OGH 2Ob2288/96a

OGH2Ob2288/96a31.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helga S*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Rudolf Beck, Rechtsanwalt in Mödling, wegen S 110.000 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 29.Mai 1996, GZ 13 R 90/96t-18, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9.Jänner 1996, GZ 14 Cg 74/95w-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Am 2.1.1995 kam die Klägerin am Weg von den Umkleidekabinen zur Eisfläche auf dem von der beklagten Partei betriebenen Eislaufplatz zu Sturz und wurde dabei verletzt.

Sie begehrt von der beklagten Partei die Zahlung des Klagsbetrages aus dem Titel des Schadenersatzes mit der Begründung, die beklagte Partei habe ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt, da sie den Weg nicht von Eis freigehalten habe. Das Begehen des Weges mit Schonern an den Schlittschuhkufen sei nicht untersagt gewesen.

Die beklagte Partei wendete ein, sie habe ihre Verkehrssicherungspflichten nicht vernachlässigt; das Aufbringen von Streusalz oder Streugut sei unzumutbar. Die Klägerin habe selbst nicht die gebotene Sorgfalt aufgewendet und sich selbst gefährdet, weil sie trotz der Rutschgefahr Schoner an den Kufen trug. Eine vertragliche Haftung werde durch die Betriebsordnung ausgeschlossen. Da die Klägerin über überdurchschnittliche Erfahrungen und Kenntnisse als Eisläuferin verfüge, wisse sie, daß das Begehen des Weges mit Schonern an den Kufen die Sicherheit beeinträchtige.

Das Erstgericht erkannte, daß das Klagebegehren dem Grunde nach zur Hälfte zu Recht bestehe, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Die Klägerin ist eine geübte Eisläuferin, sie besitzt eine Saisonkarte für den von der beklagten Partei in M***** betriebenen Eislaufplatz. Die Eisfläche des Eislaufplatzes ist von der Umkleidekabine her über einen Weg zu erreichen, der in seinem gesamten Bereich mit Gummimatten ausgelegt ist, in der Kabine selbst sind die Gummimatten vollflächig verlegt. Die Gummimatten sind etwa 1 cm dick und haben eine glatte Oberfläche. Die Umkleidekabine verfügt nur über einen Eingang, durch den man auch mit den Straßenschuhen eintritt.

Der Unfall ereignete sich um etwa 10,15 Uhr; es war an diesem Tag überwiegend sonnig, die Lufttemperatur lag um 10,00 Uhr etwa bei + 2 GradC. In Bodennähe herrschten besonders im Schatten in der Nähe der Eisfläche vermutlich noch negative Temperaturen. Es gab weder am Unfallstag noch am Vortag Niederschläge.

Die Klägerin ist eine geübte Eisläuferin, sie war schon sehr oft auf dem von der beklagten Partei betriebenen Eislaufplatz, sie verwendete Kunst- bzw Tanzeisen. Nachdem sie in der Umkleidekabine ihre Schlittschuhe angelegt hatte, versah sie die Kufen mit Schonern, um sie zu schützen. Es ist zwar möglich, den Weg zwischen Kabine und Eisfläche über die Gummimatten zu begehen, ohne dabei auf Beton gehen zu müssen, doch werden die Gummimatten auch mit Sand beschmutzt, weil sie auch von Leuten mit Straßenschuhen betreten werden. Das Begehen des Weges mit Schonern ist von der beklagten Partei nicht untersagt und unter Eisläufern üblich.

Die Klägerin verließ die Kabine mit angebrachten Schonern und ging zusammen mit ihrem Bekannten Josef S***** über den mit Gummimatten ausgelegten Weg zur Eisfläche. Als sie schon beim Eingang zur Eisfläche angelangt war, entschloß sie sich, in die Kabine zurückzukehren, weil sie ihre Sonnenbrille vergessen hatte. Als sie nunmehr wieder von der Kabine zur Eisfläche ging, rutschte sie auf einem Eisfilm, der sich auf einer von der Klägerin begangenen Gummimatte befand, aus, stürzte und zog sich dabei Verletzungen am rechten Arm zu.

Der Eisfilm war etwa kreisförmig mit einem Durchmesser von 1 m; das Eis war spiegelglatt, die Oberfläche trocken. Josef S*****, der mit der Klägerin zuerst zum Eingang der Eisfläche gegangen war, hatte den Eisfilm schon gesehen, als er noch mit Straßenschuhen kam; der Klägerin war der Eisfilm vor ihrem Sturz aber nicht aufgefallen. Franz G*****, der knapp vor der Klägerin über diesen Eisfilm gegangen war (mit angelegten Schlittschuhen, aber ohne Schoner) ist ebenfalls ausgerutscht, konnte sich aber, ohne zu stürzen, wieder erfangen. Dies wurde von der Klägerin nicht beobachtet.

Bei der beklagten Partei waren zwei Angestellte mit der Betreuung der Eisfläche befaßt, ihnen oblag die Aufsicht am Eislaufplatz, die Eiserneuerung und die Reinigung der Wege. Diese beiden Eismeister hatten jeweils abwechselnd Dienst. Die Reinigung der Wege von Eis und Schnee erfolgt regelmäßig derart, daß der Schnee weggeschaufelt bzw weggekehrt wird, das Eis wird zuerst aufgeklopft und dann weggekehrt. Auch wenn vom Eismeister ein Eisfilm auf den Gummimatten weggeschlagen wurde, kam es vor, daß Eis auf dem Weg verblieb. Insbesonders wenn der Eisfilm sehr dünn ist, konnte er wegen des weichen Untergrundes (Gummimatte) nicht leicht weggeschlagen werden. Der Weg ist auch nicht völlig eben; dort wo er eingesunken ist, kam es vor, daß Eislachen gefroren waren.

Auch schon vor dem Unfallstag sind auf dem mit Gummimatten ausgelegten Weg Eisfilme aufgetreten, insbesonders auf dem Weg zum WC, wo der Boden uneben ist. Einem der Eismeister war bekannt, daß Eisfilme auf dem Weg auftreten, ihm war auch bekannt, daß der Weg von Eisläufern mit angelegten Kufenschonern begangen wird. Mit angelegten Schonern besteht für den Eisläufer eine geringere Stabilität und höhere Rutsch- bzw Sturzgefahr.

Der Weg von der Umkleidekabine zum Eingang der Eisfläche ist nicht mit einem Geländer gesichert.

Die öffentlich angeschlagene "Betriebsordnung für die Kunsteisbahn" enthält unter anderem folgende Punkte:

Punkt 2: "Alle Besucher der Kunsteisbahn betreten und benützen diese und deren Nebenanlagen auf eigene Gefahr."

Punkt 3: "Die S***** haftet in keiner Weise für Verletzungen, Unfälle und sonstige Schädigungen, die sich ein Besucher der Kunsteisbahn durch eigene Unachtsamkeit, durch Nichtbefolgung der Betriebsordnung und der sonstigen Vorschriften, sowie durch Verschulden anderer Personen inner- oder außerhalb des Kunsteisbahnareals samt allen Nebenanlagen zuzieht".

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung stellte das Erstgericht noch weiters fest, daß die Eisfläche (auf der die Klägerin zu Sturz kam), schon längere Zeit dort bestanden hat, also nicht etwa erst unmittelbar vor dem Sturz der Klägerin aufgetreten ist.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Meinung, daß die beklagte Partei aufgrund des mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrages für die Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten hafte; sie habe daher auch für ein Versehen ihrer Gehilfen nach § 1313a ABGB einzustehen. Zu den Verkehrssicherungspflichten der Beklagten gehöre es auch, den Weg zwischen Umkleidekabine und Eisfläche in einem Zustand zu erhalten, der ein gefahrloses Begehen gewährleistet, wobei auch zu berücksichtigen sei, daß dieser Weg über kein Geländer verfüge. Eine auf diesem Weg befindliche Eisfläche von etwa 1 m Durchmesser stelle eine ungewöhnliche und nicht voraussehbare Gefahrenquelle dar. Zur Beseitigung dieser Gefahr sei die beklagte Partei im Rahmen der Zumutbarkeit verpflichtet. Es sei der Beklagten eine Kennzeichnung dieser Eisfläche oder ihre Absperrung möglich und auch zumutbar gewesen. Der von der beklagten Partei eingewendete Haftungsausschluß sei unwirksam.

Es habe aber auch die Klägerin an dem Unfall ein Mitverschulden zu verantworten, weil der Eisfilm für jedermann erkennbar gewesen sei. Die Klägerin wäre, da sie Schoner trug, was zu einer Verminderung der Standfestigkeit führte, zu besonderer Aufmerksamkeit verpflichtet gewesen.

Das von beiden Teilen angerufene Berufungsgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahingehend ab, daß es das Klagebegehren abwies; die ordentliche Revision wurde nicht für zulässig erklärt.

Das Berufungsgericht führte aus, daß ein auf dem Weg zwischen Garderobe und Eisfläche auftretender Eisfilm von ca 1 m Durchmesser auf einem Eislaufplatz eine gewöhnliche mit dem Betrieb des Eislaufplatzes verbundene Gefahr darstelle. Es sei unvermeidbar, daß auf Eislaufplätzen, auf denen ständig Personen zwischen der Eislauffläche und der Garderobe hin- und hergehen, sich Eisfilme bilden. Personen, welche von der Eislauffläche mit ihren Eislaufschuhen kommen, hätten der Natur der Sache gemäß nasse Eislaufschuhe bzw befinde sich auf den Kufen oft noch Schnee, welcher auf dem Weg zur Garderobe abtropfe, wodurch sich Eisfilme bilden könnten. Man müsse daher von den Benutzern auch beim Gehen von der und zur Eisfläche erhöhte Aufmerksamkeit erwarten. Wenngleich den Betreiber des Eislaufplatzes Verkehrssicherungspflichten treffen, dürften diese nicht überspannt werden. Es würde die Verkehrssicherungspflicht der beklagten Partei überspannen, würde man von ihr verlangen, daß jede sich bildende Vereisung (Eisfilm) auf dem Weg abgesperrt oder gekennzeichnet werden müßte.

Die beklagte Partei habe die sie treffenden Verkehrssicherungspflichten erfüllt, indem sie regelmäßig den Weg durch zwei Angestellte kontrollieren und Eisbildungen und Schneeablagerungen entfernen ließ. Es sei nicht möglich, den Weg zwischen Garderobe und Eislaufplatz ständig völlig eisfrei zu halten. Die Bildung von Eisfilmen auf einem solchen Weg sei auch von der Wetterlage unabhängig, da auch durch die Kufen der Eislaufschuhe ständig Schnee, Eis und Wasser auf den Weg gelange und im Winter bei Temperaturen um null Grad im Bodenbereich Eisbildungen auftreten müßten. Da somit ein Eisfilm auf dem Weg zur Eislaufbahn eine gewöhnliche mit dem Eislaufbetrieb verbundene Gefahr darstelle, müsse jeder Besucher des Eislaufplatzes mit einer solchen Gefahr rechnen und sich daher mit erhöhter Aufmerksamkeit auf dem Eislaufplatz bewegen. Auch an die vertragliche Verkehrssicherungspflicht dürften keine übermäßigen Anforderungen gestellt werden. Der Haftungsausschluß für gewöhnliche, mit dem Eislaufbetrieb verbundene Gefahren in der Betriebsordnung der beklagten Partei, welche Vertragsinhalt zur Klägerin wurde, sei daher rechtswirksam geworden.

Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß ausgesprochen werde, daß das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, das Rechtsmittel der klagenden Partei zurückzuweisen, in eventu ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht den Unmittelbarkeitsgrundsatz verletzt hat, indem es - wie im folgenden noch darzulegen sein wird - von den Feststellungen der ersten Instanz ohne Beweiswiederholung abgegangen ist (siehe Kodek in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 502); sie ist im Sinne ihres Eventualantrages auf Aufhebung auch berechtigt.

Die Klägerin rügt in ihrem Rechtsmittel, daß das Berufungsgericht unter Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes ohne Beweiswiederholung von den Feststellungen des Erstgerichtes abgegangen sei. Das Erstgericht habe nämlich festgestellt, es sei davon auszugehen, daß die zum Unfall führende Eisfläche schon längere Zeit bestanden habe. Demgegenüber habe das Berufungsgericht ausgeführt, daß die Eisfilmbildung durch ständiges Hin- und Hergehen von Personen zwischen der Eislauffläche und der Garderobe entstanden sei, da Personen, welche von der Eislauffläche mit ihren Eislaufschuhen kommen, der Natur der Sache gemäß nasse Eislaufschuhe hätten bzw sich auf den Kufen oft noch Schnee befinde, welcher auf dem Weg zur Garderobe abtropfe, wodurch sich des öfteren Eisfilme bilden könnten. Das Berufungsgericht hätte vielmehr von der erstgerichtlichen Feststellung, daß der bezeichnete Eisfilm bereits mehrere Tage von der beklagten Partei pflichtwidrig unbeseitigt als atypische Gefahrenquelle vorhanden war, auszugehen gehabt.

Es sei auch nicht richtig, daß es der beklagten Partei nicht zumutbar gewesen wäre, den Zugang zur Eisfläche gefahrlos zu gestalten. Wie das Erstgericht aufgezeigt habe, wäre es der beklagten Partei zumutbar gewesen, das Eis wegzuschlagen oder die Eisfläche als Gefahrenquelle zu kennzeichnen bzw sie abzusperren oder den Weg zwischen Kabine und Eisfläche mit einem Geländer zu versehen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes stelle eine auf dem Weg liegende Eisfläche von etwa 1 m Durchmesser eine außergewöhnliche und nicht vorhersehbare Gefahrenquelle dar, zu deren Beseitigung die beklagte Partei verpflichtet sei. Es sei auch unrichtig, daß der Haftungsausschluß wirksam geworden sei. Die Klausel "Benützung auf eigene Gefahr" bedeute nur, daß für die mit dem Eislaufbetrieb gewöhnlich verbundenen Gefahren nicht gehaftet werde, sie beinhalte aber keinen Haftungsausschluß für Schäden, die auf die nicht ordnungsgemäße Errichtung oder Erhaltung der Anlage zurückzuführen seien.

Diese Ausführungen sind grundsätzlich zutreffend:

Auszugehen ist davon, daß das Erstgericht (wenngleich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung) die Feststellung getroffen hat, daß die Eisfläche, auf der die Klägerin zu Sturz kam, schon längere Zeit bestand, also nicht etwa erst unmittelbar vor dem Sturz der Klägerin aufgetreten ist. Das Erstgericht begründete diese Feststellung mit dem Hinweis darauf, daß es weder am Unfallstag noch am Vortag Niederschläge im Bereich des Unfallsortes gegeben habe. Diese Feststellung wurde von der beklagten Partei (wenngleich ebenfalls unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bekämpft, indem ausgeführt wurde, daß ungeachtet der Niederschlagssituation vor dem Schadensereignis sich regelmäßig Eisfilme dadurch bildeten, daß Eisläufer mit nassen Kufen die Unfallstelle passierten, um in die Kabine bzw auf die Eisfläche zu gelangen. Das von den Schuhen abtropfende Wasser friere bei Minustemperaturen in Bodennähe. Dies geschehe regelmäßig an nicht genau denselben Stellen, weshalb in weiterer Folge eine Kennzeichnung bzw Absperrung nicht möglich sei.

Dieser Argumentation hat sich auch das Berufungsgericht angeschlossen und hat (ohne eine Beweiswiederholung durchzuführen) ausgeführt, die Bildung von Eisfilmen auf einem solchen Weg sei von der Wetterlage unabhängig, da auch durch die Kufen der Eislaufschuhe ständig Schnee, Eis und Wasser auf den Weg gelange und bei Temperaturen um null Grad im Bodenbereich Eisbildungen auftreten müßten; es sei daher nicht möglich, den Weg zwischen Garderobe und Eisfläche ständig eisfrei zu halten. Während also das Erstgericht davon ausgegangen ist, daß die Eisfläche, auf der die Klägerin zu Sturz kam, auf Witterungseinflüsse (Niederschläge) zurückzuführen ist und schon längere Zeit bestand, ist das Berufungsgericht offenbar davon ausgegangen, daß die Eisfläche auf abtropfendes Wasser zurückzuführen und erst kurz vor dem Unfall entstanden ist. Das Berufungsgericht hat aber seiner Entscheidung die im Urteil der ersten Instanz festgestellten Ergebnisse der Verhandlung und Beweisführung zugrundezulegen, soweit diese nicht durch die Berufungsverhandlung selbst eine Berichtigung erfahren haben (§ 498 Abs 1 ZPO). Will das Berufungsgericht von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes in Wahrnehmung einer entsprechenden Beweisrüge abgehen, muß es alle zur Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen erforderlichen Beweise, die das Erstgericht unmittelbar aufgenommen hat, selbst wiederholen oder das Protokoll über die Beweisaufnahme in erster Instanz unter den Voraussetzungen des § 281 a ZPO verlesen. Eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes liegt auch vor, wenn das Berufungsgericht seine rechtliche Beurteilung unter Abweichung von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes ohne Durchführung einer Beweiswiederholung trifft (SZ 57/142 mwN).

Die Frage, wann die Eisfläche, auf der die Klägerin zu Sturz kam, entstand, ist aber für die Entscheidung relevant. Aufgrund des zwischen der Klägerin und der beklagten Partei abgeschlossenen Benützungsvertrages traf die beklagte Partei die vertragliche Verkehrssicherungspflicht, für die Sicherheit der Klägerin zu sorgen (JBl 1992, 785). Dies hat zur Folge, daß die beklagte Partei schon wegen einer nur leicht fahrlässig verschuldeten Verletzung der ihr obliegenden Sicherungspflicht zu haften hat (ZVR 1988/142; ZVR 1994/29 = SZ 66/40). Voraussetzung einer derartigen Haftung ist allerdings immer, daß die Möglichkeit der Verletzung von Rechtsgütern Dritter unter objektiver sachkundiger Betrachtung zu erkennen ist, und daß der Gefahr durch zumutbare Maßnahmen vorgebeugt werden kann. Der Beweis, die nötige Sorgfalt nicht vernachlässigt zu haben, obliegt der beklagten Partei (ZVR 1994/38 = ZfRV 1994, 249 = JBl 1994,338 mwN). Geht man nun von den Feststellungen des Erstgerichtes aus, wonach die Eisfläche schon längere Zeit vor dem Sturz der Klägerin bestanden hat, dann stellt es, wie das Erstgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, keine Überspannung der Verkehrssicherungspflicht dar, wenn man von der beklagten Partei verlangt, auf geeignete Weise dafür zu sorgen, daß durch diese Eisfläche niemand zum Sturz kommt, sei es etwa dadurch, daß diese Eisfläche weggeschlagen wird, sei es dadurch, daß sie gekennzeichnet wird oder sei es letztlich dadurch, daß geeignete Geländer angebracht werden, die es dem Benutzer des Weges ermöglichen, sich abzustützen. Geht man aber von der Annahme des Berufungsgerichtes aus, die Eisfläche sei erst kurz vor dem Unfall der Klägerin entstanden und könne unabhängig von der Wetterlage jederzeit wieder entstehen, wäre es tatsächlich für die beklagte Partei unzumutbar, für eine entsprechende Sicherung zu sorgen.

Was nun den von der beklagten Partei eingewendeten Haftungsausschluß betrifft, so wäre eine solche Vereinbarung - ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes - auch nicht rechtswirksam. Es ist zwar richtig, daß der Ausschluß der Haftung für leichte Fahrlässigkeit grundsätzlich zulässig ist (Krejci in Rummel2, Rz 116 zu § 879); die dem Grunde nach zulässigen Haftungsausschlüsse gelten aber nicht für sämtliche Schäden, die verursacht werden; Freizeichnungsklauseln erfassen vielmehr nur voraussehbare und kalkulierbare Schadensrisken; sie sind ungültig, soweit die Vertragspartner nicht mit der Möglichkeit einer Schadensverursachung rechnen konnten (Krejci, aaO, Rz 118). Da nur die typischen Sportgefahren den Sportlern von vornherein bekannt sind, wollen sie auch nur Erklärungen abgeben, die sich auf diese Gefahren beziehen; Freizeichnungsklauseln hinsichtlich von Fehlern oder Unterlassungen bei Sicherheitsvorkehrungen bewirken auch bei bloß leichter Fahrlässigkeit keine Haftungsfreiheit des Veranstalters oder Betreibers (ZVR 1994/29 = SZ 66/40). Geht man daher - wie das Erstgericht - davon aus, daß die Eisfläche, auf der die Klägerin stürzte, bereits seit längerer Zeit bestand, dann wäre es der beklagten Partei durchaus zumutbar gewesen, dafür zu sorgen, daß die Benützer des Eislaufplatzes nicht auf der Eisfläche zu Sturz kommen, ein allfälliger Haftungsausschluß wäre wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten ungültig. Gegen die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldensteilung bestehen bei dieser Annahme keine Bedenken. Geht man allerdings von der Ansicht des Berufungsgerichtes aus, daß die Bildung derartiger Eisflächen praktisch unvermeidbar ist und sich die Eisfläche auch erst kurz vor dem Sturz der Klägerin bildete, dann wäre der beklagten Partei eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nicht anzulasten, so daß der Schadenersatzanspruch der Klägerin nicht berechtigt wäre.

Wegen Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes war somit die Entscheidung des Berufungsgerichtes aufzuheben und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Stichworte