OGH 9ObA141/95

OGH9ObA141/9522.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Kurt Resch und Dr.Andreas Linhart als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Ingrid Hochstaffl-Salcher, Rechtsanwältin in Wörgl, wider die beklagte Partei Dr.Boschidar N*****, Arzt, ***** vertreten durch Dr.Rainer Strickner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 895.000sA (Revisionsinteresse S 767.609 sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.April 1995, GZ 5 Ra 40/95-55, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.September 1994, GZ 46 Cga 106/93a-47, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 22.104 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.684 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung können allfällige Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht für nicht gegeben erachtet wurden, nicht neuerlich in der Revision als Mängel des Berufungsverfahrens geltend gemacht werden (vgl SZ 27/4; SZ 60/157;

SZ 62/88 mwH; ÖBl 1984, 109; RZ 1989/16; RZ 1992/57; DRdA 1991/10;

infas 1994 A 49; ecolex 1994, 781; EvBl 1995/67; RdW 1995, 226; Arb

11.174 uva).

Im übrigen hat das Berufungsgericht die Frage, ob die Klägerin zur Rückforderung der vom Beklagten als Geschäftsführer rechtsgrundlos entnommenen Beträge berechtigt ist, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers, daß ihm die Genehmigung zum Verkauf seines eigenen Ordinationsinventars an die Gesellschaft schlüssig erteilt worden sei, daß keine Interessengefährdung vorgelegen sei und daß der Klägerin allenfalls nur Schadenersatz gemäß § 25 Abs 4 GmbHG zustehe, entgegenzuhalten:

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen bemühte sich der Beklagte als alleiniger Geschäftsführer der Klägerin wiederholt, dieser sein gebrauchtes Ordinationsinventar zu verkaufen. Seine Bemühungen scheiterten jedoch an der Weigerung der übrigen Gesellschafter, den von ihm verlangten (hohen) Kaufpreis zu akzeptieren. Andererseits lehnte er selbst das Ansinnen des Gesellschafters Dr.S*****, das Inventar zum Buchwert an die Gesellschaft zu verkaufen, ab. Obwohl der Beklagte von keinem seiner Mitgesellschafter die Zustimmung zu einem bestimmten Preis eingeholt oder erlangt hatte, ließ er einen Teil des vorhandenen Iventars in die Klinik verbringen, wo ein nicht mehr feststellbarer Teil verwendet und das übrige Inventar größtenteils mit anderen Gegenständen im Keller gelagert wurde. Sodann behob er dreimal Beträge vom Konto der Klägerin in der Höhe von insgesamt S 720.000, welcher Betrag sich aus "willkürlich angesetzten Schätzwerten" ergab. Vier der fünf Mitgesellschafter waren über die im einzelnen verbrachten Gegenstände nicht informiert. Anläßlich einer Betriebsprüfung beanstandete das Finanzamt die in der Bilanz 1990 aufscheinende Entnahme als verdeckte Gewinnausschüttung an den Beklagten und schrieb der Klägerin eine Kapitalertragssteuer von S 193.750 vor. In der Folge forderte die Klägerin den Beklagten auf, den entnommenen Betrag zurückzuzahlen und die von ihm eingebrachten Gegenstände binnen Wochenfrist abzutransportieren.

Bei diesem Sachverhalt ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß der Beklagte, solange er sich um die Zustimmung der übrigen Gesellschafter bemühte, noch kein Insichgeschäft abschließen wollte. Er ging erst dann eigenmächtig vor, als er für den von ihm geforderten Preis keine Zustimmung fand. Er kann sich daher nicht darauf berufen, daß dieses Selbstkontrahieren durch eine vorher erteilte Einwilligung oder durch eine nachträgliche Genehmigung gedeckt sei (vgl Koziol/Welser, Grundriß10 I 177 f; Kastner, Grundriß des Österreichischen Gesellschaftsrechts5 390 f mwH; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 118 f mwH; GesRZ 1981, 174; EvBl 1983/39 ua). Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß es "zutreffen mag" (S 361), daß ein Schreibtisch aus der ehemaligen Ordination des Beklagten zufolge der "eher chaotischen Inventarverwaltung" in der Annahme, dieser sei Eigentum der Klägerin, verkauft worden ist. Auf die Zustimmung der "übrigen Geschäftsführer" der Klägerin (GesRZ 1992, 51) kann sich der Beklagte schon deshalb nicht berufen, da er im Zeitpunkt der Entnahme der rückgeforderten Beträge alleiniger Geschäftsführer war.

Ohne eine solche Zustimmung hätte das Insichgeschäft nur dann zulässig sein können, wenn die Gefahr einer Interessenkollision nicht einmal zu befürchten gewesen wäre, so etwa wenn die Leistungen des Beklagten einen Markt- oder Börsenpreis gehabt hätten (vgl Koziol/Welser aaO 177 mwH; Reich-Rohrwig aaO 119; EvBl 1986/86 uva). Davon konnte aber nach den Feststellungen keine Rede sein. Der vom Beklagten eigenmächtig entnommene Kaufpreis ergab sich aus "willkürlich angesetzten Schätzwerten", so daß das Finanzamt sogar eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen hat. Die Frage, ob ein schon gebrauchtes Inventar, das größtenteils im Keller abgelagert wurde (S 361), für die Klägerin überhaupt von Wert sein konnte, stellt sich sohin nicht.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO begründet.

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