Spruch:
Der außerordentliche Rekurs der beklagten Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Der außerordentliche Rekurs des Nebenintervenienten wird zurückgewiesen.
Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten des Rekursverfahrens für die Erstattung zweier Revisionsrekursbeantwortungen wird abgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger ist öffentlicher Notar in *****. Er wurde 1994 von einem Dritten beauftragt, dessen Liegenschaften zu verkaufen. Ein Notariatssubstitut des Klägers verfaßte einen Übergabsvertrag mit der Stadt I***** als Käuferin. Diese hatte für den Erwerb der Liegenschaften 3 Mio S zu bezahlen und dem Verkäufer einen Pflegeplatz zur Verfügung zu stellen. Der Verkäufer klagte die Käuferin am 3.8.1995 auf Feststellung, daß der abgeschlossene Übergabsvertrag wegen Geschäftsunfähigkeit des Verkäufers bei der Vollmachts- und Auftragserteilung an den Kläger nichtig sei. Darüber hinaus liege eine Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes vor. Über den Grundankauf der Stadtgemeinde I***** erschienen in der *****zeitung zwei Artikel und in einem Bezirksblatt ein Artikel. Die Publikationen stützten sich auf Äußerungen des Beklagten sowie des von ihm bevollmächtigten Rechtsanwalts Dr.S***** und wiesen auf die Geschäftsunfähigkeit des Verkäufers hin. Der Beklagte und sein Rechtsanwalt wurden teilweise wörtlich zitiert, ua die Äußerung des Beklagten "... Sollte der Kläger Recht bekommen, erwarte ich von der für Ihre Seriosität bekannten Notariatskammer, daß Sie klare Schritte gegen das Notariat Z***** einleitet ..." und die Äußerung des Rechtsvertreters des Beklagten "Bisher wurde zum Preis geschwiegen. Hier liegt ein begründeter Verdacht vor, daß Z***** seinen Klienten um die Hälfte des Kaufpreises geprellt hat".
Der Kläger begehrt mit seiner am 1.9.1995 beim Erstgericht eingelangten Klage, gestützt auf § 1330 Abs 1 und 2 ABGB die Unterlassung verschiedener Äußerungen, den Widerruf der Behauptung, das Notariat des Klägers sei unseriös und stellte mehrere Eventualbegehren. Am 10.10.1995 änderte der Kläger sein Klagebegehren und stellte zur Sicherung der Unterlassungsansprüche einen Sicherungsantrag. Dem Beklagten möge mit einstweiliger Verfügung verboten werden, selbst und/oder durch Dritte, insbesondere über die Medien, weitere kreditschädigende Äußerungen, insbesondere Tatsachenbehauptungen wie zB ".. Ich verstehe nicht, wieso sich renommierte Herren im Umkreis des Bürgermeisters auf solche Geschäfte einlassen" und/oder "Ich verstehe nicht, daß Leute, die jeden Sonntag in der Kirche sitzen, es zulassen, daß solche Verträge überhaupt geschlossen werden" und/oder "Erwarte ich von der für Ihre Seriosität bekannten Notariatskammer, daß sie klare Schritte gegen das Notariat Z***** einleitet" und/oder "daß Z***** seinen Klienten um die Hälfte des Kaufpreises geprellt hat" und/oder "befürchtet sogar, daß die Klage aufgrund der Beantwortung zurückgezogen wird" und/oder "Wir wollen den Prozeß" abzugeben.
Das Vorbringen des Klägers zu den zu sichernden Klageansprüchen kann dahin zusammengefaßt werden, daß dem Kläger bei der Abwicklung des Liegenschaftsverkaufes kein Vorwurf der Verletzung von Berufspflichten gemacht werden könne. Sein Notariatssubstitut habe sich von der Zurechnungsfähigkeit des Verkäufers überzeugen können. Der vereinbarte Preis (Geldleistung und kostenloser Pflegeplatz) sei für den Verkäufer günstig gewesen. Durch die Äußerungen des Beklagten werde dem Kläger ein unseriöses, standeswidriges Verhalten unterstellt.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und des Sicherungsantrages. Er habe sich im öffentlichen Interesse für die Rückabwicklung des Rechtsgeschäftes eingesetzt und sich wahrheitsgemäß darüber geäußert, daß der mit einer Abschlußvollmacht von einem Geschäftsunfähigen ausgestattete Kläger ein für seinen Klienten nachteiliges Rechtsgeschäft abgeschlossen habe.
Mit der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes wurde dem Beklagten für die Dauer des Rechtsstreits verboten, "selbst und/oder durch Dritte, insbesondere über die Medien, weitere kreditschädigende Äußerungen, insbesondere Tatsachenbehauptungen wie zB "Erwarte ich von der für ihre Seriosität bekannten Notariatskammer, daß sie klare Schritte gegen das Notariat Z***** einleitet" und "daß Z***** einen Klienten um die Hälfte des Kaufpreises geprellt hat" abzugeben. Das Mehrbegehren des Klägers wurde rechtskräftig abgewiesen.
Nach Erlassung der einstweiligen Verfügung gab der Beklagte die Bevollmächtigung eines anderen Rechtsanwalts bekannt (ON 10). Der zuvor eingeschrittene Rechtsvertreter des Beklagten erklärte am 1.12.1995 seinen Beitritt als Nebenintervenient im Prozeß auf seiten des Beklagten (ON 13).
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten gegen die einstweilige Verfügung nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000,-- S übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richten sich die außerordentlichen Revisionsrekurse des Beklagten und des Nebenintervenienten.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig, der Rekurs des Nebenintervenienten ist mangels Rechtsmittellegitimation unzulässig.
Zum Rekurs des Beklagten:
Das Rekursgericht ist nach den vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen (daß der Täter seine Äußerungen in der ungünstigsten Auslegungsform gegen sich gelten lassen muß und daß Äußerungen im Gesamtzusammenhang zu lesen sind) zutreffend zur Auffassung gelangt, daß überprüfbare rufschädigende Tatsachenbehauptungen vorliegen, die auch als beleidigend im Sinne des § 1330 Abs 1 ABGB zu qualifizieren sind. Die Beweislast für die Richtigkeit der Äußerungen traf den Beklagten, der die Wahrheit seiner Behauptungen aber nicht nachgewiesen (bescheinigt) hat. Es ist damit von unwahren Tatsachenbehauptungen auszugehen, sodaß der Beklagte die Zulässigkeit seines Rekurses nicht mit dem (vom Rekursgericht nicht behandelten oder verneinten) Rechtfertigungsgrund des Handelns in Ausübung des öffentlichen Interesses als Gemeindemandatar begründen kann. Die Herabsetzung eines anderen durch unwahre Tatsachenmitteilungen kann im Wege einer vorzunehmenden Interessenabwägung nicht gerechtfertigt sein.
Schwerpunkt der Rekursausführungen des Beklagten zur Zulässigkeit seines Rechtsmittels ist das Argument, daß er nicht für die Äußerungen seines Rechtsanwalts verantwortlich gemacht werden könne. Dies mag für vollmachtslose oder die Vollmacht überschreitende Ehrenbeleidigungen des Rechtsvertreters durchaus zutreffen; hier gingen die Vorinstanzen aber ohne vom Obersten Gerichtshof aufgreifbaren Rechtsirrtum von einem bescheinigten Sachverhalt aus, wonach die namens des Beklagten von seinem Rechtsanwalt abgegebene Erklärung den Vollmachtsrahmen nicht überschritt, was schon mangels entsprechender Behauptungen des Beklagten angenommen werden durfte. Entgegen den Rekursausführungen hat der Kläger zu diesem Thema durchaus ein ausreichendes Parteivorbringen erstattet (S 24 in ON 3:
Der Beklagte habe für die Äußerungen seines Rechtsvertreters einzustehen, "da er diesen durch Übermittlung der entsprechenden Tatsachen dazu angeleitet hat"). Dem hat der Beklagte in seiner Äußerung zum Sicherungsantrag nur Gesetzesstellen über die allgemeinen Standespflichten von Rechtsanwälten entgegengehalten und im übrigen die Wahrheit der Äußerungen des Rechtsvertreters behauptet (ON 6). Die Vorinstanzen konnten daher von einem bescheinigten Sachverhalt ausgehen, wonach der Beklagte gegenüber seinem Rechtsanwalt die beleidigende Tatsachenbehauptung selbst aufgestellt hat (wodurch schon das Tatbild der Verbreitung erfüllt war, weil darunter jede Mitteilung von Tatsachen an eine vom Verletzten verschiedene dritte Person zu verstehen ist: SZ 50/86) und einer Veröffentlichung in seinem Namen zustimmte (also keineswegs eine Vertraulichkeit der Mitteilung bedungen war). Da Ansprüche nach § 1330 ABGB sich nicht nur gegen den unmittelbaren Täter, sondern auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen, die den Täter bewußt fördern, richten (EvBl 1993/160), hat der Beklagte die Äußerung seines Rechtsanwalts gegen sich gelten zu lassen.
Zuletzt releviert der Beklagte, daß ihm nicht die Unterlassung von Erklärungen Dritter sowie die Unterlassung der Behauptungen im gegenständlichen Prozeß aufgetragen werden könne. Zu ersterem ist ihm zu entgegnen, daß der angefochtene Spruch der einstweiligen Verfügung "selbst und/oder durch Dritte" keineswegs eine Erfolgshaftung für Äußerung Dritter zur Folge hat, sondern nur alle mittelbaren Tathandlungen des Beklagten im Sinne der obigen Ausführungen der Haftung von Mittätern, Anstiftern und Gehilfen umfaßt. Was den zweiten Einwand betrifft, so kann dem Rekurswerber zwar zugestanden werden, daß der Wortlaut des Sicherungsgebotes auch wiederholende Prozeßbehauptungen umfaßt, daß diesbezüglich aber ein Rechtfertigungsgrund des Interesses an einer ordnungsgemäßen Rechtspflege vorliegt. Es wäre aber verfehlt und in vielen Fällen auch gar nicht möglich, alle nur denkmöglichen, im Verfahren nicht geltend gemachten Rechtfertigungsgründe, die bei Zuwiderhandeln gegen den Exekutionstitel vom Verpflichteten ins Treffen geführt werden könnten, schon bei der Schaffung des Exekutionstitels zu berücksichtigen. Dem Verpflichteten steht jedenfalls die Geltendmachung von Rechtfertigungsgründen im Impugnationsstreit offen, wenn man nicht ohnehin die Ansicht vertritt, daß das im Sicherungsverfahren erlassene Verbot bestimmter wahrheitswidriger Äußerungen nur Äußerungen außerhalb des Hauptverfahrens betrifft und daher das Beharren auf dem Prozeßstandpunkt, die Äußerungen seien wahr, vom Sicherungstitel nicht umfaßt ist. Eine (amtswegig wahrzunehmende) zu weite Fassung des Unterlassungstitels lag jedenfalls nicht vor. Anderes könnte nur dann angenommen werden, wenn schon im Sicherungsverfahren aufgrund der Parteienbehauptungen erkennbar gewesen wäre, daß der Sicherungswerber das Verbot auch in bezug auf Prozeßbehauptungen im Hauptverfahren anstrebt. Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor.
Zum Revisionsrekurs des Nebenintervenienten:
Das Sicherungsverfahren ist ein vollkommen selbständiges Verfahren und nicht etwa ein Bestandteil des Prozeßverfahrens. Im Sicherungsverfahren kann der dem Prozeßverfahren beigetretene Nebenintervenient daher weder Anträge stellen noch für die Hauptpartei handeln, noch kann er gegen Entscheidungen über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung Rechtsmittel ergreifen (ÖBl 1973, 53 mwN). Der außerordentliche Rekurs des Nebenintervenienten ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
Zum Antrag der Klägerin auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsrekursbeantwortungen:
Für die Beantwortung des Rekurses des Beklagten waren gemäß § 508a Abs 2 Satz 3und § 521a Abs 2 ZPO iVm §§ 78, 402 EO keine Kosten zuzusprechen.
Der dem Hauptverfahren beigetretene Nebenintervenient ist im Sicherungsverfahren weder Partei noch Nebenintervenient. Gegenüber einer Nichtpartei besteht grundsätzlich kein auf die prozessualen Bestimmungen über den Kostenersatz zu stützender Kostenersatzanspruch.
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