OGH 3Ob2142/96p

OGH3Ob2142/96p26.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst, Dr. Graf, Dr. Pimmer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Stefanie K*****, ***** ***** vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Ing. Johann K*****, ***** ***** vertreten durch Dr. Edmund Roehlich, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 12.000 sA und S 6.000 monatlichem laufenden Unterhalt, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 26. März 1996, GZ 46 R 139/96y-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 15. November 1995, GZ 10 E 4279/95g-5, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

1. Die mit Beschluß des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 9.8.1995, GZ 10 E 4279/95g-1, bewilligte Exekution durch Pfändung und Überweisung von Pensionsbezügen wird

a) bezüglich des Unterhaltsrückstands von S 12.000 zur Gänze und

b) bezüglich der ab 1.8.1995 fällig werdenden Unerhaltsbeträge im Umfang von S 4.090 im Monat

bis zu rechtskräftigen Erledigung des beim Bezirksgericht Floridsdorf unter 2 C 193/95k anhängigen Rechtsstreites aufgeschoben, wenn der Verpflichtete binnen vierzehn Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses eine Sicherheit von S 10.000 leistet.

Die bereits vollzogenen Exekutionsakte bleiben ungeachtet der Aufschiebung der Exekution einstweilen bestehen. Der Drittschuldner hat daher die gepfändeten Beträge weiterhin einzubehalten, jedoch nicht an die betreibende Partei auszufolgen.

2. Das Mehrbegehren, die Exekution bei den ab 1.8.1995 fällig werdenden Unterhaltsbeträgen bezüglich eines weiteren Betrages von S 1.910,-- im Monat aufzuschieben, wird abgewiesen.

3. Die Kosten der betreibenden Partei für den Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß werden mit S 4.058,88 (darin S 676,48 Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Die betreibende Partei ist schuldig, dem Verpflichteten die mit S 8.370,-- (darin S 1.395,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der betreibenden Partei wurde vom Erstgericht auf Grund eines am 25.2.1993 geschlossenen Vergleiches zur Hereinbringung des Unterhaltsrückstands für die Zeit vom 1.6. bis 31.7.1995 in der Höhe von S 12.000 sA und der ab 1.8.1995 fällig werdenden monatlichen Unterhaltsbeträge von S 6.000 die Exekution durch Pfändung und Überweisung der dem Verpflichteten gegen die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten zustehenden Bezüge bewilligt.

Der Verpflichtete erhob in einer am 3.10.1995 beim Erstgericht eingelangten Klage gegen den betriebenen Anspruch Einwendungen mit dem Begehren auszusprechen, daß der Anspruch gehemmt sei. Der betreibenden Partei sei nach Abschluß des Vergleiches rückwirkend ab 1.1.1990 eine Alterspension in der Höhe von zumindest S 5.800 netto im Monat zuerkannt worden. Sein Gesundheitszustand habe sich seit dem Vergleichsabschluß wesentlich verschlechtert, weshalb er nunmehr höhere krankheitsbedingte Aufwendungen als zur Zeit des Vergleichsabschlusses habe. Infolge des eigenen Einkommens der betreibenden Partei und der erhöhten krankheitsbedingten Aufwendungen habe diese keinen Unterhaltsanspruch mehr. Überdies lebe sie spätestens seit April 1995 in Lebensgemeinschaft mit einem anderen Mann, weshalb der betriebene Anspruch auch gehemmt sei. Die Beklagte habe seit 1.1.1990 zu Unrecht Unterhalt von ihm erhalten. Die Forderung auf Rückzahlung dieses Unterhalts werde mit S 357.200 (= 195.200 S für die Zeit vom 1.1.1990 bis Februar 1993 und S 162.000 für die Zeit vom 1.3.1993 bis Mai 1995) aufrechnungsweise eingewendet.

Mit der angeführten Klage verband der Verpflichtete den Antrag auf Aufschiebung der Exekution und brachte hiezu unter Angabe von Bescheinigungsmitteln vor, daß die Fortsetzung der Exekution für ihn mit der Gefahr eines unersetzlichen Vermögensnachteils verbunden wäre, weil er einen Rückforderungsanspruch gegen die betreibende Partei nicht durchsetzen könnte.

Das Erstgericht schob die Exekution bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ohne Erlag einer Sicherheitsleistung auf. Der Verpflichtete habe die gemäß § 44 Abs 1 EO für die Aufschiebung der Exekution erforderliche Gefährdung konkret behauptet und bescheinigt. Er habe nämlich vorgebracht, daß ein Rückforderungsanspruch gegen die betreibende Partei nicht durchgesetzt werden könnte, weil sie nur eine Alterspension in unpfändbarer Höhe beziehe und vermögenslos sei. Daraus ergebe sich auch, daß ihr Unterhalt durch ihre Pension gesichert sei. Vom Auftrag zum Erlag einer Sicherheitsleistung könne Abstand genommen werden, weil die gepfändeten Beträge vom Drittschuldner weiterhin einbehalten werden müßten und die Befriedigung der betreibenden Partei daher nicht gefährdet sei.

Das Rekursgericht wies infolge Rekurses der betreibenden Partei den Aufschiebungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Aus der Erklärung des Drittschuldners ergebe sich, daß der betriebene Unterhaltsrückstand zwischenzeitig bereits abgeführt sein müsse, weshalb nur noch die Aufschiebung der Exekution zur Hereinbringung des laufenden Unterhalts in Betracht käme. Hiefür seien aber besonders strenge Kriterien zu beachten, weil die betreibende Partei in der Regel auf den Unterhaltsanspruch angewiesen sei. Unter diesem Gesichtspunkt ergebe sich keineswegs mit der erforderlichen Sicherheit, daß die Parteien nicht schon bei Abschluß des Vergleiches davon ausgegangen seien, daß der betreibenden Partei ein eigener Pensionsanspruch zustehe und daß der Unterhaltsanspruch gegen den Verpflichteten den Pensionsanspruch nur ergänzen habe sollen. Die Höhe eines allfälligen Sonderbedarfs des Verpflichteten und das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft der betreibenden Partei könne erst nach Durchführung eines Beweisverfahren geklärt werden. Das Ergebnis dieses Beweisverfahrens könne nicht schon im Aufschiebungsbeschluß vorweggenommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Verpflichteten gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes zulässig, weil dessen Entscheidung von der im folgenden bezeichneten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht. Das Rekursgericht hat überdies überflüssigerweise ausgesprochen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt, weil eine Geldforderung betrieben wird und daher die Voraussetzungen, die in dem gemäß § 78 EO und § 526 Abs 3 ZPO für den Ausspruch maßgebenden § 500 Abs 2 Z 1 ZPO festgesetzt werden, nicht erfüllt sind.

Der Revisionsrekurs ist auch teilweise berechtigt.

Nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann die Aufschiebung der Exekution, von dem im § 44 Abs 3 EO besonders geregelten Fall des § 42 Abs 1 Z 2 a EO abgesehen, nur dann abgelehnt werden, wenn die Verfahrenshandlung, auf die der Aufschiebungsantrag gestützt wird, mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos ist (Miet 42.547; SZ 63/49; RdW 1989, 160 ua). Dabei liegt es in der Natur der Sache, daß dann, wenn auf Grund dieser Verfahrenshandlung Beweise aufzunehmen sind, der Beweiswürdigung der hiezu berufenen Instanzen nicht vorgegriffen werden darf. Die Notwendigkeit der Beweisaufnahme und Beweiswürdigung hindert aber entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Meinung die Aufschiebung der Exekution nicht. Auch wenn ein Erfolg der Verfahrenshandlung zwar wenig wahrscheinlich, sie aber noch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit als aussichtslos anzusehen ist, ist die Exekution bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen aufzuschieben und es ist den geringen Erfolgsaussichten durch Auferlegung einer entsprechend hohen Sicherheit Rechnung zu tragen (ecolex 1995, 560). Da hier kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß das Klagebegehren mit hoher Wahrscheinlichkeit abgewiesen werden wird, liegt dieser Abweisungsgrund nicht vor.

Zum betriebenen Unterhaltsrückstand ergibt sich aus der vom Rekursgericht bezogenen Drittschuldnererklärung nur, daß der Verpflichtete eine monatliche Pension von S 25.974,70 netto zuzüglich der Sonderzahlungen in den Monaten Mai und Oktober erhält. Wenngleich unter diesen Umständen wahrscheinlich sein mag, daß die auf den Unterhaltsrückstand entfallenden gepfändeten Beträge vom Drittschuldner bereits an die betreibende Partei bezahlt wurden, ergibt sich dies aus der Drittschuldnererklärung nicht zwingend, zumal die Möglichkeit in Betracht gezogen werden muß, daß der Drittschuldner entgegen seiner im § 301 Abs 1 Z 3 und 4 EO festgelegten Pflicht die Angabe unterlassen hat, daß andere Personen Ansprüche auf die gepfändete Forderung erheben oder daß daran zugunsten anderer Gläubiger bereits ein Pfandrecht besteht. Bei den Ausführungen des Rekursgerichtes zum Unterhaltsrückstand handelt es sich somit bloß um eine - durch den Akteninhalt nicht eindeutig gedeckte - Vermutung des Rekursgerichts, die nicht als Tatsachenfeststellung gewertet werden kann. Der Oberste Gerichtshof ist somit hieran nicht gebunden. Da auf Grund des vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalts bezüglich des betriebenen Unterhaltsrückstandes die für die Aufschiebung erforderliche Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils als gegeben anzusehen ist, war in diesem Punkt der Beschluß des Erstgerichtes zur Gänze wiederherzustellen.

Bei den laufenden Unterhaltsbeträgen ist dem Rekursgericht zwar darin beizupflichten, daß an die Aufschiebung der Exekution strenge Anforderungen zu stellen sind, weil sie nur dann bewilligt werden darf, wenn der notwendige Unterhalt des Berechtigten dadurch nicht gefährdet wird, wenn also bescheinigt ist, daß der Unterhalt der berechtigten Person anderweitig sichergestellt ist (EF 44.176, 34.577, 32.165, 30.140 ua). Hiezu ist auf Grund des vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalts davon auszugehen, daß die betreibende Partei zur Zeit der Einbringung des Aufschiebungsantrags eine Pension von S 5.800 im Monat erhielt. Nach Ansicht des erkennenden Senates ist der notwendige Unterhalt erst dann aber jedenfalls sichergestellt, wenn der Unterhaltsberechtigte über Einkünfte in der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs 1 ASVG verfügt. Dies gilt bei einem Pensionsberechtigten umso mehr, als gemäß § 294 Abs 1 ASVG bei der Ermittlung des Anspruchs auf Ausgleichszulage Unterhaltsansprüche gleichviel, ob und in welcher Höhe die Unterhaltsleistung tatsächlich erbracht wird, zu berücksichtigen sind, weshalb die Aufschiebung der Exekution zur Folge haben kann, daß der Unterhaltsberechtigte weder die Ausgleichszulage noch die Unterhaltszahlungen erhält.

Der für die betreibende Partei maßgebende Ausgleichszulagenrichtsatz betrug zur Zeit der Einbringung des Aufschiebungsantrags S 7.710 im Monat (§ 293 Abs 1 lit a bb ASVG idF des § 2 Z 36 der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales BGBl 1994/1026). Bezüglich der Differenz zur Pension der betreibenden Partei in der Höhe von S

5.800 und daher im Ausmaß von S 1.910 darf somit die Exekution, soweit sie zur Hereinbringung des laufenden Unterhaltes geführt wird, nicht aufgeschoben werden, weil erst durch die Zahlung dieses Betrages der notwendige Unterhalt der betreibenden Partei sichergestellt ist. Im Umfang des verbleibenden Betrages von S 4.090 im Monat ist der Aufschiebungsantrag hingegen auch beim laufenden Unterhalt berechtigt. Dabei kann außer Betracht bleiben, daß sich der Richtsatz für die Ausgleichszulage im Jahr 1996 erhöht hat (s die Kundmachung BGBl 1995/808), weil dem auch eine Erhöhung der Pension der betreibenden Partei gegenübersteht.

Die Aufschiebung ist jedoch entgegen der Meinung des Erstgerichtes von einer entsprechenden Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Da die Pfändung der Forderung des Verpflichteten gemäß § 43 Abs 1 EO trotz der Aufschiebung der Exekution aufrecht bleibt, hat der Drittschuldner die gepfändeten Beträge zwar einzubehalten und es ist hier im Hinblick auf die Person des Drittschuldners auch nicht anzunehmen, daß die einbehaltenen Beträge der betreibenden Partei nicht ausgefolgt werden, wenn sie im Rechtsstreit obsiegt. Dennoch besteht die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles, der etwa darin bestehen könnte, daß die betreibende Partei gezwungen ist, sich die Beträge, die ihr infolge der Aufschiebung nicht zugehen, im Kreditweg zu beschaffen. Die hiedurch auflaufenden Zinsen wären aber von der Exekutionsbewilligung nicht erfaßt. Es sind daher die Voraussetzungen des § 44 Abs 2 Z 1 und 3 EO erfüllt.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekurses der betreibenden Partei beruht auf § 74 EO, jener über die Kosten des Revisionsrekurses des Verpflichteten auf § 78 EO iVm den §§ 41 und 50 ZPO. Bemessungsgrundlage ist jeweils der Betrag mit dem das Rechtsmittel Erfolg hatte, unter Berücksichtigung des § 58 Abs 1 JN bei der

betreibenden Partei also S 68.760 (= 1.910 x 36) und beim

Verpflichteten S 159.240 (= 4.090 x 36 + 12.000).

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