OGH 13Os192/96

OGH13Os192/9611.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Dezember 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel und Dr. Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Heißenberger als Schriftführerin, in der bei dem Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 3a Vr 3729/95 anhängig gewesenen Strafsache gegen Thomas S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Grundrechtsbeschwerde des Verurteilten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Thomas S***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. April 1996, GZ 3 a Vr 3729/95-79, des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt und nach dieser Gesetzesstelle (unter Anrechnung der Vorhaft vom 23.März 1995, 13 Uhr, bis 29.April 1996, 14,20 Uhr, gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB, § 429 Abs 6 StPO) zu eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 21 Abs 2 StGB wurde er in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Schon vorher war mit Beschluß des Erstgerichtes vom 11.April 1996, GZ 3 a Vr 3729/95-74, auf Antrag des Verteidigers (ON 70) gemäß § 429 Abs 4 StPO die vorläufige Anhaltung des S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet worden.

Seine gegen den Schuldspruch erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 18. September 1996, 13 Os 130/96-7, zurückgewiesen und die Akten zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Mit vorläufiger Verständigung vom selben Tag wurde das Erstgericht von dieser Entscheidung in Kenntnis gesetzt. Das Oberlandesgericht Wien hat am 26. November 1996 der Berufung nicht Folge gegeben (22 Bs 432/96).

Die direkt beim Obersten Gerichtshof eingebrachte Grundrechtsbeschwerde behauptet, daß der Beschwerdeführer auf Grund seiner Verurteilung zu eineinhalb Jahren (und gleichzeitiger Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB) zufolge Einrechnung der seit 23.März 1995 andauernden Haft seit 26.September 1996 bereits mehr Zeit in Haft zugebracht habe, als an Strafe über ihn verhängt worden sei. Er hätte am 26. September 1996 unverzüglich entlassen werden müssen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1 Abs 1 GRBG steht die Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof wegen Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung nach Erschöpfung des Instanzenzuges zu. Nach § 3 Abs 1 GRBG ist in der Beschwerde nicht nur anzugeben und zu begründen, worin der Beschwerdeführer die Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit erblickt, sondern auch die angefochtene oder zum Anlaß der Beschwerde genommene Entscheidung oder Verfügung genau zu bezeichnen. Der Tag, der für den Beginn der Beschwerdefrist maßgeblich ist, ist anzuführen.

Diesen Erfordernissen wird die Beschwerde nicht gerecht. Denn ihr kann nicht entnommen werden, gegen welche strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung sie sich richtet. Demnach bleibt auch offen, ob insoweit der Instanzenzug ausgeschöpft ist (12 Os 111/93).

Thomas S***** befand sich an dem von der Beschwerde genannten 26. September 1996 gemäß § 429 Abs 4 StPO vorläufig in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Gemäß § 24 Abs 1 StGB ist die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher vor der Freiheitsstrafe zu vollziehen. Sie hat gemäß § 25 Abs 1 StGB unbestimmte Dauer, die Anrechnung der Vorhaft und der vorläufigen Unterbringung kommt erst nach Entlassung aus der Maßnahme zum Tragen.

Zur Erschöpfung des Instanzenzuges ist allenfalls eine Entscheidung durch den vom behaupteten grundrechtswidrigen Eingriff Betroffenen herbeizuführen. Dies kann - (sofern nicht der Ausschluß nach § 1 Abs 2 GRBG gegeben ist) - gemäß § 2 Abs 2 GRBG auch aus Anlaß einer die Freiheitsbeschränkung beendenden Entscheidung oder Verfügung mit dem Vorbringen geschehen, daß die Entscheidung oder Verfügung zu spät getroffen worden sei.

Die Beschwerde war somit in Übereinstimmung mit dem Antrag der Generalprokuratur zurückzuweisen.

Zum Vorbringen des Vertreters des Beschwerdeführers in seiner Äußerung zur Stellungnahme des Generalprokurators gemäß § 6 GRBG (betreffend die Verurteilung und deren mittlerweilige Rechtskraft) ist ergänzend anzumerken:

Nach der Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße, war Rechtsanwalt Dr.Heinz V***** Sachwalter des Beschwerdeführers (S 14, 43). Er erschien am 28. März 1995 vor Gericht und erklärte, er übernehme auch die Verteidigung (S 3/I). In der Folge wurde er auch ordnungsgemäß zu zwei Hauptverhandlungen geladen und trat dort als Verteidiger und Sachwalter auf (ON 7 und 13). Zu den Hauptverhandlungen vom 25.Juli und 22.September 1995 erschien als Bevollmächtigter des Verteidigers und ebenso des Sachwalters Rechtsanwalt Dr.Robert P***** (ON 28 und 40). Nach einer zwischenzeitigen Bestellung eines Verfahrenshelfers (ON 55) wurde Dr.Herbert P***** über Antrag des (umbestellten) Sachwalters zum Verteidiger im Rahmen der Verfahrenshilfe bestellt (ON 63). Einen Widerruf der von Dr.Robert P***** erklärten Bevollmächtigung durch den Sachwalter (siehe oben) hat der Verteidiger nie vorgebracht und ist der Aktenlage auch nicht zu entnehmen. Aus dieser ergibt sich vielmehr, daß er auch ordnungsgemäß zu der der Urteilsfällung vorangegangenen Hauptverhandlung geladen worden war.

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