OGH 7Ob6/97a

OGH7Ob6/97a26.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Schalich und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jürgen M*****, vertreten durch Dr.Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei A***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr.Alexander Matt, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Feststellung der Deckung (Streitwert S 60.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 8.November 1996, GZ 4 R 235/96g-17, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 1.August 1996, GZ 9 Cg 167/95h-8, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat bei der beklagten Versicherung schon vor 1994 unter anderem eine Rechtsschutzversicherung nach den ARB 1988 mit Fahrzeug- und Lenkerrechtsschutz abgeschlossen. Am 2.7.1994 hat der Kläger gegen 17 Uhr seinen PKW in D***** in Richtung B***** auf der Landesstraße L ***** gelenkt. Dabei soll er nach einer Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten und entgegenkommende Fahrzeuglenker gefährdet haben. Die Bezirkshauptmannschaft D***** leitete in der Folge ein Strafverfahren und ein Führerscheinentzugsverfahren ein. Auf die Aufforderung der Behörde zur Rechtfertigung als Beschuldigter (vom 17.8.1994) hin suchte der Kläger die Kanzlei des Klagsvertreters auf. Er wies ihn darauf hin, daß er rechtsschutzversichert sei und beauftragte ihn mit der Schadensmeldung an die beklagte Partei sowie damit, wegen des gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahrns und in weiterer Folge auch wegen des Führerscheinentzuges in seinem Namen einzuschreiten. Das Verwaltungsstrafverfahren ist derzeit noch nicht beendet. Das Verfahren über den Führerscheinentzug ist mittlerweile so weit fortgeschritten, daß der Klagsvertreter mit Schriftsatz vom 23.5.1995 eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einbrachte.

Aus nicht mehr näher feststellbaren Gründen, möglicherweise wurde darauf schlicht vergessen, unterließ der Klagsvertreter die ihm vom Kläger aufgetragene Schadensmeldung an die beklagte Partei.

Erst am 11.5.1995 ersuchte der Klagsvertreter die beklagte Partei um Kostendeckungszusage, wobei er darauf hinwies, daß die Schadensmeldung durch ein nicht mehr nachvollziehbares Mißgeschick unterblieben sei. Gleichzeitig mit dem Schreiben wurden sämtliche dem Klagevertreter über die Angelegenheit zur Verfügung stehenden schriftlichen Unterlagen übermittelt. Mit Schreiben vom 22.5.1995 lehnte die beklagte Partei Versicherungsdeckung ab. Aufgrund des Umstandes, daß der Vorfall bis dato nicht gemeldet worden sei, sei die beklagte Partei von der Verpflichtung zur Leistung frei.

Der Kläger begehrt in einem Hauptbegehren, es werde festgestellt, daß für Kostenzahlungen zur Wahrung rechtlicher Interessen, betreffend den Vorfall vom 2.7.1994, Kostendeckung im Rahmen des Rechtsschutz-Versicherungsvertrages, welcher zwischen den Streitteilen abgeschlossen worden sei, bestehe. Im Zuge des Verfahrens erhob er ein Eventualbegehren, mit welchem er die Feststellung der Kostendeckung für Leistungen seines Rechtsanwaltes nach dem 11.5.1995 begehrt. Ihn treffe am Mißgeschick seines Rechtsanwaltes, die diesem übertragene Schadensmeldung nicht erstattet zu haben, kein Verschulden. Die von der beklagten Partei eingewendeten Obliegenheitsverletzungen seien nicht kausal. Da der in F***** residierende Klagevertreter nicht mehr als ein Rechtsanwalt in D***** an Kosten berechne, liefen der Beklagten keine Mehrkosten auf. Die Bedingungen, auf die sich die beklagte Partei berufe, seien sittenwidrig und überraschend im Sinne des § 864 a ABGB.

Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung. Sie wendete Leistungsfreiheit zufolge mehrfacher Obliegenheitsverletzungen des Klägers ein. Dieser habe die beklagte Partei nicht unverzüglich vom Schadensfall informiert (Art 8.1.1 ARB 1988). Er habe der Beklagten nicht die Möglichkeit zu einer Rechtsanwaltsbeauftragung eingeräumt (Art 8.1.2 ARB 1988). Er hätte nur einen ortsansässigen, sohin einen D***** Rechtsanwalt beauftragen dürfen (Art 10.1.1 ARB 1988). Da nach Art.6.1. der ARB 1988 die Deckung erst ab der Geltendmachung (Schadensanzeige) bestehe und alle Leistungen schon vor dem Schreiben vom 11.5.1995 erbracht worden seien, fehle es dem Kläger am erforderlichen Feststellungsinteresse.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab und gab dem Eventualbegehren statt. Objektiv beurteilt seien die Obliegenheiten nach Art.8.1.1. und 10.1.1. ARB 1988 vom Kläger verletzt worden. Dabei handle es sich um Obliegenheiten im Sinne von § 6 Abs.3 VersVG, sodaß die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit nur eintrete, wenn die Verletzung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhe, wobei selbst bei grob fahrlässiger Verletzung dann die Leistungspflicht bestehen bleibe, wenn die Verletzung weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung Einfluß gehabt habe. Das Verschulden des Rechtsanwalts an der verspäteten Versicherungsmeldung sei dem Kläger zuzurechnen. Daß dieses Verschulden grober Fahrlässigkeit entspreche, habe die Beklagte nicht beweisen können, da die Gründe der Verzögerung mit der Schadensmeldung im Dunkeln lägen. Auch fehle die Kausalität, da der Klagsvertreter im Verfahren an sich alles Erforderliche in die Wege geleitet habe und ohnehin nur Versicherungsdeckung für die Leistungen ab 11.5.1995 bestehe. Dies ergebe sich aus Art.6.1 ARB 1988. Die Rechtsfolge der Beauftragung eines nicht am Orte der Behörde ansässigen Rechtsanwalts könne nicht der vollständige Wegfall der Deckung sein, vielmehr nur, daß allenfalls damit im Zusammenhang stehende erhöhte Kosten vom Versicherer nicht zu tragen seien. Da die verwaltungsrechtlichen Verfahren noch nicht abgeschlossen seien, könne das Feststellungsinteresse nicht abgesprochen werden.

Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der beklagten Partei Folge und wies das gesamte Klagebegehren ab. Es erklärte die Erhebung der ordentlichen Revision für unzulässig. Auf den vorliegenden Versicherungsfall sei nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes VR 1996/413 das VersVG in seiner Fassung vor der Novellierung durch das BGBl 1994/509 anzuwenden. Nach der alten Fassung des § 6 Abs.3 VersVG genüge für die Obliegenheitsverletzung schon ein nicht weiter qualifizierter Vorsatz, damit sich der Versicherer auf Leistungsfreiheit berufen könne, ohne daß dem Versicherungsnehmer der Kausalitätsgegenbeweis zustünde. Der Versicherungsnehmer müsse sich das schuldhafte Verhalten des Klagevertreters bei Unterlassung der Schadensmeldung an die beklagte Partei wie sein eigenes Verschulden zurechnen lassen. Im vorliegenden Fall habe der Versicherer dem Versicherungsnehmer mehrfache Obliegenheitsverletzungen nachgewiesen, dieser aber habe nicht bewiesen, daß dies nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich erfolgt sei. Nach Art.8.1.1.1. ARB 1988 sei der Versicherungsnehmer, wenn er Versicherungsschutz verlange, verpflichtet, den Versicherer unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß über die jeweilige Sachlage aufzuklären und ihm alle erforderlichen Unterlagen auf Verlangen vorzulegen. Nach den Feststellungen des Erstgerichts sei nicht ausgeschlossen, daß die Obliegenheit zur unverzüglichen Schadensmeldung vom Kläger oder seinem Rechtsanwalt vorsätzlich begangen wurde. Auch nach den Beweisergebnissen könnte nur ausgeschlossen werden, daß der Kläger selbst den Vorsatz zur Obliegenheitsverletzung hatte. Da ihm ein Vorsatz seines Rechtsanwaltes zuzurechnen sei und dieser nicht ausgeschlossen werden könne, sei der Kläger seiner Beweispflicht nicht nachgekommen. Ohne daß auf die aufgeworfenen Kausalitätsfragen eingegangen werden müsse, sei daher aus dem festgestellten Sachverhalt die Leistungsfreiheit der beklagten Partei rechtlich abzuleiten.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung vom Kläger erhobene Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die revisionsgegenständlichen Bedingungen der ARB 1988 lauten wie folgt auszugsweise:

Art.6.1.: Verlangt der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz, übernimmt der Versicherer im Falle seiner Leistungspflicht die ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Deckungsanspruches entstehenden Kosten gemäß Punkt 6, soweit sie für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers notwendig sind.

Art.6.2.: Kosten, die vor diesem Zeitpunkt entstanden sind, sind vom Versicherungsschutz nur dann erfaßt, wenn sie nicht früher als vier Wochen vor der Geltendmachung des Deckungsanspruches durch Maßnahmen des Gegners, eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde oder durch unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des Versicherungsnehmers ausgelöst worden sind ...

Art.8.1.: Verlangt der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz, ist er verpflichtet,

1.1. den Versicherer unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß über die jeweilige Sachlage aufzuklären und ihm alle erforderlichen Unterlagen auf Verlangen vorzulegen;

1.2. dem Versicherer die Beauftragung des Rechtsanwaltes (Art.10) zu überlassen, dem Rechtsanwalt Vollmacht zu erteilen ...

Art.10.1.: Der Versicherungsnehmer hat das Recht, einen Rechtsanwalt auszuwählen und bei der Geltendmachung des Deckungsanspruches namhaft zu machen.

1.1. Dieses Wahlrecht bezieht sich nur auf Rechtsanwälte, die ihren Sitz am Ort des Gerichtes oder der Verwaltungsbehörde haben, die für das durchzuführende Verfahren in erster Instanz zuständig sind ...

3. Die Beauftragung des Rechtsanwaltes erfolgt durch den Versicherer im Namen und im Auftrag des Versicherungsnehmers. ...

Die vom Klagevertreter am 11.5.1995 erstattete "Versicherungsmeldung" lautet wie folgt (Beilage ./A):

Jürgen M*****

Führerscheinentzugsverfahren

Vorfall vom 0.2.07.1994

Pol.Nr. 3 C *****

Sehr geehrte Damen und Herren

Beiliegend übermittle ich Ihnen folgende Unterlagen:

Aufforderung vom 17.08.1994

Rechtfertigung vom 22.09.1994

Rechtfertigung vom 13.12.1994

Bescheid vom 20.10.1994

Berufung vom 0.4.11.1994

"Gutachten" vom 14.03.1995

Aufforderung vom 22.03.1995

Stellungnahme vom 10.04.1995

Bescheid vom 04.04.1905

Mein Mandant hat einen Mitarbeiter meiner Kanzlei vor Übernahme des Mandates vom Bestand der Rechtsschutzversicherung informiert. Mein Mitarbeiter hat es auch übernommen, Sie von gegenständlichem Schadensfall in Kenntnis zu setzen.

Aus einem nicht mehr nachvollziehbaren Mißgeschick ist eine Meldung an Sie unterblieben. Diesen Umstand habe ich erst unlängst anläßlich einer Besprechung bemerkt.

Ich darf Sie höflich ersuchen, Kostendeckungszusage zu erteilen ...."

Der erkennende Senat lehnt weiterhin die in der Bundesrepublik Deutschland für die vorliegende Fallkonstellation heranzuziehende Repräsentantenhaftung des Klägers (vgl. das von Prölss-Martin VVG25 § 6 Anm.8 B lit.b) zitierte Beispiel trotz der diese Rechtsprechung kritisierenden Lehrmeinung Welsers (in FS für Ostheim 609 ff) weiterhin ab (vgl. die Rechtsprechungsübersicht in Schauer, Einführung in das österreichische Versicherungsvertragsrecht3, 269 FN 224), weil die Auffassung, daß die Gefahr der Herbeiführung des Versicherungsfalles durch Dritte typischerweise vertraglich vom Versicherer mitübernommen wird, dem charakteristischen Versicherungszweck der österreichischen Vertragsversicherung entspricht (vgl. Jabornegg in VR 1975, 100 ff [122 ff]). Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um ein mit der Herbeiführung des Versicherungsfalles zusammenhängendes Verschulden dritter Personen, die in der deutschen Lehre als "Risikoverwalter" umschrieben werden, sondern um die im § 33 Abs 1 VersVG und in den diversen Versicherungsbedingungen normierte Verpflichtung des Versicherungsnehmers, den Versicherungsfall dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Die gesetzliche Obliegenheit zur unverzüglichen Anzeige eines Versicherungsfalles gilt für die Rechtsschutzversicherung nur eingeschränkt, weil der Versicherungsnehmer den Versicherer nicht nach jedem Versicherungsfall, sondern nur dann zu unterrichten hat, wenn er aufgrund eines Versicherungsfalles Versicherungsschutz "begehrt" (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung5 § 15 Rz 6). Will der Versicherungsnehmer dies, so hat er den Versicherer unverzüglich vollständig und wahrheitsgemäß über sämtliche Umstände des Versicherungsfalles zu unterrichten sowie Beweismittel und Unterlagen anzugeben. Hiebei handelt es sich um eine auf die Bedürfnisse des Rechtsschutzversicherers zugeschnittene Ausformung der allgemeinen Auskunftsobliegenheit des § 34 Abs 1 VersVG, wobei jedoch der Versicherungsschutz begehrende Versicherungsnehmer diese Auskunft schon von sich aus, also spontan und nicht erst auf konkretes Verlangen des Versicherers zu geben hat (vgl. Harbauer aaO Rz 7). Der erkennende Senat hat bereits in seiner Entscheidung 7 Ob 2345/96w vom 23.10.1996 (= RdW 1997, 75), dem ebenfalls ein Rechtsschutzversicherungsfall zugrundelag, unter Berufung auf Harbauer (aaO § 15 Anm 7 und 11) ausgesprochen, daß diese Informationsverpflichtung den Versicherungsnehmer persönlich trifft. Dies heißt allerdings nicht, daß die Verpflichtung zur Schadensanzeige gegenüber dem Versicherer grundsätzlich vertretungsfeindlich ist, wohl aber, daß der Versicherungsnehmer für eine falsche, unvollständige, verspätete, oder gar unterlassene Information des Versicherers durch den damit beauftragten Dritten gleich wie für eigenes Verschulden haftet; andernfalls könnte sich der Versicherungsnehmer dieser zwingenden Informationsverpflichtung durch die Beauftragung eines Dritten, dessen Nachlässigkeit zu gar keiner, einer falschen oder unvollständigen Information des Versicherers führt, folgenlos aller versicherungsrechtlicher Nachteile entziehen. Die den Versicherungsnehmer persönlich treffende Informationspflicht gegenüber dem Versicherer kann auch durch analoge Heranziehung des § 19 VersVG, der allerdings vorvertraglich zu wahrende Obliegenheiten regelt, abgeleitet werden, was aber wegen des diesen Bereich genauso zu wahrenden Vertrauensverhältnisses zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer bei der vorliegenden Beurteilung nicht ins Gewicht fällt. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung fällt dem Versicherungsnehmer auch das Verschulden seines Vertreters bei einer falschen oder unvollständigen Information wie sein eigenes zur Last. Bereits in der Entscheidung SZ 53/100 wurde ausgesprochen, daß sich der Versicherungsnehmer dann das Verschulden seines Stellvertreters zurechnen lassen muß, wenn letzterer für die Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses bevollmächtigt war. Im vorliegenden Fall umfaßte der dem Klagevertreter erteilte Auftrag neben der Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren und im Führerscheinentzugsverfahren auch die Abwicklung aller aus der Sicht des Versicherungsnehmers mit dem Rechtsschutzversicherer abzuwickelnden rechtsgeschäftlichen Handlungen. Diese Vorgangsweise des Versicherungsnehmers stellt sich zwar von ihrem Umfang her beurteilt geringer als die Abwicklung des gesamten Rechtsschutzverhältnisses dar; sie ist dennoch als eine Globalbeauftragung des Klagevertreters im Sinne der SZ 53/100 zu beurteilen, weil der Versicherungsnehmer in diesem Stadium keine anderen Auseinandersetzungen mit seinem Rechtsschutzversicherer hatte. Auch aus diesem Grund ist das Verhalten des Vertreters des Klägers nach Vollmachtsrecht wie sein eigenes Handeln und Unterlassen zu beurteilen. Die Unterlassungen des Klagevertreters sind sohin dem Versicherungsnehmer als Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten im Sinne des § 6 VersVG letzterem zuzurechnen.

Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß auf den vorliegenden Fall die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der VersVG-Novelle 1994 anzuwenden ist. Nach dem zweifelsfreien Nachweis einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers durch den Versicherer wäre es sohin Sache des Versicherungsnehmers gewesen, zu beweisen, daß diese lediglich grob fahrlässig erfolgte und daß diese grobe Fahrlässigkeit weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles, noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung Einfluß gehabt hat. Im Gegensatz zur Beurteilung des Berufungsgerichtes kann aus den Feststellungen des Erstgerichtes kein Vorsatz des Klagevertreters, wohl aber dessen grobe Fahrlässigkeit bei seiner Unterlassung, abgeleitet werden, da einem Rechtsanwalt die Wahrung fristgebundener Anspruchsschreiben besonders bewußt sein muß. Daß aber die Nichterstattung einer Schadensanzeige bei schon erfolgter Vertretung durch einen nicht von der Versicherung bestellten Rechtsanwalt zweifelsfrei Einfluß auf den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat, hat die klagende Partei nicht bewiesen, daß die ihr unterlaufene grobe Fahrlässigkeit für den Versicherer nicht relevant war.

Zufolge der dem Kläger anzulastenden Obliegenheitsverletzung durch die weitaus verspätete Schadensmeldung seines Vertreters hat daher die beklagte Partei zu Recht ihre Leistungsfreiheit in Anspruch genommen.

Darüber hinaus hat der klagende Versicherungsnehmer mit der Beauftragung des Klagevertreters ohne vorherige Rücksprache mit der beklagten Versicherung gegen die Obliegenheitsverpflichtung des Art. 8.1.2 der ARB 1988 verstoßen, weil ihm kein Recht zur selbständigen Beauftragung eines Rechtsanwaltes zustand. Daß die Verletzung dieser Obliegenheit unverschuldet bzw. nur leicht fahrlässig erfolgt sei, behauptet der Kläger gar nicht.

Nach der bis zum 31.12.1994 geltenden Rechtslage kam es nicht darauf an, daß der Versicherungsnehmer bei Versicherungsabschluß oder später Kenntnis von dem Bedingungswerk erhalten hat, sondern nur darauf, daß er sich davon Kenntnis verschaffen konnte (vgl. Prölss-Martin aaO Vorbem I Anm 6 B). Dies lag hier wohl vor.

Die Bestimmungen des Art.6 Abs 1 und 2 der ARB 1988 erscheinen auch nicht sittenwidrig, weil ihr Regelungsinhalt (unverzügliche und umfassende Information, um dem Versicherer eine Prüfung seiner Eintrittspflicht vor kostenauslösenden Maßnahmen zu erlauben) bei Beurteilung des Gesamtbildes des Versicherungsvertrages, eine den Leistungen des Versicherers äquivalente Verpflichtung des Versicherungsnehmers darstellt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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