OGH 13Os183/96

OGH13Os183/9611.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Dezember 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Mayrhofer, Dr. Ebner und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Heißenberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard T***** wegen des Vergehens der unerlaubten Abwesenheit nach § 8 MilStG über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Güssing vom 20. Mai 1996, GZ U 77/96-33, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Güssing vom 20.Mai 1996, GZ U 77/92-33, verletzt § 16 Abs 2 Z 12 StVG und § 48 Abs 3 StGB.

Text

Gründe:

Gerhard T***** wurde mit (Abwesenheits-)Urteil des Bezirkgerichtes Güssing vom 16.Dezember 1992, GZ U 77/92-9, des Vergehens nach § 8 Abs 1 MilStG, (richtig nur § 8) schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von fünfzig Tagessätzen, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit zu fünfundzwanzig Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Weil dieser Fall eintrat wurde die Ersatzfreiheitsstrafe in Vollzug gesetzt.

Mit Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Vollzugsgericht vom 8. April 1994, GZ 20 BE 21/94-6, wurde er am 26.April 1994 gemäß § 46 Abs 2 StGB aus dem Vollzug mehrerer Freiheitsstrafen, unter anderem auch der gegenständlichen Ersatzfreiheitsstrafe, unter Bestimmung einer zweijährigen Probezeit bedingt entlassen.

Mit (gekürzt ausgefertigtem, § 458 Abs 2 und 3 StPO) Urteil des Bezirkgerichtes Leoben vom 9.Dezember 1994, GZ 3 U 391/94-9, wurde T***** weiters des in der Probezeit am 2.Juni 1994 begangenen Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Zugleich wurde gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 StPO der Beschluß gefaßt, vom Widerruf (unter anderem) der zu AZ 20 BE 21/94 des Landesgerichtes Leoben gewährten bedingten Entlassung abzusehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

In weiterer Folge stellte das Bezirksgericht Güssing über Antrag des Bezirksanwaltes mit rechtskräftigem Beschluß vom 20.Mai 1996, GZ U 77/92-33 (mit StPO-Form BedV 7) unter Außerachtlassung der (aus der eingeholten Strafregisterauskunft ersichtlichen) Entscheidung über die Verlängerung der Probezeit (und noch vor ihrem Ablauf) fest, daß "von der über" den Verurteilten "verhängten Strafe", die "bedingt nachgesehene Geldstrafe von S 10.000" endgültig nachgesehen wird. Der Beginn der Tilgungsfrist wurde mit 13.Jänner 1993 (Rechtskraft des Urteils) angegeben.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschluß steht, wie der Generalprokurator in seiner gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht geltend macht, mit dem Gesetz nicht in Einklang.

Der Entscheidung des Bezirksgerichtes Güssing über die endgültige Strafnachsicht kommt die Bedeutung einer endgültigen Entlassung im Sinne des § 48 Abs 3 StGB zu. Eine solche fällt jedoch (grundsätzlich) in die Zuständigkeit des Vollzugsgerichtes (§ 16 Abs 2 Z 12 StVG). Das Bezirksgericht Güssing war daher zur Feststellung der endgültigen Entlassung nicht berufen.

Darüber hinaus setzt die endgültige Entlassung voraus, daß die bedingte Entlassung nicht widerrufen wird (§ 48 Abs 3 StGB). Dies war jedoch zur Zeit der Beschlußfassung infolge rechtswirksamer Verlängerung der Probezeit (und damit verbundenen Möglichkeit des späteren Eintritts eines Widerrufsgrundes) noch nicht gegeben.

Diese Gesetzesverletzungen durch das Bezirksgericht Güssing und die dadurch bewirkte vorzeitige endgültige (die Verlängerung der Probezeit ist damit gegenstandslos) Entlassung (vor Ablauf der verlängerten Probezeit) waren zum Vorteil des Angeklagten. Sie waren daher lediglich festzustellen (vgl 13 Os 151, 152/96).

Das Bezirksgericht Güssing hat von dieser Entscheidung dem Bezirksgericht und dem Landesgericht Leoben (zur jeweiligen AZ 3 U 391/94 bzw 20 BE 21/94) aber auch dem Strafregisteramt (zusammen mit der noch unerledigten Verständigung vom zwar rechtswidrigen dennoch aber wirksamen Beschluß ON 33) Mitteilung zu machen.

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