Lebenszeit der Beklagten eingeräumt. Der Kläger habe sich im Übergabsvertrag verpflichtet, den Beklagten das Nutzungsrecht aller Räumlichkeiten im bisherigen Umfang zu gewähren.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab, weil der Kläger zur unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung der Wohnung an die Beklagten auf deren Lebenszeit verpflichtet sei.

Das Gericht zweiter Instanz erkannte insoweit teilweise abändernd mit Teilurteil dahin, daß es die Beklagten schuldig erkannte, dem Kläger S 17.000,-- sA zu zahlen und die Abweisung des Mehrbegehrens von S 13.000,-- bestätigte. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Hinsichtlich des Räumungsbegehrens hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zurück. Es traf die vom Erstgericht abweichende Feststellung, daß Maria K***** erklärt habe, solange sie lebe, hätten die Beklagten für die Benützung der Wohnung keine Zahlungen zu leisten. Die Beklagten seien daher zur Zahlung des Mietzinses in der bis September 1992 entrichteten Höhe von S 1.700,-- monatlich an den Kläger als Rechtsnachfolger der Maria K***** verpflichtet. Da die Beklagten am Zahlungsrückstand infolge Verkennung der Beweis- und Rechtslage kein grobes Verschulden treffe, sei ihnen hinsichtlich des Räumungsbegehrens nunmehr die Möglichkeit zu bieten, durch Nachzahlung des strittig gewesenen Rückstandes die Auflösungserklärung zu entkräften. Schon aus diesem Grund sei das angefochtene Urteil hinsichtlich des Räumungsbegehrens aufzuheben gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagten erhoben gegen den klagsstattgebenden Teil des Teilurteiles außerordentliche Revision und gegen den Aufhebungsbeschluß einen "außerordentlichen Revisionsrekurs".

Gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist der Rekurs gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluß, mit dem das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, nur dann zulässig, wenn das Berufungsgericht dabei ausgesprochen hat, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Da ein solcher Ausspruch unterblieben ist, war der Rekurs gegen den aufhebenden Teil der angefochtenen Entscheidung als unzulässig zurückzuweisen.

Die Revision ist ebenfalls - und zwar mangels erheblicher Rechtsfrage - unzulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung bildet die erstmalige Bekämpfung erstgerichtlicher Feststellungen in einer außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (JBl 1986, 121 uva). Dieser Grundsatz hat infolge Rechtsgleichheit auch für die erstmalige Bekämpfung von Feststellungen des Erstgerichtes infolge Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens zu gelten. Die erstmals in der außerordentlichen Revision erhobene Rüge, daß zwei von den Beklagten geführte Zeugen nicht einvernommen worden seien, bietet daher keinen Anlaß, die Revision entgegen dem diesbezüglichen Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz als zulässig im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu behandeln.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, setzt die Rechtswirksamkeit eines Einverständnisses mit der Verlesung von Protokollen über unmittelbare Beweisaufnahmen (§ 488 Abs 4 ZPO) voraus, daß bei den Parteien Klarheit über die als bedenklich erachtete Feststellung besteht (5 Ob 572/93; 2 Ob 526/93). Im vorliegenden Fall kann aber kein Zweifel daran bestehen, daß den Parteien bekannt war, um welche Feststellungen es ging, lag doch das Schwergewicht der Berufung auf der Bekämpfung der diesbezüglichen Beweiswürdigung des Erstgerichtes und der Feststellung, daß die unentgeltliche Wohnungsbenützung auf Lebenszeit der Beklagten zugesichert worden sei. Weiters kommt auch im Beschluß des Berufungsgerichtes auf Beweiswiederholung zum Ausdruck, daß die Feststellungen über die Vereinbarungen zwischen der Erblasserin Maria K***** und den Beklagten hinsichtlich der gegenständlichen Wohnung einer Prüfung unterzogen werden sollen.

Der Verlesung der bereits vom Erstgericht angefertigten Kopie des Protokolls vom 22.3.1995 aus dem Akt 6 C 2/95k des Erstgerichtes in der Berufungsverhandlung wurde nicht widersprochen.

Aus den vom Gericht zweiter Instanz der Entscheidung zugrundegelegten Feststellungen läßt sich entgegen der in der Rechtsrüge der Revision vertretenen Ansicht nicht ableiten, daß auch der Kläger als Rechtsnachfolger der Maria K***** zur unentgeltlichen Überlassung der Wohnräume an die Beklagten verpflichtet sei, weil für eine derartige Auslegung der im Übergabsvertrag enthaltenen Verpflichtung des Klägers zur Einräumung des Mietrechts an die Beklagten keine Anhaltspunkte bestehen.

Die Aktivlegitimation des Klägers ist nicht in Zweifel zu ziehen, weil die Annahme der Rechtsunwirksamkeit des zwischen Maria K***** und dem Kläger geschlossenen Übergabsvertrages die erfolgreiche Anfechtung seitens des Irrenden oder Getäuschten voraussetzt; Dritte können sich auf die Unwirksamkeit des Vertrages nicht berufen (vgl. Rummel in Rummel2 I, Rz 19 zu § 871 ABGB). Daß die beiden Beklagten die Gesamtrechtsnachfolger nach Maria K***** seien, wurde von ihnen nicht behauptet.

Da dem Kläger die Erstattung einer Revisionsbeantwortung freigestellt wurde, steht diesem gemäß §§ 41 und 50 ZPO ein Kostenersatzanspruch zu.

Stichworte