OGH 9ObA102/95

OGH9ObA102/958.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Ehmayr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr.Wolfgang V*****, Angestellter, ***** wider die beklagte Partei Prof.Walter K*****, Steuerberater, ***** vertreten durch Dr.Johannes Hintermayr und Dr.Michael Krüger, Rechtsanwälte in Linz, wegen 36.684 S sA, infolge Wiederaufnahmsklage des Klägers gegen den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 30. November 1994, GZ 9 Ob A 220/94-42, soweit damit über den Kläger eine Ordnungsstrafe von 3.000 S verhängt wurde,den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Wiederaufnahmsklage wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 30.November 1994, GZ 9 Ob A 220/94-42, hat der Oberste Gerichtshof über den Kläger anläßlich der Entscheidung über seinen Rekurs im Ablehnungsverfahren zu 14 Nc 52/94 des Oberlandesgerichtes Wien wegen beleidigender Äußerungen über den Erstrichter eine Ordnungsstrafe von 3.000 S verhängt.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Kläger mit einer auf den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO gestützten Wiederaufnahmsklage. Außerdem lehnte er die an dieser Beschlußfassung beteiligten Mitglieder des Obersten Gerichtshofes und fachkundigen Laienrichter ab. Über die Ablehnung wurde bereits mit Beschluß vom 23.5.1995 4 N 513/95 entschieden. Der Kläger beantragt die Aufhebung der Ordnungsstrafe und führt dazu aus, daß sich der Erstrichter ihm gegenüber unkorrekt und standeswidrig verhalten habe; der Kläger habe daher mit den angeblich beleidigenden Ausfällen nicht die schuldige Achtung verletzt. Trotz dieser eindeutigen Rechts- und Sachlage hätten die Abgelehnten über den Kläger eine Ordnungsstrafe nach § 86 ZPO verhängt, was zweifelsfrei das Verbrechen des Mißbrauches der Amtsgewalt und somit den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO bilde, zumal nicht angenommen werden könne, daß den Abgelehnten die vom Kläger dargestellte Rechts- und Sachlage nicht bekannt gewesen sei; sie wollten vielmehr den Kläger bewußt einschüchtern und schädigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Wiederaufnahmsklage ist unzulässig.

Nach § 530 Abs 1 ZPO in der vor Inkrafttreten des Konsumentenschutzgesetzes BGBl 140/1979 (KSchG) geltenden Fassung konnte nur ein durch ein Urteil geschlossenes Verfahren wieder aufgenommen werden. Nunmehr bestimmt § 530 Abs 1 ZPO idF des § 36 Z 10 KSchG, daß ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei unter den im einzelnen aufgezählten Voraussetzungen wieder aufgenommen werden kann. Den Materialien ist über die Absicht des Gesetzgebers folgendes zu entnehmen: "Unter dem Gesichtspunkt, daß allzu strenge bzw enge, der Durchsetzung und damit Verwirklichung des materiellen Rechtes doch wiederholt entgegenstehende Verfahrensvorschriften abzulehnen sind, ist es auch angezeigt, die Wiederaufnahmsklage nicht nur bei Urteilen, sondern auch bei Beschlüssen zuzulassen"..... "Nach der geltenden Fassung des § 530 ZPO sowie dessen Folgebestimmungen kann eine Wiederaufnahmsklage nur bei Vorliegen eines Urteils erhoben werden. Auch dies ist eine Verfahrensvorschrift, die dem Durchbruch des materiellen Rechts entgegenzustehen geeignet ist, wenn die Endentscheidung gerade nicht in Urteils-, sondern in Beschlußform zu ergehen hat. Als Beispiele kommen in Betracht: Ein Wechselzahlungsauftrag, gegen den keine Einwendungen, oder ein Zahlungsbefehl, gegen den kein Widerspruch erhoben worden ist, ein im Besitzstörungsverfahren ergangener Endbeschluß, aber auch etwa ein wegen örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ergangener Zurückweisungsbeschluß. Zumindest einige der in § 530 ZPO genannten Wiederaufnahmsgründe können auch bei solchen Endentscheidungen vorliegen;..." (RV 744 BlgNR 14.GP 52 und 54). Wie sich sowohl aus dem Wortlaut des § 530 Abs 1 ZPO idF BGBl 140/1979 "eine die Sache erledigende Entscheidung" als auch aus den wiedergegebenen Materialien ergibt, ist eine Wiederaufnahmsklage nur gegen eine verfahrensbeendende Entscheidung - gleichgültig ob sie in Form eines Urteils oder eines Beschlusses ergeht oder eine andere Bezeichnung hat - zulässig. Hiebei ist es nicht erforderlich, daß der ganze Rechtsstreit durch die Entscheidung beendet wurde, so daß die Wiederaufnahmsklage auch gegen Teilurteile (-beschlüsse) und gegen Zwischenurteile zulässig ist, weil sie einen Teil der Sache abschließend erledigen und die entschiedenen Sachbereiche im fortgesetzten Verfahren nicht wieder überprüft werden können (siehe Fasching ZPR2 Rz 2038 sowie Kodek in Rechberger ZPO § 530 Rz 1).

Mit der Verhängung einer Ordnungsstrafe über eine Partei, die die dem Gericht schuldige Achtung in einem Schriftsatz durch beleidigende Ausfälle verletzt hat, wird hingegen die Sache, nämlich das mit der Klageführung verfolgte Rechtsschutzbegehren, nicht ( - und zwar auch nicht teilweise -) erledigt. Anders als gegen verfahrensbeendende Beschlüsse ist daher gegen einen derartigen Beschluß, der nur eine verfahrensrechtliche Zwischenentscheidung bildet, eine Wiederaufnahmsklage nicht zulässig.

Die Wiederaufnahmsklage war daher gemäß § 538 Abs 1 ZPO in der Gerichtsbesetzung nach § 11a Abs 3 Z 1 ASGG zurückzuweisen.

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