OGH 8Ob525/95

OGH8Ob525/9521.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Sonja D*****, in Obsorge der Mutter Heidelinde D*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, Jugendamt, als Unterhaltssachwalter infolge Revisionsrekurses des Vaters Karl F*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 7.Juni 1995, GZ 21 R 318/95-128, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 3.Februar 1995, GZ 1 P 4/93-121, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der insoweit er den Rekurs der Minderjährigen zurückweist, als unangefochten unberührt bleibt, wird hinsichtlich des Zuspruches eines monatlichen Unterhalts-(teil)betrages von S 627,-- ab 1.Oktober 1994 bestätigt. Darüberhinaus (somit hinsichtlich des Differenzbetrages auf eine monatliche Unterhaltsleistung von S 1.000,--) werden die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben. Dem Erstgericht wird in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Der Revisionsrekurswerber war aufgrund Beschlusses des Erstgerichtes vom 2.12.1993 (ON 112), zu einer monatlichen Unterhaltsleistung für die Minderjährige von S 1.000,-- ab 1.1.1993 verpflichtet. Mit Antrag vom 15.11.1994 (ON 115) brachte er vor, daß er von seinem bisherigen Arbeitgeber gekündigt worden sei und nunmehr Arbeitslosengeld beziehe. Er begehrte die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung auf jenen Betrag, welchen er vom "Arbeitsamt" Salzburg als Familienzuschlag für die Minderjährige erhalte, allenfalls die Enthebung von der Unterhaltspflicht.

Das Erstgericht gab mit Beschluß vom 3.2.1995 (ON 121) diesem Antrag insoweit Folge als es den Vater verpflichtete, ab 1.10.1994 für die Minderjährige einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 627,-- zu bezahlen. Der Vater sei von seinem bisherigen Arbeitgeber - einem Taxiunternehmen - zum 15.8.1994 gekündigt worden, wobei der Grund für die Auflösung des Dienstverhältnisses nicht in seiner Person gelegen sei. Seit diesem Zeitpunkt sei der Vater arbeitslos gemeldet und beziehe zuletzt Arbeitslosenunterstützung in der Höhe von S 4.761,-- monatlich. Er sei außer für die Unterhalt fordernde Minderjährige noch für zwei weitere, in den Jahren 1977 bzw 1979 geborene Kinder sorgepflichtig. Eine Anspannung des Vaters auf das bisher bezogene Einkommen sei bei der gegebenen Sachlage nicht möglich. Da der Vater sich bereit erklärt habe jenen Betrag zu bezahlen den er als Familienzuschlag erhalte, sei der von ihm zu leistende Unterhalt in dieser Höhe festzusetzen gewesen.

Auf Grund des Rekursvorbringens des Vaters, daß er tatsächlich einen Familienzuschlag nicht erhalte, erhob das Erstgericht im Zwischenverfahren durch Anfrage an das Arbeitsmarktservice Salzburg, daß es bisher deshalb nicht zur Auszahlung des Familienzuschlages gekommen sei, weil der Vater keinen Nachweis erbracht habe, daß er tatsächlich für die Minderjährige sorge.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs des Vaters nicht Folge, wies den Rekurs der Minderjährigen hinsichtlich eines Erhöhungsbegehrens zurück und gab ihm im übrigen dahin Folge, daß der Antrag des Vaters auf Herabsetzung bzw Enthebung von seiner Unterhaltsverpflichtung ab 1.10.1994 abgewiesen wurde. Es erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. Da die Kündigung des Vaters aufgrund wirtschaftlicher Probleme seines bisherigen Arbeitsgebers erfolgt sei, sei dem Erstgericht darin beizupflichten, daß eine Anspannung auf das bisher bezogene Einkommen nicht zu erfolgen habe. Allerdings sei der Vater verpflichtet, im Zusammenhang mit seinem Herabsetzungs- oder Enthebungsbegehren sämtliche Umstände zu behaupten und zu beweisen, die seine bisherige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Darüber hinaus sei ein arbeitsloser Unterhaltsverpflichtiger verhalten, Eigeninitiative zur Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes zu setzen. Daß seine Leistungsfähigkeit trotz angestrengter Suche nach einem Arbeitsplatz eingeschränkt sei, habe der Vater aber nicht behauptet, weshalb eine Herabsetzung seiner bisherigen - ohnehin geringfügigen - Unterhaltsverpflichtung nicht in Betracht komme.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig und teilweise berechtigt.

Dem Gericht zweiter Instanz ist darin beizupflichten, daß derjenige, der eine für die Unterhaltsbemessung maßgebliche Änderung der auf seiner Seite gelegenen zu seinem Gunsten ausschlagenden Verhältnisse behauptet, dies zu beweisen hat. Es ist somit Sache des Unterhaltspflichtigen, seine verminderte Leistungsfähigkeit gegenüber den dem Vortitel zugrundeliegenden Verhältnissen darzutun (SZ 53/54; EFSlg 62.670, 62.677). Allerdings darf bei Anwendung der Beweislastregel der im Außerstreitverfahren geltende Untersuchungsgrundsatz nicht unberücksichtigt bleiben. Die dargestellte Beweispflicht kommt daher nur dann zum Tragen, wenn das Gericht aufgrund seiner amtswegigen Beweiserhebungen außerstande ist, eine ausreichende Tatsachengrundlage zu schaffen (SZ 57/84; EvBl 1992/120). Bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ohne Verschulden des Unterhaltspflichtigen kommt es immer auf das nachfolgende tatsächliche Verhalten des Unterhaltsschuldners, also darauf an, ob sich dieser über die bloße Anmeldung als Arbeitssuchender hinaus in jeder ihm zumutbaren Weise um das Wiedererlangen eines Arbeitsplatzes tatkräftig bemüht hat (ÖA 1991, 142). Auch wenn der Unterhaltspflichtige diesbezüglich kein Vorbringen im Verfahren erstattet hat, kann ihm dies noch nicht zum Nachteil gereichen. Das Pflegschaftsgericht ist vielmehr verpflichtet, von amtswegen sämtliche wesentliche Umstände für die Unterhaltsbemessung zu erheben. Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren den Unterhaltspflichtigen zu seinen Bemühungen, einen neuen Arbeitsplatz zu erhalten, zu vernehmen und in diesem Sinne auch eine entsprechende Anfrage an das Arbeitsmarktservice zu richten haben.

Erst nach Vorliegen dieser Erhebungen wird beurteilt werden können, ob der Unterhaltsbemessung lediglich die bezogene Arbeitslosenunterstützung oder ein allenfalls höheres, im Sinne der Anspannungstheorie zumutbarerweise beziehbares, Einkommen zugrundezulegen und damit die Unterhaltspflicht im bisher bestehenden Umfang von S 1.000,-- monatlich aufrecht zu erhalten ist.

Schon jetzt kann allerdings auf Grund der im Zwischenverfahren eingeholten Auskunft ON 125 gesagt werden, daß es der Unterhaltspflichtige schuldhaft unterlassen hat, gegenüber dem Arbeitsmarktservice die erforderlichen Nachweise zur Erlangung des Familienzuschlages zu erbringen. Damit bleibt er aber an seine im Antrag ON 115 abgegebene Erklärung, jedenfalls Unterhalt in der Höhe des Familienzuschlages zu leisten, gebunden, sodaß in diesem Umfang der angefochtene Beschluß bestätigt werden konnte.

Stichworte