OGH 14Os194/95

OGH14Os194/953.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Jänner 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Riedl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Heinz W***** wegen des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 18 Vr 2.830/94 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 9.November 1995, AZ 11 Bs 399/95 (= ON 506), nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Heinz W***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Heinz W***** wird seit dem 6.Dezember 1994 in Untersuchungshaft angehalten.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht Graz einer Haftbeschwerde des Beschuldigten nicht Folge gegeben und die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht-, Tatbegehungs- und Ausführungsgefahr gemäß § 180 Abs 2 Z 1 und 3 lit a, b, c und d StPO mit Wirksamkeit bis zum 9.Jänner 1996 angeordnet.

Es nahm an, daß der Beschuldigte folgender strafbarer Handlungen dringend verdächtig sei:

1. des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB (gewerbsmäßiges Zuführen von insgesamt ca 200 Frauen aus Österreich und Osteuropa zur Prostitution in Fremdenverkehrsgebieten und Städten Norditaliens seit dem Jahre 1988 unter derenmassiver Ausbeutung);

2. des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 SGG (gewerbs- und bandenmäßiges Einführen und Inverkehrsetzen einer großen Menge Suchtgift, nämlich von 180 Gramm Kokain-Reinsubstanz);

3. des Vergehens nach § 15 StGB; § 14 a SGG (versuchter Erwerb von 1 Kilogramm Kokain zum Zwecke des Inverkehrsetzens);

4. des Vergehens der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB (Zuführen der Ingeborg K***** zur Prostitution im Bordell "Imperial");

5. des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (bzgl deutscher Kraftfahrzeugkennzeichen, eines Führerscheines und anderer Urkunden);

6. des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (Nötigung des Rupert S***** mittels Morddrohung zur Entlassung der Ingeborg K*****);

7. des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (Tritte und Schläge gegen Dusan G*****, der dadurch schwere Kiefer- und Zahnverletzungen sowie mehrfache Hämatome erlitt);

8. des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB (Erwirkung der pachtweisen Überlassung des Bordells "Imperial" zu für ihn äußerst günstigen Konditionen durch Gewalt und qualifizierte Drohungen gegenüber Franz G*****);

9. des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 1 WaffG (unbefugter Besitz von zwei Faustfeuerwaffen).

Rechtliche Beurteilung

Eine Grundrechtsverletzung erblickt der Beschwerdeführer darin, daß

1. die bisherige Dauer der Untersuchungshaft zu der zu erwartenden Strafe außer Verhältnis stünde, zumal die Rückfallsvoraussetzungen zu Unrecht als gegeben angenommen worden seien;

2. in Ansehung der Vorwürfe wegen Menschenhandels (Faktum 1), nach dem Suchtgiftgesetz (Fakten 2 und 3) und wegen schwerer Erpressung (Faktum 8) der Tatverdacht nicht dringend sei.

Der Annahme des Gerichtshofes II.Instanz, daß Heinz W***** der ihm zur Last gelegten Verbrechen nach § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB und nach § 12 Abs 1 und Abs 2 SGG sowie des Vergehens nach § 15 StGB, § 14 a SGG dringend verdächtig ist, hat der Beschwerdeführer nur die dies verneinende Behauptung entgegengesetzt, ohne jedoch auf Verfahrensergebnisse hinzuweisen, die dieser gerichtlichen Annahme entgegenstünden. Seine diesbezüglichen Einwendungen sind daher entgegen der Vorschrift des § 3 Abs 1 GRBG unbegründet geblieben und als solche unbeachtlich. Die Überprüfung der Akten hat im übrigen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Beurteilung des Tatverdachtes durch das Oberlandesgericht Graz unzutreffend wäre.

Damit erübrigt es sich aber, auf die den Wegfall jeden Tatverdachtes wegen des Verbrechens der schweren Erpressung behauptende Beschwerdeargumentation einzugehen, denn im Hinblick auf das Vorleben des Beschwerdeführers und die Schwere der übrigen Vorwürfe kann von einer unverhältnismäßigen Dauer der Untersuchungshaft (bis zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung 11 Monate) keine Rede sein, und demgemäß auch die Frage der Rückfallsvoraussetzungen nach § 39 StGB dahingestellt bleiben.

Da eine Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit somit nicht festgestellt werden konnte, war die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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