OGH 5Ob2033/96y

OGH5Ob2033/96y13.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Bekir Cengiz P*****, vertreten durch Dr.Bruno Binder und Dr.Georg Lehner, Rechtsanwälte in Linz, wider die Antragsgegnerin C***** Grundstücksverwaltung GesmbH, *****, vertreten durch Putz & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 23.Oktober 1995, GZ 14 R 165/95-12, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 12. April 1995, GZ 15 Msch 9/95f-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die Antragsgegnerin ist seit 1990 Eigentümerin der Liegenschaft EZ *****, bestehend aus den Grundstücken 755, 756/1, 756/2, 757 und 758. Auf dieser Liegenschaft befindet sich ein zweigeschoßiges Geschäftszentrum (der "Grabenhof"), das sich über alle Grundstücke erstreckt. Der Antragsteller war ab 1.7.1990 Mieter des in dem genannten Objekt befindlichen Geschäftslokales II und als solcher laut Mietvertrag verpflichtet, einen Hauptmietzins von S 5.900,-- sowie monatliche Betriebskosten von S 1.540,-- zu bezahlen.

Mit Sachantrag vom 12.7.1994 begehrte der Antragsteller bei der Schlichtungsstelle des Magistrates der Landeshauptstadt Linz gemäß § 37 Abs. 1 Z 8 MRG die Überprüfung dieses Mietzinses. Das Objekt habe sich in einem äußerst schlechten baulichen Zustand befunden, insbesondere seien an Decke und Außenfassade zentimetergroße Risse vorhanden gewesen. Die Räumlichkeiten seien unverputzt gewesen, dazu hätten Elektro- oder Wasserinstallationen gänzlich gefehlt. Die Abschlußleisten an beiden Dachfenstern seien immer wieder heruntergefallen und die Dachkuppen hätten sich nicht öffnen lassen, sodaß es in den Sommermonaten unerträglich heiß geworden sei. Das Objekt "Grabenhof" sei bereits vor Jahrzehnten, zumindest vor 1945, errichtet worden; daß im Jahre 1988 baubewilligungspflichtige Umbauarbeiten vorgenommen worden seien, ändere nichts an der Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes (insbesondere des § 16 Abs 1 Z 1 aF MRG).

Die Antragsgegnerin bestritt die Anwendbarkeit des § 16 Abs 1 Z 1 aF MRG und beantragte die Zurückweisung des Sachantrages, hilfsweise dessen Abweisung und Feststellung der Angemessenheit des vereinbarten Mietzinses. Sie brachte vor, daß sich das Bestandobjekt in einwandfreiem Zustand befunden habe. Der Bau des Geschäftshauses sei im Jahre 1988 in Angriff genommen worden, und aus dieser Zeit stamme auch die Baubewilligung. Das Objekt sei ohne Förderungsmittel zur Gänze neu errichtet worden, weshalb die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG zum Tragen komme.

Die Schlichtungsstelle beurteilte das Objekt Graben 29 als Neubau (neu errichtetes Gebäude iSd § 1 Abs 4 Z 1 MRG) und teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 17.10.1994 mit, daß der Antrag zurückgewiesen werde, sollte er nicht bis 4.11.1994 zurückgezogen werden. Da eine Zurückziehung nicht erfolgte und innerhalb von 3 Monaten auch keine Entscheidung der Schlichtungsstelle erging, machte schließlich die Antragsgegnerin gemäß § 40 Abs 2 MRG mit Schriftsatz vom 28.11.1994 das Verfahren unter Aufrechterhaltung ihres Vorbringens bei Gericht anhängig.

Das Erstgericht wies den Sachantrag ab, wobei es seiner Entscheidung im wesentlichen folgende Feststellungen zugrundelegte:

Die verfahrensgegenständliche Liegenschaft ist mit keinerlei Pfandrechten belastet, aus denen sich die Zuhilfenahme öffentlicher Mittel für die Errichtung des Geschäftszentrums ergäbe.

Am 26.7.1988 erließ das Baurechtsamt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz die Abbruchbewilligung für ein auf der EZ ***** stehendes ebenerdiges Geschäftslokal, ein zweigeschoßiges Werkstättengebäude mit ausgebautem Dachgeschoß und geringfügiger Unterkellerung, ein ebenerdiges Garagenprojekt und ein zweigeschoßiges Lagergebäude. Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 2.2.1989 wurde dann für das Bauvorhaben "zweigeschoßiges Geschäftszentrum mit Fernwärmeanschluß" auf den zum Gutsbestand der genannten Liegenschaft gehörigen Grundstücken die Baubewilligung erteilt. Die Bauarbeiten begannen am 6.3.1989. Die Neuaufführung des Geschäftszentrums betraf alle Grundstücke der Liegenschaft EZ *****.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß gemäß § 1 Abs 4 Z 1 MRG für Mietgegenstände in ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel aufgrund einer nach 30.6.1953 erteilten Baubewilligung neu errichteten Gebäuden lediglich der Kündigungsschutz gelte, nicht hingegen § 16 MRG. Diese nicht geförderten Neubauten seien von den Neubauten im Sinne des § 16 Abs 1 Z 2 MRG bzw den dort umschriebenen Um-, Auf-, Ein- oder Zubauten zu trennen. Zur Auslegung des Begriffes "Neubau" im Sinn des § 1 Abs 4 Z 1 MRG sei auf § 41 Abs 2 lit c der oö BauO zurückzugreifen, wonach es sich bei der Herstellung eines Gebäudes auch dann um einen Neubau handle, wenn nach Abtragung bestehender baulicher Anlagen alte Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt würden. Bei der zu beurteilenden Bauführung handle es sich daher nicht um baubewilligungspflichtige Umbauarbeiten, sondern stelle der "Grabenhof", da alle Objekte aufgrund der Abbruchbewilligung geschliffen worden seien, einen Neubau im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG dar. Eine Überprüfung des vereinbarten Hauptmietzinses sei bei dieser Sachlage nicht möglich.

Das Rekursgericht hatte sich unter anderem mit dem in einer Tatsachen- und Beweisrüge vorgetragenen Argument des Antragstellers zu beschäftigen, Teile des alten Objektes, insbesondere das 73,84 m2 große, mit "VIId" bezeichnete Geschäftslokal im Erdgeschoß des Geschäftszentrums, seien in Wahrheit bestehen geblieben. Dem hielt das Rekursgericht entgegen, daß sich zwar aus den im Bauakt Nr. 1 erliegenden, zum Inhalt des Sachbeschlusses gemachten Einreichplänen hinsichtlich des Geschäftes VIId (73,84 m2) aus den dort grau schraffierten Mauerflächen eine Einbeziehung alten Mauerwerks ergebe, jedoch in einem derart geringfügigen Ausmaß, daß dies an der Qualifikation "Neuerrichtung eines Gebäudes" im Sinn des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nichts ändere. Im übrigen bestätigte das Rekursgericht die Entscheidung der ersten Instanz aus folgenden rechtlichen Erwägungen:

Gemäß § 1 Abs 4 Z 1 MRG gelten für Mietgegenstände, die in Gebäuden gelegen sind, die ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel aufgrund einer nach dem 30.6.1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind, nur die Vorschriften über die Beendigung des Mietverhältnisses (§§ 29 bis 36) und den Eintritt von Todes wegen (§ 14 iVm § 46) sowie über Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge (§ 45), nicht hingegen die übrigen Bestimmungen des MRG.

Unbestritten stehe fest, daß das in Rede stehende Projekt "Grabenhof" ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel aufgrund einer Baubewilligung aus dem Jahre 1989 geschaffen worden ist. Es bleibe daher nur zu prüfen, inwieweit es sich bei diesem Bauvorhaben um eine Neuerrichtung gehandelt hat oder um bloße Ausbauten bzw Umbauten im Sinne einer Weiterverwendung bestehender Räume.

Die Weiterverwendung von Mauern schließe den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG dann nicht aus, wenn die Baumaßnahmen im Ergebnis dennoch als Neuerrichtung des Gebäudes anzusehen seien. Dies könne nur durch wertenden Vergleich mit der Neuerrichtung eines Gebäudes ohne Weiterverwendung von Teilen eines schon bestehenden Gebäudes beurteilt werden (5 Ob 85/93). So sei etwa der Umbau einer ehemaligen Scheune in eine Reparaturwerkstätte ebensowenig eine Neuerrichtung iSd § 1 Abs 4 Z 1 MRG wie die Adaptierung eines Stall- und Tennengebäudes für Zwecke eines Verbrauchermarktes (5 Ob 80/85). Demgegenüber sei aber gegenständlich die völlige Neuerrichtung eines Geschäftszentrums anstatt (Abbruchbewilligung) eines Komplexes von Werkstätten-, Lager-, Garagen- und Geschäftsräumlichkeiten erfolgt. Das minimale Bestehenbleiben von Mauerwerk hinsichtlich eines Geschäftes bei insgesamt 12 Geschäften, einem Cafe, einem Friseur, 3 Büros und einem Lager (bei einer Gesamtgeschoßfläche von 838 m2) schließe die Annahme einer Gebäudeneuerrichtung nicht aus. Nur wenn erhebliche Teile des ursprünglichen Gebäudes bestehen geblieben wären, würde das einer Neuerrichtung entgegenstehen (vgl ImmZ 1989, 203 = MietSlg 40.222), so etwa wenn nur einzelne Wohnungen oder Geschäftsräume in einem sonst gleich gebliebenen Haus neu geschaffen worden wären. Aus den Einreichplänen ergebe sich aber eine fast gänzliche Neuerrichtung des Gebäudekomplexes.

Auch die Baubehörden hätten, wie sich aus dem Bauakt Nr. 1 ergebe, das Projekt "Grabenhof" als Neubau qualifiziert. So hätten die Ausschreibungen zu den öffentlichen Bauverhandlungen vom 17.8. und 11.11.1988 den Neubau eines Geschäftszentrums in *****, zum Gegenstand gehabt. Im Bescheid betreffend Erleichterungen in der Frage der Stellplätze nach der 00. Stellplatzverordnung habe der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz als Berufungsbehörde das beantragte Bauvorhaben in Abgrenzung zu Zu- und Umbauten ausdrücklich als Neubau im Sinn des § 41 Abs 1 lit a oö BauO qualifiziert. Dazu komme noch eine die Gesamtliegenschaft betreffende Abbruchbewilligung iVm der dem Bauansuchen auf Errichtung eines Geschäftszentrums entsprechenden Baubewilligung.

Zur Annahme einer Gebäudeneuerrichtung iSd § 1 Abs 4 Z 1 MRG komme man aber auch, wenn man, wie das Rekursgericht unter Berufung auf die Entscheidung JBl 1987, 321 schon einmal ausgesprochen habe, als Orientierungshilfe bei der Auslegung des Begriffes "Neubau" auf den allgemeinen Sprachgebrauch, die Verkehrsauffassung und die Bauvorschriften abstelle. Nach § 41 Abs 2 lit c oö BauO sei unter Neubau die Herstellung eines Gebäudes auch dann zu verstehen, wenn nach Abtragung bestehender baulicher Anlagen alte Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden. Daraus ergebe sich, daß das Bestehenbleiben von einzelnem Mauerwerk der Beurteilung eines Bauvorhabens als Neubau nicht entgegenstehe. Beim bewilligungspflichtigen Umbau im Sinne des § 41 Abs 2 lit e oö BauO hingegen komme es zu keiner Herstellung eines Gebäudes auch Abtragung bestehender baulicher Anlagen, sondern zu einer bloßen baulichen Änderung. Eine wertende Gesamtschau im Sinne der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes lasse im vorliegenden Fall keine andere Qualifikation als die der Neuerrichtung des Gebäudekomplexes ***** zu. Da das (ehemalige) Mietobjekt des Antragstellers sich somit iSd Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG in einem Gebäude befinde, das ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel aufgrund einer nach dem 30.6.1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden ist, komme der § 16 MRG zur Frage der Angemessenheit des vereinbarten Hauptmietzinses nicht zur Anwendung.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Neuerrichtung eines Gebäudes nicht abgewichen worden sei. Die Entscheidung beruhe auf dem vom Obersten Gerichtshof vorgegebenen wertenden Vergleich des vorliegenden Falles mit der Neuerrichtung eines Gebäudes ohne Weiterverwendung von Teilen eines schon bestehenden Gebäudes.

Im jetzt vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Antragsteller ein Abweichen des Rekursgerichtes von jener Judikatur geltend, die die Erfüllung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG verneine, wenn Räume des alten Hauses bestehen geblieben sind und im "neuen" Haus weiterverwendet werden (MietSlg 34.376, 26.166 und 28.204; Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht 19, Rz 46 zu § 1 MRG). Im konkreten Fall sei laut Bauakt das im Erdgeschoß des Grabenhofs befindliche, 73,84 m2 große Geschäft VIId erhalten geblieben und stehe auch noch in Verwendung; von der Einbeziehung alten Mauerwerks in einem äußerst geringfügigen, nicht ausnahmeschädlichen Ausmaß könne daher keine Rede sein. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Sachbeschluß entweder iS einer Stattgebung des Mietzinsüberprüfungsantrages abzuändern oder aber - allenfalls unter Einschluß der erstinstanzlichen Entscheidung - aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Der Antragsgegnerin wurde die Beantwortung dieses Rechtsmittels freigestellt. Sie hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und in einer fristgerecht erstatteten Revisionsrekursbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Sachbeschlusses beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist wegen der mit der bisherigen Judikatur zu § 1 Abs 4 Z 1 MRG nicht in Einklang zu bringenden Wertung, auch der (nach der Sachlage mögliche) Fortbestand eines vermietbaren "alten" Objektes schließe die für die Erfüllung des Ausnahmetatbestandes wesentliche "Neuerrichtung des Gebäudes" nicht aus, wenn der erhalten gebliebene Teil im Vergleich zum neuen wirtschaftlich nicht ins Gewicht falle, zulässig und im Sinn seines Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.

Richtig ist, daß die vom Rechtsmittelwerber zitierte Judikatur (worauf die Antragsgegnerin in ihrer Revisionsrekursbeantwortung hinweist) zu § 1 Abs 2 Z 1 MG bzw zu § 1 Abs 3 Z 1 MG erging und daher auf den hier zu prüfenden, nicht die Neuschaffung einzelner Räume, sondern die Neuerrichtung des ganzen Gebäudes behandelnden Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG (vgl WoBl 1993, 114/78) nicht generell, sondern nur nach Maßgabe jeweils identer Wertungen übertragen werden kann. Auch zu § 1 Abs 4 Z 1 MRG vertreten jedoch Judikatur und Lehre übereinstimmend den Standpunkt, daß es an der tatbestandsmäßigen Neuerrichtung des Gebäudes fehlt, wenn bestehen gebliebene Räume des alten Baubestandes im neuen Haus weiterverwendet werden (Würth in Rummel, Rz 15 zu § 1 MRG mwN; WoBl 1995, 18/6 = MietSlg 45.196). Anders läge der offensichtlich vom Rekursgericht ins Auge gefaßte Fall, daß nur einzelne Mauern (etwa Außenmauern) eines Objektes erhalten geblieben sind (Würth aaO). Diesfalls ist im Rahmen einer vergleichenden Wertung zu entscheiden, ob eine Neuerrichtung iSd § 1 Abs 4 Z 1 MRG vorliegt (MietSlg 45.196).

Hier ist nach der Aktenlage keineswegs klar, daß nur einzelne Mauern des alten Objektes, nicht jedoch ein ausnahmeschädlicher Raum, in das neue Geschäftszentrum integriert wurden. Der vom Rekursgericht als Beleg für seine Annahme, es gehe lediglich um die "Einbeziehung alten Mauerwerks geringfügigen Ausmaßes", genannte Bauplan (Einreichplan) läßt sich nämlich auch so deuten, daß das gesamte Geschäftslokal VIId erhalten geblieben ist (eine Neuverteilung des Raums durch Versetzung von Zwischenwänden oder die Abtrennung von Raumteilen würde daran grundsätzlich nichts ändern: vgl 3 Ob 584, 585/87). Träfe dies zu, ließe sich die Erfüllung des Ausnahmetatbestandes auch nicht mehr damit rechtfertigen, daß das fragliche Geschäftslokal nur einen geringen Teil - nicht einmal 10 % - der Gesamtgeschoßfläche des neuen Geschäftszentrums einnimmt. Abgesehen davon, daß der Bauplan noch weit kleinere selbständige Geschäftslokale ausweist, eignet sich diese wirtschaftliche, an Flächenausmaßen, Baukubaturen oder Baukosten orientierte Betrachtungsweise nur bedingt zur Entscheidung von Zweifelsfällen, ob ein Gebäude iSd § 1 Abs 4 Z 1 MRG ganz oder nur teilweise neu errichtet wurde. Die Geringfügigkeit der Einbeziehung alter Gebäudeteile in das neue Objekt wird zwar für die Annahme einer gänzlichen Neuerrichtung sprechen, wenn es sich um Reste des alten Mauerwerks (etwa Fundamente, denkmalgeschützte Fassadenteile etc) oder auch um umschlossene Gebäudeteile handelt, denen unter dem Aspekt der Vermietbarkeit keine selbständige Bedeutung zukommt; sie eignet sich aber dann nicht mehr als Abgrenzungskriterium, wenn das eigentliche Objekt der Mieterschutzgesetzgebung, eine als Wohnung oder Geschäftslokal selbständig vermietbare Räumlichkeit, erhalten geblieben ist.

Der von den Vorinstanzen hervorgehobene Umstand, daß die Baubehörde das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben als Neuerrichtung eines Gebäudes wertete, läßt für sich allein keine andere Beurteilung zu. Ob die Neuerrichtung eines Gebäudes vorliegt, richtet sich zwar auch nach der Verkehrsauffassung, die nicht zuletzt durch die geltenden Bauvorschriften geprägt wird, doch entscheiden letztlich die speziellen Wertungen, die dem MRG zugrunde liegen, und nicht die ganz anders gelagerten Zielsetzungen der Baupolizei. Im übrigen geht es gerade im gegenständlichen Fall nicht um die Erhaltung von Fundament und Kellermauern, die mit dem Hinweis auf § 41 Abs 2 lit c OÖBauO als mit einem "Neubau" vereinbar erkannt wurden, sondern um den - nach der bisherigen Sachlage nicht auszuschließenden - Fortbestand eines als Geschäftslokal nutzbaren Raums.

Ob ein solcher Raum, der die Erfüllung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG zunichte machen würde, tatsächlich erhalten geblieben ist, also in das neue Geschäftszentrum integriert wurde, bleibt - wie bereits ausgeführt wurde - noch zu prüfen. Sollte dies der Fall sein, wird auf das Mietzinsüberprüfungsbegehren des Antragstellers materiell einzugehen sein. Daß sich dessen Mietobjekt in einem rechtlich eigenständigen, vom Objekt mit dem Geschäftslokal VIId verschiedenen Gebäude befand, wurde nie geltend gemacht und ist wegen der grundsätzlichen Gleichsetzung von Haus und Liegenschaft im MRG (vgl WoBl 1992, 154/111; WoBl 1993, 183/123 ua) auch nicht ohne weiteres anzunehmen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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