OGH 7Ob2043/96h

OGH7Ob2043/96h30.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bertram G*****, vertreten durch Dr.Wilhelm Winkler und andere Rechtanwälte in Bregenz, wider die beklagte Partei V***** VaG, ***** vertreten durch Dr.Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Erbringung von Leistungen aus einem Rechtsschutzversicherungsvertrag (Streitwert S 60.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 2.Jänner 1996, GZ 3 R 375/95-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 30.September 1995, GZ 2 C 659/95x-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß sie insgesamt zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen Dr.Jörg K*****, Rechtsanwalt in B*****, wegen mangelhafter Aufklärung und verspäteter Geltendmachung von Aufteilungsansprüchen gemäß den §§ 81 ff EheG gegen Inge G***** im Ausmaß von ca. S 400.000,-- die vertraglichen Leistungen aus dem zwischen den Streitteilen bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrag gemäß ARB 1965 zu gewähren, insbesondere alle mit der zweckentsprechenden Geltendmachung dieser Schadenersatzansprüche gegen Dr.Jörg K***** zusammenhängenden tarifmäßigen Kosten des eigenen Rechtsanwaltes, soweit diese Kosten nicht von der Gegenseite ersetzt werden und einen allfälligen Prozeßkostenersatz dem Prozeßgegner im Verfahren 6 Cg ***** LG F***** zu ersetzen.

Hingegen wird das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger die tarifmäßigen Kosten bzw. Prozeßkosten des Gegners in einem allenfalls anzustrengenden Aktivprozeß bis zur Versicherungshöchstsumme zu ersetzen, abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 17.528,08 (darin S 2.436,-- USt und S 2.910,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die mit S 9.358,88 (darin S 676,48 USt und S 5.300,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 11.491,04 (darin S 811,84 USt und S 6.620,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen den Streitteilen besteht im Rahmen einer Bündelversicherung seit 1985 eine Rechtsschutzversicherung. Der zu gewährende Versicherungsschutz umfaßt die Risken des Kraftfahrzeugrechtsschutzes, des Kraftfahrzeuglenkerrechtsschutzes, des Privatrechtsschutzes, des Berufsrechtsschutzes und des Rechtsschutzes für Kraftfahrzeugreparaturen und Kraftfahrzeugkauf. Dieser Rechtsschutzversicherung liegen die ARB 1965/82 und die ERB 1965/82 zugrunde. Gemäß Art.1 Abs.1 lit.a der ARB 1965/82 hat die Versicherung dem Versicherungsnehmer bei der Geltendmachung und Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegen Dritte wegen eines erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhaltes sowie des Amtshaftungsgesetzes Versicherungsschutz zu gewähren.

Der Kläger wurde in dem von seiner geschiedenen Gattin angestrengten Aufteilungsverfahren F ***** des Bezirksgerichtes B***** von Dr.Jörg K***** anwaltlich vertreten. Für den Kläger sind zumindest ab Juni 1994 Schadenersatzansprüche gegen Dr.K***** wegen angeblicher Fehler in diesem Verfahren zur Diskussion gestanden. Er vereinbarte mit seinem nunmehrigen Vertreter im Oktober 1994, diese Ansprüche gegenüber einer allfälligen Honorarklage aufrechnungsweise einzuwenden. Dementsprechend hat er in der Klagebeantwortung gegen die von Dr.K***** erhobene Honorarklage zu ***** des Landesgerichtes F***** ohne Rücksprache mit der beklagten Partei eine Kompensandoforderung von S 400.000,-- dem Honoraranspruch gegenüber eingewendet. Dr.K***** habe es verabsäumt, für den Kläger einen eigenen Aufteilungsantrag einzubringen, der zu einer Ausgleichszahlung von ca. S 400.000,-- an den Kläger geführt hätte. Der nunmehrige Klagevertreter hat unter Anschluß eines Auszuges der Klagebeantwortung die beklagte Partei am 7.2.1995 um ihr Einverständnis ersucht, mit der Kompensandogeltendmachung der Schadenersatzansprüche des Klägers beauftragt zu werden. Obwohl dieses Einverständnis von der beklagten Partei nicht erteilt wurde, hat Dr.H***** den Kläger weiterhin im Verfahren ***** des Landesgerichtes F***** vertreten. Es konnte nicht festgestellt werden, ob diese Vorgangsweise des Klagevertreters auf die Feststellung des Versicherungsfalles bzw. auf die Feststellung oder den Umfang der der beklagten Partei obliegenden Leistung einen Einfluß gehabt hat.

Der Kläger begehrt von der beklagten Versicherung Rechtsschutzdeckung für seine Vertretung im Verfahren ***** des Landesgerichtes F***** sowie in einem allenfalls anzustrengenden Aktivprozeß zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen Dr.Jörg K*****, Rechtsanwalt in B*****, wegen mangelhafter Aufklärung und verspäteter Geltendmachung von Aufteilungsansprüchen gemäß den §§ 81 ff EheG gegen Inge G***** im Ausmaß von ca. S 400.000,--. Er brachte vor, Dr.Jörg K***** habe im Aufteilungsverfahren gegen Ingrid G***** zu ***** des Bezirksgerichtes B***** als früherer Vertreter des Klägers die von Ingrid G***** bezeichnete Aufteilungsmasse in ihrem Umfang akzeptiert und es verabsäumt, innerhalb der Jahresfrist des § 95 EheG einen eigenen Aufteilungsantrag für den Kläger einzubringen. Dadurch sei dem Kläger ein Schaden von S 400.000,-- entstanden, welchen er gegenüber der Honorarforderung Dris.K***** im Rechtsstreit ***** des Landesgerichtes F***** aufrechnungsweise eingewendet habe. Der Kläger habe sich keine Obliegenheitsverletzung zuschulden kommen lassen. Eine solche hätte auch keine Folgen für die Feststellung des Versicherungsfalles bzw. auf die Feststellung oder den Umfang der der beklagten Partei obliegenden Einfluß gehabt.

Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung. Sie behauptete unter anderem, der Kläger wäre aufgrund des bestehenden Versicherungsvertrages nur für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen ex delictu und nicht auch für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus Verträgen rechtsschutzversichert. Darüber hinaus sei der Anspruch auf Gewährung von Versicherungsschutz verjährt, und es wäre auch ein allfälliger Versicherungsschutz gemäß Art.4 lit.g und h der ARB 1965/82 zufolge Obliegenheitsverletzung des Klägers durch die selbständige Geltendmachung seines Schadenersatzanspruches gegenüber Dr.K***** durch einen nicht von der beklagten Partei beauftragten Rechtsanwalt in Wegfall geraten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da der Kläger nur im Bereich für die Durchsetzung von Ansprüchen aus Verträgen über die Reparatur von Fahrzeugen einen Vertragsrechtsschutz und für die Durchsetzung aller anderen Ansprüche nur einen allgemeinen Schadenersatzrechtsschutz nach Art.1 Abs.1 lit.a der ARB 1965/82 habe, bestehe nur für die Durchsetzung solcher Schadenersatzansprüche, die auf Deliktsrecht beruhten oder bei Durchsetzung von über das Vertragsinteresse hinausgehenden Ansprüchen aus einer Vertragshaftung eine Rechtsschutzdeckungspflicht der beklagten Versicherung. Der Kläger wolle aber mit der Durchsetzung seines Schadenersatzanspruches gegen Rechtsanwalt Dr.K***** so gestellt werden, wie wenn dieser als sein Vertreter im Aufteilungsverfahren ***** des Bezirksgerichtes B***** rechtzeitig einen eigenen Aufteilungsantrag, der zu einer Ausgleichszahlung von ca. S 400.000,-- an den Kläger geführt hätte, gestellt hätte. Damit begehre der Kläger einen Versicherungsschutz zur Durchsetzung eines Schadens, der über das Vertragsinteresse nicht hinausgehe und für den daher aufgrund der im Rahmen des allgemeinen Schadenersatzrechtsschutzes eine Deckung nicht bestehe.

Das Berufungsgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil. Es bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstandes als mit S 50.000,-- übersteigend und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es teilte die Rechtssauffassung des Erstgerichtes.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision der klagenden Partei ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen decken wegen der schweren Überschaubarkeit und Kalkulierbarkeit sowie der Größe des Rechtskostenrisikos im gesamten Bereich des privaten wie auch öffentlichen Rechtes nur Teilgebiete ab (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung5, 457 ff insbes 464, sowie Kronsteiner in VR 1994, 172 ff [176 f]).

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung 7 Ob 47/86 (= VR

1987, 165 = RdW 1987, 407) den Begriff des Schadenersatzanspruches im

Sinne des Art.1 Abs.1 lit.a ARB 1965 weit interpretiert und die Deckungspflicht des Versicherers gegenüber einem Versicherungsnehmer, der seinen Vertragspartner wegen Verletzung des Handelsvertretergesetzes klagen wollte, im Rahmen einer Berufsrechtsschutzversicherung bejaht und hat dies damit begründet, daß die Berufsrechtsschutzversicherung einen wesentlichen Teil ihres Sinnes verlieren würde, wenn gerade Haftpflichtansprüche gegen Vertragspartner des Versicherungsnehmers nicht zu decken wären. Diese Entscheidung ist von Fenyves in der Festschrift für Ostheim, 559 ff kritisiert worden. Zu 7 Ob 3/93 (= VR 1993, 277) hat sich der erkennende Senat, allerdings aufgrund eines mit dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbaren Sachverhaltes, der Kritik Fenyves' angeschlossen. Fenyves führt in der genannten Abhandlung aus, daß die Rechtsschutzversicherung ihren Ausgangspunkt historisch bei den Kraftfahrzeugunfällen hatte und dem Versicherungsnehmer als "contre assurance" die Waffengleichheit gegenüber dem übermächtigten Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer gewährleisten sollte. Der "allgemeine Rechtsschutz" stelle aus dieser Sicht nur eine Fortsetzung des Kraftfahrzeugrechtsschutzes in weitere Risikobereiche dar, die aber unbestrittenermaßen am Vorliegen eines Unfalls des Versicherungsnehmers angesetzt hätten. Dementsprechend sei davon auszugehen, daß Schadenersatzansprüche des Versicherungsnehmers, die er im Rahmen der allgemeinen Rechtsschutzversicherung geltend machen will, aus Unfällen entstanden sind. Die Formulierung der Schadenersatzrechtsschutzversicherung gleiche daher im wesentlichen spiegelbildlich der Risikoumschreibung des Deckungsumfanges der AKHB. Dementsprechend sei zusätzlich die Vertragsrechtsschutzversicherung eingeführt worden, die die Verfolgung oder die Abwehr von Ansprüchen aus Verträgen über Kauf, Tausch, Finanzierung, über Miete, Leihe und Verwahrung von Fahrzeugen decke. Darüber hinaus decke die Allgemeine Vertragsrechtsschutzversicherung auch die Verfolgung oder Abwehr von Ansprüchen aus sonstigen schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers, bewegliche Sachen betreffend. Bei der Vertragsrechtsschutzversicherung könne es neben anderen Ansprüchen aus den dort genannten Verträgen auch um Schadenersatzansprüche gehen, die aber dort nur insoweit gedeckt seien, als sie zur Erreichung des unmittelbaren Leistungsinteresses dienten. Dementsprechend werde im Rahmen der Vertragsrechtsschutzversicherung im Bereich des Schadenersatzrechtes Deckung "über den Versicherungsschutz des Art.1 Abs.1 lit.a ARB 1965 hinaus" gewährt. Aus dieser Wendung sei der Rückschluß zulässig, daß im Bereich des "normalen" Schadenersatzrechtsschutzes Ansprüche aus deliktischem Unrecht, vertragliche Schadenersatzansprüche aber nur insoweit gedeckt sind, als sie jenseits des unmittelbaren Vertragsinteresses liegen (Fenyves aaO, 563 ff, insbesondere 566). Den nachvollziehbaren Ausführungen Fenyves' ist allerdings entgegenzuhalten, daß das von ihm herausgearbeitete Unterscheidungskriterium, das die Allgemeine Schadenersatzrechtsschutz- von der Vertragsrechtsschutzversicherung abgrenzt, den hier zur Beurteilung liegenden ARB 1965/82 nicht zu entnehmen ist, sondern nur aus einem Vergleich mit den der Vertragsrechtsschutzversicherung zugrundeliegenden Bedingungen, die dem Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluß aber offensichtlich nicht zur Verfügung standen. Die von Fenyves dargelegte historische Entwicklung der Rechtsschutzversicherung mußte dem Kläger als durchschnittlich erfahrenem Versicherungsnehmer auch nicht geläufig sein. Der aufgezeigte Mangel wurde allerdings durch die mit der VersVG-Novelle 1994 geschaffenen Rechtslage beseitigt, weil nun jedem Versicherungsnehmer durch den Gesetzeswortlaut eine Unterscheidung zwischen Allgemeiner Schadenersatzrechtsschutz- und Vertragsrechtsschutzversicherung möglich ist.

Eine endgültige Stellungnahme zur Lehrmeinung Fenyves' und den von ihm gebrauchten Argumenten kann aber im vorliegenden Fall unterbleiben, weil der geltend gemachte Anspruch als ein über das Erfüllungsinteresse hinausgehender zu beurteilen ist. Der Kläger macht einen Anspruch, den er bei ordnungsgemäßer Vertretung im Aufteilungsverfahren nach seiner Behauptung gehabt hätte, den er aber durch ein Versäumnis seines damaligen Vertreters verloren hat, weil der behauptete Anspruch zufolge nicht fristgerechter Antragstellung erloschen ist (§ 95 EheG), in der Form geltend, daß er diesen Anspruch einem gegen ihn gerichteten Honorarbegehren dieses Vertreters entgegensetzt. Dies entspricht der Fallkonstellation, daß dem Versicherungsnehmer ein nicht mehr wieder gutzumachender Schaden durch die unzureichende Bearbeitung des von ihm beauftragten Rechtsanwaltes zufolge zwischenzeitig eingetretener Verjährung einsteht. Ein hiedurch entstandener Schaden geht nach der deutschen Lehre über das Erfüllungsinteresse hinaus, weil er auch durch ordnungsgemäße Bearbeitung eines anderen Rechtsanwalts nicht mehr abgewendet werden kann, und ist daher im Rahmen der Allgemeinen Schadenersatzrechtsschutzversicherung deckungsfähig (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung5 § 14 Rz 26). Der erkennende Senat schließt sich dieser Meinung an. Die beklagte Partei ist daher für den geltend gemachten Anspruch grundsätzlich deckungspflichtig.

Die von der beklagten Partei geltend gemachten Obliegenheitsverletzungen des Klägers, nämlich die Beauftragung eines vom Versicherer nicht genehmigten Rechtsanwaltes zur Erstattung der Klagebeantwortung im Honorarverfahren des früheren Vertreters gegen ihn, liegen nicht vor. Nach Art.4 lit.g der ARB 1965/82 entfällt der Versicherungsschutz, wenn sich der Versicherte zur Verfolgung seiner Ansprüche, bei seiner Verteidigung im gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Strafverfahren nicht eines vom Versicherer beauftragten Rechtsanwaltes bedient. Nach Art.4 lit.h der ARB 1965/82 entfällt der Versicherungsschutz, wenn der Versicherer vor der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen nicht zur außergerichtlichen Geltendmachung und Durchsetzung eingeschaltet oder seine Stellungnahme zur Aussicht auf Erfolg nicht eingeholt wurde. Im vorliegenden Fall wurde zunächst eine vom Gesichtspunkt des belangten Versicherungsunternehmens aus nicht unter die Deckungspflicht der Schadenersatzrechtsschutzversicherung fallende, d.h. nicht rechtsschutzgedeckte Honorarforderung gegen den klagenden Versicherungsnehmer geltend gemacht; er war daher gezwungen, sich zu seiner Vertretung eines frei gewählten Anwaltes zu bedienen, um die Klagebeantwortung fristgerecht erstatten zu können. Die Deckungspflicht der beklagten Versicherung ergab sich erst im Zusammenhang mit der Erhebung der Aufrechnungseinwendung gegen die geltend gemachte Klagsforderung. Wegen des Verteidigungscharakters dieser Einwendung (Rechberger, ZPO, Rz 11 zu § 411) wäre es nicht gerechtfertigt, dem Versicherungsnehmer die Verletzung der Vorschriften des Art.4 lit.g und h der ARB 1965/82 als Obliegenheitsverletzung anzulasten, weil er in dem zunächst nicht unter die Rechtsschutzversicherung fallenden Verfahren jedenfalls zur Bestellung eines Rechtsanwaltes gezwungen war. Ebensowenig wäre es gerechtfertigt, vom Versicherungsnehmer unter den gegebenen Voraussetzungen zu verlangen, sich eines anderen Anwaltes zu bedienen, bzw. die Gegenforderung solange nicht geltend zu machen, bis der beklagten Versicherungsgesellschaft eine Gelegenheit zu einer Vergleichsabwicklung geboten würde. Der vorliegende Sachverhalt wäre allerdings anders zu beurteilen, hätte der Kläger seinen durch die angebliche Schlechtvertretung verursachten Schaden ohne vorhergehende Verständigung der Rechtsschutzversicherung und unter Mißachtung des Art.4 lit.g der ARB 1965/82 eingeklagt. Hier läge ein Vorgehen des Versicherungsnehmers vor, das abstrakt beurteilt von der Versicherung noch sinnvoll beeinflußt hätte werden können. Für das über den vorliegenden Honorarprozeß hinausgehende Begehren des Klägers auf Kostenersatz aus der Rechtsschutzversicherung für einen von ihm allenfalls anzustrengenden Aktivprozeß ist daher (derzeit) kein Deckungsanspruch gegeben und war daher das Mehrbegehren in diesem Umfang abzuweisen. Ob die vom klagenden Versicherungsnehmer im Honorarprozeß gegen seinen früheren Vertreter erhobene Kompensandoforderung aussichtslos ist, kann derzeit noch nicht beurteilt werden. Eine abschließende Beurteilung der behaupteten Aussichtslosigkeit hat im Deckungsprozeß aber nicht stattzufinden (vgl. 7 Ob 13/95).

Auch der Verjährungseinwand des beklagten Versicherers ist nicht berechtigt. Gewiß ist nach Art 5 der ARB 1965/82 Versicherungsfall das Ereignis, das den Schadeneratzanspruch des Versicherten ursächlich begründet. Das kann aber nicht ohne Zusammenhang mit der Bestimmung des § 1489 ABGB gesehen werden. Gemäß § 1489 ABGB beginnt die Verjährungsfrist eines Schadenersatzanspruches ab Kenntnis des Schadens und der Person des Schädigers. Der Kläger hat zum Nachweis seiner erst durch die Vorsprache beim Präsidenten des Landesgerichtes F***** erlangten Kenntnis von der von ihm behaupteten Schlechtvertretung Dris.K***** sich auf das Schreiben dieses Präsidenten vom 23.7.1993 (= S.3 f der Beilage 6) sowie auf ein Schreiben des Klagevertreters an die beklagte Partei vom 17.3.1994 berufen. Die beklagte Partei hat die Echtheit und Richtigkeit dieser Beilage zugestanden (vgl. AS 61 in ON 10). Damit kann von der unbestrittenen Tatsache ausgegangen werden, daß der Kläger erst Ende Juli 1993 vom behaupteten Vertretungsfehler Dris.K***** erfahren hat. Den von der beklagten Versicherung vermißten Feststellungen über die Kenntnis des Schadenseintrittes kommt aus diesem Grund keine Relevanz zu. Die zweijährige Verjährungsfrist des damals in Geltung stehenden § 12 Abs.(1) VersVG (alt) wurde erst mit Ende 1993 daher in Lauf gesetzt, die am 10.5.1995 eingebrachte Klage erweist sich daher als rechtzeitig.

Die Entscheidung über die Prozeßkosten erster Instanz gründet sich auf die §§ 43 Abs.1 ZPO, jene über die Berufungs- und Revisionskosten auf § 43 Abs.1 und § 50 ZPO. Das Unterliegen des Klägers mit seinem Feststellungsmehrbegehren war nicht kostenmindernd, weil seine Geltendmachung keinen besonderen über den Deckungsprozeß hinausgehenden Verfahrensaufwand erfordert hat.

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