OGH 3Ob43/94

OGH3Ob43/9419.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef G*****, vertreten durch Dr.Gerald Carli, Rechtsanwalt in Hartberg, wider die beklagte Partei Antonia G*****, vertreten durch Dr.Otmar Franiek, Rechtanwalt in Graz, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (Streitwert S 216.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 31.Jänner 1994, GZ 4 R 420/93-23, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Hartberg vom 3.August 1993, GZ 4 C 92/92m-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 10.665,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.777,50 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile ist geschieden. Der Kläger ist aufgrund des rechtskräftigen Versäumungsurteiles des Bezirksgerichtes Hartberg vom 2.3.1987, 1 C 16/87, verpflichtet, der Beklagten einen monatlichen Unterhalt von S 8.000,-- zu zahlen. Der Beklagten wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 22.4.1992, E 1921/92, gegen den Kläger für die Unterhaltsbeträge ab März 1992 eine Gehaltsexekution auf dessen Invaliditätspension bewilligt.

Mit der Behauptung, die Beklagte sei mit Ernst L***** eine Lebensgemeinschaft eingegangen, stellt der Kläger das Urteilsbegehren, der Anspruch der Beklagten aus dem Urteil vom 2.3.1987, 1 C 16/87, zu dessen Hereinbringung das Bezirksgericht Hartberg mit Beschluß vom 22.4.1992 die Exekution bewilligt habe, sei erloschen.

Die Beklagte bestritt das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab nach Beweiswiederholung der Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es stellte fest, daß die Beklagte im Oktober 1991 in einer Zeitschrift ein Inserat eingeschaltet habe, in dem sie einen Freund für gemeinsame Freizeitgestaltung suchte. Auf dieses Inserat hin habe sich der aus dem Bezirk B***** stammende, in einem Ledigenheim in K***** wohnhafte Metallarbeiter Ernst L***** gemeldet. Die Beklagte und Ernst L***** seien übereingekommen, sich in Hinkunft des öfteren zu treffen, jedoch keinen gemeinsamen Wohnsitz zu begründen. Die Beklagte sei an dem Kontakt mit Ernst L***** unter anderem auch deshalb interessiert gewesen, weil dieser einen PKW besaß und ihr auf diese Weise eine größere Mobilität ermöglicht worden sei. In der Folge habe sich ergeben, daß Ernst L***** zeitweise drei bis vier Tage pro Woche in S***** verbracht habe und nur die restliche Zeit in K*****. Es sei aber auch vorgekommen, daß sich Ernst L***** einen halben Monat lang in S***** aufgehalten habe und während der zweiten Monatshälfte in K***** weilte.

Die Beklagte arbeite seit Februar 1992 einen Tag in der Woche in H*****; seit der Aufnahme dieser Arbeit bis zum Dezember 1993 sei sie von Ernst L***** mit dessen PKW zu ihrer Arbeitsstätte geführt und von dort wieder abgeholt worden. Hiebei habe Ernst L***** die Beklagte bei den von ihr nach dem Verlassen der Arbeitsstätte jeweils durchgeführten Einkäufen unterstützt, indem er sie mit seinem PKW zu den jeweiligen Geschäften und anschließend nach Hause gebracht habe. Im übrigen sei es relativ selten zu gemeinsamen Ausfahrten der beiden gekommen, höchstens gelegentlich zu gemeinsamen Cafehausbesuchen. Sofern Ernst L***** die Beklagte mit seinem PKW transportiert habe, habe er kein Entgelt verlangt und erhalten.

Wenn sich Ernst L***** in S***** aufgehalten habe, habe er im Wohnhaus der Beklagten, das dieser und einem Sohn der Streitteile je zur Hälfte gehöre, gewohnt. Er habe im vorderen Teil des Hauses ein Zimmer, das vormals als gemeinsames Schlafzimmer der Streitteile gedient habe, benützt. Da die Beklagte in diesem Raum ihrer Ansicht nach wegen einer darunterliegenden Wasserader an Schlafstörungen litt, habe sie sich nach der Auflösung der Hausgemeinschaft mit dem Kläger entschlossen, in ein Zimmer auf der anderen Seite des Haues zu ziehen. Wohnzimmer, Küche, Bad und WC seien von allen im Hause der Beklagten wohnhaften Personen benützt worden.

Die Beklagte habe von Ernst L***** keinen Mietzins verlangt, sie habe jedoch von ihm S 1.500,--, später S 2.000,-- für die Verköstigung und für das Waschen seiner Wäsche erhalten. Eine gemeinsame Kassa zwischen ihr und Ernst L***** habe nicht bestanden. Wenn Ernst L***** von der Beklagten um die Erledigung von Einkäufen gebeten worden sei, habe er sogar auf den Groschen genau abgerechnet. Er habe der Beklagten auch keinerlei finanzielle Unterstützung zuteil werden lassen und habe für sie auch keine finanziellen Verpflichtungen übernommen. Er habe an die Beklagte auch keine finanziellen Leistungen erbracht, die nach ihrer Zielsetzung oder nach ihrem Umfang in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Unterhaltszahlungen gewertet werden könnten.

Ob es zwischen der Beklagten und Ernst Le***** zu sexuellen Kontakten gekommen sei, sei nicht feststellbar. Desgleichen könne nicht festgestellt werden, ob diese die Absicht gehabt hätten, die beschriebenen Beziehungen zu intensivieren oder durch längere Zeit aufrecht zu halten.

Rechtlich folgerte daraus das Berufungsgericht, daß die Beziehungen zwischen der Beklagten und Ernst L***** noch nicht dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entsprochen hätten. Weder eine Sexualgemeinschaft noch eine Wohngemeinschaft lägen vor. Ernst L***** habe sich nur zeitweise im Haus der Beklagten aufgehalten; er sei dorthin nicht in der Absicht eines dauernden Verbleibens gezogen. Für die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft reiche die Zahlung eines Entgeltes für die Verpflegung und für das Waschen der Wäsche nicht aus. Daß die Beklagte und Ernst L***** miteinander Freud und Leid geteilt und in besonders intensiver Weise einander Beistand und Dienste geleistet hätten sowie daß sie einander wechselseitig an den zur Bestreitung des Unterhaltes, der Zerstreuung und der Erholung zur Verfügung stehenden Gütern hätten teilnehmen lassen, ergebe sich aus den Feststellungen nicht.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), unzulässig.

Das Berufungsgericht zog bei seiner Beurteilung, ob die Beklagte eine Lebensgemeinschaft eingegangen sei, die vom Obersten Gerichtshof entwickelten Rechtsgrundsätze heran. Diese werden von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen, der Kläger vertritt aber die Ansicht, daß aufgrund des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhaltes der Schluß auf das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft zu ziehen gewesen wäre. Eine solche Beurteilung hängt aber, wie selbst in der vom Revisionswerber zitierten Entscheidung EF 57.268 mwN ausgeführt wird, immer von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl Zankl in Schwimann ABGB Rz 59 zu § 66 EheG).

Dies schließt aber im allgemeinen die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof aus. Etwas anderes würde im Interesse der Rechtssicherheit nur gelten, wenn dem Gericht zweiter Instanz eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (RZ 1994/45 mwN; zuletzt 3 Ob 1572/95). Eine solche wird aber in der Revision nicht aufgezeigt. Nach dem festgestellten Sachverhalt besteht weder eine Sexualgemeinschaft noch hatte Ernst L***** die Absicht, dauernd in dem von der Beklagten bewohnten Haus zu bleiben und sich dort von der Beklagten die Wirtschaft führen zu lassen (vgl Zankl aaO Rz 61). Die Zahlung eines Entgeltes für die Wohnraumbenützung, für die Verpflegung und für das Waschen der Wäsche reicht im allgemeinen gleichfalls nicht für die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft aus (EF 43.744; Zankl aaO Rz 62), sodaß selbst das von der Revision behauptete äußere Erscheinungsbild einer Lebensgemeinschaft nicht vorlag.

Die unzulässige Revision ist zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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