OGH 4Ob2336/96z

OGH4Ob2336/96z26.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei T***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Reinhold Glaser, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte und widerklagende Partei G***** KG I*****, vertreten durch Dr.Hans Christian Kollmann und andere Rechtsanwälte in Lambach, wegen S 280.905,20 sA, infolge Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 22. April 1996, GZ 21 R 154/96p-18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Lambach vom 7.September 1995, GZ 1 C 102/93-11, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. beschlossen:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Entscheidung über die Klage richtet, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird, soweit sie sich gegen die Entscheidung über die Widerklage richtet, Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen über die Widerklage werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

"Die Klägerin und Widerbeklagte ist schuldig, der Beklagten und Widerklagenden S 280.905,20 samt 13 % Zinsen seit 18.2.1992 zu zahlen und die mit S 56.353,50 bestimmten Prozeßkosten (darin S 8.302,25 USt und S 6.540,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Das Mehrbegehren, die Klägerin und Widerbeklagte sei schuldig, der Beklagten und Widerklagenden 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen zu zahlen, wird abgewiesen."

Die Klägerin und Widerbeklagte ist schuldig, der Beklagten und Widerklagenden die mit S 66.374,10 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 7.087,35 USt und S 23.850,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin betreibt ein Speditionsunternehmen, die Beklagte ist Frachtführer. Die Streitteile stehen seit längerer Zeit in Geschäftsbeziehung.

Die Klägerin erbrachte für die Beklagte Transportleistungen, für die aus Rechnungen vom März und April 1992 noch S 280.905,20 aushaften. Keine der Forderungen, die der Klägerin aus der Durchführung der Transportaufträge erwachsen sind, übersteigt S 50.000,--.

Am 24.1.1992 erteilte die Beklagte der Klägerin den Auftrag, Gurken aus Griechenland nach W***** zur O***** Gesellschaft mbH zu transportieren. Der Geschäftsführer der Beklagten ist auch Geschäftsführer der O***** Gesellschaft mbH. Laut Ladeauftrag waren die palettisierten Gurken in einem Kühlfahrzeug bei einer gleichbleibenden Temperatur von plus 8 Grad Celsius zu befördern. Dem Fahrer wurde aufgetragen, die ordnungsgemäße und transportsichere Verladung zu überwachen und die Ware so zu verladen, daß Kalt- oder Warmluft ausreichend zirkulieren können. Der Frachtpreis wurde mit S 26.000,-- "all in" vereinbart.

Die Klägerin führte den Auftrag durch ihren Subfrächter G***** aus. Der Fahrer belud das Fahrzeug in der Zeit vom 24. bis 27.1.1992 auf Kreta. Das Fahrzeug umfaßte zwei voneinander unabhängige Transportkühleinheiten. Im Motorwagen war ein Thermo-King-Gerät eingebaut, welches ständig gewartet und überprüft wurde. Eingestellt und überprüft konnte das Gerät nur durch einen Schalter werden, der außen am Fahrzeug angebracht war. Der Fahrer stellte eine Temperatur von plus 4 Grad Celsius ein. Während der Fahrt überprüfte er die Temperatur mehrmals.

Am 4.2.1992 kam der Transport in Wels an. Nach Erledigung der Zollformalitäten am Vormittag wurde die Fracht zur O***** Gesellschaft mbH gebracht. Geschulte Dienstnehmer dieses Unternehmens überprüften stichprobenartig die auf dem Anhänger geladenen Gurken. Da keine Mängel festgestellt wurden, wurde die Übernahme quittiert und die Entladung der gesamten Lieferung angeordnet. Entgegen der Weisung des Geschäftsführers der Beklagten, bei einem Hängerzug beide Transporteinheiten zu überprüfen, wurde die Ladung des Motorwagens nicht kontrolliert. Zwei Drittel der Paletten wurden zu einem Lagerplatz mit Temperaturen zwischen plus 8 und plus 10 Grad Celsius gebracht, ein Drittel wurde direkt an Großkunden ausgeliefert.

Am nächsten Morgen zeigte sich, daß etwa die Hälfte der Gurken tiefgefroren war. Der Havariekommissär Ing. Helmut S***** stellte am 5./6.2.1992 fest, daß die Gurken zum Teil eine Temperatur von minus 3 Grad Celsius aufwiesen, bis zu den Kernen durchgefroren waren und ein Auftauprozeß eingesetzt hatte. Der Schaden betrage S 262.419,20 exklusive Umsatzsteuer; die Entsorgekosten S 13.000,--. Tatsächlich mußten für die Entsorgung S 18.486,-- aufgewendet werden.

Die O***** Gesellschaft mbH belastete die Beklagte mit S 280.905,20. In der Folge zog die Beklagte den Schadensbetrag von den Forderungen der Klägerin ab.

Das Erstgericht konnte die Schadensursache nicht feststellen. Einerseits könnte der Schaden darauf zurückzuführen sein, daß das Kühlaggregat defekt war, andererseits könnte an der Temperatureinstellung manipuliert worden sein und die Aufsicht durch den Fahrer nicht ausreichend gewesen sein.

Die Klägerin begehrt mit der Klage S 280.905,20 sA. Sie beantragt, das Widerklagebegehren abzuweisen.

Sie habe für die Beklagte Transportleistungen erbracht. Auf die Geschäftsbeziehung zwischen den Streitteilen seien die Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen (AÖSp) anzuwenden. Nach § 32 AÖSp sei die Aufrechnung ausgeschlossen. Das Kühlaggregat sei fabrikneu und während des ganzen Transportes voll funktionsfähig gewesen. Das fachkundige Personal der O***** Gesellschaft mbH habe keinen Mangel festgestellt. Die Mängelrüge sei verspätet.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Sie begehrt mit der Widerklage S 280.905,20 sA.

Die AÖSp seien nicht Vertragsinhalt geworden. Sie rechne gegen die Klageforderung ihre Schadenersatzforderung auf. Beim Entladen sei der Schaden noch nicht zu erkennen gewesen, weil die Auftauphase erst später eingesetzt habe.

Das Erstgericht sprach in seiner Entscheidung über die Klage aus, daß die Klageforderung mit S 280.905,20 sA zu Recht bestehe, zur eingewendeten Gegenforderung verwies es auf die Entscheidung über die Widerklage. Es sprach der Klägerin S 280.905,20 sA, darunter auch Umsatzsteuer aus den Zinsen, zu. Das Widerklagebegehren wies das Erstgericht ab.

Das Erstgericht stellte fest, daß sich die Beklagte geweigert habe, die Schadenersatzforderung der O***** Gesellschaft mbH zu zahlen oder gegenzuverrechnen. Beim Gurkentransport handle sich um einen grenzüberschreitenden Straßentransport zwischen Vertragsstaaten, so daß die CMR anzuwenden seien. Die Klägerin arbeite ausschließlich auf Grundlage der AÖSp; diese seien jedoch nur auf Verträge zwischen Spediteuren anwendbar. Die Beklagte sei Frachtführer; die Klägerin habe die Rechte und Pflichten eines Frachtführers, weil ein Fixpreis vereinbart worden sei. Die AÖSp seien daher nicht anzuwenden. Die Klägerin hafte für die Schadenersatzforderung der Beklagten nicht, weil der Mangel nicht sofort gerügt worden sei.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Klagebegehren insoweit abwies, als die Klägerin Umsatzsteuer aus den Zinsen begehrt hatte. Im übrigen bestätigte es die angefochtene Entscheidung. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Umsatzsteuer aus den Zinsen stehe nicht zu, weil die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage nach der neuen Praxis der Finanzverwaltung seit dem EU-Beitritt Österreichs die gesetzlichen Verzugszinsen nicht umfasse. Die AÖSp seien anzuwenden, soweit sie von den Bestimmungen der CMR nicht abwichen. Die CMR regle die Aufrechnung einer Schadenersatzforderung gegen die Frachtkosten nicht; das Aufrechnungsverbot des § 32 AÖSp sei daher auch für einen Transport wirksam, der der CMR unterliege. Die Beklagte habe sich den AÖSp stillschweigend unterworfen. Sie habe während der seit längerer Zeit bestehenden Geschäftsverbindung dem Hinweis auf dem Geschäftspapier der Klägerin, daß "für speditionelle Leistungen ausschließlich die AÖSp zur Anwendung kommen, für Beförderungsleistungen die CMR und ergänzend die AÖSp", nicht widersprochen.

Die Schadenersatzforderung der Beklagten sei strittig; ihre Aufrechnung sei daher ausgeschlossen. Die Berechtigung der Forderung sei aber im Widerklageverfahren zu prüfen.

Ansprüche aus der Beschädigung des beförderten Gutes seien in Art 17 CMR geregelt. Die Rechtsfolgen der Übernahme des beschädigten Gutes regle Art 30 CMR; § 377 HGB sei nicht anzuwenden. Nach Art 30 CMR werde bei Fehlen eines wirksamen Vorbehaltes vermutet, daß der Empfänger das Gut in dem im Frachtbrief beschriebenen Zustand empfangen habe. Diese Vermutung sei durch die Feststellung des Erstgerichtes widerlegt, daß die Ware in beschädigtem Zustand angekommen sei. Die Klägerin habe nicht bewiesen, daß die Klimaanlage ausreichend dimensioniert und Anlage sowie Kontrollinstrumente während des ganzen Transportes funktionstauglich gewesen seien sowie daß die Kühltemperatur während des Transportes regelmäßig überprüft und alle Weisungen des Verfügungsberechtigten beachtet worden seien. Die Klägerin habe insbesondere nicht bewiesen, vorbeugende Maßnahmen für den Fall getroffen zu haben, daß die Anlage defekt wird. Ebensowenig habe sie bewiesen, die Temperatur regelmäßig überwacht zu haben.

Der Schaden sei aber nicht im Vermögen der Beklagten eingetreten. Ihre Anspruchsberechtigung sei nach österreichischem Recht zu beurteilen. Die Beklagte sei nicht Spediteur, sondern Hauptfrachtführer. Sie habe den Transport einem anderen Frachtführer übertragen, der jedoch nicht aufeinanderfolgender Frachtführer im Sinne der Art 34ff CMR gewesen sei. Derzeit mache die Beklagte keinen eigenen Schaden geltend; Regreßansprüche könnte sie nur stellen, wenn sie dem Verfügungsberechtigten den Schaden ersetzt hätte. Es sei aber erwiesen, daß sie die Zahlung des von der Empfängern des beschädigten Gutes geforderten Ersatzbetrages verweigert habe. Eine Abtretung sei nicht behauptet worden. Ihr Anspruch scheitere an der fehlenden Aktivlegitimation.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Beklagten ist, soweit sie sich gegen die Entscheidung über die Klage richtet, unzulässig; soweit sie sich gegen die Entscheidung über die Widerklage richtet, ist sie zulässig, weil noch keine Rechtsprechung zur Frage besteht, ob der Hauptfrachtführer zur Drittschadensliquidation berechtigt ist; sie ist auch berechtigt.

1. Revision gegen die Entscheidung über die Klage

Nach § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert nicht S 50.000,-- übersteigt. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand - und damit einen einheitlichen Streitgegenstand des Berufungsgerichtes -, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (§ 55 Abs 1 JN). Eine aufrechnungsweise geltend gemachte Gegenforderung ist - unabhängig von ihrer Höhe - für die Frage der Zulässigkeit der Revision unerheblich, es sei denn, die Gegenforderung wurde im Wege einer Widerklage oder eines Zwischenantrages auf Feststellung geltend gemacht (JBl 1993, 794; Kodek in Rechberger, ZPO § 502 Rz 1).

Die Klägerin hat Forderungen aus Transportleistungen geltend gemacht, von denen keine S 50.000,-- übersteigt. Nach dem Vorbringen der Klägerin stehen die Forderungen in keinem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang. Daß die Beklagte eine S 50.000,-- übersteigende Gegenforderung aufrechnungsweise eingewandt hat, ist für die Frage der Revisionszulässigkeit unerheblich.

Zu prüfen bleibt, ob, wie das Berufungsgericht meint, die oben wiedergegebene Rechtsprechung und Lehre dahin zu verstehen ist, daß auch die Zulässigkeit der Revision gegen die Entscheidung über die Klage - und nicht nur die Zulässigkeit der Revision gegen die Entscheidung über die Widerklage - von der Gegenforderung abhängt, wenn die Gegenforderung mit Widerklage geltend gemacht wird. Die Widerklage ist eine selbständige Klage; die Prozeßvoraussetzungen für Klage und Widerklage sind selbständig zu prüfen; die Streitgegenstände der beiden Verfahren, die Rechtskraft der Urteile und ihre Vollstreckbarkeit sind voneinander unabhängig (Fasching, Lehrbuch**2 Rz 1302ff). Auch die Frage, ob die Revision zulässig ist, muß daher für jedes der beiden Verfahren gesondert geprüft werden. Daß die Gegenforderung für die Revisionszulässigkeit von Bedeutung ist, wenn sie mit Widerklage geltend gemacht wird, heißt daher nur, daß im Verfahren über die Widerklage die Zulässigkeit der Revision (ua) davon abhängt, ob die Gegenforderung (= Widerklageforderung) S 50.000,-- übersteigt.

Im vorliegenden Fall übersteigt im Verfahren über die Klage der Entscheidungsgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, nicht S 50.000,--, so daß die Revision insoweit jedenfalls unzulässig ist. Im Verfahren über die Widerklage besteht dieses Hindernis hingegen nicht, weil die Widerklageforderung (= Gegenforderung) S 50.000,-- übersteigt.

2. Revision gegen die Entscheidung über die Widerklage

Die Beklagte bekämpft die Feststellung des Erstgerichtes als aktenwidrig, wonach sie die Zahlung des von der Empfängern des beschädigten Gutes geforderten Ersatzbetrages verweigert habe. Das Gegenteil ergebe sich aus der Aussage ihres Geschäftsführers, der ausgesagt habe, daß die O***** Gesellschaft mbH sofort gegen eine Forderung der Beklagten aufgerechnet habe. Die Beklagte sei aber auch unabhängig davon aktiv legitimiert, ob sie den Schaden ihrer Auftraggeberin ersetzt habe. Schließe ein Frachtführer den Beförderungsvertrag, so sei er aktiv legitimiert. Auch der Frachtführer sei Interessenvertreter des Auftraggebers.

Aktenwidrig sind (ua) Feststellungen, für die es in den Beweisergebnissen keine Grundlage gibt (ZfRV 1980, 149). Eine Aktenwidrigkeit des Ersturteiles, die in der Berufung nicht geltend gemacht worden war, kann aber im Revisionsverfahren nicht mehr gerügt werden. Sie bildet nicht den Revisionsgrund nach § 503 Z 3 ZPO (Kodek in Rechberger, ZPO § 503 Rz 4 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Die Beklagte hat in der Berufung nicht behauptet, daß die nunmehr bekämpfte Feststellung aktenwidrig sei. Im Revisionsverfahren ist daher der festgestellte Sachverhalt maßgebend. Danach steht fest, daß die Beklagte ihrem Auftraggeber den Schaden nicht ersetzt hat. Zu prüfen ist, ob die Beklagte dennoch aktiv legitimiert ist, den Schaden geltend zu machen.

Die Beklagte leitet ihren Schadenersatzanspruch aus einem Beförderungsvertrag ab, mit dem es die Klägerin übernahm, Gurken von Griechenland nach Österreich zu transportieren. Die palettisierten Gurken waren in einem Kühlfahrzeug zu befördern.

Das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), BGBl 1961/138, in der Fassung des Protokolls zum Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr, BGBl 1981/192, gilt für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort, wie sie im Vertrage angegeben sind, in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist (Art 1 Abs 1 CMR). Das Gut wurde in Griechenland übernommen; Griechenland und auch Österreich sind Vertragsstaaten des Übereinkommens (BGBl 1982/21; BGBl 1961/138). Die CMR ist daher anzuwenden.

Die Beklagte ist als Hauptfrachtführer tätig geworden. Sie war nicht verpflichtet, das Gut selbst zu befördern. Der Hauptfrachtführer kann die Beförderung einem anderen Frachtführer übertragen. Der Unterfrachtführer ist Erfüllungsgehilfe des Hauptfrachtführers; er kann seinerseits weitere Frachtführer heranziehen. Der Hauptfrachtführer haftet für die Ausführung der Beförderung bis zur Ablieferung des Gutes an den Empfänger. Mehrere Unterfrachtführer haften dem Berechtigten als Gesamtschuldner, wenn ein einziger durchgehender Frachtbrief ausgestellt und von jedem der aufeinanderfolgenden Frachtführer mit dem Gut weitergegeben wurde (Art 34 CMR). Nur in diesem Fall tritt der Unterfrachtführer in das Rechtsverhältnis zwischen Absender und Hauptfrachtführer ein; andernfalls bestehen nur zwischen Absender und Hauptfrachtführer und zwischen Hauptfrachtführer und Unterfrachtführer als dessen Erfüllungsgehilfen vertragliche Beziehungen (SZ 58/6; SZ 58/122, jeweils mwN; WBl 1996, 330). Den schuldtragenden Frachtführer kann der Frachtführer, der Schadenersatz geleistet hat, aber auch dann unmittelbar in Anspruch nehmen, wenn dieser nicht sein Vertragspartner war (SZ 63/211 mwN).

Schadenersatzansprüche nach der CMR können sowohl der Absender als auch der Empfänger geltend machen (SZ 57/75 = TranspR 1985, 344 = HS

14.225 mwN; s auch Helm, Der Ersatzberechtigte im CMR-Haftpflicht-Fall, TranspR 1983, 29 [30f]; Piper, Einige ausgewählte Probleme des Schadenersatzrechts der CMR, VersR 1988, 201; Thume in Thume, Kommentar zur CMR, vor Art 17 Rz 11). Ist der im Frachtbrief bezeichnete Absender oder Empfänger ein Spediteur, so fallen Sachlegitimation und Schaden auseinander; der Spediteur ist dann zwar legitimiert, er hat jedoch keinen Schaden, weil er nicht Eigentümer des Transportgutes ist. In derartigen Fällen können Sachlegitimation und Schaden durch die Abtretung der Rechte aus dem Beförderungsvertrag an den Geschädigten in einer Person vereinigt werden (8 Ob 594/83 = Greiter Nr. 50 mwN).

Der Spediteur wird als Interessenvertreter des Auftraggebers für berechtigt erachtet, dessen Rechte aus Schäden am Frachtgut dem Frachtführer gegenüber geltend zu machen (EvBl 1963/273; SZ 57/75 = TranspR 1985, 344 = HS 14.225). Frachtführer werden nur dann für aktiv legitimiert erachtet, von ihrem Erfüllungsgehilfen Schadenersatz zu verlangen, wenn sie dem Geschädigten den Schaden ersetzt hatten (SZ 58/6; SZ 58/122; SZ 63/211; WBl 1996, 330). Die deutsche Rechtsprechung und Lehre erachtet hingegen die Drittschadensliquidation durch einen mittelbaren Stellvertreter (Spediteur, Frachtführer) allgemein für zulässig (Helm aaO TranspR 1983, 33f; Piper aaO VersR 1988, 202ff; Thume aaO vor Art 17 Rz 13ff mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Die deutsche Lehre verweist darauf, daß im Frachtrecht der formell zum Ersatz Legitimierte häufig nicht auch der Geschädigte ist. In einem solchen Fall folge die Befugnis, trotzdem den Wertersatz der verlorengegangenen oder beschädigten Güter oder den Verspätungsschaden verlangen zu können, aus dem allgemeinen, auch im CMR-Haftpflichtprozeß geltenden Grundsatz, daß der Berechtigte immer dann für den einem Dritten entstandenen Schaden Ersatz verlangen kann, wenn seine Interessen mit denen des Dritten - etwa aufgrund eines Speditions-, Fracht- oder Kaufvertrages - so verknüpft sind, daß sie die Wahrnehmung der Drittinteressen durch den Anspruchsinhaber rechtfertigen. In solchen Fällen wäre es untragbar, wenn der Schädiger aus dem für ihn rein zufälligen Auseinanderfallen von Anspruchsberechtigung und Schaden Nutzen ziehen dürfte mit der Begründung, der Ersatzberechtigte habe selbst keinen Schaden und der Geschädigte keinen Anspruch (Thume in Thume aaO vor Art 17 Rz 13 mwN; s auch Helm, Haftung für Schäden an Frachtgütern 163ff; ders. aaO TranspR 1983, 33; Heuer, Die Haftung des Frachtführers nach dem Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr [CMR] 179f; Glöckner, Leitfaden zur CMR7 Art 10 Rz 4, Art 13 Rz 5; Piper aaO VersR 1988, 201f; ders., Probleme der CMR unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, insbesondere zur Ersatzverpflichtung des CMR-Frachtführers, TranspR 1990, 357 [358]; s aber Rabe, Drittschadensliquidation im Güterbeförderungsrecht, TranspR 1993, 1 [6f], der die Drittschadensliquidation beim Fixkostenspediteur verneint, weil dieser in Form eines Haftungsinteresses einen eigenen Schaden habe, von dem er zunächst Freistellung, wenn nicht sogar von Beginn an Schadenersatz verlangen könne).

Die deutsche Rechtsprechung folgt der Lehre. Anerkannt wurde die Drittschadensliquidation des Spediteurs für den Auftraggeber und auch

für den Empfänger (BGH TranspR 1989, 413 = NJW 1989, 3099 = VersR

1989, 1168 = RIW 1989, 819; zum Fixkostenspediteur OLG Hamburg

TranspR 1985, 266), des Absenders für den Empfänger (BGH VersR 1976, 168), des Empfängers für den Absender (BGH NJW 1982, 992 = VersR 1982, 287), des Absenders für den Versender (TranspR 1985, 335 = VersR 1985, 753), durch den mit dem Geschädigten durch eine Kette zwischengeschalteter Unternehmer verbundenen (Unter-)Frachtführer für den Geschädigten (OLG Hamburg VersR 1987, 558; zur Drittschadensliquidation des Frachtführers s auch BGH TranspR 1992, 135 = NJW 1992, 1698).

Der Oberste Gerichtshof hat bisher, wie oben dargelegt, nur den Spediteur für berechtigt erkannt, als Interessenvertreter des Auftraggebers dessen Rechte aus Schäden am Frachtgut dem Frachtführer gegenüber geltend zu machen. Der Spediteur schließe den Beförderungsvertrag, wenn auch im eigenen Namen, so doch für fremde Rechnung (EvBl 1963/273; SZ 57/75 = TranspR 1985, 344 = HS 14.225).

Der Hauptfrachtführer hat sich dem Auftraggeber gegenüber zur Beförderung verpflichtet. Er schließt einen Unterfrachtvertrag ab, um diese Verpflichtung zu erfüllen. Der Hauptfrachtführer handelt dabei im eigenen Interesse, das sich jedoch mit dem des Auftraggebers deckt. Insoweit wird der Hauptfrachtführer auch im Interesse des Auftraggebers tätig. Auch ihm muß demnach das Recht zuerkannt werden, den seinem Auftraggeber erwachsenen Schaden geltend zu machen. Dieser Schaden ist ein Drittschaden, solange der Hauptfrachtführer seinem Auftraggeber den Schaden nicht ersetzt hat und daher, mangels eines eigenen Schadens, auch nicht Regreß nehmen kann (SZ 58/6; SZ 58/122; SZ 63/211; WBl 1996, 330; aM Rabe aaO TranspR 1993, 6; s aber BGH TranspR 1992, 135 = NJW 1992, 1698). Im Hinblick auf die Drittschadensliquidation hat der Hauptfrachtführer die gleiche Position wie der Spediteur (s Koller, Die Verdoppelung des Prozeßrisikos von CMR-Frachtführern, VersR 1982, 414 [416] FN 13 mwN). Es ist daher sachlich nicht zu rechtfertigen, dem Spediteur das Recht zur Drittschadensliquidation zuzuerkennen, es dem Hauptfrachtführer aber zu versagen.

Die schutzwürdigen Interessen des ersatzpflichtigen Frachtführers bleiben in beiden Fällen gleichermaßen unberührt. Der Frachtführer braucht seiner Ersatzpflicht immer nur einmal zu genügen. Zahlt er an einen Ersatzberechtigten, so ist er von seiner Ersatzpflicht auch gegenüber dem anderen frei (§ 893 ABGB; Piper aaO VersR 1988, 203; Thume aaO vor Art 17 Rz 16).

Die Beklagte ist daher berechtigt, den ihrem Auftraggeber erwachsenen Schaden geltend zu machen. Daß die Klägerin zum Ersatz verpflichtet ist, hat das Berufungsgericht zu Recht bejaht; seine Auffassung wird im Revisionsverfahren nicht in Zweifel gezogen. Abzuweisen war das Klagebegehren aber insoweit, als Umsatzsteuer aus den Zinsen begehrt wird, weil die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage die durch gerichtliche Entscheidung zuerkannten Verzugszinsen nicht umfaßt (WBl 1996, 369).

Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor.

Der Revision war, soweit sie sich gegen die Entscheidung über die Widerklage richtet, Folge zu geben; soweit sie sich gegen die Entscheidung über die Klage richtet, war sie als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 40, § 43 Abs 2, § 50 ZPO. Soweit die Revision unzulässig ist, hat jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen; die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung nicht darauf hingewiesen, daß die Revision insoweit jedenfalls unzulässig ist. Soweit sich die Revision gegen die Entscheidung über die Widerklage richtet, ist die Beklagte nur mit ihrem Begehren auf Umsatzsteuer aus den Zinsen und damit mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil ihres Anspruches unterlegen, dessen Geltendmachung überdies besondere Kosten nicht veranlaßt hat. Ihr war insoweit Kostenersatz in voller Höhe zuzuerkennen.

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