OGH 3Ob2030/96t

OGH3Ob2030/96t24.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr.Tobias R***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des David W*****, wider die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Leo C*****, vertreten durch Dr.Heinz-Wilhelm Stenzel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Widerspruchs gegen eine Exekution, Feststellung und Duldung der Löschung eines exekutiven Pfandrechts (Streitwert 1,084.629,60 S) - hier wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung - infolge Revisionsrekurse der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 31.Oktober 1995, GZ 11 R 91/95-13, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9.Februar 1995, GZ 25 Cg 375/94-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse (ON 18 und ON 20) werden zurückgewiesen.

Die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen (ON 21 und ON 22) selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende und gefährdete Partei (im folgenden kurz: Kläger) begehrt den Ausspruch, daß eine auf bestimmte Miteigentumsanteile an einer Wiener Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum bezogene zwangsweise Pfandrechtsbegründung "unzulässig" sei, der beklagten Partei und Gegner der gefährdeten Partei (im folgenden kurz: Beklagter) "im Rahmen der Verteilung des Meistbots" der bereits "versteigerten Liegenschaftsanteile keine Forderung" zustehe und der Beklagte im übrigen die grundbücherliche Löschung des an den Liegenschaftsanteilen begründeten exekutiven Pfandrechts zu dulden habe. Vorgebracht wurde im wesentlichen, daß der Beklagte am 22. Jänner 1991 einen Wechselzahlungsauftrag gegen einen Dritten erwirkt habe. Aufgrund dieses Titels habe er am 28.Februar 1991 die zwangsweise Pfandrechtsbegründung an Miteigentumsanteilen dieses Dritten an einer Wiener Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum beantragt. Diesem Begehren sei stattgegeben und die Einverleibung des exekutiven Pfandrechts am 6.März 1991 vollzogen worden. In diesem Zeitpunkt sei der Dritte "lediglich formell" als Eigentümer der später gemäß § 119 KO kridamäßig versteigerten Liegenschaftsanteile bücherlich einverleibt gewesen, ohne allerdings noch deren "tatsächlicher Eigentümer" gewesen zu sein. Diese seien nämlich bereits mit Kaufvertrag vom 4.Juni 1984 an den späteren Gemeinschuldner, über dessen Vermögen am 29.Jänner 1991 das Konkursverfahren eröffnet worden sei, veräußert worden. Die Eigentumsübertragung durch bücherliche Einverleibung habe sich jedoch wegen eines zugunsten des Magistrats der Stadt Wien bücherlich einverleibten Veräußerungsverbots verzögert. Der Beklagte habe demnach ein exekutives Pfandrecht an einer Sache erworben, die nicht mehr dem im Grundbuch noch als Eigentümer einverleibten Dritten, sondern in Wahrheit schon dem späteren Gemeinschuldner gehört habe. Die Tagsatzung zur Verteilung des Meistbots der versteigerten Liegenschaftsanteile sei für den 13.Februar 1995 anberaumt worden. Aufgrund des vom Beklagten erwirkten exekutiven Pfandrechts bestehe die Gefahr, daß diesem "ein bestimmter Teil des Meistbots nach Maßgabe seiner Forderung" zugewiesen und dadurch die Konkursmasse des Gemeinschuldners geschädigt werde. Da der Beklagte im Ausland lebe und über kein Vermögen im Inland verfüge, müßte ein klagestattgebendes Urteil "im Ausland vollstreckt werden", was "die Geltendmachung der Ansprüche des Masseverwalters vereiteln oder zumindest erheblich erschweren" würde. Deshalb werde die Erlassung einer einstweiligen Verfügung durch ein gegenüber dem Exekutionsgericht gemäß § 382 Abs 1 Z 7 EO auszusprechendes Drittverbot in der Weise begehrt, daß der dem Beklagten aufgrund des Meistbotsverteilungsbeschlusses zukommende Teil am Versteigerungserlös "vorläufig" gerichtlich hinterlegt und nicht an den Beklagten ausgezahlt werde.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und vertrat die Ansicht, es erscheine "zur Genüge" bescheinigt, daß dem Beklagten kein Pfandrecht an den den Verfahrensgegenstand bildenden Liegenschaftsanteilen zustehe. Erhalte der Beklagte aus dem Meistbot einen bestimmten Anteil zugewiesen, hätte der Kläger ein über seinen "Rückforderungsanspruch" erwirktes Urteil im Ausland zu vollstrecken, was gemäß § 379 Abs 2 Z 2 EO idF vor der EO-Novelle 1995 einen Gefährdungstatbestand bilde. Als Sicherungsmittel sei daher gemäß § 382 Abs 1 Z 1 EO die "gerichtliche Hinterlegung" anzuordnen gewesen.

Das Rekursgericht wies das Sicherungsbegehren ab, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 50.000 S übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es erwog in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen, daß für den Erfolg des Sicherungsbegehrens entscheidend sei, ob die Liegenschaftsanteile im Zeitpunkt der Begründung des exekutiven Pfandrechts noch dem Vermögen des Verkäufers zugehört hätten. Bei Treuhandverhältnissen sei davon auszugehen, daß der Treugeber einer vom Gläubiger des Treuhänders auf das Treugut geführten Exekution gemäß § 37 EO widersprechen könne, weil das Treugut zwar im Eigentum des Verpflichteten stehe, aber nicht zu dessen Vermögen gehöre. Davon zu unterscheiden sei ein obligatorischer Anspruch aufgrund eines Kaufvertrags wie jener des späteren Gemeinschuldners gegen den Dritten als Verkäufer. In einem solchen Fall seien die Liegenschaftsanteile weiterhin dem Vermögen des Verkäufers zuzurechnen, sodaß auf diesen Vermögensbestandteil auch eine Exekution gemäß §§ 87 ff EO geführt werden könne. Der Schutz des guten Glaubens gemäß § 1500 ABGB beziehe sich nur auf die rechtsgeschäftliche, also nicht auch auf die exekutive Pfandrechtsbegründung. Eines solchen Schutzes bedürfe der Beklagte aber auch gar nicht, weil das Eigentumsrecht an Liegenschaftsanteilen nicht bloß durch den Abschluß eines Kaufvertrags, sondern - mangels Vorliegens einer Ausnahme vom Eingetragungsgrundsatz - nur durch bücherliche Einverleibung erworben werden könne. Abgesehen davon habe der Kläger auch keine Schlechtgläubigkeit des Beklagten behauptet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse (ON 18 und ON 20) sind unzulässig.

Es entspricht seit der Plenissimarentscheidung vom 28.Oktober 1908 (GlUNF 4359) ständiger Rechtsprechung, daß eine Liegenschaft vor der grundbücherlichen Durchführung eines Erwerbsgeschäfts noch zum Haftungsvermögen des im Grundbuch einverleibten Eigentümers gehört und daher jemand, der über einen gültigen Erwerbstitel verfügt und allenfalls auch bereits Sachbesitzer ist, gegen eine durch einen Gläubiger des Eigentümers geführte Exekution mit einer Widerspruchsklage gemäß § 37 EO nicht erfolgreich sein kann (7 Ob 1643/94; 3 Ob 152/93 [teilweise veröffentlicht in: RdW 1994, 242]; 3 Ob 110/92 [teilweise veröffentlicht in: ecolex 1993, 304]; ÖBA 1990, 472; EvBl 1986/10; RdW 1984, 10; SZ 55/191; SZ 51/155 ua). Diese Praxis fand auch im Schrifttum Zustimmung (Haslmayr, RZ 1967, 154; Heller/Berger/Stix, Kommentar 450; Pimmer in Schwimann, ABGB Rz 13 zu § 431; Spielbüchler in Rummel, ABGB2 Rz 11 zu § 431). Was für Liegenschaften als ganzes ausgesprochen wurde, gilt nicht minder für den Erwerb von Liegenschaftsanteilen. Gegen den Beklagten als Gläubiger eines exekutiv erworbenen Pfandrechts besteht wegen des dargestellten Grundsatzes, daß eine Liegenschaft oder Liegenschaftsanteile vor grundbücherlicher Durchführung eines Erwerbsgeschäfts noch zum Haftungsvermögen des Eigentümers gehören, aber auch kein Löschungsanspruch des Käufers, der über einen gültigen Erwerbstitel verfügte und später Eigentum erwarb (7 Ob 1643/94; SZ 59/145; Spielbüchler in Rummel aaO).

Anders wäre die Rechtslage dagegen etwa dann, wenn das Exekutionsobjekt als Treugut nicht zum Vermögen des Verpflichteten gehört (ÖBA 1990, 472; RdW 1984/10). Behauptungen in dieser Richtung sind der Klage jedoch nicht zu entnehmen. Nach deren Vorbringen war der Dritte noch Eigentümer der an den späteren Gemeinschuldner veräußerten Liegenschaftsanteile, als der Beklagte sein exekutives Pfandrecht erworben hatte.

Vom Rekursgericht wurden daher alle im vorliegenden Fall maßgebenden rechtlichen Zusammenhänge richtig erkannt. Wie aus der bisherigen Begründung folgt, ist bloß dessen Ansicht unzutreffend, daß es in der streitentscheidenden Frage an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle. Der Kläger versucht in seinen beiden inhaltsgleichen, jedoch bei verschiedenen Gerichten eingebrachten Revisionsrekursen auch gar nicht, rechtliche Gesichtspunkte aufzuzeigen, die Anlaß dafür sein könnten, die dargestellte Rechtsprechung zu überprüfen. Einem Erfolg des Klagebegehrens stehen demnach die ausgeführten rechtlichen Gründe entgegen. Ein absulut unschlüssiges Begehren - wie hier - kann aber auch nicht im Provisorialverfahren gesichert werden, weshalb der vom Kläger gestellte Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung schon allein deshalb scheitern mußte.

Da der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses nicht gebunden ist, sind die Rechtsmittel des Klägers gemäß §§ 78 und 402 Abs 4 EO sowie gemäß §§ 510 Abs 3 und 528 a ZPO wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, ohne daß es noch einer Erörterung bedarf, ob der Zulässigkeit eines der beiden Revisionsrekurse auch das im Rechtsmittelverfahren geltende Einmaligkeitsprinzip entgegengestanden wäre.

Gemäß § 402 Abs 1 und 2 EO liegt im vorliegenden Fall keine Ausnahme von der Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens vor. Der Beklagte hat aber die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortungen selbst zu tragen, weil sich dessen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Revisionsrekurse nicht auf die dargestellte klare Rechtslage bezog.

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