OGH 9ObA3/96

OGH9ObA3/9617.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Harry S*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Hermann Sperk, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr.Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 530.704,-- brutto und Feststellung (Gesamtstreitwert 830.704 S sA), infolge Revisionsrekurses der C***** AG, ***** vertreten durch Dr.Martin Schuster, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.November 1995, GZ 9 Ra 125/95-12, womit der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 21.Juli 1995, GZ 8 Cga 1044/92-9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Einschreiterin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger stellt ein Leistungsbegehren in der Höhe von S 530.704,-- brutto sA sowie ein Feststellungsbegehren mit dem wesentlichen Vorbringen, sein Dienstverhältnis als Versicherungsangestellter im Außendienst sei von der Beklagten durch ungerechtfertigte Entlassung beendet worden. Er habe daher ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der ihm noch künftig zustehenden Folgeprovisionen. Darüber hinaus stehe ihm auch Abfertigung, Urlaubs- und Kündigungsentschädigung in Höhe des Leistungsbegehrens zu.

Die beklagte Partei bestritt das Leistungsbegehren und beantragte dessen kostenpflichtige Abweisung, weil die Entlassung gerechtfertigt erfolgt sei und somit auch kein Anspruch auf Zahlung von Folgeprovisionen bestehe.

Mit Beschluß vom 21.4.1993 wurde das gegenständliche Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens beim Landesgericht für Strafsachen Wien, AZ 22 d Vr 7624/92, unterbrochen; eine Fortsetzung des Verfahrens ist bisher nicht erfolgt.

Mit Schriftsatz vom 19.7.1995 erklärte die C***** ihren Beitritt als Nebenintervenientin auf Seiten des Klägers. Sie habe die Ansprüche des Klägers gegen die beklagte Partei zur teilweisen Hereinbringung ihrer aufgrund eines Wechselzahlungsauftrages des Handelsgerichtes Wien gegen den Kläger vollstreckbaren Forderung gepfändet und überwiesen erhalten und habe daher ein rechtliches Interesse am Obsiegen des Klägers. Sie beantragte die Zustellung des Beitrittsschriftsatzes an beide Parteien und die Benachrichtigung von der nächsten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung.

Mit Beschluß vom 21.7.1995 wies das Erstgericht den Antrag der C***** mit der wesentlichen Begründung zurück, daß das Verfahren derzeit bis zur rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens zu 22 d Vr 7624/92 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien unterbrochen sei, was gemäß § 192 ZPO einen Verfahrensstillstand bedeute.

Das Rekursericht gab dem dagegen von der Einschreiterin erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Gerichtshandlungen nach Eintritt der Unterbrechung seien unzulässig, weil sie das rechtliche Gehör der Parteien verletzen würden. Während der Unterbrechung von einer Partei vorgenommene Prozeßhandlungen seien der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung, sodaß das Gericht diese Prozeßhandlungen nur insoweit zum Gegenstand einer Verfügung machen könne, also sie zurückzuweisen oder der Partei gegenüber für unwirksam zu erklären habe. Im übrigen sehe die geschäftsordnungsgemäße Behandlung eines Schriftsatzes vor, daß der Schriftsatz in irgendeiner Form bearbeitet werde. Das Einbringen eines Schriftsatzes für den "Bedarfsfall" einer Fortsetzung des Verfahrens sei in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehen. Soweit die Einschreiterin auf ihren Antrag auf Übersendung einer Aktenabschrift verweise, sei darauf nicht einzugehen, weil dem Akteninhalt zu entnehmen sei, daß ungeachtet der Zurückweisung des Antrages dem Vertreter der Einschreiterin eine Aktenabschrift ausgefolgt worden sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der C***** AG mit dem Antrag, die Entscheidung der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Zustellung des Schriftsatzes der Einschreiterin an die Streitteile aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 18 Abs 1 ZPO kann die Nebenintervention in jeder Lage des Rechtsstreites bis zu dessen rechtskräftiger Beendigung erfolgen. Der Auffassung der Rechtsmittelwerberin, hieraus sei abzuleiten, daß der Beitritt auch während der Unterbrechung des Verfahrens erfolgen könne, kann nicht beigetreten werden. § 18 Abs.1 ZPO bestimmt nämlich, daß ein solcher Beitritt durch Zustellung eines Schriftsatzes an beide Parteien zu erfolgen hat; erst nach diesem Zeitpunkt gesetzte Prozeßhandlungen des Nebenintervenienten sind wirksam und zu beachten (Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 401). Die Zustellung des Schriftsatzes erfordert aber ein gerichtliches Tätigwerden. Da aber nach Eintritt der Unterbrechung Gerichtshandlungen, die nicht bloß dem durch die Unterbrechung des Verfahrens geschaffenen Zustand Rechnung tragen oder unter den Ausnahmetatbestand des § 163 Abs 3 ZPO fallen, während des Stillstandes des Verfahrens unzulässig sind (JBl 1978, 433; INFAS 1991, A 140; SSV-NF 3/12) und gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO nichtig sind (Fasching aaO Rz 598), ist auch ein Beitritt als Nebenintervenient, der ein solches gerichtliches Tätigwerden zur Voraussetzung hätte, während der Unterbrechung eines Verfahrens ausgeschlossen (idSa EvBl 1946/359).

Darüber hinaus ist gemäß § 18 Abs 2 ZPO über den von einer der Parteien gestellten Antrag auf Zurückweisung des Nebenintervenienten nach vorhergehender mündlicher Verhandlung zu entscheiden. Auch zu diesem Zwischenverfahren könnte es während der Dauer der Unterbrechung nicht kommen. Zutreffend hat das Rekursgericht bereits erkannt, daß die Wirkungen der Unterbrechung dem Beitritt als Nebenintervenient entgegenstehen. Die Einbringung eines Schriftsatzes für den "Bedarfsfall einer Fortsetzung des Verfahrens" ist in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehen. Es ist daher auch nicht möglich, den Schriftsatz der Einschreiterin vorerst zum Akt zu nehmen, ihn bis zur Fortsetzung des Verfahrens unbehandelt zu lassen und ihn erst dann den Parteien zuzustellen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 2 ASGG, 40, 50 ZPO.

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