Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Verein H***** ist ein nach dem Vereinsgesetz konstituierter Verein. Er hat seinen Sitz in Wien, ist nicht auf Gewinn gerichtet und hat folgenden Vereinszweck: Aus- und Weiterbildung seiner Mitglieder im Zusammenhang mit Heizöl, Umwelt, Heiz- und Regeltechnik; Veranstaltung von Expertenvorträgen, Presseveranstaltungen, Herausgabe einer Vereinszeitschrift. Derzeit zählen 14 Mineralöl-Handelsunternehmen aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland zu seinen Mitgliedern; demgegenüber weisen die Landesgremien für den Mineralölhandel in Wien 267 und in Niederösterreich 598 Mitglieder auf.
Am 18.11.1995 erschienen im Auftrag des Vereines in den Tageszeitungen K***** und K***** Zeitung textgleiche Anzeigen mit folgendem Wortlaut:
"Der Verein H***** gestattet sich mitzuteilen, daß der Heizölhandel ab 1. November 1995 eine Tankwagengebühr (TWG) in der Höhe von S 280,-- + 20 % MWSt pro Abladestelle in Anrechnung bringt".
Die Veröffentlichung diente nach den Absichten des Vereines nur der Information der Verbraucher über die Gepflogenheiten der Branche des Mineralöl-Handels, in welcher sich seit 1992 in einzelnen Bundesländern die Übung bildete, beim Verkauf von Heizöl mittels Tankwagen die Abrechnung derart durchzuführen, daß das Entgelt für das Heizöl gesondert vom Entgelt für die Manipulation bei der Zulieferung (Kontrolle von Tankraum und Tankinhalt, Anschluß des Schlauches, Befüllen des Tankes, Abschluß und Versorgung des Schlauches uä) ausgewiesen wird. Es konnte nicht festgestellt werden, wieviel Heizölhändler in Österreich seit wann eine solche Manipulationsgebühr unter welcher Bezeichnung in welcher Höhe ihren Kunden gegenüber verrechnen.
Diese Form der Verrechnung wurde im Laufe des Jahres 1995 auch von Teilen der Heizölhändler in Niederösterreich praktiziert. Dort stellten im Jahr 1995 fünf Heizölhändler, von denen jedenfalls vier keine Vereinsmitglieder sind, ihren Kunden eine Tankwagengebühr von S 280,-- excl USt in Rechnung. Ursache für die Einführung dieser Tankwagengebühr war bei allen genannten Firmen der Umstand, daß sie im Zuge der Marktbeobachtung, teilweise auch aufgrund von Anfragen aus dem Kundenkreis oder aufgrund der Anzeigen des Vereines feststellten, daß Mitbewerber Manipulationsgebühren verrechneten. Zur Erreichung einer Preistransparenz bzw der Vergleichbarkeit der Heizölpreise zu ihren Mitbewerbern sahen sich die genannten Unternehmen veranlaßt, ebenfalls eine Aufspaltung des Entgelts in Produkt- und Manipulationsgebühr durchzuführen, wobei sie das Ausmaß der Manipulationsgebühr jeweils selbständig und ohne Absprache mit dritten Firmen intern kalkulierten; teilweise orientierten sich die Unternehmen auch an den von den Mitbewerbern verlangten Gebühren. Als bei den Interessenvertretungen kartellrechtliche Bedenken gegen diese Art der Verrechnung auftraten, stellten die genannten Händler mit Ausnahme der M***** GmbH die Verrechnung einer Tankwagengebühr gegenüber ihren Kunden wieder ein.
Die antragstellende Amtpartei zeigte am 23.2.1996 beim Erstgericht an, daß der genannte Verein die oben wiedergegebene Anzeige eingeschaltet habe, sowie daß fünf namentlich genannte Firmen mit Sitz in Niederösterreich eine Gebühr in dieser Höhe auch verrechneten, und beantragte festzustellen, ob und inwieweit dieser Sachverhalt dem Kartellgesetz unterliege.
Das Kartellgericht stellt fest, daß die Einschaltung der genannten Anzeige weder für sich alleine noch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die M***** GmbH (Fünftantragsgegnerin) eine Gebühr in dieser Höhe tatsächlich verrechne, einen Sachverhalt darstelle, der dem Kartellgesetz unterliege.
Rechtlich erwog es hiebei zusammengefaßt, daß schon aus der Formulierung der gegenständlichen Anzeige des Vereins (".... gestattet sich mitzuteilen, daß .....") in Verbindung mit dem Umstand, daß die Anzeige in Tageszeitungen (und nicht etwa in einer Fachzeitschrift des Mineralölhandels oder in einer Vereinsaussendung an die Mitglieder) veröffentlich worden sei, deren Charakter als Kundeninformation evident sei. Eine unverbindliche Verbandsempfehlung iSd § 31 KartG liege damit nicht vor; die Erklärung müßte eindeutig empfehlenden (und nicht wie hier nur informierenden) Charakter in der Absicht aufweisen, das Verhalten von Mineralölhändlern zu beeinflussen. Eine derartige Absicht sei nicht festgestellt worden. Aus den selben Gründen könne der festgestellte Sachverhalt auch nicht dem Tatbestand eines Empfehlungskartells (§ 12 KartG) unterstellt werden; die Anzeige könne nicht als Preisempfehlung iSd § 12 Abs 2 KartG mißverstanden werden. Die bloße Information über Marktpreise stelle eine Mitteilung ohne Beeinflussungswillen dar. Auch ein Vereinbarungskartell (§ 10 KartG) oder ein Verhaltenskartell (§ 11 KartG) liege nicht vor (näheres siehe S 5 f des angefochtenen Beschlusses).
Gegen den Beschluß des Erstgerichtes, daß die Anzeige keinen Sachverhalt darstelle, der dem Kartellgesetz unterliege, richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag den Beschluß dahingehend abzuändern, daß ihrem Antrag "Folge gegeben werde"; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Das Erstgericht hätte wenigstens für die Zeit vom 16.1. bis 30.1.1996 einen kartellrechtlich relevanten Sachverhalt feststellen müssen, weil in dieser Zeit durch die genannten Unternehmen eine Verrechnung der Tankwagengebühr in gleicher Höhe erfolgte.
Die Erst- und Zweitantragsgegner beantragen dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Die Rekurswerberin wendet sich in ihren weitwendigen Rekursausführungen dagegen, daß das Erstgericht keinen kartellrechtlich relevanten Sachverhalt festgestellt hat, macht aber nicht klar, welchen Tatbestand sie festgestellt wissen will. Sie stößt sich vielmehr an einzelnen Worten bzw Formulierungen des erstgerichtlichen Beschlusses und will aus ihnen ableiten, daß das Kartellgericht einzelnen Tatbeständen vollkommen neue, im Kartellgesetz nicht enthaltene Tatbestandselemente einfügen wollte.
Es ist durchaus zuzugeben, daß einige Details der Formulierungen des Erstgerichtes ungenau bzw irreführend wirken; dies beruht aber hauptsächlich darauf, daß das Erstgericht mangels jeglicher Konkretisierung im Antrag gezwungen war, darzustellen, warum keiner der auch nur irgendwie in Betracht kommenden Tatbestände das Kartellgesetzes verwirklicht ist. Wenn auch nach dem Wortlaut des durch die KartG-Nov 1993, BGBl 693, neu eingeführten § 8a KartG nicht forderlich ist, daß sich der Antragsteller auf einen bestimmten oder mehrere bestimmte Tatbestande festlegt, die er festgestellt haben will, und solches aus den Erläuterungen (1096 BlgNR 18. GP 12 f, 16) nicht erschlossen werden kann, wäre es zweckdienlich, wenn sich die Antragstellerin bemühen würde, bereits in ihrer Anzeige darzulegen, welchen Tatbestand bzw welche Tatbestände sie bei dem angezeigten Verhalten verwirklicht sieht; dann könnte sich das Erstgericht gezielter mit den einzelnen von der Antragstellerin als relevant erachteten Gesichtspunkten auseinandersetzen und diese prägnanter begründen.
Auf die Kritik der Antragstellerin und Rekurswerberin braucht aber nicht im einzelnen eingegangen zu werden, weil nicht nur zum relevanten Zeitpunkt, nämlich dem Schluß des Verfahrens erster Instanz, sondern bereits sogar zum Zeitpunkt der Antragstellung nur mehr ein Unternehmen die inkriminierte Tankwagengebühr in Rechnung stellte, während die übrigen Unternehmen auf Grund der von den Interessenvertretungen erhobenen kartellrechtlichen Bedenken diese Art der Verrechnung bereits wieder eingestellt hatten. Eine Feststellung, daß in der Vergangenheit ein kartellrechtlich relevanter Sachverhalt verwirklicht worden sei, sieht § 8a KartG nicht vor.
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