OGH 8ObA2006/96z

OGH8ObA2006/96z11.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinz Paul und Walter Darmstädter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Annemarie M*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Braunegg, Hofmann & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Anfechtung einer Kündigung, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23.November 1995, GZ 8 Ra 138/95-15, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15.Mai 1995, GZ 4 Cga 4/95a-9, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Zurückweisungsbeschluß wird behoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies das auf Unwirksamerklärung der Kündigung gerichtete Klagebegehren ab; sein Urteil wurde dem damaligen Klagevertreter Dr.Peter Schnöller, Rechtsschutzsekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten für Niederösterreich (siehe Klage ON 17; im erstgerichtlichen Urteil fälschlich "Wien") am 16.8.1995 im Wege eines "Postfaches im Haus" zugestellt.

Das Berufungsgericht wies die am 14.9.1995 überreichte Berufung der Klägerin als verspätet zurück.

Gegen den berufungsgerichtlichen Beschluß richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, ihn aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen und diesem eine Sachentscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen; hilfsweise wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt und vorgebracht:

Die Zustellung an den damaligen Klagevertreter Dr.Peter Schnöller sei fehlerhaft mittels eines nur für die Gewerkschaft der Privatangestellten für Wien vorgesehenen Postfaches erfolgt. Die Übernahme der erstgerichtlichen Entscheidungsausfertigung durch die Gewerkschaft der Privatangestellten für Niederösterreich sei erst am 17.8.1995 erfolgt, weshalb die Berufung rechtzeitig erhoben worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Über Ersuchen des Obersten Gerichtshofes hat das Erstgericht gemäß § 471 Z 2 ZPO iVm § 513 ZPO erhoben, daß die Zustellung fehlerhaft, nämlich im Wege einer in der Einlaufstelle des Erstgerichtes nur für die GPA Wien, nicht aber für die GPA Niederösterreich vorgesehenen Postfaches erfolgt ist, indem ein Mitarbeiter der GPA Wien irrig die an Dr.Peter Schnöller von der GPA Niederösterreich gerichtete, im Postfach liegende Postsendung übernahm. Es gilt daher die mangelhafte Zustellung des Urteils erster Instanz an Dr.Peter Schnöller erst in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem ihm das Schriftstück tatsächlich zugekommen ist (§ 7 ZustG). Zufolge der unwiderlegt gebliebenen Behauptung im Rechtsmittel ist davon auszugehen, daß dies erst am 17.8.1995 der Fall war und die Berufung daher im Zweifel als rechtzeitig überreicht anzusehen ist (SZ 46/86 = EvBl 1974/30).

Der vom Berufungsgericht angenommene Zurückweisungsgrund gemäß § 471 Z 2 ZPO liegt somit nicht vor, weshalb dem Rekurs Folge zu geben und wie aus dem Spruche ersichtlich zu entscheiden war.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

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