OGH 8ObA2235/96a

OGH8ObA2235/96a29.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag und Dr. Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Jeitschko und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alexander D*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei B***** OHG, ***** vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen 75.095,94 S sA (Revisionsinteresse 72.904,54 S sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. Mai 1996, GZ 7 Ra 79/96h-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. Dezember 1995, GZ 36 Cga 126/94s-32, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.871,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 811,84 S Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Begründung der berufungsgerichtlichen Entscheidung, der Kläger sei als Filialleiter wegen zweifelhafter und nicht ausreichend dokumentierter Geldentnahmen und der Warenausfolgung ohne Lieferschein berechtigt wegen Vertrauensunwürdigkeit (§ 27 Z 1 dritter Tatbestand AngG) entlassen worden, ist zutreffend (§ 48 ASGG).

Den Revisionsausführungen ist entgegenzuhalten:

Die gerügte Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO); das Berufungsgericht hat seiner abweichenden rechtlichen Beurteilung (Gesamtwertung eines "kombinatorischen" Entlassungstatbestandes) im wesentlichen die erstgerichtlichen, für unbedenklich gehaltenen Feststellungen zugrundegelegt.

Die beiden vom Berufungsgericht aufgezählten Fakten - unzureichend dokumentierte Geldentnahme, Warenausfolgung ohne Lieferschein - rechtfertigen schon für sich die Annahme des Arbeitgebers, seine Interessen würden vom Angestellten nicht ausreichend gewahrt. Dabei ist auf den bei leitenden Angestellten - im weiteren, über § 36 Abs 2 Z 3 ArbVG hinausgehenden, Sinn - wegen ihrer besonderen Vertrauensstellung (vgl zu Außendienstmitarbeitern RdW 1996, 130; WBl 1993, 22 ua) ein strengerer Maßstab anzuwenden (Kuderna, Entlassungsrecht2 86 bei FN 5; 8 ObA 209/96); überdies kann auch die Summierung geringfügiger Verstöße den Tatbestand erfüllen (9 ObA 187/89 = ARD 4141/22/89). Dies gilt für Fehlbeträge in der Kasse (Kuderna aaO 89, FN 4) ebenso wie für unwahre Angaben.

Gerade wegen des festgestellten schlechten Verhältnisses des Klägers zu seinen Mitarbeitern (S 6 des Urteils erster Instanz) wäre eine über die Mitteilung, er habe Geld bzw Waren entnommen, hinausgehende deutliche Dokumentation erforderlich, um auch nur den Anschein einer Unredlichkeit zu vermeiden. Wollte der Kläger tatsächlich nur einem Kunden zwei Pullover reservieren, so hätte er diese nicht aus dem Geschäft nehmen dürfen ohne die Ausfolgung vor Bezahlung in einer ausreichenden Weise zu dokumentieren. Das Hinlegen von zwei Etiketten zur Kasse ist als Dokumentation bzw als Ersatz eines Lieferscheins nicht geeignet, den berechtigten Verdacht des Arbeitgebers zu zerstreuen. Der Ersatz der fehlenden Preisschilder von zwei Pullovern durch andere bei der Inventur am Entlassungstag läßt vielmehr auf eine Deckungshandlung des Klägers zur Vertuschung schließen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Stichworte