OGH 13Os17/96

OGH13Os17/9610.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.April 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Petschnigg als Schriftfüh- rerin, in der Strafsache gegen Christian B***** wegen des Verbrechens nach §§ 12 Abs 1 zweiter und dritter Fall SGG und 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22.November 1995, GZ 4 a Vr 3705/95-74, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr.Bierlein und des Verteidigers Dr.Mag.Jelinek, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch dieses Angeklagten enthaltenden) Urteil wurde Christian B***** des teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs begangenen Verbrechens nach §§ 12 Abs 1 zweiter und dritter Fall SGG und 15 StGB (I.A.), der Vergehen nach § 16 Abs 1 vierter und fünfter Fall SGG (I.B.), der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II.) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (III.) sowie des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (IV.) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien und andernorts

(zu I.) den bestehenden Vorschriften zuwider

(A.) am 10.Juni 1994 im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten Mittätern Kurt P***** und Renate A***** eine große Menge Suchtgift, nämlich 2.270 Gramm Haschisch und 0,4 Gramm Marihuana, aus den Niederlanden ausgeführt, nach Deutschland eingeführt (und von dort auszuführen) und nach Österreich einzuführen getrachtet;

(B.) im Zeitraum von 1987 bis Ende Mai 1995 wiederholt Suchtgift, nämlich Heroin, Kokain, Marihuana und Haschisch, erworben und besessen;

(zu II.) am 31.Jänner 1995 Gerald E***** durch Vorhalten eines Klappmessers, mithin durch gefährliche Drohung zumindest mit einer Verletzung am Körper, zu einer Handlung, nämlich zum Loslassen seiner Jacke, genötigt;

(zu III.) am 18.März 1995 Sabine Ku***** und Roland Ko***** durch die Äußerung "wenn der deppert reden tut, hau' i' eam den Schädl ein, und wenn der keine Ruhe gibt, dir auch", gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

(zu IV.) am 26.März 1995 Sabine Ku***** durch Versetzen mehrerer Stöße gegen den Körper, sohin mit Gewalt gegen ihre Person, eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Bargeldbetrag in der Höhe von 3.000 S, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft die Schuldsprüche mit einer auf die Z 4, 5, 5 a, 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; indes zu Unrecht.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Ablehnung seiner in der Hauptverhandlung vom 22.November 1995 gestellten Beweisanträge (S 500 f/I) Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Inwiefern die (angebliche) Mittellosigkeit des Angeklagten bzw sein Besitz eines Bargeldbetrages von 500 S zum Zeitpunkt der Begegnung mit der Zeugin Alexandra N***** im Anschluß an den ihm vorgeworfenen (an einem anderen Tatort verübten) Raubüberfall (IV.) - so die (teils widersprüchliche) Tatsachenbehauptung vor dem erkennenden Gericht (S 500/I) - einen Aufschluß über den (zudem einen irrelevanten Umstand betreffenden) tatsächlichen Umfang der Raubbeute geben könnte, wird im Beweisantrag nicht näher dargetan.

Die (teils zudem unsubstantiiert) erst in der Rechtsmittelschrift - und damit prozeßordnungswidrig ver- spätet - thematisierte Frage des Wissens der namhaft gemachten Zeugin über die (überdies unerhebliche) konkrete Vermögenslage des Beschwerdeführers als dessen "Vertrauensperson" muß ebenso außer Betracht bleiben wie der bloß auf einen Erkundungsbeweis abzielende (und auf hypothetische Überlegungen gestützte) Einwand der Unmöglichkeit, die inkriminierte Summe von 3.000 S innerhalb des Zeitraums zwischen dem Verlassen des Tatortes und dem Zusammentreffen mit der Zeugin zu verbergen oder zu verbrauchen.

Von der ferner in der Verfahrensrüge (Z 4) reklamierten zeugenschaftlichen Vernehmung des Franz M***** zum Schuldspruchfaktum III hat das Schöffengericht ebenfalls zu Recht Abstand genommen (S 500/I f), weil dem Begehren selbst im Fall der Bestätigung der unter Beweis gestellten Tatsache (wonach eine Bedrohung der Sabine Ku***** in Gegenwart des angeführten Zeugen nicht stattgefunden habe) von vornherein die Eignung fehlt, die belastenden Aussagen der beiden Tatopfer (Sabine Ku***** und Roland Ko*****) über den Inhalt der erst später - in Abwesenheit des Zeugen M***** - im Rahmen eines Ferngespräches erfolgten Drohung in Zweifel zu ziehen.

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet zunächst zum Schuldspruch wegen des Suchtgiftverbrechens (I.A.) unter Bezugnahme auf isoliert betrachtete Urteilspassagen sowie unter Wiederholung der ein vorsätzliches Verhalten leugnenden Verantwortung das Vorliegen bloßer Scheingründe zur festgestellten inneren Tatseite.

Die Beschwerde übersieht dabei, daß die vom Schöffensenat zur Begründung der Feststellungen über die Verwirklichung der subjektiven Komponenten des tataktuellen, insgesamt 2.270 Gramm Haschisch und 0,4 Gramm Marihuana erfassenden Schmuggels herangezogenen Indizien auf logischen Prämissen beruhen, und das Wesen der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) keine zwingenden, auf einer lückenlosen Beweiskette aufbauenden Schlußfolgerungen verlangt, sondern das Gericht berechtigt, seine Überzeugung von der Schuld des Angeklagten auch auf Wahrscheinlichkeitsschlüsse zu stützen (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 258 E 26-30). Die Tatrichter haben der ein doloses Zusammenwirken der Komplizen am gegenständlichen Suchtgifttransport bestreitenden Darstellung des Beschwerdeführers vor allem unter Berücksichtigung des (von ihm zugestandenen) äußeren Tatgeschehens - Nahebeziehung der drei drogenabhängigen Mittäter, ausschließlich im Suchtgifterwerb gelegener Zweck der gemeinsamen Reise nach Amsterdam, gemeinsamer Konsum eines Teils des dort erworbenen Suchtgifts, gemeinsame Rückfahrt von Holland über Deutschland nach Österreich unter Mitführen der von Kurt P***** mit Wissen des Angeklagten hinter der Türverkleidung des PKWs versteckten, in drei Teile portionierten Haschischmenge - die Glaubwürdigkeit versagt (US 6 f, 10 f, 14 f). Da aus dem äußeren Verhalten durchaus lebensnah und logisch einwandfrei auf die vorsätzliche Mitwirkung des Beschwerdeführers (zumindest in Form des dolus eventualis) am Verbringen des gesamten Suchtgifts aus den Niederlanden über Deutschland an die österreichische Grenze zum Zwecke der Einfuhr geschlossen wurde, beruht die strafrechtliche Haftung des Angeklagten für den vollen Umfang der von diesem Tatgeschehen erfaßten Suchtgiftmengen auf mängelfreien Konstatierungen; die vom Erstgericht herangezogenen Indizien stellen nämlich zwar nicht einzeln für sich allein, wohl aber in ihrem Zusammenhang eine ausreichende Begründung der Urteilsannahme dar, daß der Nichtigkeitswerber beim vorsätzlichen Überschreiten der jeweiligen Staatsgrenzen (Mit-)Gewahrsam an der sichergestellten Haschischmenge hatte und diese nach Österreich schmuggeln wollte.

Zum Faktum I.B. releviert die Mängelrüge Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe aus tatsächlicher (Z 5) und rechtlicher (insoweit inhaltlich auch Z 9 lit a) Sicht mangels konkreter Erörterungen sowohl in bezug auf den Beginn des Tatzeitraums als auch hinsichtlich der tat- betroffenen Suchtgiftmengen, führt damit aber nur unmaßgebliche Umstände ins Treffen: Denn zum einen kommt der hier im übrigen ohnehin ausreichend determinierten (US 3 iVm US 6) Tatzeit keine wesentliche Bedeutung zu (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 260 E 32 ff; § 262 E 31), zum anderen setzt der Tatbestand des § 16 Abs 1 SGG kein bestimmtes Mindestsuchtgiftquantum voraus, sondern verlangt nur, daß es sich um (vorliegendenfalls nicht in Zweifel gezogene) erfaßbare Mengen handelt (Mayerhofer/Rieder Nebenstrafrecht3 § 16 SGG E 6).

Soweit in diesem Zusammenhang (wenngleich hier im Rahmen eines Nichtigkeitsgrundes verfehlt, s. Mayerhofer/Rieder StGB4 § 31 E 90, 13 Os 178, 179/95 uva) die Nichtanwendung des § 31 StGB in bezug auf das vom Amtsgericht Passau am 5.Oktober 1994 ergangene Urteil (S 391/I Pkt 15) aufgezeigt wird, ist zu erwidern, daß dieses dem bekämpften Urteil ohnehin zugrundegelegte (US 7) deutsche Erkenntnis jene unerlaubte Suchtgifteinfuhr nach Deutschland betrifft, die von Punkt I.A. des (zufolge österreichischer Strafgewalt gemäß § 64 Abs 1 Z 4 StGB ergangenen) Schuldspruchs nach § 12 Abs 1 SGG erfaßt ist, weshalb hinsichtlich dieser Auslandstat § 66 StGB zur Anwendung gebracht wurde (siehe Leukauf-Steininger Komm3 § 64 RN 38, § 66 RN 1 ff).

Der Einwand zum Schuldspruch III, daß die gegenständliche (im Zuge eines Telefongespräches gefallene) Äußerung lediglich eine "milieubedingte Unmutsäußerung" vorliege, schlägt (auch) unter dem Gesichtspunkt der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO (angebliche Unvollständigkeit der Urteilsbegründung zur subjektiven Tatseite) fehl. Das Schöffengericht hat nämlich den Umstand, daß der Angeklagte nach seinem Vorleben "in der Wahl seiner Worte und auch Mittel nicht gerade zimperlich ist" (US 12) ohnehin, allerdings nicht in der vom Beschwerdeführer angestrebten Weise gewürdigt. Seine Lösung der Tatfrage nach dem Sinn der Äußerung ist mit dieser Charakterisierung des Angeklagten durchaus vereinbar.

Eine Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe in bezug auf wesentliche Tatumstände (Z 5) zeigt die Beschwerde auch mit ihrer auf das Faktum IV (Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB) bezogenen Behauptung unzureichender Erörterung der Aussage der Zeugin Sabine Ku***** nicht auf. Deren Angaben im Vorverfahren über die (dort mit 4.000 S bezifferte) Höhe der Beute (S 399 f, 405/I) ist nämlich mit - den Schadensbetrag auf 3.000 S eingrenzenden - Teilen ihrer Darstellung in der Hauptverhandlung (S 492 ff, insb S 496/I) durchaus in Einklang zu bringen, weil die Zeugin in ihrer Tatschilderung vor dem erkennenden Gericht ihre früheren (kursorischen) Angaben dahin präzisierte, dem Angeklagten zunächst freiwillig (wenngleich über sein Drängen) 1.000 S aus ihrer Sozialunterstützung (von insgesamt 4.000 S) überlassen zu haben, sodaß der von ihm in der Folge unter Einsatz von Gewalt erbeuteten Bargeldbetrag den Rest in der Höhe von 3.000 S umfaßte.

Durch die aktengetreue Verwertung dieser detaillierten - für überzeugend erachteten - Aussage kam das Erstgericht seiner formalen Begründungspflicht unter Beachtung des Gebotes der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) mängelfrei nach (US 12 f).

Mit den ferner ins Treffen geführten widersprüchlichen Bekundungen der Zeugin zum von der Anklagebehörde als Freiheitsentziehung beurteilten Tatsachenkomplex (S 37 in ON 41; S 492/I) haben sich die Tatrichter gleichfalls hinlänglich auseinandergesetzt (US 9, 12, 16).

Entgegen dem weiteren Beschwerdeeinwand kann auch von (erheblichen) Bedenken gegen die Richtigkeit der erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen (Z 5 a) zum Schuldspruch I.A. (Verbrechen nach § 12 Abs 1 SGG) keine Rede sein. Das Bestreben des Nichtigkeitswerbers, die Beweiskraft seiner eigenen Verantwortung zum inneren Vorhaben mit dem Hinweis auf punktuell hervorgehobene Verfahrensresultate aufzuwerten, erschöpft sich in einer bloßen Bekämpfung der der Tatsacheninstanz zustehenden freien Beweiswürdigung.

Mit dem Vorbringen zum Faktum III (Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB), wonach die unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 geltend gemachten Einwände undifferenziert auch als Ausführung der Tat- sachenrüge gelten sollen, wird der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO (der gesonderte und eigenständige Voraussetzungen hat) erneut nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt.

Im übrigen bezieht sich die Tatsachenrüge zur Urteilstat III auf vom Schöffengericht ohnehin berücksichtigte Umstände - wie Divergenzen über den Wortlaut der Drohung in den Angaben des Roland Ko***** sowie angebliche Absprachetendenzen zwischen diesem Zeugen und dem Zeugen Patrick A***** (US 11 f) - mit dem erfolglosen Begehren, die vom Schöffengericht vorgenommene Abwägung der Beweisergebnisse zu revidieren.

Als verfehlt erweist sich schließlich auch das weitere Vorbringen der Rechtsrüge, soweit sie noch unter dem Aspekt des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO die Annahme der Mittäterschaft zum Faktum I.A. als rechtsirrig bekämpft bzw Feststellungsmängel zu diesem Schuldspruchspunkt reklamiert.

Mittäterschaft setzt die - allenfalls in Form arbeitsteiligen Zusammenwirkens mit anderen erfolgte - Vornahme der Art nach deliktstypischer Ausführungshandlungen voraus (Leukauf-Steininger Komm3 § 12 RN 21 uva), was bei der gegenständlichen Ein- und Ausfuhr von Suchtgift im Sinne des § 12 Abs 1 vierter und fünfter Fall SGG demnach eine Tätigkeit erfordert, durch welche das Suchtgift aus einem Ausfuhrland über eine Staatsgrenze in das Einfuhrland verbracht wird (Foregger/Litzka SGG2 § 12 Erl V). Dies trifft auf den Angeklagten zu, weil er nach den Urteilsprämissen das (im gemeinsam benützten PKW versteckte) Suchtgift im Rahmen der einzelnen Grenzübertritte als Mittäter im gemeinsamen Gewahrsamsbereich hatte und sich sein Vorsatz auf den Schmuggel der Gesamtmenge bezog (US 7, 10 und 14 f).

Unzutreffend ist auch der rechtliche Einwand, der Urteilstat III komme als "Musterbeispiel einer milieu- bedingten Unmutsäußerung" ein "strafrechtlich relevanter Bedeutungsinhalt" nicht zu: Der Schöffensenat hat nämlich die in Frage gestellte Eignung der inkriminierten fernmündlichen Äußerung, bei den Bedrohten begründete Besorgnis hervorzurufen, unter Anlegung des gebotenen objektiv-individuellen Maßstabes (Leukauf-Steininger Komm3 § 74 RN 21) angesichts des Wortlautes und der Tragweite der (ohnehin nicht als "Morddrohung" beurteilten) Ankündigung des "Schädeleinhauens" betreffend bejaht.

Ins Leere geht auch die gegen das Faktum II (Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB) gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit b), welche sich in (zudem aktenwidrigen s. S 245/I f, S 472/I f) Spekulationen über die Beschaffenheit des als Nötigungsmittel verwendeten Messers (unaufgeklappter Zustand der Klinge) verliert und so in Abkehr von der Urteilsgrundlage das Vorliegen einer Notwehr behauptet.

Die Beschwerde negiert dabei die Ausführungen des erstgerichtlichen Urteils, wonach der Angeklagte dem Tatopfer Gerald E***** anläßlich der vorangegangenen wörtlichen Auseinandersetzung über die Qualität des von diesem zum Kauf angebotenen Suchtgifts ein Heroinbriefchen aus der Hand schlug, worauf E***** den im Weggehen begriffenen Angeklagten an der Jacke erfaßte und 600 S (für das zu Boden gefallene Heroin) verlangte (US 8). Entgegen der Auffassung des Nichtigkeitswerbers bedeutet das solcherart festgestellte - kurzfristige - Festhalten an der Kleidung zum Zweck der Erlangung einer (vermeintlich zustehenden) Entschädigung für das unbrauchbar gewordene Suchtgift vorliegend keinen Angriff auf die persönliche Freiheit, da weder ein "Gefangenhalten" im eigentlichen Sinn noch eine diesem gleichgestellte (oder ähnliche) ernstliche Bewegungseinschränkung des (noch dazu in Begleitung befindlichen) Angeklagten gegeben oder auch nur zu befürchten war.

Für die Annahme einer Notwehrsituation - auf die sich der Angeklagte im übrigen nie berufen hat (S 251/I, 265/I, 472/I) - bleibt sohin kein Raum.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) begehrt zunächst die Unterstellung des zum Schuldspruch IV (Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB) konstatierten Sachverhaltes unter die Bestimmung des § 131 StGB, weil sich die (das Bargeld bergende) Jacke des Opfers zum Zeitpunkt des Gewalteinsatzes bereits im Alleingewahrsam des Angeklagten befunden habe, sodaß ein durch das Raubmittel bewirkter Gewahrsamsbruch nicht vorgelegen sei.

Hiebei werden jedoch die Elemente des strafrechtlichen Gewahrsamsbegriffs verkannt: Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung erfordert der Gewahrsam als objektive Komponente ein faktisches Herrschaftsverhältnis zur Sache, das einzelfallspezifisch nach der verständigen Verkehrsauffassung zu prüfen ist (Leukauf-Steininger Komm3 RN 21; Kienapfel BT II3 RN 56, jeweils zu § 127). Ferner wird als subjektives Element ein (gleichfalls an Hand sozialer Gepflogenheiten zu interpretierender) - auf Aufrechterhaltung des Gewahrsams gerichteter - Herrschaftswille verlangt (Leukauf-Steininger aaO und RN 24; Kienapfel aaO RN 66 ff). In Anbetracht der nach den Urteilsannahmen weiterhin gegebenen Einwirkungsmöglichkeit der Sabine Ku***** auf die noch in ihrer Wohnung befindliche Sache in Verbindung mit dem (evidentermaßen vorhandenen Herrschaftswillen (US 9, 15 f) war ihr Gewahrsam an der Jacke samt dem darin befindlichen Bargeld keineswegs beseitigt; erst die durch Gewaltanwendung gegen das Opfer ermöglichte Ansichnahme des Geldes bewirkte den Gewahrsamswechsel.

Die Beurteilung der Tat als Raub erweist sich mithin als rechtlich einwandfrei.

Die eine Ahndung der Urteilstat IV nach § 142 Abs 2 StGB anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) geht schon deshalb fehl, weil der Raub von 3.000 S nicht an einer Sache geringen Wertes begangen wurde (Leukauf-Steininger aaO RN 31; Foregger/Serini5 Erl V; Kienapfel BT II3 RN 106, jeweils zu § 142).

Da der Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz des Angeklagten beim vorliegenden vollendeten Raub nach den Urteilsannahmen die gesamte (ausschließlich aus Bargeld bestehende) Beute (von 3.000 S) erfaßt hat (US 3, 10, 14 und 16), sind die (hypothetisch) auf eine andere Wertvorstellung bezogenen Beschwerdeargumente nicht prozeßordnungsgemäß.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zur Gänze zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 142 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren. Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit drei Vergehen, den langen Tatzeitraum betreffend den Erwerb und Konsum von Suchtgiften, den raschen Rückfall und die Vielzahl von auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen, als mildernd das Teilgeständnis, daß das Suchtgiftverbrechen teilweise beim Versuch blieb, den freiwilligen Entzug und die Begehung der Eigentumsdelikte als "Begleitkriminalität".

Gegen den Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit welcher er die Herabsetzung des Strafausmaßes und die bedingte Strafnachsicht anstrebt.

Die Berufung ist nicht berechtigt. Weder liegt eine nur völlig untergeordnete Beteiligung am Faktum I.A. vor noch eine dem minderschweren Raub bzw dem räuberischen Diebstahl nahekommende Tatausführung bei Faktum IV. Vor allem aber beruhen entgegen der Meinung der Berufung alle bislang vom Angeklagten erlittenen Abstrafungen auf den gleichen schädlichen Neigungen wie der nunmehr zur Aburteilung gelangte Raub, die Nötigung und die gefährliche Drohung.

Das Schöffengericht hat sohin die Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig und richtig erfaßt und auch sorgfältig gegeneinander gewichtet, sodaß die verhängte Freiheitsstrafe dem Unrechtsgehalt der Taten und der Täterschuld entspricht. Sie war damit einer Reduktion nicht zugänglich. Eine bedingte Strafnachsicht des gefundenen Strafmaßes ist von vornherein ausgeschlossen (§ 43 Abs 1 StGB).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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