OGH 3Ob514/94(3Ob515/94)

OGH3Ob514/94(3Ob515/94)13.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Thomas Wanek, Dr.Helmut Hoberger, Rechtsanwälte in Perchtoldsdorf, wider die beklagten Parteien 1.) Dr.Gunther Nagele, Rechtsanwalt in Innsbruck als Masseverwalter über das Vermögen der Firma I*****gesellschaft mbH, ***** 2. S***** AS, ***** Norwegen, vertreten durch Dr.Ivo Greiter ua Rechtsanwälte in Innsbruck, 3. E***** Limited, ***** Hong Kong, 4. L***** Inc., ***** USA, diese beiden vertreten durch Dr.Walter Waizer, Dr.Peter Waizer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 2,874.376,80 sA sowie gegen die erstbeklagte Partei weiters auf Auskunft und Feststellung (Streitwert S 120.000,--), infolge von Revisionsrekursen der klagenden Partei, der zweitbeklagten Partei und der drittbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 22.Dezember 1993, GZ 3 R 287, 288/93-59, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 28. September 1993, GZ 40 Cg 115/92-53, teils abgeändert, teils aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs der zweitbeklagten Partei wird insoweit zurückgewiesen, als er Punkt 3 der Entscheidung des Rekursgerichtes bekämpft.

Im übrigen wird dem Revisionsrekurs der klagenden Partei teilweise, dem der zweitbeklagten Partei nicht, dem der drittbeklagten Partei aber zur Gänze Folge gegeben; bezüglich der drittbeklagten Partei wird der angefochtene Beschluß, soweit darin der Beschluß des Erstgerichtes über die Verwerfung der Einrede der inländischen Gerichtsbarkeit aufgehoben und in diesem Umfang dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wurde, dahin abgeändert, daß dem Rekurs der drittbeklagten Partei gegen den Beschluß des Erstgerichtes Folge gegeben und die gegen die drittbeklagte Partei gerichtete Klage wegen mangelnder inländischer Gerichtsbarkeit zurückgewiesen wird.

Hinsichtlich der zweitbeklagten Partei bleibt der Aufhebungsbeschluß aufrecht.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes über die Zurückweisung der gegen die zweitbeklagte Partei gerichteten Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit des Erstgerichtes wird aufgehoben; in diesem Umfang wird dem Erstgericht ebenfalls die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Entscheidung über die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit hat, soweit sie die drittbeklagte Partei betrifft, zu entfallen.

Die klagende Partei ist schuldig, an Kosten der Rechtsmittelverfahren der drittbeklagten Partei den Betrag von S 62.642,58 (darin enthalten S 10.440,43 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Die Kosten der die zweitbeklagte Partei betreffenden Rechtsmittelverfahren bleiben der Endentscheidung über die erhobenen Einreden vorbehalten.

Der die drittbeklagte Partei betreffende Ordinationsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte von allen vier beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die Bezahlung des Betrages von S 2,874.376,80 sA. Die erstbeklagte Partei ist eine in der Zwischenzeit in Konkurs verfallene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Österreich. Die Einreden der viertbeklagten Partei, es mangle an der inländischen Gerichtsbarkeit und das Erstgericht sei örtlich und sachlich nicht zuständig, wurden mit Beschluß des Erstgerichtes ON 53 verworfen. Dieser Beschluß wurde mit Entscheidung des Rekursgerichtes vom 22.12.1993, 3 R 287,288/93 bestätigt. Ein nur gegen die erstbeklagte Partei gerichtetes Begehren auf beeidete Auskunfterteilung und Feststellung (AS 105), das in der Zwischenzeit eingeschränkt wurde (AS 142), ist nicht Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens.

Die klagende Partei brachte vor, die erstbeklagte Partei sei als Fixkostenspediteur mit der Verfrachtung von Pistengeräten vom Herstellerwerk in Logan, Utah, nach Tirol beauftragt gewesen. Auf der Überfahrt auf einem Schiff der zweitbeklagten Partei seien die Pistengeräte auf Deck verladen worden, es sei Salzwasser eingedrungen, dadurch seien die Pistengeräte schwer beschädigt worden.

Die zweitbeklagte Partei hafte aus verschiedenen Rechtsgründen. Einerseits aus dem Übernahmekonnossement (bill of lading) Beilage ./B, andererseits auch aufgrund rein deliktischer Haftung, die sich nach dem Recht der USA richte (AS 141), der klagenden Partei gegenüber als Eigentümerin der Güter. Weiters wurde das Begehren auf den mit Schutzzweck zugunsten der klagenden Partei geschlossenen Vertrag der viertbeklagten Partei mit der zweitbeklagten Partei sowie auf Art 4 bis der Haag-Visby-Regeln gestützt. Ein Betrag von S 213.858,80 aus dem geltend gemachten Klagsbetrag stehe der klagenden Partei auch kraft Bereicherungsrechtes zu.

Diese bill of lading wurde am 20.9.1991 in San Francisco (USA) von der zweitbeklagten Partei als Verfrachter ausgestellt. Befrachter war die viertbeklagte Partei, die namens der drittbeklagten Partei handelte, Empfängerin (Begünstigte) war die erstbeklagte Partei. Die Verschiffung sollte von Oakland/Californien nach Brake, Bundesrepublik Deutschland, erfolgen. Verladen wurden die Pistengeräte auf zwei "flats" (das sind nach dem Vorbringen der zweitbeklagten Partei zwei offene Plattformen mit festen Stirnwänden). Die klagende Partei gestand zu, daß die erstbeklagte Partei Empfängerin der Güter war. Auch im Zeitpunkt der Auslieferung der Güter an die erstbeklagte Partei in Brake sei die bill of lading nicht an die klagende Partei indossiert gewesen. Auch nach norwegischem Recht sei jedoch neben dieser wertpapierrechtlichen Übertragung eine Zession der Ansprüche möglich (§ 154 des Maritime Code). Schon früher (AS 101 und 103) hatte die klagende Partei behauptet, die erstbeklagte Partei habe ihre Ansprüche gegen die anderen Beteiligten (darunter die zweit- und die drittbeklagten Parteien) im Zusammenhang mit dem klagsgegenständlichen Transport an die klagende Partei abgetreten. Auch darauf wurde das Klagebegehren gestützt. Im übrigen habe die zweitbeklagte Partei eine ständige Vertretung bzw zumindest ein Unternehmen in Österreich mit der Besorgung der Geschäfte betraut. Dieses Unternehmen habe in Wien 9 seinen Sitz. Jedenfalls erwecke die zweitbeklagte Partei den Anschein, daß sie eine ständige inländische Vertretung habe. Die zweitbeklagte Partei habe auch namhafte Forderungen gegen diese in Wien 9 situierte Gesellschaft aus der Zusammenarbeit mit dieser Vertretung. Die klagende Partei erklärte aber ausdrücklich (AS 177) für den Fall, daß das Erstgericht seine Zuständigkeit nicht annehme, keinen Antrag auf Überweisung an das Handelsgericht Wien zu stellen.

Was die drittbeklagte Partei betraf, seien Anknüpfungspunkte zwei "Combined transport bill of lading" Beilage ./C 1 und ./C 2. Aus diesen Frachtpapieren sei ersichtlich, daß die Güter für Österreich bestimmt seien. Wie aus diesen mit 23.8. und 30.8.1991 datierten, auf Order ausgestellten Papieren, die nur zum Teil ausgefüllt wurden, hervorgeht, trat die viertbeklagte Partei als Spediteur auf, Exporteur war die Firma L***** Manufacturing Company in Utah, verfrachtet war "an Order". Der Empfänger war nicht angegeben, allerdings waren die erstbeklagte Partei und die klagende Partei zu benachrichtigen. Die beiden Frachtpapiere waren auf einem Formular ausgestellt, das die viertbeklagte Partei als "general agents in USA, S***** line" ausweist. Unterfertigt sind die beiden Frachtpapiere durch die viertbeklagte Partei. Die inländische Gerichtsbarkeit sei auch deshalb gegeben, weil aus den Frachtpapieren ersichtlich sei, daß die Güter für Österreich bestimmt seien.

Die zweit- und die drittbeklagten Parteien wendeten, soweit das für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ist, mangelnde inländische Gerichtsbarkeit und mangelnde örtliche Zuständigkeit des Erstgerichtes ein.

Die zweitbeklagte Partei führte aus, es liege ein besonderer gemeinschaftlicher Gerichtsstand in der Bundesrepublik Deutschland vor, weil Ablieferungsort des Seetransportes Brake gewesen sei. Eine Haftung der zweitbeklagten Partei bestehe überhaupt nicht, sie hafte auch nicht kraft solidarischer Verpflichtung. Es liege kein ausreichender Bezug zu Österreich vor, aufgrund dessen die inländische Gerichtsbarkeit bejaht werden könnte. Die Bedingungen des von der zweitbeklagten Partei ausgestellten Konnossementes enthielten in Punkt 3 unter der Überschrift "Jurisdiction" eine Klausel, wonach jeder Rechtsstreit aus diesem Konnossement in dem Land zu entschieden werden hat, in dem der Verfrachter seinen Hauptsitz hat und das Recht dieses Land sei anzuwenden, soweit sich in den Bedingungen keine anderen Bestimmungen finden. Dadurch sei eine ausschließliche Zuständigkeit eines norwegischen Gerichtes vereinbart worden. Diese ausschließliche Zuständigkeit schlösse die Zuständigkeit jedes österreichischen Gerichtes aus. Diese Vereinbarung sei nach dem anzuwendenden norwegischen Recht gültig und rechtswirksam. Eine Entscheidung könne nur vor einem norwegischen Gericht unter Anwendung norwegischen Rechts erfolgen. Die zweitbeklagte Partei sei von der viertbeklagten Partei mit der Durchführung eines Seetransportes nach Brake in die Bundesrepublik Deutschland beauftragt worden. Wenn auf diesem Transport Schäden eingetreten seien, so habe dies keinen Bezug zu Österreich.

Dazu replizierte die klagende Partei, die Prorogationsklausel sei, selbst wenn ausländisches Sachrecht anzuwenden sei, nach österreichischem Recht zu beurteilen. Das bill of lading sei ein einseitiges Dokument, das die Unterschrift keiner anderen Person aufweise. Schon deshalb könne von einer Zuständigkeitsvereinbarung keine Rede sein. Im übrigen wäre diese Klausel lediglich als eine Vereinbarung eines Wahlgerichtsstandes zu verstehen. Auf die weiters geltend gemachten Rechtsgründe sei diese Klausel von vornherein nicht anwendbar.

Die drittbeklagte Partei wendete ein, der Transport unterliege den Allgemeinen Bedingungen für das FIATA Combined transport bill of lading. Weder der Wahlgerichtsstand nach § 90 JN noch der nach § 93 JN seien gegeben.

Die klagende Partei replizierte, die inländische Gerichtsbarkeit ergebe sich daraus, daß aus den Frachtpapieren ersichtlich sei, daß die Güter für Österreich bestimmt gewesen seien. Weiters spreche das Prinzip der Beweis- und Sachnähe für die Durchführung des Verfahrens vor dem Erstgericht. Eine Rechtsverfolgung in Hongkong sei der klagenden Partei auch nicht zumutbar.

Das Erstgericht verwarf unter anderem die Einreden der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Unzuständigkeit des Landesgerichtes Innsbruck. Es sprach aus, daß die Kosten des Zwischenstreites weitere Verfahrenskosten seien. Unbestrittenermaßen seien alle vier beklagten Parteien mit dem Transport der im Eigentum der klagenden Partei stehenden Pistengeräte befaßt gewesen. Auf dem Packschein des Herstellers in Utah scheine als Empfänger die klagende Partei auf. Zu benachrichtigen von der Ankunft der Fracht seien die klagende Partei und die erstbeklagte Partei gewesen. Auch im Konnossement schienen dieselben Bestimmungsorte auf. Im Linienkonnossement der zweitbeklagten Partei seien der Entladehaften Brake in der Bundesrepublik Deutschland und die Enddestination in Österreich genannt. Die Pistengeräte befänden sich jetzt alle in Inzing bei der klagenden Partei. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Wien 9 vertrete die zweitbeklagte Partei in Österreich. Die Einholung von Offerten und Informationen bei der zweitbeklagten Partei und die Erteilung von Aufträgen an diese seien über das Büro dieser GesmbH möglich. Gerichtsstandvereinbarungen seien nicht getroffen worden. Die zweitbeklagte Partei unterhalte eine ständige Vertretung im Inland oder erweckte zumindest im geschäftlichen Verkehr den Eindruck, sie hätte im Inland eine Niederlassung. Unter diesen Voraussetzungen könne der Gerichtsstand der Niederlassung auch gegen ausländische juristische Personen in Anspruch genommen werden. Der Gerichtsstand der ständigen Vertretung gewährleiste eine für die inländische Gerichtsbarkeit ausreichende Inlandsbeziehung. Weitere Anknüpfungspunkte ergeben sich dadurch, daß für alle Beteiligten klar ersichtlich die Enddestination der Pistengeräte Österreich gewesen sei und daß sich die beschädigten Geräte hier in Tirol befänden. Zudem sei das angerufene Gericht unbestrittenermaßen zuständig zur Entscheidung in der Rechtssache der klagenden Partei gegen die erstbeklagte Partei, es sei also ein sachlich zusammenhängendes Verfahren vor einem inländischen Gericht anhängig. Der Einwand der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit sei daher verfehlt. Nach § 93 Abs 1 JN könnten mehrere Personen, die ihren allgemeinen Gerichtsstand vor verschiedenen Gerichten haben, als Streitgenossen vor jedem inländischen Gericht geklagt werden, bei welchem einer der Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand habe, es sei denn, daß für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet sei. Selbst wenn man nun davon ausginge, daß § 90 JN anwendbar sei, wäre dieser Gerichtsstand beim angerufenen Gericht begründet. § 93 Abs 1 JN setze keineswegs voraus, daß alle gemeinschaftlich Beklagten ihren allgemeinen Gerichtsstand vor einem inländischen Gericht haben müßten, so daß auch die drittbeklagte Partei beim angerufenen Gericht als Streitgenosse geklagt werden könne. Die Beklagten seien als Schädiger nach § 1302 ABGB anzusehen. Solidarisch hafte beispielsweise auch der Unternehmer mit der von ihm bestellten Person. Es liege daher eine materielle Streitgenossenschaft vor, die Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 93 Abs 1 JN sei.

Gegen diese Entscheidung erhoben die zweit- bis viertbeklagten Parteien Rekurs. Die dritt- und die viertbeklagten Parteien führten in ihrem Rekurs unter anderem aus, allenfalls ließe sich noch hinsichtlich der drittbeklagten und der viertbeklagten Partei aus der Ausstellung der zwei Konnossements eine Rechtsgemeinschaft ableiten. Eine Rechtsgemeinschaft der dritt- und viertbeklagten Parteien mit der erstbeklagten Partei, deren allgemeiner Gerichtsstand Innsbruck sei, sei jedoch nicht erkennbar.

Das Rekursgericht gab, soweit das für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ist, den Rekursen der zweit- und der drittbeklagten Parteien Folge. Es änderte den Beschluß des Erstgerichtes über die Verwerfung der Unzuständigkeitseinrede dahin ab, daß es aussprach, das Landesgericht Innsbruck sei zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache örtlich nicht zuständig. Soweit das Erstgericht auch die Einrede des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit verworfen habe, hob das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes auf und trug ihm die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Die Kosten des Rekursverfahrens seien als weitere Kosten des Zuständigkeitsstreites zu behandeln. Den Revisionsrekurs erklärte es für zulässig. Die Kostenentscheidung des Erstgerichtes hob es als nichtig auf.

Es führte aus, der Gerichtsstand nach § 93 Abs 1 JN setze nach einheitlicher Lehre und Rechtsprechung das Bestehen einer materiellen Streitgenossenschaft voraus. Eine materielle Streitgenossenschaft nach § 11 Z 1 ZPO idF der Zivilprozeßnovelle 1983 liege vor, wenn die Streitgenossen in Ansehung des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stünden oder aus demselben tatsächlichen Grund oder solidarisch berechtigt oder verpflichtet seien. Eine materielle Streitgenossenschaft im Sinne dieser Bestimmung sei also insbesondere dann anzunehmen, wenn mehrere Personen ihre Rechte aus einem für alle Rechtsgenossen insgesamt einheitlich zu beurteilenden Sachverhalt ableiteten. Entscheidend sei der gleiche tatsächliche Klagegrund, also ein einheitlicher rechtserzeugender Sachverhalt. Wo für einzelne Streitgenossen zur Ableitung des Anspruches notwendigerweise noch weitere individuelle anspruchserhebliche Tatsachen zu einem vorerst einheitlichen Sachverhalt hinzutreten, die zu deutlicher Unterscheidung führten, liege keine materielle Streitgenossenschaft mehr vor. Im vorliegenden Fall leite die klagende Partei ihre Forderung gegen die beklagten Parteien zunächst aus der Tatsache ab, daß die beklagten Parteien an dem Transport der Pistengeräte der klagenden Partei, in dessen Verlauf diese beschädigt worden seien, beteiligt gewesen wären. Darüber hinaus gründe sie jedoch ihren Anspruch gegen die zweit- und die drittbeklagte Partei auf verschiedene rechtserzeugende Tatsachen. Von der drittbeklagten Partei begehre die klagende Partei Schadenersatz, weil deren Leute, für die sie verantwortlich sei, den Schaden an den Gütern der Klägerin verursacht und verschuldet hätten und andererseits, weil die drittbeklagte Partei aus den beiden bills of lading ./C 1 und ./C 2 hafte, die eine Wertdeklaration enthielten. Hinsichtlich der drittbeklagten Partei sei also von der klagenden Partei offensichtlich zwar auch ein Auswahlverschulden geltend gemacht worden, welches aber den Erfüllungsgehilfen der drittbeklagten Partei, offenbar die zweitbeklagte Partei, betreffe, während als Erfüllungsgehilfe der erstbeklagten Partei nur die viertbeklagte Partei als Unterspediteurin in Frage komme, weil zumindest nach der derzeitigen Aktenlage nur die viertbeklagte Partei direkter Vertragspartner der Erstbeklagten gewesen sei, nicht aber auch die zweit- und die drittbeklagten Parteien. Diese seien, wie aus den vorgelegten Konnossements zu entnehmen sei, jeweils aufgrund von Seefrachtverträgen tätig geworden, an deren Abschluß jedoch nicht die erstbeklagte Partei beteiligt gewesen sei. Die behauptete Haftung auf Grund einer angeblich unrichtigen Wertdeklaration im Konnossement durch die drittbeklagte Partei komme bei den übrigen Beklagten überhaupt nicht zum Tragen. Die Klagsforderung stütze sich also nicht auf dieselben rechtserzeugenden Tatsachen, weshalb der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft nach § 93 Abs 1 JN nicht begründet sei. Ob und inwieweit, wie von der zweitbeklagten Partei bereits im Verfahren erster Instanz behauptet worden sei, die Zuständigkeit der norwegischen Gerichte und die Gerichtsbarkeit Notwegens zur Entscheidung dieses Rechtsstreites vereinbart worden sei, könne vom Rekursgericht noch nicht beurteilt werden, weil die vorgelegten Urkunden für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit eine derartige Vereinbarung getroffen worden sei, nicht ausreichten. Es sei zwar aus der Übersetzung der den Linienkonnossements beigefügten Bedingungen unter Punkt 3 dieser Bedingungen eine Jurisdiktionsklausel zu entnehmen. Zur Beurteilung der Frage, ob und wieweit diese Jurisdiktionsklausel rechtswirksam vereinbart worden sei, wäre aber zunächst abzuklären, wer Auftraggeber der zweitbeklagten Partei gewesen sei. Dies sei offenbar noch strittig, denn die dritt- und die viertbeklagten Parteien vertreten in dem Rechtsmittel den Standpunkt, daß die drittbeklagte Partei Auftraggeberin der Zweitbeklagten gewesen sei, während die Zweitbeklagte meine, sie wäre von der Viertbeklagten beauftragt worden. Stünden die Vertragsteile des die zweitbeklagte Partei betreffenden Seefrachtvertrages fest, so werde in weiterer Folge zu prüfen sein, welchem Recht dieser Vertrag unterliege, weil davon abhänge, ob und wieweit die behauptete Zuständigkeitsvereinbarung bzw ausschließliche norwegische Gerichtsbarkeit rechtswirksam vereinbart worden sei. Die Frage der inländischen Gerichtsbarkeit könne noch nicht abschließend beantwortet werden, weil sich das Erstgericht mit der von der klagenden Partei behaupteten Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung der drittbeklagten Partei im Ausland und mit den Einwendungen der drittbeklagten Partei, der Transport unterliege den Allgemeinen Bedingungen für das FIATA Combined transport bill of lading, nach dessen Art 20 Klagen gegen den Spediteur nur in dem Staat erhoben werden könnten, in dem er seine Hauptniederlassung habe und das Recht dieses Staates gelte, auseinandergesetzt habe und hiezu auch keinerlei Feststellungen getroffen habe. Es sei noch nicht geklärt, wie die drittbeklagte Partei an dem Transport beteiligt gewesen sei und in welchen Rechtsbeziehungen sie zu den übrigen beklagten Parteien stünde. Anzunehmen sei, wie in den genannten Transportbedingungen angeführt werde, daß sie als Verfrachterin (richtig wohl: Befrachterin) im Sinne der §§ 556 ff HGB tätig geworden sei, wobei aber nicht klar sei, in wessen Auftrag.

Diesen Beschluß bekämpfen sowohl die klagende Partei als auch die zweit- und die drittbeklagten Parteien. Die klagende Partei beantragt, den Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen, hilfsweise stellt sie einen Ordinationsantrag nach § 28 JN, die zweit- und die drittbeklagten Parteien bekämpfen die Entscheidung des Rekursgerichtes insoweit, als dem Erstgericht nach Aufhebung seines Beschlusses die neuerliche Entscheidung über die Einrede der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit aufgetragen wurde. Die zweitbeklagte Partei bekämpft auch Punkt 3 (Aufhebung der Kostenentscheidung des Erstgerichtes als nichtig) der Entscheidung des Rekursgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

In letzterem Punkt ist der Revisionsrekurs der zweitbeklagten Partei schon nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO unzulässig, in diesem Umfang ist er zurückzuweisen.

Im übrigen kommt dem Revisionsrekurs der klagenden Partei teilweise, dem der drittbeklagten Partei zur Gänze, dem der zweitbeklagten Partei keine Berechtigung zu.

Das Fehlen der inländischen Gerichtsbarkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen und führt zur Zurückweisung der Klage (SZ 60/277 ua; Fasching Lehrbuch2 Rz 79). Auf den Umfang der Anfechtungserklärung der drittbeklagten Partei in ihrem Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes kommt es daher entgegen der Ansicht der klagenden Partei nicht an.

Im übrigen entspricht es nunmehr ständiger von der Lehre gebilligter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß zwar das Vorliegen eines örtlichen Gerichtsstandes in Österreich die inländische Gerichtsbarkeit indiziert, dennoch aber in einem weiteren Schritt zu prüfen ist, ob die für die Zuständigkeitsannahme repräsentierte Inlandsbeziehung für die Bejahung des Vorliegens der inländischen Gerichtsbarkeit ausreichend ist (EvBl 1995/145; EvBl 1993/5; SZ 62/101; SZ 60/277 uva; Mayr in Rechberger ZPO Rz 4 zu § 28 JN; Pfersmann in ÖJZ 1992, 186 mwN in FN 10 und 11). Da das Erstgericht, soweit sich die klagende Partei bei der zweitbeklagten Partei auch auf die Wahlgerichtsstände des § 99 Abs 1 und des § 99 Abs 3 JN beruft, örtlich jedenfalls nicht zuständig wäre, ist in erster Linie zu prüfen, ob der Wahlgerichtsstand der Streitgenossenschaft gegeben ist und bejahendenfalls, ob dieser Wahlgerichtsstand im konkreten Fall für das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit ausreichend ist. Der Wahlgerichtsstand nach § 93 JN setzt das Vorliegen einer materiellen Streitgenossenschaft voraus (SZ 60/277; SZ 59/205; SZ 56/162 uva). Seit der Zivilver- fahrens-Novelle 1983 (Art IV Z 1) liegt aber eine materielle Streitgenossenschaft nach § 11 Z 1 ZPO auch dann vor, wenn mehrere Personen in Ansehung des Streitgegenstandes solidarisch berechtigt oder verpflichtet sind. Damit sollte zweifelsfrei klargestellt werden, daß jede Solidarverpflichtung ausreicht, solche Streitgenossen beim Wahlgerichtsstand nach § 93 Abs 1 JN gemeinsam zu klagen (RV 669 BlgNR 15.GP 45). Hingewiesen wurde dort insbesondere darauf, daß nunmehr zwei Wechselverpflichtete nicht bloß formelle Streitgenossen seien, die somit gemeinsam beim Wahlgerichtsstand nach § 93 JN geklagt werden können (vgl Roth in BeitrZPR II 232 f). Die Rechtsgrundlage der Solidarhaftung ist für die Bejahung des Zuständigkeitstatbestandes gleichgültig (Fasching Lehrbuch2 Rz 372; Roth aaO 229). Solidarschuld setzt keineswegs voraus, daß die gemeinschaftliche Schuld aus demselben Rechtsgrund entstand (GesRZ 1990, 45; WBl 1988, 29 ua). Sollte daher neben dem Anspruch auf Schadenersatz aufgrund eines Vertrages ein Dritter (etwa der Erfüllungsgehilfe) deliktisch zum Ersatz desselben Schadens verpflichtet sein, läge Korrealität und damit materielle Streitgenossenschaft nach § 11 Z 1 ZPO vor.

Es ist daher zu prüfen, ob die erst- und die zweitbeklagte Partei solidarisch für die behaupteten Schäden am beförderten Gut haften können, die erstbeklagte Partei aufgrund des mit der klagenden Partei abgeschlossenen Vertrages, die zweitbeklagte Partei als debitor cessus aufgrund einer ursprünglich der erstbeklagten Partei zustehenden Forderung, die sich nach Konnossementrecht richtete. Die Richtigkeit der behaupteten Ansprüche vorausgesetzt, wäre in der Tat eine solche Solidarhaftung nach den Vorschriften der §§ 888 ff, insbesondere 891, 893 ABGB zu bejahen.

Von einer Gesamtschuld im Sinne einer passiven Korrealität nach Maßgabe dieser Vorschriften kann dann gesprochen werden, wenn eine Mehrheit von Schuldnern aufgrund Vertrages oder Gesetzes dem Gläubiger gegenüber in einem persönlichen Verpflichtungsverhältnis für eben dieselbe Schuld steht, sohin jeder einzelne Schuldner aufgrund eines selbständigen Verpflichtungsgrundes persönlich mit seinem eigenen Vermögen für die Schuld haftbar ist (SZ 32/157). Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch kennt keine Unterscheidung zwischen echter und unechter Solidarität (Gschnitzer in Klang2 IV/1 278). Seine Regeln sind auf Gesamtschuldverhältnisse jeder Art anzuwenden (Ehrenzweig/Mayrhofer Schuldrecht, Allge- meiner Teil 93), Gesamtschuldverhältnisse können auch stufenweise entstehen (Ehrenzweig/Mayerhofer aaO 94; Gamerith in Rummel2 Rz 4 zu § 888). Wesentlich erscheint somit nur, daß eine Erfüllungsgemeinschaft (§ 893 ABGB) vorliegt und dem Gläubiger das Privileg zukommt, auf welchen seiner Schuldner er zuerst greifen will (vgl Soergel/Manfred Wolff12 Rz 11, 15, 16 zu § 421 BGB). Nachfolgend eintretende Streitgenossenschaft kann somit aber nicht nur in dem in der Lehre behandelten Fall des späteren Schuldbeitrittes eintreten. Sie ist auch dann gegeben, wenn deckungsgleiche Schadenersatzforderungen zweier Berechtig- ter gegen zwei Haftende gegeben sind und derjenige, der gleichzeitig Berechtigter und Haftender ist, seinen ihm im Innenverhältnis ohne vorherige Befriedigung des Geschuldeten sofort eingeräumten Leistungsanspruch dem letztlich Geschädigten abtritt. Diese Zession bewirkt jedenfalls, daß der Geschädigte (klagende Partei) nur einmal vollen Schadenersatz begehren kann, sei es von der erstbeklagten, von der zweitbeklagten Partei oder von beiden Parteien gemeinsam. Die Frage des internen Rückgriffes zwischen der erst- und der zweitbeklagten Partei spielt, wie auch sonst für den Regreß im Innenverhältnis, für die Bejahung einer Solidarschuld keine Rolle. Daß die angeblich von der erstbeklagten Partei der klagenden Partei abgetretene Forderung aus dem Bordkonnossement einem anderen Statut unterliegt als die Forderung der klagenden Partei gegen die erstbeklagte Partei, spielt für die Annahme einer Solidarverpflichtung keine Rolle.

Da der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft auch dann zuständigkeitsbegründend wirkt, wenn einer der Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand nicht in Österreich hat (SZ 60/277 mwN), bedarf die vorrangig gesondert zu beurteilende Voraussetzung des Vorliegens der inländischen Gerichtsbarkeit besonderer Beachtung.

Nach den Behauptungen der klagenden Partei übernahm die erstbeklagte Partei aufgrund einer Fixkostenvereinbarung als Unternehmer den gesamten Transport als eigene Verpflichtung. Es lag ein sogenannter internationaler multimodaler Gütertransport vor. Eine vertragliche Beziehung bestand demnach nur zur erstbeklagten Partei (vgl Ebenroth/Fischer/Sorek in VersR 1988, 757 ff). Auch in Österreich hat sich die Ansicht durchgesetzt, daß der "Multimodal Transport Operator" nach der für das jeweilige Beförderungsmittel geltenden Haftungsordnung (Network-System) haftet (SZ 67/4 mwN; vgl Ebenroth/Fischer/Sorek aaO 761; Herber in Transport- recht 1990, 8).

Wie bereits in der Entscheidung SZ 60/277 ausgeführt wurde, genügt die bloße Behauptung, mehrere Beklagte hafteten solidarisch nicht, es müßten vielmehr Tatsachen behauptet werden, die eine Rechtsgrundlage für das auf Verurteilung zur ungeteilten Hand gerichtete Klagebegehren bilden können; für die Annahme einer Solidarverpflichtung unschlüssiges Vorbringen führt zur Verneinung dieses Wahlgerichtsstandes. Hier hat die klagende Partei insbesondere vorgebracht, die zweit- und die drittbeklagten Parteien hafteten deliktisch, da durch ihre Vorgangsweise ihr Eigentum beschädigt worden sei. Ganz abgesehen davon, daß jegliche Behauptung der Zurechnung deliktischen Verhaltens von Angestellten auf ausländische juristische Personen mit Sitz in Norwegen und Hongkong fehlt, hat die klagende Partei keine Tatsachenbehauptungen aufgestellt, aus denen sich der Schluß ableiten ließe, sie wäre zum Zeitpunkt der auf hoher See erfolgten Beschädigung der Geräte bereits deren Eigentümer gewesen, ist sie doch auf keinem der von ihr vorgelegten Frachtpapiere als Empfänger des Gutes eingesetzt oder erfolgte ein Indossament zu ihren Gunsten. Ebensowenig liegt ein tatsächliches Vorbringen in der Richtung vor, daß auf Grund des offensichtlich zwischen der dritt- (allenfalls auch der viert-)beklagten Partei und der zweitbeklagten Partei abgeschlossenen Seefrachtvertrages, für das ein Bordkonnossement ausgestellt wurde, wer anderer als der dort genannte Empfänger, auf dessen Order das Papier ausgestellt wurde, berechtigt sein sollte, Schadenersatzansprüche aus dem Seefrachtvertrag geltend zu machen.

Selbst wenn die Vorschrift des Art 4bis der Haag-Visby Regeln auf den vorliegenden Seetransport Anwendung fänden, enthält diese Bestimmung nur Regelungen über Haftungsbeschränkungen und deren Ausnahmen; eine materiellrechtliche Haftungsgrundlage läßt sich daraus nicht ableiten; diese Direkthaftung müßte sich vielmehr aus anderen Bestimmungen ergeben.

Der Umstand, daß die Enddestination des multimodalen Transportes ein Ort in Österreich war, kann, lagen keine Anknüpfungspunkte vor, für sich allein die inländische Gerichtsbarkeit nicht begründen.

Es fehlt auch jedes Vorbringen der klagenden Partei, daß unabhängig vom anzuwendenden Bereicherungsstatut, ein Bereicherter solidarisch mit dem einem anderen Bereicherten zugekommenen Leistung haften könnte.

Die klagende Partei hat sich aber als Rechtsgrundlage auf Ansprüche aus den von ihr vorgelegten Frachtpapieren auch auf bürgerlich-rechtliche Zession der der erstbeklagten Partei zustehenden Ansprüche berufen. In den Fällen internationaler Handelsgerichtsbarkeit und Erhebung von Ansprüchen gegen ausländische Gesellschaften im Inland aufgrund des Gerichtsstandes nach § 93 JN hält es die Entscheidung SZ 60/277 bei Prüfung der inländischen Gerichtsbarkeit für erforderlich, daß wegen der besonderen Verknüpfung der Frage der örtlichen Zuständigkeit und der Jurisdiktion des inländischen Gerichtes auch die Zuständigkeitsentscheidung weder aufgrund der unbewiesenen Behauptungen der klagenden Partei erfolgen könne noch auf die amtswegige Prüfung verzichtet werden könne. Die inländische Gerichtsbarkeit könnte sonst schon dadurch erschlichen werden, daß die klagende Partei Tatsachen angebe, wonach die mehreren gemeinschaftlichen Beklagten solidarisch verpflichtet seien. Würde allein aufgrund dieser Angaben die Einrede der Unzuständigkeit des Beklagten, der sonst keinen Gerichtsstand im Inland habe, verworfen, bliebe, wenn noch eine ausreichende Inlandsbeziehung vorliege, dem Beklagten jede Abwehr seiner Unterwerfung unter die österreichische Jurisdiktion versagt, wenn sich das Tatsachenvorbringen der klagenden Partei im Prozeßverlauf als unrichtig erweise. Es lasse sich daher nicht vermeiden, vor der Entscheidung über die Unzuständigkeitseinrede durch Beweisaufnahmen zu klären, ob die tatsächlichen Angaben des Klägers zur Haftung (hier: auf Grund der behaupteten Zession), der ausländischen Partei als Gesamtschuldnerin wahr seien, auch wenn dadurch ein aufwendiges Verfahren notwendig werde. Eine solche die Frage der inländischen Gerichtsbarkeit betreffende Prüfung erscheint aber hier auch unter Bedachtnahme auf die gegenüber der zweitbeklagten Partei weiters behaupteten Gerichtsstände nach § 99 Abs 1 und § 99 Abs 3 JN nicht erforderlich. Völlig unbestritten ist, daß allfällige Forderungen der erstbeklagten Partei gegenüber der zweit- und der drittbeklagten Partei aus dem Konnossement oder anderen Frachtpapieren (wegen Beschädigung des transportierten Gutes) jedenfalls nicht in Österreich hätten geltend gemacht werden können. Ob es sich dabei nach § 3 der Konnossementbedingungen um einen ausschließlichen Gerichtsstand in Norwegen handelte, kann daher dahingestellt bleiben (nach Absentzer/Habel/Hainz/Gölz/Scheerer/Sarcevic, Zivilgerichtsbarkeit und Zwangsvollstreckung in den Ländern USA, Belgien, Norwegen, Jugoslawien - Grundzüge 291 ff würde zwar für eine solche Gerichtsstandvereinbarung Schriftlichkeit nicht erforderlich sein, durch die Vereinbarung eines besonderen Gerichtsstandes würde die Partei aber nicht gehindert werden, auch die kraft Gesetzes zuständigen Gerichte anzurufen). Durch die behauptete Abtretung an einen österreichischen Zessionar, der gegen den Zedenten eine österreichischem Sach- und Prozeßrecht unterliegende gleichgelagerte Forderung gegen den Zessionar hat, kann die behauptete fehlende inländische Gerichtsbarkeit allein zum Nachteil des Schuldners nicht geschaffen werden. Für den in Österreich noch nicht in Geltung stehenden Art 6 Z 1 EuGVÜ (Gerichtsstand der Streitgenossenschaft; gleichlautend mit Art 6 Z 1 des ebenfalls noch nicht in Geltung stehenden Lugano-Abkommen vom 16.9.1988) ist anerkannt, daß zwischen den Klageansprüchen Konnexität bestehen muß. Wie der Europäische Gerichtshof ausführte, setzt die Anwendung des Art 6 Z 1 EuGVÜ voraus, daß zwischen den Ansprüchen gegen einzelne Beklagte ein Zusammenhang bestehe, wie dies zB bei Gesamtschuldnern der Fall sei. Daraus ergebe sich, daß die Klage nicht allein zu einem Zweck erhoben werden dürfe, einen der Beklagten der Gerichtsbarkeit seines Wohnsitzstaates zu entziehen (EuGH 27.9.1988 - 189/87, Sammlung 1989, 341). Dieser Gedankengang muß auf Grund der derzeitigen Rechtslage auch dann voll zur Geltung kommen, wenn das Gesamtschuldverhältnis erst durch Zession geschaffen wurde und ohne Zession die inländische Gerichtsbarkeit nicht gegeben wäre.

Damit ist klargestellt, daß es, soweit die Klage gegen die drittbeklagte Partei gerichtet ist, es an der inländischen Gerichtsbarkeit mangelt. In diesem Punkte ist daher nicht nur die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen, es ist auch der Ordinationsantrag abzuweisen.

Noch nicht abschließend beurteilt kann aber die inländische Gerichtsbarkeit für die gegen die zweitbeklagte Partei gerichtete Klage werden.

Die klagende Partei hat sich, was die zweitbeklagte Partei betrifft, auch auf die Gerichtsstände nach § 99 Abs 1 und § 99 Abs 3 JN gestützt.

Ein Vermögen im Sinne des § 99 Abs 1 JN begründet die inländische Gerichtsbarkeit unter der weiteren Voraussetzung einer zusätzlichen Inlandsbeziehung, sei es des Streitgegenstandes oder der Partei (EvBl 1995/145; SZ 65/141; Mayr in Rechberger, ZPO Rz 10 zu § 99 JN). Eine zusätzliche Nahebeziehung zum Inland würde durch den Sitz der klagenden Partei in Österreich geschaffen, ist doch der Gerichtsstand des Vermögens als einziger von jenen Gerichtsständen verblieben, mit denen es der Gesetzgeber Personen mit inländischem Statut ermöglichen wollte, andere Personen im Inland klagen zu können (EvBl 1995/145 mwN). Ob sich die klagende Partei erfolgreich auf diesen inländischen Anknüpfungspunkt berufen könnte, sodaß auch für den Gerichtsstand nach § 93 JN über den Umweg eines allenfalls gegebenen Gerichtsstandes nach § 99 Abs 1 JN die sonst nicht vorliegende inländische Gerichtsbarkeit zu bejahen wäre, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Der Streitgegenstand darf nämlich nicht in krassem Mißverhältnis zum Wert des Vermögens stehen, es muß eine angemessene Relation zwischen beiden Größen gegeben sein (EvBl 1991/182; EvBl 1984/133). Daraus folgt aber die Verpflichtung des Klägers, der sich auf den Gerichtsstand nach § 99 Abs 1 JN beruft, daß er die Höhe des Vermögens (der Forderungen) zumindest insoweit nennt, daß diese Beurteilung erfolgen kann (5 Ob 1565/90). Dazu reichen die allgemein gehaltenen Behauptungen der klagenden Partei, die immerhin ein Zahlungsbegehren von mehr als S 2,8 Mio stellte, nicht aus. Da aber das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit von Amts wegen zu prüfen ist, wird das Erstgericht auf eine Konkretisierung des Vorbringens der klagenden Partei in diesem Punkt zu dringen haben. Es entspricht nun einheitlicher Rechtsprechung, daß ein angemessenes Verhältnis zwischen Streitwert und inländischem Vermögen dann vorliegt, wenn das Vermögen etwa 20 % des Streitwertes erreicht (RdW 1996, 63 mwN). Besteht das Vermögen in Forderungen gegen inländische Gesellschaften, müssen diese auch einbringlich sein (SZ 20/18; Mayr aaO Rz 6 zu § 99 JN). Da aus § 29 JN keine Perpetuierung bei Wegfall der die inländische Gerichtsbarkeit begründenden Voraussetzungen abgeleitet werden kann (Fasching ZPR2 Rz 79, 228), folgt der erkennende Senat der Entscheidung 1 Ob 579/95 = RdW 1996, 63: Im Sinne der Indikationentheorie ist maßgebend, ob durch den nachträglichen Wegfall des den Gerichtsstand nach § 99 JN begründenden Vermögens auch die Nahebeziehung zum Inland entscheidend geschwächt wurde. In diesem Fall würde nicht nur, wie bereits dargelegt, die örtliche Zuständigkeit nach § 93 JN für das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit nicht ausreichen, auch ein Gerichtsstand nach § 99 Abs 3 JN wäre nicht in der Lage, letztere bejahen zu können.

Zum Gerichtsstand nach § 99 Abs 3 JN hat der Oberste Gerichtshof kürzlich (Entscheidung vom 23.6.1995, 1 Ob 579/95 mwN = RdW 1996,63) ausgeführt, daß dieser Gerichtsstand der inländischen Vertretung ausländischer juristischer Personen, die keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland haben, unabhängig vom Umfang der inländischen Vertretung bestehe. Der klagbare Anspruch müsse nicht aus der Geschäftstätigkeit der inländischen Vertretung oder des mit der Geschäftsbesorgung im Inland betrauten Organs entstanden sein, eine ausländische juristische Person könne daher beim inländischen Gericht selbst in solchen Rechtssachen geklagt werden, die sich nicht auf die inländische Vertretung beziehen. Es handelte sich aber bei dem dort entschiedenen Fall um Ansprüche, die der inländische Vertreter als diejenige Person, die erst die Möglichkeit des Vorliegens eines Gerichtsstandes nach § 99 Abs 3 JN begründete, gegen die ausländische juristische Gesellschaft erhob. In einem solchen Fall liegt Betriebsbezogenheit und somit ausreichende inländische Nahebeziehung der geltend gemachten Ansprüche vor. Der vorliegende Fall ist aber anders gelagert: Die inländische Niederlassung der zweitbeklagten Partei war weder nach dem Vorbringen noch nach den vorgelegten Urkunden in irgendeiner Weise mit dem vorliegenden Seetransport befaßt. Der zufällige Umstand allein, daß eine inländische Niederlassung im Sinn des § 99 Abs 3 JN, die selbst dann bejaht wird, wenn die ausländische juristische Person nur den Eindruck erweckt, sie habe im Inland eine entsprechende ständige Vertretung (SZ 57/206; Mayr aaO Rz 11 zu § 99 JN), kann daher für sich allein noch nicht die inländische Gerichtsbarkeit begründen. Diese Auslegung entspricht auch den Wertungen des Art 5 Z 5 EuGVÜ. Danach wäre dieser besondere Gerichtsstand nur dann gegeben, wenn das Begehren auf die Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung betriebsbezogen wäre (EuGH 22.11.1978-33/78, Sammlung 1978, 2183; vgl Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht4 114; auch Art 5 Z 5 des Lugano-Abkommens entspricht dem Brüsseler Abkommen - RV 34 BlgNR 20 GP, 32).

Es war daher dem Revisionsrekurs der klagenden Partei teilweise Folge zu geben und auch die Zuständigkeitsentscheidung der Vorinstanzen aufzuheben, dem Revisionsrekurs der drittbeklagten Partei war zur Gänze Folge zu geben und anstelle des Aufhebungsbeschlusses des Rekursgerichtes die zutreffende Entscheidung der sofortigen Zurückweisung der gegen sie gerichteten Klage wegen Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit zu setzen; der Revisionsrekurs der zweitbeklagten Partei bleibt erfolglos, weil die inländische Gerichtsbarkeit noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Das Erstgericht wird sich aber auf die Prüfung der hier genannten Fragen zu beschränken haben.

Da die Klage gegen die drittbeklagte Partei wegen des primär zu beachtenden Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit zurückzuweisen ist, hat die erst subsidiär zu treffende Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes zu entfallen.

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren (die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz ist nach Aufhebung des diesbezüglichen Beschlusses des Erstgerichtes als nichtig noch offen) gründet sich, was die drittbeklagte Partei betrifft, auf die §§ 41, 50, 52 ZPO, sonst auf §§ 50, 52 ZPO. Da dritt- und viertbeklagte Parteien durch denselben Anwalt vertreten sind, konnten der erfolgreichen drittbeklagten Partei nur die halben Kosten des Rekursverfahrens zuerkannt werden (1 Ob 667/90 ua).

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