Spruch:
Durch den angefochtenen Beschluß wurde Mag.Christian J***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Im oben bezeichneten Verfahren leitete die Untersuchungsrichterin gegen Mag.Christian J***** am 4.März 1996 wegen der Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB, der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1 und Abs 2 StGB und der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1, 2 und 3 StGB sowie der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB und der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG unter Bedachtnahme auf § 292 a StGB die Voruntersuchung ein und verhängte gleichzeitig über ihn aus den Haftgründen der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr (§ 180 Abs 2 Z 1, 2 und 3 lit b StPO) die Untersuchungshaft. Zuvor waren gegen den Beschuldigten wegen des identen, nur weniger umfangreichen Sachverhaltskomplexes seit Februar 1994 gerichtliche Vorerhebungen geführt worden, von deren Inhalt einschließlich des jeweiligen Erhebungsstandes der Beschuldigte auch unterrichtet war.
In der Folge wurde - auch unter Bejahung der Voraussetzungen des § 194 Abs 3 StPO - die Fortsetzung der Untersuchungshaft, zuletzt bis längstens 11.November 1996, mit untersuchungsrichterlichem Beschluß vom 11.September 1996 (ON 434 b) aus dem derzeit noch aktuellen Haftgrund nach § 180 Abs 2 Z 1 und 3 lit b StPO, verfügt.
Der dagegen erhobenen Beschwerde des Beschuldigten gab das Oberlandesgericht Graz am 27.September 1996, AZ 11 Bs 354/96, unter Verlängerung der Haftfrist bis 27.November 1996, nicht Folge.
Beide Haftinstanzen gingen vom dringenden Verdacht aus, daß Mag.J*****
1. als - teils faktischer - Geschäftsführer der W***** Gastgewerbe Betriebs GmbH sowie der J***** Betriebsbeteiligungs GmbH die Zahlungsunfähigkeit dieser Unternehmen, unter anderem durch übermäßige Kreditbenutzung und sofortige private Entnahme des im Kreditwege aufgebrachten Stammkapitals, herbeiführte und nach deren Eintritt neue Schulden im Gesamtausmaß von rund 6,5 Mio S einging, ohne rechtzeitig die Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen (Tatzeitraum 1987 bis Ende 1992);
2. im Rahmen der von ihm seit dem Jahr 1988 im In- und Ausland gegründeten, weitgehend ihm gehörigen und von ihm geführten Firmen, welche allein der zwischenbetrieblichen Finanzierung dienten, ab 1989 bis zu seiner Verhaftung vorsätzlich zahlreiche inländische Gläubiger um rund 10 Mio S schädigte, insbesondere durch Verkauf von (im Eigentum von ihm und seiner Ehegattin stehenden) Anlagegütern und Liegenschaften zu einem weit überhöhten Preis an die J***** Betriebsbeteiligungs GmbH und Anerkennung dieser Verbindlichkeit als Geschäftsführer dieses Unternehmens, weiters im Zusammenhang mit der Abtretung und dem Ankauf teils uneinbringlicher, teils wertmäßig nicht entsprechender Forderungen in der Zeit von 31.Mai 1991 bis 6. März 1995, vor allem an die H***** S.A. (Schweiz), und durch Beiseiteschaffen der von der F***** AuG GmbH & Co KG an die (gleichfalls insolvent gewordene) H***** Betriebsberatungs GmbH Wien in der Zeit von Februar bis Oktober 1995 bezahlten Rechnungsbeträge,
3. im bewußten Zusammenwirken mit Erwin S***** unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Ausstellung von Scheinrechnungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer für 1994 in der voraussichtlichen Höhe von 16,6 Mio S bewirkte.
Angesichts dieser Verdachtslage blieb die Frage offen, ob der Tatverdacht gegen den Beschuldigten auch in Ansehung der übrigen Anschuldigungspunkte (gewerbsmäßig betrügerische Schädigung der A*****-Bank und des Jean V*****, des Wilhelm G*****, der Ilse B***** und der Marianne S*****-G***** in der Zeit von September 1993 bis November 1995 um insgesamt rund 13 Mio S, sowie Geldwäscherei im Zusammenhang mit dem Kapitaltransfer von insgesamt 47 Mio S in der Zeit von 1993 bis Ende 1995 an die H***** Betriebsberatungs GmbH und die H***** S.A. (Schweiz) und von rund 500.000 sfr am 6.November 1995 an die P***** Handels- und Verfahrens GmbH) als dringend zu werten ist.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die oben bezeichneten Haftentscheidungen ausgeführten Grundrechtsbeschwerde, mit welcher Mag.J***** - ohne den dringenden Tatverdacht in Frage zu stellen - vor allem das Vorliegen der Haftgründe bestreitet, kommt keine Berechtigung zu.
Jene bestimmten Tatsachen, auf Grund derer die konkrete Gefahr besteht, der Beschwerdeführer werde ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens und der bisher erlittenen Untersuchungshaft seine internationalen Kontakte (er besitzt auch die Schweizer Staatsbürgerschaft) zur Begehung weiterer strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen mit nicht bloß leichten Folgen nützen, erblickten Untersuchungsrichter und Oberlandesgericht vor allem in der auf eine Fortsetzung der Vermögensdelinquenz unter Einbindung ausländischer (Schein-)Firmen trotz der gegen den Beschuldigten wegen gleichgelagerter Vorwürfe eingeleiteten gerichtlichen Vorerhebungen (siehe oben) hinweisenden Verdachtslage. Dabei maß das Beschwerdegericht vor allem dem Umstand besondere Bedeutung bei (§ 180 Abs 3 StPO), daß Mag.J*****, welcher nach der Aktenlage weder im Inland noch im Ausland über eine Existenzgrundlage durch geregelte Beschäftigung oder sonstiges (redliches) Einkommen verfügt, auf den Ertrag aus neuen derartigen "Geschäften" erhöht wahrscheinlich angewiesen ist und seine aktenkundige wirtschaftliche Gebarung zudem den Verdacht einer Betätigung im Rahmen organisierter Kriminalität nahelegt.
Zu Unrecht wendet die Beschwerde dagegen ein, die angefochtenen Haftbeschlüsse hätten dem Beschuldigten im Widerspruch zu Art 6 Abs 2 MRK "in apodiktischer Weise die Begehung strafbarer Handlungen während des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens als feststehende Tatsache zugerechnet"; sowohl Untersuchungsrichter als auch Gerichtshof zweiter Instanz (letzterer im übrigen expressis verbis) gingen insoweit nämlich gesetzeskonform lediglich von einem auf Fortsetzung gravierender Wirtschaftskriminalität gerichteten Verdacht aus.
Jene untereinander wirtschaftlich verflochtenen in- und ausländischen Firmen, innerhalb derer die geschilderten strafbaren Handlungen begangen worden sein sollen, sind in den Haftbeschlüssen teils bezeichnet, im übrigen aber durch die entsprechenden Aktenzitate determiniert. Die namentliche Anführung aller - der Beschwerdeauffassung zuwider auch aktenkundiger (ON 39/III) - Unternehmen, deren Existenz der Beschuldigte noch dazu bisher nicht bestritten hat (ON 43/IV), erübrigte sich im gegebenen Rahmen daher.
Soweit der Beschwerdeführer nunmehr die Behauptung aufstellt, diese von den Haftinstanzen gelegentlich als "Firmenkonglomerat" bezeichneten Unternehmen hätte es gar nicht gegeben, es würden ihm "Firmen zugeschoben bzw Einflußmöglichkeiten auf Firmen zugesonnen, die er tatsächlich nicht hat", ohne für diese These sprechende Verfahrensergebnisse zu bezeichnen oder sonstige Gründe zu deren Untermauerung anzuführen, bleibt die Beschwerde entgegen der Vorschrift des § 3 Abs 1 GRBG unbegründet und ist solcherart insoweit unbeachtlich (14 Os 194/95).
Die auf eine jahrelang unter Ausnützung des dem Beschwerdeführer als ehemaligen Rechtsanwaltsanwärter zur Verfügung stehenden juristischen Fachwissens konsequent betriebene Gläubigerschädigung beträchtlichen Ausmaßes zum Zwecke eigener Bereicherung im Rahmen fortlaufend neu gegründeter, jedenfalls teilweise nur dem Namen nach existierender Firmen (vgl ON 68/V) gerichtete dringende Verdachtslage und das daraus ableitbare hohe kriminelle Potential des Beschuldigten läßt in Übereinstimmung mit der Beurteilung durch die beiden Haftinstanzen weder eine relevante Änderung der die Tatbegehungsgefahr indizierenden Verhältnisse (§ 180 Abs 3 StPO) - und zwar ohne Rücksicht auf die längst eingetretene Insolvenz mehrerer Unternehmen - annehmen, noch die bisherige Haftdauer im Verhältnis zu der aus dem Tatvorwurf resultierenden Straferwartung als unangemessen erscheinen.
Daran vermag der Einwand nichts zu ändern, daß dem Beschuldigten nunmehr keine organisatorischen Einrichtungen für die Ausübung einer Geschäftsführertätigkeit zur Verfügung stünden. Denn die Aktenlage weist weitgehend auf geschäftliche Aktivitäten im Rahmen bloßer Scheinfirmen hin.
Im Hinblick auf das Vorliegen des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr erübrigt es sich, bei Prüfung der Frage einer Grundrechtsverletzung auch noch auf das weitere, gegen die Bejahung der Fluchtgefahr gerichtete Beschwerdevorbringen einzugehen (ÖJZ-LSK 1993/51).
Der weitere Einwand, die Untersuchungsrichterin habe in die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers "massivst eingegriffen", machte eine sachliche Erwiderung entbehrlich, weil sich die in diesem Zusammenhang angeführten Maßnahmen teils (in Ansehung der Behauptung, der Verteidiger sei "wie ein Komplize behandelt", dessen Rechtsanwaltsanwärterin öffentlich eines disziplinären Verhalten beschuldigt und dem Beschwerdeführer Akteneinsicht verwehrt worden, der Verteidiger habe Aktenabschriften bezahlen müssen) nicht auf eine grundrechtsrelevante strafgerichtliche Verfügung beziehen, welche die Verhängung oder Aufrechterhaltung der Haft betreffen muß (Mayerhofer/Steininger GRBG § 1 Rz 24 f, 28 f) und im übrigen entweder der Instanzenzug nicht ausgeschöpft oder aber (in bezug auf den in der Beschwerde zitierten - bereits seit April 1996 rechtskräftigen - untersuchungsrichterlichen Beschluß vom 29.März 1996) die Frist des § 4 Abs 1 GRBG versäumt wurde.
Mangels Erschöpfung des Instanzenzugs gleichfalls unbeachtlich ist das gegen den mittlerweile ergangenen Haftfortsetzungsbeschluß vom 4. November 1996 gerichtete Beschwerdevorbringen, welches der Beschuldigte zum Inhalt seiner Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur (§ 35 Abs 2 StPO) gemacht hat.
Die Beschwerde war mithin abzuweisen.
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