OGH 8ObA2277/96b

OGH8ObA2277/96b28.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dipl.Ing.Dr.Hans Peter Bobek und Werner Fendrich als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Franz A*****, Zimmerer, ***** vertreten durch Dr.Kurt Klein und Dr.Paul Wuntschek, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Allgemeine Baugesellschaft A.P***** AG, ***** vertreten durch Dr.Othmar K*****, Sektion Industrie, Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien, dieser vertreten durch Dr.Franz Christian Sladek und Dr.Michael Meyenburg, Rechtsanwälte in Wien, wegen 10.252,80 S brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.Juni 1996, GZ 7 Ra 105/96g-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.Dezember 1995, GZ 35 Cga 178/95g-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 3.248,64 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 541,44 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 16.August 1994 bis 19.Mai 1995 bei der beklagten Partei als Arbeiter beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch eine vom Kläger ausgesprochene Kündigung. Das aliquote Weihnachtsgeld für den Zeitraum vom 1.Jänner bis 19.Mai 1995 in der Höhe von 10.252,80 S brutto wurde dem Kläger nicht ausgezahlt. Der auf das Dienstverhältnis anzuwendende Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe enthält unter anderem folgende Regelungen:

"§ 12 Weihnachtsgeld

1. Arbeitnehmer erhalten nach einmonatiger Betriebszugehörigkeit ein Weihnachtsgeld von 3,41 Stundenlöhnen für während des laufenden Arbeitsverhältnisses im Kalenderjahr jeweils geleistete 39 Stunden.....

2. Alle Zeiten der Betriebszugehörigkeit innerhalb eines Kalenderjahres werden, nur soweit es die einmonatige Betriebszugehörigkeit zur Erwerbung des Anspruches betrifft, zusammengezählt.

3. Wurde die Betriebszugehörigkeit in der Zeit zwischen dem 1. November und dem 1.März des folgenden Kalenderjahres nicht länger als 90 Tage unterbrochen, so ist die ununterbrochene Zeit als Betriebszugehörigkeit anzurechnen.

4. Das Weihnachtsgeld für die im Dezember Beschäftigten ist im ersten Dezember-Drittel auszubezahlen, wobei die restlichen Teile des Dezembers als anrechenbare Zeiten der Betriebszugehörigkeit gelten.

5. Wird das Arbeitsverhältnis nach einmonatiger Betriebszugehörigkeit vom Arbeitgeber durch Kündigung oder nach § 82 lit h GewO durch Entlassung oder vom Arbeitnehmer gemäß § 82a GewO gelöst, hat der Arbeitnehmer bei Lösung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Bezahlung des aliquoten Teiles des nach den vorhergehenden Grundsätzen errechneten Weihnachtsgeldes.

Wird das Arbeitsverhältnis nach mindestens fünfmonatiger Dauer vom Arbeitnehmer nach dem 1.Oktober des laufenden Jahres gelöst, so gebührt diesem der aliquote Teil des nach den vorhergehenden Grundsätzen errechneten Weihnachtsgeldes. ....."

Rechtliche Beurteilung

Da die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, § 12 Z 5 Abs 2 des gegenständlichen Kollektivvertrages schränke die Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers unzulässig ein und sei daher unwirksam, zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes darf

die Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers nicht durch Regelungen

eingeschränkt werden, die für den Fall der Kündigung durch den

Arbeitnehmer nachteilige Folgen, insbesondere den Verlust von durch

die erbrachte Arbeitsleistung bereits verdienten Sonderzahlungen,

vorsehen (siehe SZ 63/199 = DRdA 1991/45 [Binder] = WBl 1991, 103

[Grillberger] = Arb 10.902; SZ 65/103 = DRdA 1993/12 [Grillberger] =

ZAS 1994/5 [Micheler]; DRdA 1993/19 [Runggaldier] = ZAS 1993/18

[Gruber]; infas 1995, A 44).

Soweit die Revisionswerberin die Entscheidungen 8 ObA 2019/96m, 9 ObA 2047/96m und 8 ObA 2059/96v ins Treffen führt, ist ihr zu erwidern, daß sie die völlig andere Frage betreffen, ob Sonderzahlungen für entgeltfortzahlungsfreie Zeiten gebühren; darüber hinaus wird gerade in diesen Entscheidungen der Charakter der Sonderzahlungen als - bloß zu anderen Fälligkeitszeitpunkten geschuldeter - Teil des laufenden Entgelts betont.

Die Entscheidungen RdW 1995, 69 (Runggaldier aaO 64 ff) sowie ecolex 1995, 577 (= WBl 1995, 508 = RdW 1996, 26) betreffen die im Fall einer Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers vorgesehenen Folgen und damit nicht einen mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt. Wenn in der Entscheidung RdW 1995, 69 unter Bezugnahme auf ältere Entscheidungen, insbesondere DRdA 1979/9 (Firlei) und Arb 8806 ohne Auseinandersetzung mit der neueren Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu dieser Frage im Rahmen eines obiter dictum der Fall der Selbstkündigung durch den Arbeitnehmer mit dem der verschuldeten Entlassung gleichgestellt wurde, kann daraus ein Abgehen des Obersten Gerichtshofes von seiner gefestigten Rechtsprechung nicht abgeleitet werden. Dasselbe gilt von der gleichfalls die Ansprüche nach verschuldeter Entlassung betreffenden Entscheidung infas 1995 A 22, in der die betreffende Passage der Entscheidung RdW 1995, 69 im Rahmen eines obiter dictum übernommen wurde.

Soweit die Revisionswerberin schließlich vermeint, bei Entfall der in § 12 Z 5 Abs 2 des Kollektivvertrages getroffenen Stichtagsregelung sei der gesamte Kollektivvertrag nichtig, ist ihr zu erwidern, daß weder die verbleibenden Regelungen über die Weihnachtsremuneration noch gar die übrigen Bestimmungen des gegenständlichen Kollektivvertrages in einem solchen inneren Zusammenhang mit der nichtigen Bestimmung stehen, daß deren Nichtigkeit die Unwirksamkeit auch der übrigen Regelungen über die Weihnachtsremuneration oder gar des gesamten Kollektivvertrages zur Folge hätte (siehe Strasser in Floretta/Strasser Komm ArbVG 39).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte