OGH 10Ob1516/96

OGH10Ob1516/9620.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Parteien 1. Hugo Z*****, und 2. Annelore Brigitte Z*****, beide vertreten durch Dr.Ernst Stolz und Dr.Sepp Manhart, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die Gegnerin der gefährdeten Parteien Josepha A*****, vertreten durch Dr.Richard Kempf, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Gegnerin der gefährdeten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 20. Dezember 1995, GZ 1 R 581/95-11, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Gegnerin der gefährdeten Parteien wird gemäß § 78 EO, § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht hat die von den gefährdeten Parteien beantragte einstweilige Verfügung eines Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbotes samt Anmerkung desselben im Grundbuch antragsgemäß erlassen; das Rekursgericht hat diese Entscheidung bestätigt und ausgesprochen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch unzulässig sei. Im hiegegen fristgerecht eingebrachten außerordentlichen Revisionsrekurs begehrt die Gegnerin der gefährdeten Parteien unter Geltendmachung des Rekursgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung die Abänderung der bekämpften Entscheidung im Sinne einer Abweisung des gestellten EV-Antrages.

Nach Vorlage dieses Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof, jedoch vor Entscheidung hierüber haben die gefährdeten Parteien ihren Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zurückgezogen und das diesen Schriftsatz übermittelnde Erstgericht die Rückmittlung des Aktes (gemeint offenbar ohne Erledigung) erbeten (Schriftsatz vom 1.2.1996 samt Verfügung vom 2.2.1996). Dies ist jedoch im vorliegenden Fall schon deshalb nicht möglich, da ja nicht das Rechtsmittel, sondern bloß der der bekämpften Entscheidung zugrundeliegende Antrag zurückgezogen wurde, das Rechtsmittel selbst hingegen weiterhin aufrecht ist. Ein solcher Sachverhalt ist demgemäß dem § 399 Abs 1 Z 4 EO zu unterstellen (Aufhebung einer EV durch das Gericht erster Instanz über Antrag des Gegners der gefährdeten Partei infolge Wegfalles des zu sichernden Anspruches; siehe hiezu auch König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren, Rz 372). Ein solcher Antrag wurde nach der Aktenlage bisher nicht gestellt (wobei aus dem vom Erstgericht nachgereichten Originalschriftsatz auch keine Zustellverfügung hervorgeht, wonach eine Gleichschrift desselben dem Vertreter der Antragsgegnerin bislang überhaupt zugestellt worden wäre). Damit ist jedoch vorerst weiterhin von der aufrechten Existenz der bekämpften einstweiligen Verfügung auszugehen und konsequenterweise auch von einer hiedurch für die Antragsgegnerin weiterhin gegebenen Beschwer, zumal ja im Sinne der bestehenden einstweiligen Verfügung auch nach wie vor ihre Miteigentumsanteile ob der betroffenen Liegenschaft durch das zwischenzeitlich angemerkte Belastungs- und Veräußerungsverbot belastet sind (siehe hiezu die im Akt rückwärts erliegende Beschlußausfertigung der erstinstanzlichen einstweiligen Verfügung samt Vollzugsanordnung [Stampiglie "gelb"] des Grundbuchsgerichtes vom 7.11.1995) und es ja bei Abänderung der bekämpften Entscheidung im Sinne einer Abweisung des zugrundeliegenden Antrages auch keiner weiteren Antragstellung im Sinne des § 399 EO mehr bedürfte.

Der außerordentliche Revisionsrekurs vermag allerdings entgegen seinem Vorbringen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO, §§ 78, 402 Abs 4 EO aufzuzeigen. Einzig relevante Rechtsfrage des Revisionsrekurses ist nämlich jene des Zustandekommens eines für die Antragsgegnerin bindenden Konsensualvertrages mit den Antragstellern einerseits und des daraus zur Sicherung mittels EV abgeleiteten Erfüllungsanspruches andererseits. Hiezu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Mindestinhalt einer Kaufvertragsofferte ist, daß Ware und Preis bestimmt oder zumindest bestimmbar sind (MGA ABGB34 E 34 zu § 1054). Da die Liegenschaft hinsichtlich KG, EZ, Eigentümer und Anschrift vollständig und richtig, jedoch bloß bezüglich der (Miteigentums)Anteile der Eigentümerin unvollständig und ungenau bezeichnet wurde, ist diesem Erfordernis damit ausreichend Genüge getan (vgl Koziol/Welser I10 104, wonach genügt, daß sich diese Punkte "aus den Umständen bestimmen lassen"; SZ 27/300).

2. Auch am Abschlußwillen der Parteien (hinsichtlich der Verkäuferin durch deren legitimierte Tochter) kann nach dem Inhalt der maßgeblichen Urkunde nicht gezweifelt werden. Die Parteien haben zwar die "tatsächliche Übergabe des Kaufobjektes" sowie die Bestimmung des den grundbuchsfähigen Kaufvertrag errichtenden Verfassers einer (späteren) Vereinbarung vorbehalten, alle wesentlichen Vertragspunkte waren jedoch bereits von der Einigung erfaßt (Gegenstand, Preis, Lastenfreiheit, Bankgarantie, Zahlung in einer Summe). Der erstere Punkt betrifft die Erfüllung (vor allem wohl in zeitlicher Sicht) des einigungsmäßig bereits perfektionierten Vertrages, der letztere Punkt bloß dessen für den Einverleibungsmodus erforderlichen Skripturakt (vgl SZ 44/73). Unter diesen Umständen muß daher vom Konsens der Kontrahenten ausgegangen und damit der Abschluß eines Kaufvertrages (jedenfalls für das Provisorialverfahren, in welchem Bescheinigung ausreicht) als zustande gekommen angesehen werden. Die im Revisionsrekurs zitierten Entscheidungen sind schon sachverhaltsmäßig nicht vergleichbar. Daß es trotz Einigung über Objekt und Preis im Willen und im Sinne beider Parteien gelegen wäre, die Kaufvereinbarung insgesamt noch als unvollständig zu erachten, kann nicht als bescheinigt gelten; vielmehr ist den Feststellungen der Vorinstanzen (auslegungsmäßig) zu entnehmen, daß sich die Kontrahenten auch schon vor der Einigung über diese weiteren Einzelheiten bezüglich des Kaufgeschäftes selbst endgültig verpflichtet haben und verpflichten wollten (vgl hiezu auch JBl 1978, 424, 7 Ob 812/79, SZ 61/136 und 1 Ob 538/94, wonach jeweils der bloße Vorbehalt der Errichtung der notwendigen Tabularurkunde im Zweifel nicht im Sinne des § 884 ABGB gegen den Abschluß des auch in Liegenschaftssachen grundsätzlich formfreien Konsensualvertrages spricht). Dies zu entkräften bzw zu widerlegen wird die Antragsgegnerin (nach Einbringung der Rechtfertigungsklage) im laufenden Hauptverfahren unter Beweis zu stellen Gelegenheit haben. Für das Provisorialverfahren ist jedoch kein vernünftiger Grund zu erkennen, weshalb die Vertragsteile noch nicht hätten gebunden sein wollen (vgl hiezu auch 4 Ob 519/93, wo trotz des - übrigens wie hier in einem von einem Makler zur Verfügung gestellten Formular enthaltenen - Passus, die "Durchführung des Kaufvertrages" habe durch einen erst einzusetzenden Verfasser zu erfolgen, ausdrücklich das Vorliegen eines Kaufvertrages mit Bindungswillen der Parteien bejaht wurde). Damit kommt aber dem Umstand, daß das Erstgericht (im Rahmen seiner nur äußerst knapp getroffenen Feststellungen) den genauen Inhalt dieser Urkunde nicht wiedergegeben hat und das Rekursgericht - unter Hinweis auf das Neuerungsverbot - die hierauf Bezug nehmenden Ausführungen des Rekurses verwarf (was im Revisionsrekurs nunmehr ebenfalls gerügt wird), letztlich keine Entscheidungsrelevanz zu.

3. Das Erstgericht hat (für den Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsachen-, sondern nur Rechtsinstanz ist, bindend) festgestellt, daß der Erstantragsteller für sich und für die Zweitantragstellerin das verfahrensgegenständliche Kaufanbot unterzeichnet hat. Damit ist auch von ihrem Anspruch im Provisorialverfahren auszugehen. Daß als Anbotsteller im schriftlichen Kaufanbot nur der erstere namentlich genannt ist, kann daher ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis führen, zumal auch aus der vom Erstgericht verwendeten und verwerteten (weiteren) Bescheinigungsurkunde der eidesstättigen Erklärung beider Antragsteller vom 30.10.1995 ebenfalls hervorgeht, daß das Kaufanbot vom Gatten auch in Vertretung seiner Frau unterfertigt worden ist. Schließlich ist in der Anbotsurkunde an mehreren Stellen (zB Punkte 1., 5. zweiter Satz und 7.), ohne daß dies etwa durch Durchstreichen inhaltlich abgeändert worden wäre, von den Käufern (also einer Mehrzahl von Personen) die Rede.

4. Aus dem Text der maßgeblichen Kaufanbotsurkunde kann nicht abgeleitet werden, daß die Klausel in Punkt 5., wonach die Unterfertigung des grundbuchsfähigen Kaufvertrages innerhalb von 14 Tagen nach Annahme dieses Kaufanbotes zu erfolgen habe, eine Resolutivbedingung für das gesamte Rechtsgeschäft sein sollte; sie ist vielmehr (§ 914 ABGB) im Zusammenhalt mit dem nächsten Halbsatz zu lesen, wonach zuvor selbstredend noch die vorgesehene Übereinkunft über die Person des Vertragsverfassers herbeigeführt werden mußte.

5. Die Antragsteller hatten damit insgesamt den rechtlichen Bestand ihres Anspruches ausreichend bescheinigt. Der hiegegen ankämpfende ao Revisionsrekurs muß daher scheitern.

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