OGH 6Ob2289/96b

OGH6Ob2289/96b10.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Mj Oliver N*****, geboren am 6.Juni 1981, und David N*****, geboren am 8. November 1982, in Obsorge der Mutter Roswitha N*****, vertreten durch den Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Amt für Jugend und Familie, als Unterhaltssachwalter, infolge Revisionsrekurses des Vaters, Karl W*****, vertreten durch Dr.Günther Klepp und Mag.Dr.Peter Nöbauer, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 27.Juni 1996, GZ 13 R 271/96-282, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 14.Mai 1996, GZ 5 P 2244/95d-274, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Obsorge über die beiden außer der Ehe geborenen Kinder Oliver und David steht der Mutter, Roswitha N*****, zu. Die Kinder standen vor dem KindRÄG 1989 unter Amtsvormundschaft, die ab 1.7.1989 in eine Sachwalterschaft nach § 212 Abs 2 ABGB umgewandelt wurde.

Aufgrund eines Vergleiches vom 27.4.1993 war der außereheliche Vater, Karl W*****, zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag von 1.500,-- S je Kind verpflichtet. Aufgrund dieses Exekutionstitels wurden beiden Kindern mit Beschlüssen des Erstgerichtes vom 11.7.1994 Unterhaltsvorschüsse bis 31.5.1997 bewilligt.

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 24.10.1995 wurde die Unterhaltspflicht des Vaters ab 1.6.1994 auf monatlich 3.000,-- S je Kind erhöht. Dementsprechend wurden mit Beschlüssen des Erstgerichtes vom 14.5.1996 auch die Unterhaltsvorschüsse im bewilligten Zeitraum auf monatlich 3.000,-- S je Kind erhöht.

Vom 16.10.1995 bis 3.5.1996 wohnten die Kinder mit Zustimmung der Mutter beim Vater und wurden in dessen Haushalt betreut. Seit 3.5.1996 befinden sie sich wieder in der Betreuung der Mutter.

Mit Antrag vom 12.11.1995, präzisiert mit Schreiben vom 30.4.1996, beantragte der Vater, die Mutter zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 3.000,-- S je Kind ab 1.10.1995 zu verpflichten, weil die Kinder von ihm betreut und verpflegt werden. Die Mutter sprach sich gegen eine Unterhaltsfestsetzung aus.

Das Erstgericht verpflichtete die Mutter für den Zeitraum vom 1.11.1995 bis 31.5.1996 (über die Zeiträume vom 1. bis 31.10.1995 und ab 1.6.1996 wurde nicht abgesprochen) zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 3.000,-- S je Kind. Für die Zeit der tatsächlichen Betreuung durch den Vater sei die Mutter geldunterhaltspflichtig, der festgesetzte Betrag entspreche ihren Einkommensverhältnissen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Unterhaltsfestsetzungsantrag des Vaters hinsichtlich des Zeitraumes vom 1.11.1995 bis 31.5.1996 zurückgewiesen wurde. Der Unterhaltsanspruch stehe nicht dem betreuenden Elternteil, sondern dem Kind selbst zu, nur dieses sei daher, unabhängig davon, welchem Elternteil die Obsorge für das Kind zukomme, zur Antragstellung berechtigt. Mangels eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte sei davon auszugehen, daß ein von einem Elternteil des Kindes eingebrachtes Unterhaltsbegehren im Namen und in Vertretung des Kindes geschehe. Der außereheliche Vater der Kinder sei nicht ihr gesetzlicher Vertreter, weil die Obsorge der Mutter zukomme und diese daher vorbehaltlich des § 9 Abs 2 UVG allein zu deren Vertretung berechtigt sei. Richte sich der Antrag des Kindes gegen den als Vertreter berufenen Elternteil, müsse im Sinne des § 271 ABGB für das Kind ein besonderer Kurator bestellt werden. Der Oberste Gerichtshof habe bereits ausgesprochen, daß der Antrag eines Elternteiles auf Unterhaltsfestsetzung das Begehren auf Bestellung eines besonderen Kurators einschließe, wobei der Kurator auch von Amts wegen bestellt werden müsse. Eine solche Kuratorbestellung sei jedoch nur dann notwendig, wenn die Mutter im Unterhaltsverfahren weiterhin gesetzliche Vertreterin des Kindes sei. Im vorliegenden Fall werde beiden Kindern Unterhaltsvorschuß gewährt, sodaß der Jugendwohlfahrtsträger nach § 9 Abs 2 UVG ex lege Sachwalter der Kinder zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen werde und der sonstige gesetzliche Vertreter in diesem Umfang ausgeschlossen sei. Dieser verliere während der Dauer der gesetzlichen Sachwalterschaft des Jugendwohlfahrtsträgers die Verwaltungs- und Vertretungsbefugnis zur Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung in Ansehung aller dem Kind zustehenden Unterhaltsansprüche. Damit solle ab der Gewährung von Vorschüssen eine Doppelgleisigkeit vermieden und diese gesetzliche Vertretung in einer Hand vereinigt werden. Die Sachwalterschaft betreffe auch die Durchsetzung weiterer Unterhaltsansprüche des Kindes. Der Grund dieser zwingenden Sachwalterschaft liege im Erfordernis der Eintreibung des Unterhaltes, auf den Vorschüsse gewährt werden und der Weiterleitung an den Bund, sodaß die Sachwalterschaft auch die Regreßinteressen des den Unterhalt bevorschussenden Bundes wahren solle. Im Hinblick auf die Einhebungsinteressen des Bundes dauere die Sachwalterschaft nach § 9 Abs 2 UVG auch bis zur Eintreibung des bevorschußten Unterhaltes. Nach § 26 UVG habe der Unterhaltspflichtige sämtliche Unterhaltszahlungen an den Jugendwohlfahrtsträger zu leisten, auch ein von der obsorgeberechtigten Mutter zu zahlender Unterhaltsbeitrag sei daher an den Jugendwohlfahrtsträger zu zahlen, zumal diesem die Weiterleitung der Unterhaltszahlungen an den betreuenden Elternteil als Zahlstelle obliege. Auch Unterhaltszahlungen der Mutter wären daher an den Jugendwohlfahrtsträger zu richten, der zur Auszahlung an den Vater verpflichtet wäre. Bestünden Unterhaltsrückstände des Vaters aus jener Zeit, in der sich die Kinder bei der Mutter befunden hätten und an diese Unterhaltsvorschüsse ausgezahlt worden seien, so habe der Jugendwohlfahrtsträger zu überprüfen, inwieweit eine Kompensation der Forderungen aus Unterhaltsrückständen des Vaters mit an diesen auszuzahlenden Unterhaltsbeiträgen der Mutter für die Vergangenheit möglich sei. Auch in diesem Umfang habe der Jugendwohlfahrtsträger öffentliche Interessen an der Eintreibung der Unterhaltsrückstände zu berücksichtigen. Das Alleinvertretungsrecht des Jugendwohlfahrtsträgers in Unterhaltssachen umfasse daher nicht nur den Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltspflichtigen, dessen Unterhaltsleistungen bevorschußt werden, sondern jegliche Unterhaltsansprüche der Kinder, somit auch jene aus dem Zeitraum, in dem sie beim sonst zu Geldunterhaltszahlungen verpflichteten Elternteil im Haushalt betreut worden seien. Der vom Vater für die Kinder gestellte Antrag auf Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung der Mutter sei daher unzulässig und zurückzuweisen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil es sich zwar an der zahlreich veröffentlichten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Alleinvertretungsrecht des § 9 Abs 2 UVG orientiert habe, zu der Frage, ob dieses auch in Fällen gelte, in denen der nach dem UVG Unterhaltspflichtige bei offenen Unterhaltsvorschüssen anschließend die Kinder selbst betreue und einen Unterhaltsanspruch der Kinder gegen den obsorgeberechtigten Elternteil geltend mache, fehle aber eine oberstgerichtliche Rechtsprechung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist nicht berechtigt.

Die Ausführungen des Rekursgerichtes sind zutreffend. § 9 Abs 2 UVG normiert die ausschließliche, alle Unterhaltsansprüche der Kinder umfassende Sachwalterschaft des Jugendwohlfahrtsträgers, die bis zur Eintreibung des bevorschußten Unterhaltes währt. Da nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers in der Frage der Vertretung des Kindes in den Angelegenheiten der Durchsetzung aller Unterhaltsansprüche - § 9 Abs 2 UVG enthält keinerlei Einschränkung - ab der Gewährung von Vorschüssen eine Doppelgleisigkeit vermieden und die gesetzliche Vertretung in einer Hand vereinigt werden soll und insbesondere der Jugendwohlfahrtsträger auch das öffentliche Regreßinteresse des den Unterhalt bevorschussenden Bundes zu wahren hat, fällt ab dem Zeitpunkt der Gewährung von Unterhaltsvorschüssen die Geltendmachung aller Ansprüche gegen jede nach dem Gesetz zum Geldunterhalt verpflichtete Person in die ausschließliche Kompetenz des Jugendwohlfahrtsträgers. § 21 UVG verpflichtet den gesetzlichen Vertreter des Kindes, den Unterhaltsschuldner und denjenigen, der das Kind pflegt und erzieht, dem Gericht unverzüglich den Eintritt jedes Grundes für die Herabsetzung oder Einstellung der Vorschüsse mitzuteilen. Dies ist im vorliegenden Fall auch durch den Unterhaltssachwalter geschehen und hat zunächst zur Innehaltung und in der Folge auch zur Einstellung der Unterhaltsvorschüsse für jenen Zeitraum geführt, in welchem die Kinder vom Vater betreut wurden. Daß damit die Mutter schon endgültig von ihrer Geldunterhaltspflicht befreit wäre, wie der Rechtsmittelwerber meint, trifft nicht zu, denn der Unterhaltssachwalter hat entsprechend der ihm auferlegten Verpflichtung dafür zu sorgen, daß Unterhaltsansprüche der von ihm vertretenen Minderjährigen auch tatsächlich durchgesetzt werden und auch eine allfällige Kompensation mit Unterhaltsrückständen vorzunehmen.

Mangels Antragslegitimation des außerehelichen Vaters hat das Rekursgericht daher zu Recht dessen Antrag zurückgewiesen.

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