OGH 12Os11/97

OGH12Os11/9713.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Schindler, Dr. E.Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Torpier als Schriftführer, in der Strafsache gegen Boban S***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. August 1996, GZ 8c EVr 11788/89-78, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. August 1996, GZ 8 c E Vr 11788/89-78, verletzt das Gesetz in dem aus dem XX.Hauptstück der Strafprozeßordnung abzuleitenden Grundsatz der materiellen Rechtskraft.

Dieser Beschluß wird aufgehoben und der ihm zugrundeliegende Antrag der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem in gekürzter Form (§§ 458 Abs 3, 488 Z 7 StPO) ausgefertigten Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. Juni 1990, GZ 8 c E Vr 11788/89-56, wurde Boban S***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten (schweren) Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt, wovon gemäß § 43 a Abs 3 StGB ein Strafteil von acht Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Wegen des (während der Probezeit begangenen) Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Satzund 15 StGB verhängte das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 7. November 1991, GZ 8 c Vr 2067/91-60, eine zweijährige Freiheitsstrafe. Gleichzeitig faßte es den ebenfalls in Rechtskraft erwachsenen Beschluß, daß gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO die im vorerwähnten Verfahren gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen wird. Ungeachtet der aktenkundigen Widerrufsentscheidung vom 7. November 1991 sprach der daran mitwirkende Richter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien mit Beschluß vom 21. August 1996, GZ 8 c E Vr 11788/89-78, über Antrag der Staatsanwaltschaft (ON 77) aus, daß die dem Boban S***** gewährte bedingte Strafnachsicht endgültig geworden sei.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Der im Verfahren AZ 8 c Vr 2067/91 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gefaßte und in Rechtskraft erwachsene Widerrufsbeschluß vom 7. November 1991 entfaltete ab seiner Verkündung eine Bindungswirkung, derzufolge kein Gericht ohne vorangegangene Aufhebung des Beschlusses berechtigt war, über den Entscheidungsgegenstand neuerlich abzusprechen. Der Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien hat daher durch seine Beschlußfassung vom 21. August 1996 seine Entscheidungskompetenz rechtswidrig in Anspruch genommen (EvBl 1989/64 = JBl 1980/400; 15 Os 112/95 ua).

Dieser Beschluß konnte weder den schon vorher wirksam (und rechtskräftig) beschlossenen Widerruf der bedingten Strafnachsicht beseitigen noch sonst für Boban S***** irgendwelche Rechtsfolgen nach sich ziehen; die konstitutive Wirkung des Widerrufsbeschlusses blieb vielmehr hievon unberührt. Aus Gründen der Rechtsklarheit war daher der Beschluß vom 21. August 1996 durch Aufhebung zu beseitigen.

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