OGH 10Ob2299/96b

OGH10Ob2299/96b26.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wolfgang B*****, Autohändler, ***** vertreten durch Dr.Gabriel Lansky, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Bank ***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Schuppich, Sporn und Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, 2. Ingrid D*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr.Elisabeth Scheuber, Rechtsanwältin in Wien, wegen S 703.104,93 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil und ordentlichen Rekurses der erstbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23.Juni 1995, GZ 11 R 95/95-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13.Februar 1995, GZ 19 Cg 109/94b-14, zum Teil bestätigt, zum Teil aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Dem Rekurs der erstbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt von den beiden Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von S 703.104,93 sA. Als langjähriger Kunde der ehemaligen L*****bank, nunmehr der Erstbeklagten, habe er am 20.11.1987 einen Juxten-Bon nach einer Beratung durch die Zweitbeklagte als Mitarbeiterin der Erstbeklagten zum Ankauf von österreichischen Rentenfonds erworben. Im Oktober 1990 habe er erfahren, daß ohne sein Wissen und ohne seine Order Aktienkäufe auf dieses Depot vorgenommen worden seien. Im Juni 1992 habe sich herausgestellt, daß ohne Wissen und Order des Klägers auf diesen Juxten-Bon unter anderem Rössler-Aktien gebucht worden seien. Die Kursverluste der angekauften Aktien seien von vornherein mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit absehbar gewesen. Im einzelnen listete der Kläger dann für die Wertpapiere jeweils den Ankaufswert und den aktuellen Kurswert auf. Den sich daraus ergebenden Differenzbetrag macht er klagsweise geltend und verweist im einzelnen auch auf die Bestimmungen des Depotgesetzes über die verschiedenen Verwahrerpflichten sowie die umfassenden Beratungs- und Aufklärungspflichten, gegen die die Beklagten verstoßen hätten, weshalb sie dem Kläger für den durch den Wertverlust der Aktien entstandenen Schaden hafteten.

Beide Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die Erstbeklagte wendete ein, daß der Kläger nicht aktiv legitimiert sei. Weder sie noch ihre Rechtsvorgängerin, die Österreichische L*****bank AG, hätten riskante oder spekulative Effektengeschäfte ohne oder gegen den Willen des Klägers für diesen durchgeführt. Auch die Aufklärungspflichten seien nicht verletzt worden. Im übrigen seien allfällige Schadenersatzansprüche verjährt. Die Zweitbeklagte wendete unter anderem ein, daß sie ausschließlich als Bankangestellte tätig gewesen sei und daß eine Geschäftsbeziehung nur zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten bestanden hätte.

Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab und stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Am 30.11.1987 erwarb der Kläger, ein langjähriger Kunde, in der Zweigstelle H*****straße einen Juxten-Bon mit der Nr 263-638-568/00 mit einem Losungswort. Es sollte sich dabei um ein anonymes Wertpapierdepot für den Ankauf von österreichischen Rentenfonds und festverzinslichen Wertpapieren handeln. Für den vom Kläger eingezahlten Betrag von S 1,8 Mio wurden nach einer Beratung des Klägers durch die Zweitbeklagte vereinbarungsgemäß österreichische Rentenfonds angekauft. Da der Kläger befürchtete, daß er den Juxten-Bon verlieren könnte, wurde dieser über sein Ersuchen in eine kostenlose und anonyme Verwahrung in der Zweigstelle der Erstbeklagten genommen, wofür der Kläger eine Rufnummer erhielt. Um zu vermeiden, daß bei jedem Kaufwunsch die Zweitbeklagte mit einem zweiten Angestellten zum Kassier gehen und den Juxten-Bon aus dem Safe holen müßte, vermerkte sie auf dem Bon, daß sämtliche Folgedispositionen ohne separaten Vermerk auf dem Bon erfolgen sollen und unterzeichnete dies ohne Datumsangabe. Damit war der Kläger zunächst nicht einverstanden, da er befürchtete, daß die Bank damit einen Freibrief hätte. Deshalb schrieb die Zweitbeklagte einen weiteren Vermerk, den dann auch ein weiterer Mitarbeiter der Erstbeklagten unterfertigte. Der Kläger kam ein bis zweimal im Monat in die Zweigstelle und zahlte laufend auf das Wertpapierdepot ein. Er war jedoch mit den Gewinnerträgen nicht zufrieden und meinte, daß seine Bekannten höhere Gewinne erzielten. Die Mitarbeiter der Erstbeklagten wiesen ihn darauf hin, daß bei Rentenfonds und festverzinslichen Wertpapieren sowohl das Risiko als auch der Gewinn geringer wären, während beim Kauf von Aktien mit höherem Risiko ein höherer Gewinn möglich wäre. Auch aufgrund der zu diesem Zeitpunkt guten Entwicklung des Aktienmarktes entschied sich der Kläger, auf Aktien "umzusteigen", und ließ sich auch von seinem eigenen Vermögensberater darüber unterrichten. Der Kläger fragte jeweils Dienstnehmer der Erstbeklagten, welche Papiere gerade günstig am Markt wären und veranlaßte dann in weiterer Folge, daß die Zweitbeklagte nach seinem Wunsch und mit seinem Einverständnis Wertpapiere kaufte. Er erhielt Einzahlungsbestätigungen und hätte die Möglichkeit gehabt, sich Kontoauszüge abzuholen. Einen Teil der Aktien hätte er in der Folge mit Gewinn verkaufen können. Als er im Oktober 1990 4,000.000 S benötigte, wollte er den Juxten-Bon auflösen, doch erklärte ihm die Zweitbeklagte anhand eines Kontoausdrucks, daß eine Auflösung zum damaligen Stand der Kurse ungünstig wäre. Eine Belastung des Juxten-Bons mit einem Kredit war nicht möglich, weil auf anonyme Konten keine Kredite aufgenommen werden können. Über Wunsch des Klägers wurden ihm dann der Juxten-Bon zur Vorlage an die CA-BV als Kreditsicherung für einen dort aufgenommenen Kredit ausgefolgt und in weiterer Folge Wertpapiere verkauft und der Erlös seinem Kreditkonto bei der CA-BV gutgebracht. Er erhielt jedoch von der Erstbeklagten einen günstigeren Kredit für die restliche Kreditschuld von S 1,000.000 und verpfändete dafür der Erstbeklagten den Juxten-Bon. Als die Zweitbeklagte im April 1991 die Zweigstelle wechselte, übertrug der Kläger im wesentlichen seine Konten in deren neue Zweigstelle. Die Erstbeklagte emittierte damals die Rössler-Aktien. Die Zweitbeklagte zeigte dem Kläger ein Emissionsprospekt des Bankhauses Rössler AG. Nachdem sie erzählte, daß auch sie für solche Aktien gezeichnet hätte, gab der Kläger am 22.7.1991 mündlich den Auftrag zum Ankauf von Rössler-Aktien für 48.000 S. Im Hinblick auf das geringe Emissionsvolumen dieser Aktien eröffnete die Zweitbeklagte für den Kläger in der neuen Zweigstelle zwei Juxten-Bons, um möglichst den Gesamtbetrag für den Kläger in Rössler-Aktien anzulegen. In der Folge buchte die Zweitbeklagte diese Aktien auf ein Wertpapierdepot und am 17.3.1992 auf den einleitend genannten Juxten-Bon um.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht, daß die Aktienkäufe im Auftrag des Klägers erfolgt seien und die Beklagten auch ihren Beratungs- und Aufklärungspflichten nachgekommen seien. Der Kläger habe die Aktienkäufe mit seinem persönlichen Vermögensberater besprochen und die Möglichkeit gehabt, zu den jeweiligen günstigen Zeitpunkten die Aktien mit Gewinn zu verkaufen. Im übrigen seien die geltend gemachten Schadenersatzansprüche im Hinblick auf die Kenntnis des Klägers von Aktienkäufen spätestens im Oktober 1990 und den Zeitpunkt der Klage im April 1994 bereits verjährt gewesen, ausgenommen die aus den Kauf der Rössler-Aktien abgeleiteten Ansprüche. Die Zweitbeklagte habe ihn über die Verlustgefahren bei Aktien unterrichtet; die zukünftige Kursentwicklung habe sie nicht voraussehen können.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers, die sich nur gegen die Abweisung des Klagebegehrens gegen die Erstbeklagte wendete, hinsichtlich eines Teilbetrages von S 467.622,93 nicht Folge und bestätigte das Ersturteil in diesem Umfang als Teilurteil. Im übrigen gab es der Berufung des Klägers Folge und hob das erstgerichtliche Urteil, soweit es das Klagebegehrn von weiteren S

235.482 gegen die Erstbeklagte abwies, auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig, hingegen der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht bejahte zunächst die Aktivlegitimation des Klägers. Unabhängig von der Qualifikation des Juxten-Bons könne selbst dann, wenn man ihn als Inhaber-Wertpapier einstufe, die Macht über eine Sache, also die Innehabung, auch durch einen Dritten ausgeübt werden. Dies sei bei einer Verwendung für den Verpfänder durch den Pfandgläubiger anzunehmen. Im vorliegenden Fall halte die Erstbeklagte selbst als Pfandgläubiger dieses Wertpapier für eine Forderung gegen den Kläger. Das Losungswort diene nur der Legitimation, beeinflusse jedoch nicht die materielle Rechtsposition.

Generell habe die Bank, die ihren Kunden im Zusammenhang mit der Anlage berate, eine auf die Person des Kunden und das Anlageprojekt bezogene, adäquate Beratung vorzunehmen und durch etwaige Fragen auch Irrtümer über die dabei verwendete Fachterminologie zu vermeiden (ÖBA 1993, 987; OBA 1994, 156 ua). Der Kläger sei nun über die Risken der Aktienkäufe beraten worden. Er habe sich auch des damit verbundenen Risikos bewußt sein müssen. Der Kläger habe auch gar nicht konkret behauptet, daß die Erstbeklagte in diesem Zusammenhang bestimmte Beratungspflichten verletzt bzw Irrtümer nicht aufgeklärt hätte. Er habe nur ganz allgemein dargelegt, daß die Kursverluste der gekauften Aktien von vornherein mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit absehbar gewesen seien. Die Aktien verbrieften im wesentlichen die Rechte des Aktionärs am Gewinn des Unternehmens und an der Willensbildung in der Hauptversammlung. Die Bewertung dieser Rechte hänge von verschiedensten Faktoren ab, wie der allgemeinen wirtschaftlichen oder politischen Rahmenbedingungen, der vorherrschenden Meinungen und Stimmungen, der Substanz und der ausgeschütteten Dividende, vor allem aber von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens. Die Einschätzung dieser wirtschaftlichen Entwicklung sei wohl jenem typischen Risiko zuzurechnen, das der Aktionär mit dieser Veranlagungsform übernehme. Dies könne ihm auch nicht durch die jeweilige Bank abgenommen werden. Die Aufgabe der Bank in diesem Zusammenhang sei jedoch neben der generellen Aufklärung des Kunden über die mit einer solchen Veranlagungsform verbundenen Risken und der kundengerechten Beratung darin zu sehen, dem Kunden entsprechende - soweit diese verfügbar seien - Informationen zur Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung und Bonität zumindest über Anfrage zur Verfügung zu stellen. Ihrer Aufklärungsverpflichtung über die mit Aktienkäufen verbundenen Risken sei die Erstbeklagte nachgekommen. Der Kläger habe keinerlei Vorbringen erstattet und es hätten sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß - sehe man von den Rössler-Aktien ab - hier die Erstbeklagte den diesbezüglichen weiteren Verpflichtungen nicht nachgekommen wäre. Insbesondere sei nicht hervorgekommen, aufgrund welcher konkreten Daten schon abschätzbar gewesen wäre, daß die Aktienkurse fallen würden. Die Erstbeklagte habe also weder einen falschen Rat hinsichtlich konkreter Tatsachen noch hinsichtlich eines Werturteils oder einer mit Vorsicht und Zurückhaltung zu erstellenden Prognose zu verantworten.

Im Zusammenhang mit dem Ankauf der Aktien der Rössler-Bank komme jedoch hinzu, daß die Zweitbeklagte dem Kläger einen Emisionsprospekt für seine Kaufentscheidung zur Verfügung gestellt habe. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in zwei Entscheidungen vor den haftungsrechtlichen Bestimmungen des Kapitalmarktgesetzes, die auf den gegenständlichen Fall noch nicht anwendbar seien, ausgeführt habe (ecolex 1990, 688 und RdW 1992, 12), hafteten unter anderem die Initiatoren und Gründer einer Publikums-KG für die Richtigkeit der Angaben in den maßgeblichen Prospekten. Nach den Feststellungen seien die Aktien von der Erstbeklagten emittiert worden. Vor den Regelungen des KMG sei im allgemeinen eine Haftung der Emittentin für unrichtige Angaben in Prospekten, mit denen sie auf den Markt ging und einen Kunden zur Zeichnung der Aktien auffordert, aus der culpa in contrahendo abgeleitet worden. Nach § 80 BörseG hafteten jedem Erwerber unter anderem der Emittent und Personen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben, auch für fahrlässige unrichtige Angaben in dem Prospekt für Börsezulassung. Nach der überwiegenden Ansicht hafte daher auch die Emissionsbank im Rahmen ihrer Übergaben für unrichtige Angaben im Emissionsprospekt. Der Kläger habe allerdings seinen Anspruch nicht auf eine Prospekthaftung, sondern auf den Vertrag mit der Erstbeklagten gestützt. Die eine Bank im Rahmen der Beratung bei der Anschaffung von Wertpapieren treffenden Schutz- und Sogfaltspflichten könnten es aber auch bewirken, daß sie einem Anleger, der bei einem Kunden der Bank sein Geld anlegen möchte, davon abraten müsse, wenn sie von ihrem Kunden nicht die Zustimmung erhalte, dem Anleger alle zu seiner Aufklärung erforderlichen Informationen weiterzugeben (ecolex 1995, 482 = ÖBA 1995, 969). Daraus sei abzuleiten, daß auch die Emissionsbank im Rahmen der Beratung bei Aktienkäufen betreffend diese Emission besondere Aufklärungspflichten treffe. Sie müsse sich im Rahmen ihrer Verantwortung bei der Emission auch unrichtige Angaben in einem bei der Beratung übergebenen Emissionsprospekt zurechnen lassen. Die Stellung der Erstbeklagten bei der Emission und die Art der Emission seien bisher noch nicht klar festgestellt worden, auch eine Erörterung der Angaben in diesem Prospekt sei bisher nicht erfolgt. Dabei sei etwa darauf hinzuweisen, daß nach den Angaben des Prospektes dem angenommenen Kurs von S 350 ein Kurs/Gewinn-Verhältnis von 14 auf Basis des erwarteten Gewinnes von 1991 zugrunde liege. Ausgehend von dem Emissionskurs von 350 S und dem Kursgewinnverhältnis von 14 ergebe sich ein Gewinn pro Aktie mit einem Nominale von 100 S in Höhe von 25 S. Aus den Veröffentlichungen im Börsejahrbuch 1992 ergebe sich jedoch, daß das Bankhaus Rössler 1991 überhaupt keinen Gewinn, sondern einen Verlust erwirtschaftet habe. Weiters sei nicht festgestellt worden, wieviel Rössler-Aktien tatsächlich für den Kläger gekauft worden seien, ob diese Aktien noch in seinem Besitz stünden bzw zu welchem Wert sie veräußert worden seien. Sollte die Erstbeklagte zusätzlich die Verantwortung als Emissionsbank für das von ihr bei der Beratung überreichte Prospekt treffen, so werde weiters die Grundlage für die dargetellte Gewinnerwartung und inwieweit bei der Erstellung des Prospektes die erforderliche Sorgfalt und Zurückhaltung bei der Prognose eingehalten wurde, zu erörtern sein.

Die ordentliche Revision gegen das (abweisliche) Teilurteil sei unzulässig, weil Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen gewesen seien; der Kläger habe kein entsprechendes Vorbringen zu den konkreten Verletzungen der Beratungspflichten erstattet. Hingegen sei der ordentliche Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig, weil eine Rechtsprechung zur Haftung der Emissionsbank nach dem Börsengesetz 1989 sowie die für sie bestehenden besonderen Beratungspflichten nicht vorliege.

Gegen das Teilurteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt die Abänderung dahin, daß seinem gegen die Erstbeklagte gerichteten Klagebegehren stattgegeben werde.

Gegen die Aufhebungsbeschluß richtet sich der Rekurs (unrichtig Revisionsrekurs) der Erstbeklagten ebenfalls wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, in der Sache selbst das Urteil des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Der Kläger erstattete eine Rekursbeantwortung und beantragte, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers ist unzulässig, der ordentliche Rekurs der Erstbeklagten nicht berechtigt.

Daß der Ankauf von Aktien in hohem Maße risikoträchtig sein kann, ist eine allgemein bekannte Tatsache. Die Bank trifft dann eine Aufklärungspflicht über dieses allgemeine Risiko, wenn sie auch beratend tätig war (vgl ÖBA 1995, 990/521; 10 Ob 528/94 ua). Nach den oben wiedergegebenen Feststellungen war der Kläger mit den Gewinnerträgen seines Juxten-Bons anfangs nicht zufrieden, worauf er von Mitarbeitern der Erstbeklagten aufgeklärt wurde, daß bei der bis dahin gewählten Veranlagungsart, nämlich Rentenfonds und festverzinslichen Wertpapieren, sowohl das Risiko als auch der Gewinn geringer wären, während beim Kauf von Aktien bei höherem Risiko ein höherer Gewinn möglich wäre. Auch aufgrund der Tatsache, daß der Aktienmarkt zu jenem Zeitpunkt eine gute Entwicklung genommen hatte, entschied er sich dann für den Erwerb von Aktien, wobei er sich auch von seinem privaten Vermögensberater beraten ließ. Wenn die Vorinstanzen angesichts dieser Feststellungen eine Verletzung der Beratungs- und Aufklärungspflichten seitens der Bank verneinten, kann hierin keine grobe Fehlbeurteilung erblickt werden, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müßte. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO liegt ungeachtet der ausführlichen Darlegungen des Klägers in seiner außerordentlichen Revision nicht vor.

Was hingegen die Emission von Aktien der Rössler-Bank betrifft, so ist von folgenden Erwägungen auszugehen:

Unter einem Emissionsgeschäft wird üblicherweise die Erstausgabe von Effekten an einen breiten Erwerberkreis verstanden. Gegenstand der Emissionen sind nach der gängigen Definition nur Kapitalmarktpapiere, also Effekten, vor allem Schuldverschreibungen und Aktien. Von Selbst- oder Eigenemission spricht man, wenn der Aussteller selbst die Ausgabe vornimmt, während im praktischen Regelfall die von Banken durchgeführte Fremdemission vorliegt. Das Bundesgesetz über das öffentliche Anbieten von Wertpapieren und anderen Kapitalveranlagungen (KMG), das am 1.1.1992 in Kraft trat, brachte eine umfassende Regelung öffentlich angebotener Emissionen und hob das Wertpapier-Emissionsgesetz 1979 auf, das nur die Ausgabe von auf Inhaber lautenden Schuldverschreibungen und von auf Order lautenden kaufmännischen Verpflichtungsscheinen betraf. Das KMG will den Anlegerschutz durch Informations- und Haftpflichten gewährleisten:

Das erstmalige öffentliche Angebot darf nur erfolgen, wenn spätestens einen Tag davor ein kontrollierter Prospekt veröffentlicht wurde (§ 2 KMG). Für die Emission von Wertpapieren, die zum amtlichen Handel oder zum geregelten Freiverkehr an der Börse zugelassen werden sollen, ist aber auch das Börsegesetz 1989 maßgebend. Dieses sieht ebenfalls Prospektpflichten und eine Prospekthaftung vor, die jedoch erheblich von jenen des KMG abweichen. Die unterschiedlichen Regelungen bestehen nebeneinander (siehe dazu Koziol in: Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht2 II 530 f).

Für die Haftung der Bank gegenüber den Anlegern kommen mehrere Anspruchsgrundlagen in Betracht: 1989 wurde in § 80 BörseG erstmals die Prospekthaftung ausdrücklich geregelt. Nunmehr hat § 11 KMG eine Prospekthaftung für einen erheblich weiteren Anwendungsbereich gebracht. Schließlich bietet auch das allgemeine Zivilrecht Anhaltspunkte für eine Haftung der am Emissionsgeschäft Beteiligten (Koziol aaO 548 f). Dazu hat das Berufungsgericht zutreffend dargelegt, daß der Kläger seinen Anspruch nicht auf eine Prospekthaftung, sondern auf seinen Vertrag mit der Erstbeklagten gestützt hat. Zu prüfen ist daher nur die Haftung der Beklagten als Emissionsbank nach allgemeinem Zivilrecht.

Nach herrschender Ansicht treten Geschäftspartner mit Aufnahme rechtsgeschäftlichen Kontakts in eine rechtliche Sonderbeziehung, aus der sie zu gegenseitiger Fürsorge und Rücksichtnahme bei der Vorbereitung und beim Abschluß des Geschäfts verpflichtet werden. Diese vorvertraglichen Pflichten sind insbesondere auch auf die Aufklärung des Partners über Umstände, die für den Vertragsabschluß maßgebend sind, gerichtet. Aufklärungspflichten bestehen insoweit, als der Partner nach den Grundsätzen des rechtsgeschäftlichen Verkehrs Aufklärung erwarten darf. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn nur eine Seite über die für den anderen Teil erkennbar bedeutsamen Informationen verfügt. Ferner betseht eine Aufklärungspflicht dann, wenn der Partner zum Ausdruck bringt, daß er beraten werden will oder ein Teil wegen seiner besonderen Fachkenntnisse als Berater auftritt (vgl SZ 55/51 ua; Koziol-Welser10 I 204ff). Die Situation, daß ein Teil über besondere Kenntnisse verfügt, die dem anderen nicht zugänglich sind, so daß dieser auf Informationen angewiesen ist, besteht typischerweise beim Erwerb von Wertpapieren. Der Veräußerer hat daher den Anleger über die für den Kauf eines Wertpapiers relevanten Umstände aufzuklären. Die Aufklärungspflichten entsprechen grundsätzlich jenen beim Effektengeschäft; beim Emissionsgeschäft besteht nur die Besonderheit, daß ein Prospekt vorliegt. Das führt dazu, daß der Veräußerer den Anleger auch auf die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospektes hinzuweisen hat, soweit ihm diese aufgrund seiner Sachkenntnisse erkennbar sein muß. Soweit eine Aufklärungsbedürftigkeit des Erwerbers der Effekten besteht, gehen die Anlegerinteressen vor, wobei für den Grad der erforderlichen Aufklärung auch die Intensität der Beziehung zwischen Bank und Anleger von Bedeutung ist (Hopt, Kapitalanlegerschutz 88 ff, 234 ff, 421 f, 440 ff; ihm folgend Koziol aaO 563 f). Bei Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten greift die Haftung des Schädigers nach vertraglichen Grundsätzen ein.

Gegen diese im wesentlichen auch vom Berufungsgericht vertretene Auffassung über die Haftung der Beklagten als Emissionsbank wird im Rekurs nichts eingewendet. Die Erstbeklagte vertritt dort lediglich die Auffassung, der Kläger habe kein Vorbringen dazu erstattet, daß die Erstbeklagte die Stellung einer Emissionsbank gehabt hätte, daß ihm vor dem Erwerb der Aktien ein Emissionsprospekt übergeben worden sei, daß ein solcher Prospekt unrichtige Angaben enthalten hätte und daß die Entwicklung der Aktienkurse vorhersehbar gewesen wäre. Damit wird aber nicht eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht aufgezeigt. Daß die Erstbeklagte bei der Emission der Rössler-Aktien die Stellung einer Emissionsbank hatte und dem Kläger vor Erwerb der Aktien ein Emissionsprospekt übergeben wurde, hat das Erstgericht unbekämpft festgestellt. Diese Feststellungen halten sich innerhalb des Rahmens des geltend gemachten Rechtsgrundes, der vom Kläger unter anderem ausdrücklich in der Verletzung vorvertraglicher Beratungs- und Aufklärungspflichten erblickt wurde (vgl dazu Rechberger, ZPO 711 Rz 32 vor § 266 mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Lediglich solche überschießende Beweisergebnisse, die aus dem Rahmen des geltend gemachten Rechtsgrundes herausfallen würden, hätten im Sinne der ständigen Rechtsprechung unberücksichtigt zu bleiben (vgl dazu auch Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 661 und 899). Die Einwendung der Erstbeklagten, es bestehe keine prozessuale Grundlage dafür, in Ansehung der Rössler-Aktien dem Erstgericht eine neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen, geht daher ins Leere.

Weiters bemängelt die Erstbeklagte, daß nach den Feststellungen Rössler-Aktien tatsächlich nur um S 48.297 angeschafft worden seien; die Behauptung des Klägers, es seien solche Aktien um 235.482 S angeschafft worden, sei daher widerlegt. Dem ist entgegenzuhalten, daß sich die Feststellung nur auf den Kaufauftrag vom 22.7.1991 bezieht und nichts darüber aussagt, ob in der Folge weitere Aktien gekauft worden sind.

Schließlich bestreitet die Erstbeklagte nach wie vor die Aktivlegitimation des Klägers, weil er weder das Original des Juxten-Bons vorgelegt noch das richtige Losungswort genannt habe. Auch dieser Einwand geht fehl, da sich die Aktivlegitimation des Klägers aus seinem Vertragsverhältnis zur Erstbeklagten ergibt und diese nach den Feststellungen in seinem Auftrag für ihn Wertpapiere angeschafft hat. Die angeschafften Wertpapiere wurden dabei allerdings auf einem anonymen Wertpapierdepot verwahrt, während dem Kläger ein als Juxten-Bon bezeichnetes Legitimationspapier ausgehändigt wurde. Es ist unbestritten, daß zum Zwecke der Durchführung von Geschäften gemäß § 12 Depotgesetz auch anonyme Wertpapierkonten eröffnet werden können, wobei in der Regel der Bank die Identität ihres Kunden (Vertragspartners) nicht bekannt ist (vgl ecolex 1984, 814 = ÖBA 1995, 54; ecolex 1995, 797 = ÖBA 1995, 990). Die Identität des Klägers als ihres Vertragspartners war der Erstbeklagten aber vom ersten Augenblick an bekannt; die Einwendung der mangelnden Aktivlegitimation ist daher nur als Schutzbehauptung zu werten.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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