OGH 14Os64/96

OGH14Os64/967.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Mai 1996 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richter- amtsanwärters Dr.Waldner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karl S***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten "wegen Schuld" und wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. November 1995, GZ 12 d Vr 2.914/95-32, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde sowie die (angemeldete) Berufung "wegen Schuld" werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Karl S***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt.

Ihm liegt zur Last, in Wien als "Wahrnehmender" der S***** & Partner GesBR vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG (1972) entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für den Zeitraum Oktober 1990 bis Dezember 1993 um insgesamt 1,640.000 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und (der Sache nach) Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. Den Strafausspruch ficht er mit Berufung an. In der Hauptver- handlung hat er außerdem Berufung "wegen Schuld" angemeldet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde versagt.

Unbegründet ist der Vorwurf, die Feststellungen zur subjektiven Tatseite seien undeutlich (Z 5), weil das Erstgericht lediglich konstatiere, der Angeklagte habe "bewußt und willentlich" eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Abgaben der Vorauszahlung an Umsatzsteuer bewirkt. Abgesehen davon, daß auch schon diese Worte allein im gegebenen Zusammenhang die für den Tatbestand des § 33 Abs 2 lit a FinStrG erforderlichen Vorsatzformen (siehe dazu Dorazil-Harbich FinStrG E 36 a, 36 b zu § 33 sowie die Anmerkung zu der - überholten - E 37; Sommergruber-Reger FinStrG Bd 1 E 10 zu § 33; Bd 2, 243; Fellner FinStrG RN 46 a zu § 33; Leitner, Grundzüge des Finanzstrafrechtes, 173) deutlich genug zum Ausdruck bringen, läßt der Beschwerdeführer unberücksichtigt, daß darüberhinaus im Urteil an mehreren Stellen (US 2, 3, 7, 11 und 12) ausführlich und mit Bestimmtheit festgestellt ist, daß der Angeklagte seine Voranmeldungsverpflichtung vorsätzlich (§ 8 Abs 1 FinStrG) verletzt und den Verkürzungserfolg für gewiß (§ 5 Abs 3 StGB) gehalten hat.

Zu Unrecht wird dem Erstgericht auch unterstellt, es habe die angenommene Höhe der hinterzogenen Umsatzsteuervorauszahlungen bloß zum Schein begründet (Z 5). Die Tatrichter haben keineswegs das Ergebnis der abgabenrechtlichen Schätzung (§ 184 BAO) unkritisch übernommen, sondern deren Grundlagen eigenständig überprüft, und sind nach eingehender Würdigung der entsprechenden abgabenbehördlichen Erwägungen zur Überzeugung von deren Richtigkeit gelangt (US 8 ff; vgl dazu 11 Os 156/93; siehe auch Leitner aaO, 155 f).

Zur Rechtsrüge ist zunächst folgendes zu bemerken:

Die (bloße) Zitierung der "Ziff 9 lit b" des § 281 Abs 1 StPO eingangs der Nichtigkeitsbeschwerde beruht offenkundig auf einem Versehen, weil in der Folge keine Umstände behauptet werden, durch die die Strafbarkeit der Tat aufgehoben oder die Verfolgung der Tat ausgeschlossen wäre. Der Nichtigkeitsgrund der Z 10 l.c. hinwieder, mit dem die eine fahrlässige Begehung der Tat unterstellenden Beschwerdeausführungen überschrieben sind, kommt deshalb nicht in Betracht, weil dem Finanzstrafgesetz ein dem § 33 Abs 2 lit a FinStrG entsprechendes Fahrlässigkeitsdelikt fremd ist (Dorazil-Harbich FinStrG Anm 7 a aE zu § 33). Demnach reklamiert der Beschwerdeführer der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, verfehlt jedoch dessen prozeßordnungsgemäße Darstellung:

Der Einwand nämlich, der objektive Tatbestand der vorsätzlichen Abgabenverkürzung sei nicht erfüllt, wird überhaupt nicht näher ausgeführt. Mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung des Tatumstandes, der den Nichtigkeitsgrund bilden soll, ist insoweit daher auf die Beschwerde keine Rücksicht zu nehmen (§ 285 Abs 1 StPO). Im übrigen aber übergeht der Beschwerdeführer mit seiner Behauptung, daß "die Feststellungen des Erstgerichtes nicht ausreichen, um die zur Erfüllung des § 33 Abs 2 lit a FinStrG geforderte Wissentlichkeit nachzuweisen", die oben wiedergegebenen Urteilsausführungen zum inneren Tatbestand, und setzt sich solcherart über das prozessuale Gebot hinweg, einen materiellen Nichtigkeitsgrund durch einen Vergleich des Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz darzutun.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).

In gleicher Weise war mit der angemeldeten, im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten aber gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung "wegen Schuld" zu verfahren.

Zur Entscheidung über die verbleibende Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe ist darnach das Oberlandesgericht Wien zuständig (§ 285 i StPO).

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist in § 390 a StPO begründet.

Stichworte