OGH 10ObS23/96

OGH10ObS23/9623.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Danzl sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Robert Letz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag.Karl Dirschmied (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr.Rudolf H*****, vertreten durch Dr.Ernst Zauner, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, wegen Pensionshöhe, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 31.10.1995, 12 Rs 97/95-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Mai 1995, GZ 27 Cgs 252/94z-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie lauten:

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger ab 1.6.1994 weiterhin eine Berufsunfähigkeitspension von S 18.186,80, aufgewertet entsprechend den zwischenzeitig erfolgten Pensionsanpassungen zuzüglich Kinderzuschuß von S 650,- für Albert H*****, geboren 12.6.1969, für den Monat Juni 1994 zu leisten.

Auf diesen Ausspruch sind die in der Zeit ab 1.6.1994 von der beklagten Partei unter dem Titel der vorzeitigen Alterspension zuzüglich des Kinderzuschusses geleisteten Zahlungen anzurechnen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, auf die mit Bescheid Vers.Nr. 2901 190533 vom 3.4.1989 festgesetzte und anerkannte Berufsunfähigkeitspension des Klägers auch die Versicherungsmonate vom 1.4.1985 bis 1988 voll anzurechnen und diese Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß auf der Basis 1.4.1985 bzw 3.4.1989 zu bezahlen, und zwar die bereits fällig gewordenen Beträge binnen 4 Wochen, die weiteren Beträge bis zum 10. eines jeden Monats, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen zu Handen seines Vertreters die mit S 2.709,12 (darin enthalten S 451,92 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit S 8.030,16 (darin enthalten S 1.338,36 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 4.058,88 (darin enthalten S 676,48 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger bezieht auf Grund eines Antrages vom 7.3.1985 laut Urteil des (vormals) Kreisgerichtes Wels vom 17.8.1988, 27 Cgs 15/88, und nachfolgenden Bescheides der beklagten Partei vom 3.4.1989 eine Berufsunfähigkeits- pension; dieser Pensionsberechnung lagen der Stichtag 1.4.1985 und 368 Versicherungsmonate bis zu diesem Stichtag sowie eine Bemessungsgrundlage gemäß § 238 ASVG von S 22.493,-, ein Grundbetrag im Ausmaß von 30 % und eine Steigerungsbetrag im Ausmaß von 28 % zugrunde. Darüber hinaus kam ein besonderer Steigerungsbetrag für Beiträge zur Höherversicherung im Ausmaß von S 337,90 zur Anrechnung, woraus sich eine Gesamtbruttopension von S 13.383,80 zum genannten Stichtag ergab.

In den Zeiträumen von April 1985 bis August 1985, Oktober 1986 bis Jänner 1988 und Mai 1988 bis November 1988 erwarb der Kläger weitere 28 Versicherungsmonate. Mit Schreiben vom 25.5.1994 beantragte er hierauf die Neubemessung seiner Pension unter Hinweis auf diese seit der letzten Pensionsberechnung angehäuften zusätzlichen Beitragszeiten.

Mit Bescheid vom 28.11.1994 sprach die beklagte Partei aus, daß dem Kläger anstelle der bisherigen Berufsunfähigkeitspension ab 1.6.1994 eine vorzeitige Alterspension (und zwar nach § 253 a iVm § 270 ASVG) sowie weiters, daß zu dieser Pension auch ein Pflegegeld in Höhe der Pflegestufe 2 gebührt. Die beklagte Partei ging dabei (bezüglich des ersten, nämlich die Pensionsumwandlung betreffenden Entscheidungsteils) davon aus, daß der Kläger zwar zum Stichtag 1.6.1994 insgesamt 396 (368 + 28) Versicherungsmonate erworben habe, die auf Ersatzzeiten für den Besuch einer höheren Schule entfallenden 66 Versicherungsmonate jedoch nach dem zum neuen Stichtag geltenden Bestimmungen mangels entsprechender Beitragsleistung nicht mehr leistungswirksam sein könnten, sodaß für die Leistungsbemessung vom Vorliegen von bloß 330 Versicherungsmonaten nach dem ASVG auszugehen sei. Der Pensionsanspruch wurde daher zum Stichtag 1.6.1994 mit S 18.200,80 zuzüglich Kinderzuschuß festgelegt und lag somit um S 14,-

höher als eine dem Kläger zu diesem Zeitpunkt zustehende Berufsunfähigkeitspension ohne Berücksichtigung der von diesem nach dem Stichtag 1.4.1985 erworbenen Versicherungsmonate.

Gegen diesen Bescheid - und zwar inhaltlich ausgeführt lediglich gegen jene Teile betreffend die Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension anstelle seiner bisherigen Berufsunfähigkeitspension, nicht also den die Pflegegeldgewährung betreffenden Bescheidteil - erhob der Kläger Klage mit dem Begehren, den Bescheid vom 28.11.1994 aufzuheben, auf die mit Bescheid vom 3.4.1989 festgesetzte und anerkannte Berufsunfähigkeitspension auch die Versicherungsmonate vom 1.4.1985 bis 1988 voll anzurechnen und diese Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß auf der Basis 1.4.1985 bzw. 3.4.1989 zu bezahlen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Begehrens, außerdem wurde Unzulässigkeit des Rechtsweges eingewendet (AS 29).

Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht wiesen das Klagebegehren ab, wobei das Letztere das Urteil des Erstgerichtes auf Grund eines im Spruch falsch wieder gegebenen Bescheiddatums (28.6.1994 statt 28.11.1994) mit einer entsprechenden Maßgabeberichtigung bestätigte. Beide Vorinstanzen gingen hiebei übereinstimmend davon aus, daß zufolge des für die seinerzeit (Bescheid vom 3.4.1989) erfolgte Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension gemäß § 223 Abs 2 ASVG geltenden Stichtages 1.4.1985 (Antragstellung am 27.3.1985) die vom Kläger geltend gemachten nachträglichen Versicherungszeiten nicht berücksichtigt hätten werden können, sodaß diese nach seinem Antrag vom 24.5.1994 nur auf Grund eines neuen Stichtages bei Eintritt des Versicherungsfalles des Alters eingerechnet hätten werden können. Der diesbezügliche Antrag des Klägers auf Neubemessung seiner (Berufsunfähigkeits-)Pension sei daher als Antrag auf Umwandlung in die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension zu verstehen gewesen, zumal er zu diesem Zeitpunkt auch das 60. Lebensjahr bereits vollendet gehabt habe. Die Beurteilung der Höhe derselben habe sich hiebei wiederum nach der am dafür maßgeblichen Stichtag 1.6.1994 geltenden Rechtslage zu orientieren gehabt, nach welcher jedoch die Zeiten des Schul- bzw Hochschulbesuches auf die Pensionshöhe mangels entsprechender Beitragsleistung nicht anrechenbar gewesen seien. Das Erstgericht führte darüber hinaus weiters noch aus, daß eine Kombination der jeweils günstigsten Bestimmungen der einen mit der anderen Pension im Sinne der "Rosinentheorie" nicht möglich und dem Kläger schließlich durch die um S 14,- höhere vorzeitige Altersgegenüber der früheren Berufsunfähigkeitspension die Beschwer mangle.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (wobei inhaltlich auch Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens und Nichtigkeit des bekämpften Berufungsurteiles behauptet werden) mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag bestellt.

Rechtliche Beurteilung

Das nicht beantwortete Rechtsmittel ist gemäß § 46 Abs 3 Z 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 dieser Gesetzesstelle zulässig; es ist im Ergebnis nur teilweise berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat hiezu folgendes erwogen:

1.) Wie bereits ausgeführt, hat die gegenständliche Klage - dem Umfang des Klagebegehrens entsprechend - nur den den Pensionsanspruch betreffenden Teil des Bescheides zum Inhalt; der das Pflegegeld betreffende Teil des Bescheides blieb hiedurch hingegen unberührt. Da sich diese beiden Bescheidteile inhaltlich trennen lassen, folgert, daß durch die rechtzeitige Einbringung der Klage der Bescheid des beklagten Versicherungsträgers auch lediglich im Umfang des Klagebegehrens gemäß § 71 Abs 1 ASGG außer Kraft getreten ist (ausführlich SSV-NF 1/18 sowie Fink, Sukzessive Zuständigkeit, 390 ff [insb 391 mwN in FN 21 sowie 404, worin der genannte Autor exakt diesen Fall einer einheitlich trennbaren Zuerkennung von Pension einerseits und Pflegegeld andererseits anführt]). Die Zuerkennung des Pflegegeldes blieb hingegen vom Kläger völlig unbekämpft und ist damit vom Klagebegehren auch gänzlich unberührt. Die angerufenen Vorinstanzen (und damit auch der Oberste Gerichtshof) haben sich mit diesem (somit in Teilrechtskraft erwachsenen) Bescheidteil inhaltlich sohin nicht weiter auseinanderzusetzen.

2.) Weiters ist vorauszuschicken, daß die beklagte Partei in der ersten Streitverhandlung vom 30.5.1995 ausdrücklich auch die Prozeßeinrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges erhoben hat, da "sein [nämlich des Klägers] nunmehriges Begehren nicht Gegenstand des vorliegenden Bescheides" sei (ON 6, AS 29). Hierüber haben die Vorinstanzen nur implizit durch meritorische Behandlung des Klagsanspruches und Fällung einer Sachentscheidung entschieden. Damit ist diese prozeßrechtliche Frage im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbar (vgl 9 ObA 169/94). Sie wäre aber auch inhaltlich nicht berechtigt. Da der angefochtene Bescheid nämlich - in seinem durch die Klage bekämpften Teil - anstelle der bisherigen Berufsunfähigkeitspension eine vorzeitige Alterspension zuerkennt, wird hierin jedenfalls auch über die Berufsunfähigkeitspension, nämlich in Form des Ausspruches ihres Erlöschens nach § 100 ASVG, abgesprochen, welche Bestimmung in Blatt 2 des Bescheides ("Rechtsgrundlagen der Entscheidung") auch ausdrücklich zitiert wird. Dagegen richtet sich die fristgerechte Klage, welche die Weitergewährung dieser (für erloschen erklärten) Berufsunfähigkeitspension anstrebt; die Reichweite des Bescheidspruches ist insoweit einerseits nach dem Entscheidungsgegenstand des bekämpften Bescheides und andererseits auch vor dem Hintergrund des gestellten Klagsantrages zu interpretieren (Fink aaO 277). Daraus folgt aber, daß die gegenständliche Klage - entgegen der Argumentation der beklagten Partei in erster Instanz - nicht auf einem anderen Versicherungsfall als der angefochtene Bescheid beruht, gestützt ist, sodaß die Prozeßvoraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsweges nach § 67 Abs 1 Z 1 ASGG jedenfalls erfüllt ist.

3.) Die zentrale - auch in der Revision als solche ausgeführte - Rechtsfrage des vorliegenden Falles ist nun, daß die beklagte Partei dem Kläger eine Leistung (nämlich vorzeitige Alterspension) zugesprochen hat, die er tatsächlich nicht beantragt hat, war (und ist) doch Gegenstand seines Antrages nur eine Neuberechnung der Berufsunfähigkeitspension. Wesentliches Merkmal des österreichischen Versicherungsrechtes ist das Antragsprinzip (§ 361 Abs 1 Z 1 ASVG; Tomandl Grundriß4 Rz 45; ders, System 685). Eine Leistungsgewährung ist in der Pensionsversicherung daher nur auf Grund eines Antrages zulässig (SSV-NF 5/35). Wenngleich bei der Beurteilung von Anträgen durch die Sozialversicherungsträger im Geiste sozialer Rechtsanwendung vorzugehen ist, dh der Antrag im Zweifel zugunsten eines Versicherten ausgelegt werden muß (SSV-NF 2/52, 4/21, 4/22, 5/35; ausführlich auch Fink, aaO 90 ff) - wie dies im Ergebnis durch die Vorinstanzen geschehen ist -, so läßt sich doch die Fiktion eines tatsächlich nicht gestellten Antrages aus den Grundsätzen sozialer Rechtsanwendung keinesfalls ableiten (SSV-NF 4/22, 5/35). Schon auf Grund des klaren Wortlautes seines Antrages vom 24.5.1994 an die beklagte Partei - und noch unmißverständlicher auf Grund seines von Anfang an im vorliegenden Verfahren verfochtenen Prozeßstand- punktes - ist die Interpretation, daß er damit (auch) einen Antrag auf vorzeitige Alterspension gestellt habe, nach Auffassung des erkennenden Senates unzulässig. Allerdings handelte es sich bei dieser (Um-)Deutung durch die Vorinstanzen um einen Akt der rechtlichen Beurteilung, welcher im Rahmen der Rechtsrüge zu relevieren und zu behandeln ist, sodaß die diesen Punkt in der Revision auch als Aktenwidrigkeit monierenden Ausführungen - da nicht Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen wurden - insoweit fehlgehen (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO) und auch keiner der in § 477 Abs 1 ZPO genannten Nichtigkeitsgründe (einen solchen vermag der Revisionswerber im übrigen selbst nicht zu nennen, sondern bezeichnet in Seite 5 seines Rechtsmittels das angefochtene Urteil bloß pauschal "aus diesem Grunde" auch als nichtig) zu erfüllen vermag. Zwar ist es zutreffend, daß bei Bestehen von Zweifeln über die mit einem Antrag erfolgte Parteienabsicht neben dem Sozialversicherungsträger auch das Gericht verpflichtet ist, den Parteiwillen - etwa durch Vernehmung der Partei - klarzustellen (SSV-NF 4/22, 5/35); da der in der Revision hiezu (erkennbar als Verfahrensmangel) gerügte Verstoß gegen die Manuduktionspflicht in der Berufung jedoch nicht gerügt worden war, kann er auch in Sozialrechtssachen nicht (erstmals) in der Revision aufgegriffen werden (SSV-NF 1/68, 5/120, 10 ObS 217/95).

4.) Es trifft zu, daß für die seinerzeitige bescheidmäßige Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension (trotz Bescheiderlassung erst nach rechtskräftigem Abschluß des Erkenntnisverfahrens beim Landesgericht [vormals Kreisgericht] Wels zu 27 Cgs 15/88 am 3.4.1989) gemäß § 223 Abs 2 ASVG der - bezogen auf den zugrundeliegenden Antragszeitpunkt 27.3.1985 - Stichtag 1.4.1985 maßgeblich war, sodaß schon aus diesem Grunde die allesamt erst nach diesem Datum gelegenen späteren Versicherungsmonate hierin nicht berücksichtigt werden konnten. Auch wenn der am 19.5.1933 geborene Kläger zum Zeitpunkt der nunmehr verfahrensgegenständlichen Antragstellung vom 24.5.1994 die Voraussetzungen für eine (vorzeitige) Alterspension erfüllt hat, was von der beklagten Partei - und ihr folgend von beiden Vorinstanzen - im Ergebnis zur Umdeutung seines Antrages geführt hat, rechtfertigt dies nach der besonderen Konstellation des vorliegenden Falles doch nicht, den ausdrücklich auf Gewährung einer (neu berechneten) Berufsunfähigkeits- pension gerichteten Antrag als auf vorzeitige Alterspension gerichtet zu qualifizieren. Auch wenn im gesamten Verfahren nicht näher begründet und auch in der Revision ausschließlich rechtspolitisch motiviert, so kann doch eine Interesse des Klägers auf (Weiter)Bezug seiner Berufsunfähigkeitspension anstelle einer vorzeitigen Alterspension nicht von vorneherein verneint werden, sind doch etwa die Bedingungen im Falle des Bezuges eines Einkommens aus einer Erwerbstätigkeit neben dem Pensionsbezug bei einer vorzeitigen Alterspension (Wegfallbestimmungen nach §§ 253 a Abs 2, 253 b Abs 2 iVm § 270 ASVG) wesentlich strenger als bei einer Berufsunfähigkeitspension. Schon allein daraus ist auch seine vom Erstgericht allein mit dem nunmehrigen Höherbezug von S 14,- begründete Beschwer (als unter Umständen auch von den Rechtsmittelinstanzen von Amts wegen aufzugreifendes Rechtsschutzinteresse im Rechtsmittel: Kodek in Rechberger ZPO Rz 9 vor § 461) jedenfalls zu bejahen.

5.) Aus alldem folgt zunächst, daß die Entscheidung der beklagten Partei im angefochtenen (und insoweit durch die Klage außer Wirksamkeit gesetzten) Bescheid nicht durch einen Antrag gedeckt war. Da andererseits jedoch der (tatsächlich gestellte) Antrag auf Neuberechnung der Berufsunfähigkeitspension ausschließlich auf Versicherungszeiten nach dem Stichtag 1.4.1985 im Gesetz weder vorgesehen noch gedeckt ist, hätte der Antrag in rechtlich richtiger Konseqenz insoweit abgewiesen werden müssen. Sollte die beklagte Partei bereits in ihrem seinerzeitigen Gewährungsbescheid zu Unrecht nicht alle Zeiten berücksichtigt haben, so hätte auch dies keinen Antrag auf Neuberechnung gerechtfertigt, vielmehr könnte ein darin gelegener offensichtlicher Fehler nur nach § 101 ASVG (im Rahmen einer rückwirkenden Herstellung des gesetzlichen Zustandes bei Geldleistungen) wahrgenommen werden, welche Entscheidung jedoch - wie der erkennende Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat (SSV-NF 3/76 und jüngst SSV-NF 9/39 = infas 1996, 35) - der Überprüfung durch die Arbeits- und Sozialgerichte entzogen ist. Mangels darauf gerichteten Antrages ist auf die (weiteren) Voraussetzungen einer vorzeitigen Alterspension nicht weiter einzugehen. Im übrigen hat auch schon das Oberlandesgericht Wien (damals noch als zweite und letzte Instanz in Leistungsstreitigkeiten) in der in SV-Slg 35.619 veröffentlichten Entscheidung ausgesprochen, daß die Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension stets eines Antrages des Versicherten bedarf, und zwar auch dann, wenn dieser - wie hier - bereits eine Berufsunfähigkeitspension bezieht. Eine vorzeitige Alterspension hat der Kläger hier jedoch nicht nur nicht beantragt, sondern lehnt eine solche auch ausdrücklich ab. Erst im Falle eines tatsächlichen Antrages auf vorzeitige Alterspension könnte es zu einer Neuberechnung unter Zugrundelegung des hiefür maßgeblichen Stichtages kommen.

6.) Damit ist - abschließend - aber auch noch auf die Anerkenntnisfiktion des § 71 Abs 2 ASGG (idS Art I Z 25 der ASGG-Nov 1994 BGBl 624) einzugehen (siehe hiezu ausführlich Fink, ASGG 178 ff). Danach ist nämlich nach Einbringung der Klage in einer Sozialrechtssache nach (hier) § 65 Abs 1 Z 1 ASGG "die Leistungsverpflichtung, die dem außer Kraft getretenen Bescheid entspricht, als vom Versicherungsträger unwiderruflich anerkannt anzusehen" und hat "der Versicherungsträger gegenüber dem Kläger - trotz des Außerkrafttretens des Bescheides - seine als unwiderruflich anerkannt anzusehende Leistungsverpflichtung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens vorläufig weiter zu erfüllen". Dies ist hier insofern von Beachtlichkeit, als im Zusammenhang mit der von der beklagten Partei gewährten vorzeitigen Alterspension eine Erhöhung der bisherigen Leistung um S 14,- erfolgte, welche auf der Neuberechnung der - wenngleich nach dem Vorgesagten nicht beantragten - Alterspension zu dem von der beklagten Partei auf Grund des Antrages vom 24.5.1994 angenommenen neuen Stichtag beruhte. Wie bereits Fink zutreffend aaO (Anm 2.3.3) ausgeführt hat, handelt es sich bei dieser Anerkenntnisfiktion um ein aus dem (außer Kraft getretenen) Bescheid "mutiertes" Anerkenntnis; wenn der Bescheid selbst (etwa in dem von Fink genannten Beispiel des Hervorkommens eines Wideraufnahmegrundes nach § 69 Abs 1 AVG) nicht nur klagegemäß, sondern rechtsfolgengemäß "aus den Angeln gehoben" wird, ist es nur schwer einsichtig, daß die in einem solchen Bescheid angeordnete Rechtsfolge via Anerkenntnisfiktion mit einer höheren Bestandkraft ausgestattet würde als der vorangegangene Bescheid selbst. Wenn also ein Kläger - wie im hier zugrundeliegenden Fall - eine gewährte Leistung mit der (auch zutreffenden) Begründung ablehnt, er habe sie gar nicht beantragt, diese ihm also bereits dem Grunde nach nicht bescheidmäßig zusteht, dann kann folgerichtig auch keine Bindung an die Höhe dieser Leistung "als anerkannt" fingiert werden. Bestand (Art) der Leistung und Höhe derselben stehen insoweit in einem untrennbaren Zusammenhang. Das Gericht hat daher über das Klagebegehren auf der Grundlage des ursprünglichen Rechtsverhältnisses zu entscheiden und kann somit - in Abgehung vom fingierten Anerkenntnis - in diesem Belang auch eine verschlechternde Entscheidung fällen. Jede andere Beurteilung würde zu dem nicht haltbaren Ergebnis führen, dem Versicherten zwar den früheren Leistungsbezug, gleichzeitig aber die (unter der Prämisse eines gänzlich anderen Leistungstitels errechnete) höhere Monatsleistung zuzuerkennen. Insoweit steht also unter den dargestellten Prämissen § 71 Abs 2 ASGG dem Zuspruch einer geringeren als der im Bescheid zuerkannten Leistung hier nicht entgegen.

7.) Damit steht jedoch fest, daß es für den Kläger - jedenfalls seinem Standpunkt folgend derzeit - beim seinerzeitigen (rechtskräftigen) Gewährungs- bescheid vom 3.5.1989 zuzüglich der seither erfolgten Pensionsanpassungen zu verbleiben hat. Da nach dem Außerkrafttreten des verfahrensgegenständlichen Bescheides vom 28.11.1994 durch die eingebrachte Klage für eine Leistung an den Kläger - abgesehen von der vorläufigen Weiterleistung für die Dauer des Verfahrens nach § 71 Abs 2 ASGG - keine Rechtsgrundlage bestünde, war für die in diesem Bescheid ab 1.6.1994 zuerkannte Leistung die Rechtsgrundlage spruchgemäß neu wiederum herzustellen, wobei - den Anträgen des Klägers konform - die beklagte Par- tei nur zur Weiterzahlung seiner Berufsunfähigkeitspension, nicht aber der an ihrer Stelle gewährten Alterspension zu verpflichten war. Da die Pensionshöhe laut diesem Bescheid (Beilage B bzw Blatt 425 im Pensionsakt) unstrittig feststeht und von den Vorinstanzen ebenso unstrittig die Feststellung getroffen wurde, daß die im bekämpften Bescheid zuerkannte vorzeitige Alterspension um S 14,- über der hiedurch umgewandelten Berufsunfähigkeitspension gelegen ist, war unter diesen besonderen Umständen keine Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht nötig, sondern konnte sogleich in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen die richtige Pensionshöhe wie aus dem Spruch ersichtlich festgesetzt werden.

8.) Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Obzwar der Kläger mit der Klage nicht mehr erreichte, als die beklagte Partei mit Bescheid vom 3.4.1989 rechtskräftig festgestellt hatte, war die Einbringung der Revision im Ergebnis notwendig, da nur auf Grund dieses Rechtsmittels die urteilsmäßige Feststellung zur Fortzahlung laut diesem Bescheid möglich war (vgl SSV-NF 3/31). Demgemäß waren dem Kläger aber auch seine tarifmäßig richtig verzeichneten Kosten der Vorinstanzen zuzusprechen.

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