OGH 10ObS2055/96w

OGH10ObS2055/96w7.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Steinbauer als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Richard Warnung (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Rudolf Schleifer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef O*****, vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vertreten durch Dr.Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Berufsunfähigkeitspension-Weitergewährung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16.Jänner 1996, GZ 12 Rs 135/95-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 12.September 1995, GZ 9 Cgs 204/95f-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß es zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die Berufsunfähigkeitspension von S 8.492 unter Berücksichtigung der gesetzlichen Pensionsanpassungen über den 31.12.1993 hinaus weiterzugewähren.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.623,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 603,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 20.1.1993 erkannte die Beklagte dem Kläger eine für den Zeitraum 1.10.1992 bis einschließlich 31.12.1993 befristete Berufsunfähigkeitspension wegen vorübergehender Berufsunfähigkeit von zunächst S 8.165,40, ab 1.1.1993 von S 8.492 zu. Am 4.1.1994 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Berufsunfähigkeitspension. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 5.5.1994 mangels Vorliegens der Berufsunfähigkeit im Sinne des § 273 ASVG ab.

Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehrt der Kläger die Weitergewährung der Berufsunfähigkeitspension ab 1.1.1994 und brachte vor, weiterhin berufsunfähig zu sein.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie führte insbesondere aus, daß der Kläger weder zum Stichtag 1.10.1992 noch zum Stichtag für die Weitergewährung 1.1.1994 Berufsschutz als Glaser gehabt habe, weil er in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag nicht überwiegend als Glaser tätig gewesen sei, sondern lediglich 40 Beitragsmonate der insgesamt 81 Beitragsmonate in diesem Beruf erworben habe. Zu beiden Stichtagen habe die unqualifizierte Tätigkeit mit 41 Beitragsmonaten überwogen. Die Gewährung der befristeten Berufsunfähigkeitspension sei nicht unter Zugrundelegung des Berufsschutzes eines Glasers, sondern aufgrund des allgemeinen Ausschlusses der Arbeitsfähigkeit in jedem Beruf aufgrund des medizinischen Anstaltsgutachtens erfolgt.

Der Kläger behauptete Berufsschutz zum Stichtag 1.10.1992 und daß er auch zum Zeitpunkt der Weitergewährung nicht in der Lage sei, seinen Beruf als Glaser auszuüben.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens und sprach dem Kläger die Berufsunfähigkeitspension über den 31.12.1993 hinaus zu.

Der Kläger habe von 1959 bis 1962 die Glaserlehre absolviert und mit Gesellenprüfung abgeschlossen. Von 1962 bis 1982 sei er als Glaser bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt gewesen. Von Dezember 1982 bis November 1984 sei er im Straßendienst beim Magistrat Linz in der Teerpartie und später als Straßenkehrer tätig gewesen und habe in den Monaten April bis September 1986 als Hilfskraft Reinigungsarbeiten sowie Rasenmähen verrichtet. Von Jänner 1991 bis Juli 1991 sei der Kläger als Vertragsbediensteter bei der Post- und Telegraphendirektion mit der Paketumleitung im Angestelltenverhältnis beschäftigt gewesen. Er habe Pakete aus den Postwaggons auf Rollwagen zu laden bzw zu verladen und am Fließband nach Postleitzahlen zu sortieren gehabt. Seither sei der Kläger nicht mehr berufstätig. Zum Stichtag 1.10.1992 lägen innerhalb der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag 96 Beitragsmonate vor, wobei der Kläger während 55 dieser Beitragsmonate als Glaser berufstätig gewesen sei. Zum Monatsersten nach Wegfall der befristeten Berufsunfähigkeitspension dem 1.1.1994 seien 81 Beitragsmonate innerhalb der letzten 15 Jahre vorhanden, wobei der Kläger in 40 dieser Monate als Glaser und in den restlichen 41 Monaten als Hilfsarbeiter bzw Vertragsbediensteter tätig gewesen sei.

Der Kläger könne alle leichten bis mittelschweren Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen, ohne Arbeitspausen, die über das physiologische Ausmaß hinausgehen, verrichten. Arbeiten in vorwiegend oder lang andauernd gebückter Körperhaltung, Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 12 kg sowie Arbeiten, die eine ganze Arbeitsperiode hindurch nur in einer Körperhaltung zu verrichten seien, wären ihm nicht zumutbar. Ausgeschlossen seien auch Schichtarbeiten, Akkord- und Nachtarbeiten sowie sonstige Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck sowie Arbeiten, die überdurchschnittliche Anforderungen an Aufmerksamkeit, Konzentration, Eigenverantwortung und Eigeninitiative stellen. Ein öffentliches Verkehrsmittel könne benützt werden. Dieser Zustand bestehe seit Antragstellung. Der Kläger sei weder umschulbar noch anlernbar, sondern nur für einfache Tätigkeiten unterweisbar. Arbeiten, die ein Feingeschick erfordern, könne er nicht leisten. Hinsichtlich grobmotorischer Arbeiten könne der Kläger normalen Anforderungen nachkommen. Zu vermeiden seien überdies Parteien.- und Kundenverkehr, äquivalente psychische Belastungen, darunter Tätigkeiten, die Eigeninitiative erfordern weiters Entscheidungsfähigkeit, Planung sowie Berufe, die mit erhöhter Verantwortung verbunden sind.

In rechtlicher Hinsicht dürfe bei der Verweisung des Klägers nicht auf die von ihm zuletzt ausgeübte Angestelltentätigkeit zurückgegriffen werden. Er habe sich zwar im Angestelltenverhältnis befunden, diese Tätigkeit sei aber nicht qualifiziert gewesen und habe keine kaufmännische Ausbildung erfordert, sodaß er bei seiner Beschäftigung bei der Post- und Telegraphendirektion tatsächlich Arbeitertätigkeit verrichtet habe. Sein Anspruch sei trotz seiner Versicherung als Angestellter nach dem Invaliditätsbegriff des § 255 ASVG zu beurteilen. Er sei somit auf eine seiner Tätigkeit als Glaser entsprechende Berufsgruppe zu verweisen, die nach sozialer und wirtschaftlicher Geltung der bisherigen Tätigkeit annähernd gleichkomme. Da die Tätigkeit des Glasers über eine leichte bis mittelschwere Arbeit hinausgehe, relativ häufig Lasten über 20 kg bis 25 kg gehoben und getragen werden müssen und auch häufig in einer einseitigen Körperhaltung, wobei auch Bücken nicht auszuschließen sei, absolviert werden müssen, könne der Kläger die Tätigkeit des Glasers nicht ausüben. Er sei aber auch innerhalb der Berufsgruppe nicht mehr einsetzbar. Der das medizinische Leistungskalkül des Klägers nicht überschreitende Verweisungsberuf des Kunstglasers, der Bilderverglasungen und das Einschneiden von Spiegeln in Rahmen vornehme, wobei auch das Mattieren von Glas mit Sandstrahlen zum Berufsbild gehöre und eine Zeichnung und Schablone anzufertigen sei, sei dem Kläger im Hinblick auf die psychologisch gebotenen Einschränkungen (manuelle Geschicklichkeit und Persönlichkeit) nicht zumutbar. Er könne qualifizierte Arbeiten nicht mehr verrichten.

Auf den Stichtag 1.10.1992 bezogen sei der Kläger innerhalb der letzten 15 Jahre überwiegend als Glaser tätig gewesen. Es sei nicht auf den Zeitpunkt der neuerlichen Antragstellung auf Weitergewährung der Berufsunfähigkeit abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung (21.9.1992). Bereits zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger nämlich aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes keine Tätigkeit mehr ausüben können. Der Berufsschutz sei mit der Gewährung der befristeten Berufsunfähigkeitspension nicht verloren gegangen.

Das Gericht zweiter Instanz wies über Berufung der Beklagten das Klagebegehren ab.

In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Berufungsgericht zunächst darauf, daß der Eintritt des Versicherungsfalles der geminderten Arbeitsfähigkeit und die Leistungszuständigkeit ausschließlich nach der tatsächlichen Tätigkeit zu beurteilen wären und es nicht darauf ankomme, ob der Dienstnehmer als Arbeiter oder Angestellter eingeordnet war, sondern ob er Arbeiter- oder Angestelltentätigkeiten verrichtet habe. Keine der Tätigkeiten des Klägers seien qualifiziert im Sinne einer Angestelltentätigkeit gewesen, sodaß der Eintritt der geminderten Arbeitsfähigkeit nach § 255 ASVG zu beurteilen sei. Die vorübergehende Invaliditätspension sei ein für die voraussichtliche Dauer der Krankheit zeitlich beschränkter Rentenbezug, mit dessen Wegfall nach Ablauf der Frist, für die sie zuerkannt wurde, gerechnet werden muß. Der Antrag auf Fortgewährung der Invaliditätspension sei nichts anderes als ein neues Begehren auf eine Invaliditätspension, über das losgelöst von dem Verfahren, in dem die zeitlich begrenzte Pension zuerkannt wurde, zu entscheiden sei. Zum Zeitpunkt der neuerlichen Antragstellung müßten die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätspension gegeben sein. Es sei allein entscheidend, ob der Versicherte zum Zeitpunkt der Weitergewährung der Pension alle Voraussetzungen hiefür aufweise, daher invalid im Sinne des § 255 ASVG oder berufsunfähig im Sinne des § 273 ASVG sei. Die Zuerkennung der zeitlich begrenzten Pension wirke zumindest für die Frage der Invalidität nicht über den Ablauf der Frist hinaus, weil gerade die Tatsache, daß es sich um eine bloß vorübergehende Invalidität handle, der Grund und die Voraussetzung für die zeitliche Begrenzung der Pension sei. Der Anspruch auf Weitergewährung hänge daher davon ab, ob der Versicherte nach Ablauf der Frist (noch, erstmals oder wieder) als invalid im Sinne des § 255 ASVG gelte. Der Zuerkennungsbescheid über die befristete Pension entfalte bezüglich der Frage der Invalidität keine über den befristeten Zuerkennungszeitraum hinausreichende Bindungswirkung. Zu dem über Antrag auf Weitergewährung einer befristeten Invaliditätspension zu prüfenden Invaliditätsbegriff gehöre auch die Voraussetzung, daß sich der körperliche oder geistige Zustand des Versicherten nach dem Beginn der Erwerbsfähigkeit in einem für die Arbeitsfähigkeit wesentlichen Ausmaß verschlechtert habe. Der Kläger genieße sohin keinen Berufsschutz, weil er im Beobachtungszeitraum ab 1.1.1979 ausgehend vom Stichtag 1.1.1994 41 Beitragsmonate als Hilfsarbeiter bzw Vertragsbediensteter und nur 40 Beitragsmonate als Glaser erworben habe. Nach § 255 Abs 3 ASVG bestehe aber keine Invalidität, weil noch genügend Verweisungstätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden. Dem Kläger wäre es freigestanden, gegen den Pensionsbescheid, womit eine vorübergehende Berufsunfähigkeitspension zuerkannt wurde, Feststellungsklage mit der Behauptung zu erheben, daß dauernde Berufsunfähigkeit vorliege. Dann wäre ein Vergleich mit den Verhältnissen zur Zeit der Zuerkennung von Bedeutung; über das vorliegende Begehren auf Weitergewährung hingegen sei aufgrund der Verhältnisse nach Ablauf der Befristung neu zu entscheiden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichtes abzuändern.

Die Beklagte stellt den Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Bereits das Erstgericht hat zutreffend und unbekämpft dargelegt, daß der Anspruch eines Pensionswerbers, der trotz seiner Versicherung als Angestellter Arbeitertätigkeiten verrichtet hat, nach dem Invaliditätsbegriff des § 255 ASVG zu beurteilen ist (SZ 62/3 ua).

Gemäß § 223 Abs 1 Z 2 a ASVG gilt der Versicherungsfall im Falle dauernder Invalidität mit deren Eintritt, wenn aber dieser Zeitpunkt nicht feststellbar ist, mit der Antragstellung, im Falle vorübergehender Invalidität mit dem Ablauf der 26.Woche (bei vorübergehender Berufsunfähigkeit ab der 27.Woche) ihres Bestandes, als eingetreten. In letzterem Falle kann die Invaliditätspension bzw vorübergehende Berufsunfähigkeitspension gemäß §§ 271 Abs 3, 256 ASVG für eine bestimmte Zeit zuerkannt werden. Besteht nach Ablauf dieser Frist die geminderte Arbeitsfähigkeit weiter und wurde die Weitergewährung spätestens innerhalb eines Monates nach deren Wegfall beantragt, so ist die Pension für die weitere Dauer der Invalidität bzw Berufsunfähigkeit zuzuerkennen. Gegen den Ausspruch, daß die Pension auf die Dauer einer bestimmten Zeit gewährt wird, darf eine Klage an das Landesgericht als Arbeits- und Sozialgericht bzw das Arbeits- und Sozialgericht Wien nicht erhoben werden. Durch die zeitlich begrenzte Zuerkennung der Invaliditätspension bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit sollte dem Rentenberechtigten klar zum Ausdruck gebracht werden, daß es sich um einen auf die voraussichtliche Dauer der Krankheit zeitlich beschränkten Rentenbezug handelt, er also mit einem Wegfall der Rente nach Ablauf der Frist, für die sie zuerkannt ist, rechnen muß. Die Möglichkeit der zeitlich begrenzten Zuerkennung der Rente wirkt unter der Voraussetzung, daß ein vorübergehender Zustand besteht, auch verwaltungsvereinfachend, da ein Entziehungsverfahren erspart wird (SSV-NF 8/46 mwN).

Eine zeitlich begrenzte Pension im Sinne des § 271 iVm § 256 ASVG fällt nach Ablauf der Frist weg, ohne daß es eines weiteren behördlichen Aktes bedarf. Die Zuerkennung der zeitlich begrenzten Pension wirkt daher zumindest für die Frage der Invalidität nicht über die Frist hinaus, weil gerade die Tatsache, daß es sich um eine bloß vorübergehende Berufsunfähigkeit handelt, der Grund und die Voraussetzung für die zeitliche Begrenzung der Pension war. Dem steht nicht entgegen, daß das in § 256 ASVG verwendete Wort "Weitergewährung" auf einen gewissen Zusammenhang mit der zuerkannten Leistung hindeutet, weil eine andere Auslegung mit dem Zweck der Zuerkennung einer zeitlichen Invaliditätspension nicht vereinbar ist. Der Anspruch auf Weitergewährung der befristeten Pension hängt davon ab, ob der Versicherte nach Ablauf der Frist (noch, erstmals oder wieder) als invalid im Sinne des § 255 ASVG gilt. Ein Vergleich mit den Verhältnissen zur Zeit der Zuerkennung, wie er bei der Entziehung einer (unbefristeten) Leistung notwendig ist, ist nicht anzustellen (SSV-NF 8/46 mwN).

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung SSV-NF 8/46 ausgesprochen, daß im Weitergewährungsverfahren andere Anspruchsvoraussetzungen wie beispielsweise die Erfüllung der Wartezeit nicht mehr zu prüfen seien. Der fristgerechte Weitergewährungsantrag löse im Falle lückenlosen Weiterbestehens der Invalidität (Berufsunfähigkeit) keinen neuen Versicherungsfall und auch keinen neuen Stichtag im Sinne des § 223 Abs 2 ASVG aus. Die Zuerkennungsentscheidung entfalte allerdings bezüglich der Frage der Invalidität keine über den befristeten Zuerkennungszeitraum hinausreichende Bindungswirkung. Bei Entscheidung über einen rechtzeitigen Antrag auf Weitergewährung einer befristeten Pension in diesem Sinne sei daher neu zu prüfen, ob nach Ablauf der Frist Invalidität im Sinne des § 255 ASVG noch, erstmals oder wieder bestehe.

Ist ein nach Ablauf der Frist, für die die befristete Invaliditätspension gewährt wurde, gestellter Weitergewährungsantrag begründet, besteht der Versicherungsfall der Invalidität praktisch durchgehend. Zum Zeitpunkt der Gewährung wurde davon ausgegangen, daß ein vorübergehender Zustand besteht, der sich bis zum Ablauf der Befristung entsprechend bessert. Um ein späteres Entziehungsverfahren zu ersparen, wird in einem solchen Fall die Invaliditätspension befristet gewährt. Erweist sich ein danach gestellter Weitergewährungsantrag deshalb berechtigt, weil schon von Beginn an ein Dauerzustand bestand, so ergibt eine ex post-Betrachtung, daß die Pension an sich von Beginn an unbefristet zu gewähren gewesen wäre. Der Fall, in dem ausgehend von einer, wie die spätere Entwicklung zeigt, unrichtigen Einschätzung der möglichen Besserung ursprünglich eine befristete Leistung gewährt wurde, kann für den Versicherten zu keinem ungünstigeren Ergebnis führen, als wenn die Lage von Beginn an richtig beurteilt worden und dem Versicherten gleich eine unbefristete Leistung gewährt worden wäre.

Zum Invaliditätsbegriff gehören nicht nur der geistige und körperliche Zustand, sondern auch die übrigen in § 255 ASVG genannten Anspruchsvoraussetzungen wie beispielsweise die überwiegende Ausübung eines erlernten oder angelernten Berufes. Auch der Berufsschutz ist bei Gewährung einer befristeten Pension zunächst nur auf den ursprünglichen Stichtag beschränkt und wirkt nicht über den Fristablauf hinaus. Daher ist auch die Frage des Berufsschutzes im Weitergewährungsverfahren neu zu prüfen.

Dies darf aber nicht dahin mißverstanden werden, daß das Vorliegen aller Voraussetzungen des § 255 ASVG nur auf den Zeitpunkt der Weitergewährung der befristet zuerkannten Invaliditätspension zu beziehen ist. Folgte man der Auffassung des Berufungsgerichtes, so wären die Voraussetzungen für eine Invaliditätspension bezüglich des Berufsschutzes weitgehend manipulierbar. Der Versicherte könnte eine Befristung, im Hinblick auf den (nach dieser Ansicht) durch den Weitergewährungsantrag ausgelösten neuen Stichtag, der seinen Berufsschutz vernichten würde, im Hinblick auf § 256 ASVG nicht bekämpfen. Die beklagte Partei hätte es in der Hand, die (berufsschutzbezogene) Voraussetzung für die Invaliditätspension zu bestimmen. Dem Einwand des Berufungsgerichtes, daß sich eine Bezugnahme auf einen durch den Weitergewährungsantrag ausgelösten neuen Stichtag auch zum Vorteil des Versicherten auswirken könne, ist entgegenzuhalten, daß das hier vertretene Ergebnis für den Versicherten, wenn dieser erst zu einem nach der Gewährung der befristeten Leistung liegenden Zeitpunkt den Berufsschutz erworben hat, nicht notwendig einen Nachteil bedeutet. Der Versicherte ist ja nicht auf einen Antrag auf Weitergewährung beschränkt. Er könnte einen Antrag auf Neugewährung stellen und damit einen neuen Stichtag auslösen.

Im Falle der Weitergewährung der Invaliditätspension handelt es sich also um einen letztlich einheitlichen Versicherungsfall, dessen Voraussetzungen durch den für die befristete Leistung maßgeblichen Stichtag bestimmt werden, zu dem festzustellen ist, ob Invalidität noch, erstmals oder wieder gegeben ist.

Ist zu diesem (ursprünglichen) Stichtag Invalidität unter allen in § 255 ASVG genannten Voraussetzungen, also auch des Berufsschutzes gegeben und besteht zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Weitergewährung der befristeten Leistung Invalidität weiterhin, so beruht die Weitergewährung darauf, daß dauernde Invalidität bereits von Beginn an vorgelegen ist und noch besteht.

Demnach kommt dem Kläger - ausgehend vom ursprünglichen Stichtag 1.10.1992 - Berufsschutz als Glaser zu, weil er diese Tätigkeit in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate - und zwar nach den Feststellungen 55 Monate als Glaser und nur 41 als Hilfsarbeiter - vor diesem (ursprünglichen) Stichtag ausgeübt hat. Da er jedoch aufgrund der Feststellungen den Beruf des Glasers nicht mehr ausüben kann, ist er invalid im Sinne des § 255 Abs 1 ASVG, sodaß der Anspruch auf Weitergewährung der befristet gewährten Pension gegeben ist.

Der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes ist daher nicht zu folgen und wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.

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