Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 5.358,14 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 893,02, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 18.10.1994 ereignete sich gegen 9,50 Uhr in A***** im Bereich der Häuser L*****platz Nr 2 und 4 ein Verkehrsunfall zwischen dem vom Erstbeklagten gelenkten und gehaltenen, bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW der Marke Peugeot und dem von Günter A***** gelenkten, von der Klägerin gehaltenen PKW der Marke BMW, bei dem beide Fahrzeuge beschädigt wurden. Die Klägerin begehrt den Ersatz des Sachschadens von S 65.880,10 mit der Behauptung, der Erstbeklagte habe als von links Kommender den ihr zukommenden Rechtsvorrang verletzt.
Die beklagten Parteien wendeten ein, der Lenker des PKWs der Klägerin sei allein am Unfall schuld, weil er aus einer gemäß § 19 Abs 6 StVO untergeordneten Verkehrsfläche gekommen sei. Hilfsweise wurde eine Gegenforderung aufrechnungsweise geltend gemacht.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im wesentlichen statt und stellte die Gegenforderung der beklagten Parteien als nicht zu Recht bestehend fest.
Dabei ging es im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:
Die Unfallstelle befindet sich im Ortsgebiet von A***** nördlich der A*****-Bundesstraße im Bereich der Häuser L*****platz Nr 2 und 4. An die A*****-Bundesstraße schließt ein Gehsteig an und an diesen eine langgezogene Grüninsel. Aus Richtung Westen (auf der A*****-Bundesstraße) sich nähernde Verkehrsteilnehmer können im Bereich des Hauses L*****platz Nr 6 über eine 5,5 m breite Verkehrsfläche in einen Bereich links der Bundesstraße einfahren, wobei sich diese Verkehrsfläche sukzessive verbreitert und nach 30 m durch eine Grüninsel geteilt wird. Der südlich der langgestreckten Grüninsel befindliche - sich kontinuierlich verbreiternde - Bereich findet als Parkplatz Verwendung; es sind dort Schrägparkplätze gekennzeichnet und ist im Bereich der Einfahrt (von der A*****-Bundesstraße kommend) auf der rechten Seite das Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 1 a StVO angebracht. Der Bereich rechts (südlich) der Grüninsel ist 10,5 m breit und verbreitert sich über 38,5 m auf 13 m. Der links der Grüninsel befindliche Bereich ist 4,5 m breit und verläuft geradlinig im Anschluß an die Häuser L*****platz 6, 4 und 2. Diese Verkehrsfläche, die gegenüber einer zur A*****-Bundessstraße führenden Gemeindestraße durch eine (weiße) Randlinie begrenzt wird, enthält keine Parkmarkierungen, doch war zum Unfallszeitpunkt rechts ein PKW abgestellt, der die Sicht nach rechts stark beeinträchtigte.
Der Zeuge A***** lenkte den PKW der Klägerin von der Bundesstraße kommend auf der südlich der Grüninsel gelegenen Verkehrsfläche in Richtung Osten, um sodann den 7,5 m breiten Durchlaß zwischen den zwei dort befindlichen Grünflächen als Zufahrt zu einer Garage zwischen den Häusern L*****platz 2 und 4 zu benutzen. Er fuhr mit einer Geschwindigkeit von 15 km/h. Der Erstbeklagte fuhr ebenfalls mit ca 15 km/h und einem Abstand von ca 0,5 m von dem rechts geparkten PKW nördlich der langgezogenen Grüninsel in Richtung Osten. Da die Sicht beider Fahrzeuglenker aufeinander durch den nördlich der Grüninsel abgestellten PKW und andere südlich der Grüninsel geparkte Fahrzeuge stark beeinträchtigt war, konnten beide Fahrzeuglenker einander erst 0,8 bis 1 Sekunde vor der Kollision (in einem Abstand zueinander von nur mehr 3 bis 4 m) erkennen. Da das Fahrzeug der Klägerin über 3,5 bis 4 m in die Fahrbahn des vom Erstbeklagten gelenkten Fahrzeuges ragte, stießen beide Fahrzeuge gegeneinander. Der Schaden der Klägerin betrug S 65.880,10, die Reparaturkosten am PKW des Erstbeklagten beliefen sich auf S 45.854. Der PKW des Erstbeklagten war kaskoversichert, weshalb dieser nur S 3.999,36 zu bezahlen hatte.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, beide Fahrzeuglenker seien auf im Sinne des § 19 Abs 6 StVO untergeordneten Verkehrsflächen gefahren. Beide Verkehrsflächen würden einerseits zu Parkzwecken dienen und stellten anderseits Nebenfahrbahnen der A*****-Bundesstraße dar. Da sie etwa dieselbe Länge hätten und die Breite der vom klägerischen Fahrzeug benützten Verkehrsfläche nicht unerheblich größer sei, bestehe kein Anlaß, eine der von den Streitteilen benutzten Flächen gegenüber der anderen als untergeordnet anzusehen. Damit sei aber dem Lenker des Fahrzeuges der Klägerin der Rechtsvorrang zuzubilligen. Der Erstbeklagte hätte sich daher nur mit Schrittgeschwindigkeit in den nach der Grüninsel befindlichen Bereich vortasten dürfen. Da er dies nicht getan habe, sei von seinem alleinigen Verschulden auszugehen.
Das von den beklagten Parteien angerufene Berufungsgericht änderte die angefochtene Entscheidung und wies das Klagebegehren zur Gänze ab; die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt.
Das Berufungsgericht führte zur Rechtsfrage aus, es sei für die Frage, ob eine untergeordnete Verkehrsfläche nach § 19 Abs 6 StVO vorliege, entscheidend, ob sich die Verkehrsfläche für die Benützer der beiden Straßen während der Fahrt nach objektiven Kriterien in ihrer gesamten Anlage eindeutig von sonstigen öffentlichen Straßen unterscheide, im Zweifelsfall sei der Rechtsvorrang anzunehmen. Im konkreten Fall sei davon auszugehen, daß der südlich der Grüninsel befindliche Bereich jedenfalls als Parkplatz Verwendung finde. Es seien dort Parkboxen gekennzeichnet und sei im Bereich der Einfahrt das Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 1 a StVO angebracht. Berücksichtige man, daß der Lenker des Klagsfahrzeuges in jenen Bereich einfuhr, der aufgrund der dort vorhandenen Bodenmarkierungen sowie aufgrund des Hinweisschildes nach § 53 Abs 1 Z 1 a StVO jedenfalls als Parkfläche diente und gewidmet war, könne kein Zweifel daran bestehen, daß ihm erkennbar werden mußte, daß er in eine Verkehrsfläche untergeordneter Bedeutung einbog.
Demgegenüber sei der nördlich der Grüninsel befindliche Bereich seiner gesamten Anlage und seinem gesamten Verlauf gemäß nur als solcher ersichtlich, in dem Fahrzeuge nach den räumlichen Gegebenheiten allenfalls am Fahrbahnrand in einer Reihe aufgestellt werden können. Im übrigen sei aber erkennbar gewesen, daß der nördlich der Grüninsel gelegene Bereich nicht vornehmlich Parkzwecken diene, sondern dem fließenden Verkehr bzw der Verbindung des Einfahrtsbereiches in den Parkplatz mit der Parkplatzausfahrt zur Gemeindestraße hin. Aufgrund dieser Funktion hätte dem Lenker des Klagsfahrzeuges auffallen müssen, daß er von dem unzweideutig als Parkplatz anzusehenden Bereich und sohin unter Verwendung einer Parkplatzausfahrt in eine Verbindungsstraße einfuhr, der aufgrund ihrer Funktion als Verbindungsstraße zur Gemeindestraße hin eine erheblich größere Verkehrsbedeutung für den fließenden Verkehr beizumessen war, als der Parkplatzausfahrt selbst. Daß die Verbindungsstraße gegenüber der Gemeindestraße durch eine Randlinie abgegrenzt war, stehe dem nicht entgegen, weil hier nicht zu beurteilen sei, ob die vor den Häusern L*****platz 6 bis 2 liegende Verbindungsstraße gegenüber dieser Gemeindestraße im Sinne des § 19 Abs 6 StVO benachrangt sei. Die vom Lenker des Klagsfahrzeuges benutzte Parkplatzausfahrt sei gegenüber der vom Erstbeklagten benutzten Verbindungsstraße sohin gemäß § 19 Abs 6 StVO benachrangt, so daß das Klagebegehren unberechtigt sei.
Die Revision an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt, weil der Auslegung des § 19 Abs 6 StVO im Bereich von Parkplätzen und Parkplatzzufahrten eine erhebliche Bedeutung zukomme und sohin die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO gegeben seien.
Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagten Parteien haben Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der klagenden Partei nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Die Klägerin weist in ihrem Rechtsmittel darauf hin, daß beide unfallsbeteiligten Fahrzeuge von der A*****-Bundesstraße kommend in eine durch ein Verkehrszeichen nach § 53 Abs 1 Z 1 a StVO gekennzeichnete Verkehrsfläche eingefahren seien; dieses Hinweiszeichen enthalte keinerlei Einschränkungen in bezug auf die Breite oder Situierung dieses Parkplatzes. Es würde zur Rechtsunsicherheit führen, würde man ein derartiges Hinweiszeichen plötzlich im Hinblick auf seinen örtlichen Bedeutungsumfang reduzieren. Auch das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, daß der Bereich südlich der langgestreckten Grüninsel jedenfalls als Parkplatz Verwendung finde; weshalb nun das Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 1 a StVO nur für diesen Teil der Verkehrsfläche gelten solle, sei der angefochtenen Entscheidung aber nicht zu entnehmen. Es gebe keinerlei Kriterien, die dafür sprechen würden, daß die vom Erstbeklagten benützte Verkehrsfläche keinen Parkplatz darstelle. Insbesonders gebe es keine objektiven Kriterien, die für die Annahme einer Verbindungsstraße sprechen würden. Vielmehr könnten auch in dem nördlich der Grüninsel gelegenen Bereich Fahrzeuge abgestellt werden, so daß auch in diesem Teil jedenfalls die Funktion als Parkplatz gegeben sei.
Weiters setzte sich das Berufungsgericht nicht damit auseinander, daß der Parkplatz gegenüber der Gemeindestraße durch eine Randlinie im Sinne des § 26 Abs 4 BodenmarkierungsVO abgegrenzt sei. Wollte man die vom Erstbeklagten benutzte Verkehrsfläche nicht als Verkehrsfläche im Sinne des § 19 Abs 6 StVO werten, käme es dazu, daß den Benutzern dieser Verkehrsfläche der Rechtsvorrang gegenüber jenen Verkehrsteilnehmern zukäme, die auf der Gemeindestraße in Richtung A*****-Bundesstraße fahren. Die übrigen Verkehrsteilnehmer, die aus dem südlichen Teil des Parkplatzes in die Gemeindestraße einfahren, wären aber wiederum benachrangt, da sie eben aus einer Verkehrsfläche im Sinne des § 19 Abs 6 StVO kommen; eine derartige Auslegung würde zu größter Rechtsunsicherheit führen.
Da die vom Erstbeklagten benutzte Verkehrsfläche gegenüber der Gemeindestraße durch eine Randlinie im Sinne des § 26 Abs 4 BodenmarkierungsVO abgegrenzt sei, sei objektiv und eindeutig für jedermann erkennbar, daß es sich bei dieser Verkehrsfläche um einen Parkplatz handle.
Wäre die vom Erstbeklagten befahrene Verkehrsfläche kein Parkplatz, so müßten im unmittelbaren Bereich der Grüninseln Hinweisschilder vorhanden sein, die den Beginn des Parkplatzes für jene Verkehrsteilnehmer dokumentieren, die ebenfalls die vom Erstbeklagten benützte Verkehrsfläche verwenden. Das Fehlen derartiger Hinweisschilder spreche dafür, daß es keine objektiven Kriterien für die vom Berufungsgericht vorgenommene Teilung der Verkehrsfläche gebe.
Mit der gleichen Argumentation wie die des Berufungsgerichtes könne man auch den südlich der Grüninseln gelegenen Teil der Verkehrsfläche als Verbindungsstraße bezeichnen. Noch dazu, wo dieser Teil der Verkehrsfläche nicht durch eine Randlinie im Sinne des § 26 Abs 4 BodenmarkierungsVO gegenüber der Gemeindestraße abgegrenzt sei und eine größere Breite als die vom Erstbeklagten befahrene Verkehrsfläche aufweise.
Keinesfalls ergebe sich aus den vorhandenen objektiven Kriterien mit Sicherheit für den Erstbeklagten, daß die von ihm befahrene Verkehrsfläche nicht unter § 19 Abs 6 StVO falle. Zweifel hätten aber zu Lasten der beklagten Parteien zu gehen.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:
Die Frage, ob eine nach § 19 Abs 6 StVO benachrangte Verkehrsfläche vorliegt, muß nach objektiven Kriterien beurteilt werden. Ausschlaggebend ist, ob sich die Verkehrsfläche für die Benützer der beiden Straßen während der Fahrt nach objektiven Kriterien in ihrer gesamten Anlage eindeutig von sonstigen öffentlichen Straßen unterscheidet; im Zweifel gilt der Rechtsvorrang (ZVR 1995/77 mwN).
Entgegen der von der Klägerin in der Revision vertretenen Ansicht unterscheidet sich die mit ihrem PKW befahrene Verkehrsfläche eindeutig von jener, die der Erstbeklagte benutzte, und zwar in dem Sinn, daß sich das Fahrzeug des Erstbeklagten im fließenden Verkehr befand, hingegen ihr Fahrzeug von einem Parkplatz kam (§ 19 Abs 6 StVO). Das Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 1a StVO gilt nämlich nur für jene Straßenseite und für jenes Straßenstück, wo es angebracht ist (VwGH ZVR 1989/52 mwN; Dittrich/Stolzlechner, StVO3, Rz 5 zu § 53 StVO). Weiters müssen in mit einem Parkzeichen gekennzeichneten Parkplätzen (bzw -streifen) die einzelnen Abstellflächen durch Bodenmarkierungen voneinander abgegrenzt sein (Dittrich/Stolzlechner, aaO, Rz 7 zu § 53 StVO). Im vorliegenden Fall befand sich das Hinweiszeichen nach § 53 Abs 1 Z 1a StVO auf der rechten (südlichen Seite) der von den Fahrzeugen der Streitteile benützten Verkehrsfläche und waren lediglich auf der südlichen Seite (die vom Fahrzeug der Klägerin benutzt wurde) gekennzeichnete Parkplätze vorhanden. Dies hat zur Folge, daß es sich lediglich bei der südlich der Grüninsel befindlichen Verkehrsfläche um einen Parkplatz handelt. Daß Fahrzeuge auch auf der nördlich der Grüninsel befindlichen Fläche abgestellt werden können, hat nicht zur Folge, daß es sich dabei um einen "Parkplatz" im Sinne des § 23 StVO handelt (Dittrich/Stolzlechner, aaO, Rz 4 zu § 29 mwN). Das Fahrzeug der Klägerin kam somit von einem Parkplatz, nicht hingegen aber jenes des Erstbeklagten. Dies hat zur Folge, daß gemäß § 19 Abs 6 StVO dem Fahrzeug des Erstbeklagten gegenüber jenem der Klägerin der Vorrang zukam. Die Frage des Vorranges gegenüber der Gemeindestraße ist hier nicht zu beurteilen; die Randlinie der Gemeindestraße (§ 7a BodenmarkierungsVO) hat für die Frage des Vorranges der unfallsbeteiligten Fahrzeuge keine Bedeutung. Auch der Umstand, daß die Verkehrsfläche südlich der Grüninsel breiter ist als jene nördlich, spricht nicht dagegen, daß es sich bei der vom Fahrzeug der Klägerin benutzten Verkehrsfläche um eine solche nach § 19 Abs 6 StVO handelt, weil zum Zu- und Abfahren von den Schrägparkplätzen mehr Raum benötigt wird.
Zusammenfassend erweist sich sohin die rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht als zutreffend, so daß der Revision der Klägerin ein Erfolg zu versagen war.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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