Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die dritt-, fünft- bis acht sowie vierzehnt bis achtzehntbeklagten Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 9.129,60 (darin enthalten USt von S 1.521, 60, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei begehrt die Feststellung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens gegenüber den jeweiligen Eigentümern des Grundstückes Nr 897 der EZ 416, GB 56317 S*****, Bezirksgericht ***** am R*****weg, welcher auf dem Lageplan eines Geometers, rot schraffiert dargestellt ist.
Weiters begehrt sie die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand für schuldig zu erkennen, in die grundbücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeit einzuwilligen; schließlich sollen die Beklagten alle Handlungen unterlassen, die die Ausübung der Dienstbarkeit behindern.
Die klagende Partei brachte dazu vor, an der südlichen Grenze des im Miteigentum der Beklagten stehenden Grundstückes 897 verlaufe der sogenannte R*****weg der von Gemeindebürgern und Touristen seit mindestens 40 Jahren benutzt werde und den einzigen Zugang zum *****.M*****kirchlein darstelle. Aufgrund eines 1992 errichteten Gittertores könne das Wege- bzw Gehrecht auf diesem Weg nicht mehr ausgeübt werden. Hinweisschilder über den bisherigen Verlauf des R*****weges seien verändert worden. Der Weg sei für die Allgemeinheit notwendig und für die Beklagten bei Erwerb der Liegenschaft offenkundig gewesen. Zumindest der Vertragserrichter und die Rechtsvorgänger der Beklagten hätten Kenntnis von der Dienstbarkeit seit Juli 1992 gehabt. Diese Kenntnis sei den Beklagten zuzurechnen.
Die Beklagten wendeten ein, der R*****weg führe sei jeher von Norden kommend an der westlichen Liegenschaftsgrenze vorbei nach Süden zum W*****see und sei bislang auch so beschildert gewesen. Erst Anfang 1994 sei der Richtungspfeil des Weges auf der Liegenschaft der Beklagten verdreht worden. Die Wegführung über die Liegenschaft der Beklagten würde einen Umweg bedeuten. Eine Notwendigkeit für den von der Klägerin begehrten Weg sei nicht gegeben. Sollte eine ersessene Dienstbarkeit vorgelegen sein, wäre diese durch den gutgläubigen
Erwerb der Liegenschaft durch die Beklagten erloschen. Schon bei
Erwerb der Liegenschaft durch die Beklagten sei das Gittertor vorhanden gewesen. An der südöstlichen Ecke des Hauses sei ein Schild mit der Aufschrift "Privatweg Durchgang verboten" angebracht gewesen. Die Verkäuferin habe außerdem bestätigt, daß das Grundstück nicht von Dritten benützt werden dürfe. Zudem sei das Gittertor schon vor mehr als drei Jahren angebracht worden, sodaß auch eine Freiheitsersitzung erfolgt sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren kostenpflichtig ab, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:
Die Firma W***** GmbH hat die Grundstücke 897 und 898 mit Kaufvertrag vom 20.9.1990 von den Ehegatten K***** erworben. In dem Kaufvertrag wurde den Verkäufern als Eigentümer der Grundstücke 895 und 892 die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechtes über das Grundstück 897, und zwar auf den befestigten Wegen rund um das Haus auf der Parzelle 898 eingeräumt. Auf dem Grundstück 898 steht das Haus B***** 10. Dieses wurde von 1953 bis 1978 als Gasthaus und dann als Pension betrieben. Beim Verkauf an die Firma W***** GmbH wurde nicht davon gesprochen, daß der südlich des Hauses vorbeiführende Weg als R*****weg von Wanderern oder allenfalls als Zugang oder Zufahrt zur Kirche benutzt werde.
Der südlich des Hauses vorbeiführende Weg wurde früher, zumindest seit den 30er Jahren zum Gehen und Fahren benützt. In den 60er Jahren erfolgte ein Grundzusammenlegungsverfahren, welches etwa 1970 abgeschlossen war. Im Zuge dieses Zusammenlegungsverfahrens wurde der neue Weg Nr 891 als Verbindung zwischen der neu errichteten Unterführung unter die Westbahn und dem früheren Weg hergestellt. Vor diesem Zeitpunkt wurde der ganze Verkehr südlich des Hauses B***** 10 vorbei in Richtung einer damals bestehenden Bahnüberführung geführt. Nach Errichtung des Weges 891, welcher westlich der Liegenschaft der Beklagten vorbeiführt, wurde über den strittigen Weg südlich des Hauses B***** 10 nur noch selten gefahren, etwa als Zufahrt zur Kirche; es gab keinen Durchzugsverkehr mehr. Der Weg wurde allerdings noch als Gehweg benutzt. Auch der sogenannte R*****wanderweg führte über das Grundstück 897 südlich des Hauses B***** 10 weiterhin vorbei. Früher waren monatlich vier Messen im M*****kirchlein, jetzt ist monatlich eine. In den letzten drei Jahren wurde die Kirche restauriert.
Die Beklagten habe ihre Liegenschaftsanteile an der EZ 416 GB S*****, mit den Grundstücken 897 und 898, mit Kaufverträgen in den Jahren 1991 bis 1993 erworben. Die Grundbuchseintragungen erfolgten ebenfalls in den Jahren 1991 bis 1993. In den Kaufverträgen wurden nur die im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten angeführt, von dem strittigen Wegerecht des R*****weges und des Zuganges zum M*****kirchlein an dem südlich des Hauses B***** 10 vorbeiführenden Weg ist im Kaufvertrag nichts enthalten.
Im Februar 1992 wurde an der südwestlichen Grenze des Grundstückes 897 ein versperrbares Tor errichtet. Schon vorher konnte über ein Jahr lang wegen Bauarbeiten der Weg südlich des Hauses B***** 10 nicht mehr befahren werden, man konnte aber noch darauf gehen. Bei der von Norden kommenden Zufahrt zur Liegenschaft der Beklagten war ein Verkehrsschild "Allgemeines Fahrverbot" aufgestellt. Herr D***** von der Firma W***** GmbH teilte den Kaufinteressenten mit, daß es sich bei dem Weg um Privatgrund handle. An der südöstlichen Ecke des Hauses B***** 10 stand ein Schild mit dem Hinweis "Privatgrund, kein Durchgang".
Den Kaufinteressenten, welche die Liegenschaft schon vor der Errichtung des Tores besichtigt hatten, wurde von Herrn D***** ebenfalls mitgeteilt, daß das Grundstück privat bleiben und man ein Tor errichten werde. Auf den Verlauf eines Wanderweges (R*****weg) wurde nicht hingewiesen.
Es ist wiederholt vorgekommen, daß Personen lärmend auf dem Rupertiweg vorbeigegangen sind. Auch nach Errichtung des Tores wurde der Weg noch von Personen benutzt, die teilweise über das Tor stiegen und teilweise neben dem Tor vorbeigingen. Dazu wurde von unbekannten Personen der Zaun neben dem Tor geöffnet.
Der Siebentbeklagte hat sich mit Schreiben vom 20.6.1992 beim Vertragserrichter RA Dr.M***** ausdrücklich wegen bestehender Dienstbarkeiten erkundigt und darauf hingewiesen, daß dies für ihn besonders interessant sei, weil seine Terrasse direkt am Weg liege. Ihm wurde vom Vertragserrichter Dr.M***** eine Kopie des Lastenblattes übermittelt und mitgeteilt, daß daraus die Dienstbarkeiten ersichtlich seien.
Zum M*****kirchlein kann man sowohl über den strittigen Weg südlich des Hauses B***** 10 als auch von Norden, über das Grundstück 892 und auch von Nordosten über das Grundstück 899 gehen.
Der R*****weg führt um den W*****see. Um nicht über den strittigen Bereich südlich des Hauses B***** 10 gehen zu müssen, kann man westlich des auf Grundstück 897 errichteten Tores den nach Nordwesten zum Weg 891 führenden Weg benutzen.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Meinung, die klagende Partei habe die Dienstbarkeit des Gehrechtes am gegenständlichen Grundstück ersessen. Ein Freiheitsersitzung habe nicht stattgefunden. Doch hätten die Beklagten die Liegenschaft gutgläubig lastenfrei (soweit es die gegenständliche Dienstbarkeit betreffe) erworben. Teilweise sei der Weg bereits durch ein Gittertor versperrt gewesen, teilweise sei den Beklagten vom Voreigentümer versichert worden, daß kein Wegerecht bestehe. Eine darüber hinausgehende Erkundigungspflicht habe nicht bestanden.
Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung im klagsstattgebenden Sinn. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über S 50.000,-- und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht führte zur Rechtsfrage aus, ein öffentlicher Weg könne auch durch Ersitzung infolge Gemeingebrauchs entstehen. Zur Ersitzung eines Wegerechtes zugunsten einer Gemeinde sei es notwendig, daß alle nach der räumlichen Nähe in Betracht kommenden Personen den Weg benutzen und die Benützung des Weges der Gesamtheit der Gemeindeangehörigen von Vorteil ist. Daraus könne auf den Besitzwillen der Gemeinde als Trägerin dieser gemeinschaftlichen Interessen geschlossen werden (JBl 1986, 644), da der Besitzwille der Gemeinde gemäß § 863 Abs 2 ABGB auch schlüssig erklärt werden könne und darüberhinaus ganz allgemein vermutet werde, wenn Handlungen gesetzt werden, die einer Rechtsausübung entsprechen. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sei der gegenständliche Weg zumindest seit den 30er Jahren zum Gehen und Fahren benutzt worden und sei als Teil des R*****weges bekannt. Für die Gemeindeangehörigen sei er nicht nur von Vorteil, sondern sogar notwendig gewesen, um zum M*****kirchlein oder auch zum Badeplatz zu gelangen. Es sei davon auszugehen, daß zum Zeitpunkte der Errichtung des neuen Weges Nr 891 im Jahre 1970 (aus dem erstinstanzlichen Beweisverfahren lasse sich einwandfrei nachvollziehen, daß der neue Weg frühestens 1970 errichtet worden sei und daß vor diesem Zeitpunkt der gesamte Verkehr ausschließlich über den streitgegenständlichen Weg geführt wurde) die erforderliche Ersitzungszeit von 30 Jahren bereits abgelaufen und somit der Ersitzung der Dienstbarkeit durch die klagenden Partei bereits abgeschlossen war. Ungeprüft könne daher bleiben, ob der gegenständliche Weg nach Errichtung des Weges Nr 891 noch notwendig war.
Zu prüfen sei nunmehr, ob die Beklagten die Liegenschaft gutgläubig lastenfrei erworben haben. Grundsätzlich sei der Erwerber einer Liegenschaft in seinem Vertrauen auf das Grundbuch geschützt. Voraussetzung sei jedoch die Gutgläubigkeit des Erwerbers, die nur dann vorliege, wenn er ohne jedes Verschulden, also auch nicht fahrlässig handle. Guter Glaube könne nur dann angenommen werden, wenn keine Umstände vorliegen, die bei gehöriger Aufmerksamkeit den wahren vom Grundbuchsstand abweichenden Sachverhalt erkennen ließen (Welser, Vertragsauslegung, Gutglaubenserwerb und Freiheitsersitzung bei der Wegeservitut, JBl 1983, 11; JBl 1993, 186). Zu einem Ausschluß des guten Glaubens könne es kommen, wenn bei einiger Aufmerksamkeit vom Liegenschaftserwerber Einrichtungen oder Vorgänge wahrgenommen werden könnten, die das Bestehen einer Servitut vermuten lassen. Sei eine nicht eingetragene Dienstbarkeit auf diese Weise "offenbar", so könne sich der Erwerber des dienenden Grundstückes nicht auf den öffentlichen Glauben des Grundbuches berufen (Welser aaO, 12; JBl 1955, 522; JBl 1976, 642; JBl 1982, 32; vgl auch JBl 1986, 461 und JBl 1994, 748). Die tatsächlich vorhandenen Umstände in der Natur könnten wie andere Umstände den guten Glauben des Erwerbers auf die Lastenfreiheit des Grundstückes beeinträchtigen. Mangelnde Sorgfalt falle demjenigen zur Last, der daraus nicht die hinreichenden Konsequenzen ziehe, wobei sich das Maß der Erkundigungspflicht jeweils nach den konkreten Verhältnissen richte. In diesem Zusammenhang sei von der Rechtsprechung (EvBl 1965/64 und ZBl 1932/320) herausgearbeitet worden, daß der Erkundigungspflicht nicht ohne weiteres durch die Einholung von Erklärungen des Veräußerers genügt werden könne. Vielmehr sei die Befragung von Nachbarn oder des Bürgermeisters erforderlich. Der Erwerber dürfe sich nicht damit beruhigen, daß der Verkäufer seine Bedenken zu zerstreuen suche, er müsse durch Befragen jener Personen Klarheit schaffen, deren Rechte betroffen sind (Welser aaO, 13). Im vorliegenden Fall sei ein für jedermann ersichtlicher, also offenkundiger Weg vorhanden, der bis zur Absperrung durch ein Gittertor im Februar 1992 auch benützt wurde. Zumindest hinsichtlich jener Beklagten, die vor Errichtung des Tores Miteigentümer der Liegenschaft wurden, sei der gute Glaube auf das Grundbuch durch die Zustände in der Natur zerstört worden, weshalb eine Erkundigungspflicht entstanden sei, der die Beklagten nicht im erforderlichen Ausmaß nachgekommen seien, da sie Informationen lediglich beim Veräußerer eingeholt hätten.
Hinsichtlich eines Teiles der Miteigentümer, die ihre Anteile erwarben, als das Gittertor bereits errichtet war, sei allerdings keine offenkundige Dienstbarkeit vorgelegen. Auszugehen sei davon, daß eine Dienstbarkeit an einem (ideellen) Miteigentumsanteil nicht möglich sei (Petrasch in Rummel2, Rz 2 zu § 472), die Dienstbarkeit also nicht nur gegenüber den schlechtgläubigen Beklagten bestehen könne. Da aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Miteigentümer gewisse Verpflichtungen der Miteigentümer zueinander abzuleiten seien und darüberhinaus Miteigentümer gemäß § 361 ABGB in Beziehung auf das Ganze als eine einzige Person anzusehen seien, könne man nur zum Ergebnis gelangen, daß der fehlende gute Glaube einzelner Miteigentümer zu Lasten der Gutgläubigen gehe und somit ein lastenfreier Erwerb nicht stattgefunden habe.
Die ordentliche Revision wurde für zulässig erkannt, weil eine ständige Rechtsprechung zu den Fragen, in welchem Ausmaß den Erwerber eines Grundstückes bei offenkundigen Dienstbarkeiten eine Erkundigungspflicht treffe und wie sich die Schlechtgläubigkeit einzelner Miteigentümer auf die gutgläubigen ideellen Miteigentümer auswirke, nicht vorliege.
Dagegen richtet sich die Revision der dritt-, fünft- bis acht- sowie vierzehnt- bis achtzehntbeklagten Parteien mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Parteien nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Parteien ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die beklagten Parteien eine anspruchsgebundene einheitliche Streitpartei im Sinne des § 14 ZPO bilden, weil sich das Urteil kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses (Servitut) nur auf alle Miteigentümer erstrecken kann (SZ 27/64; SZ 56/60). Bei einer derartigen einheitlichen Streitpartei wirken Prozeßhandlungen eines der Streitgenossen auch für alle anderen (Fucik in Rechberger, ZPO Rz 6 zu § 14), sodaß es auf die Entscheidung keinen Einfluß hat, daß nur ein Teil der Beklagten Revision erhebt.
Die dritt-, fünft- bis acht- sowie vierzehnt- bis achtzehntbeklagten Parteien machen in ihrer Revision geltend, daß sich die Schlechtgläubigkeit einzelner Miteigentümer nicht auf die anderen Miteigentümer auswirken könne. Jene Miteigentümer, welche nach Errichtung des Tores ihre Anteile an der Liegenschaft erworben haben, seien gutgläubig gewesen, ihnen könne eine allfällige Schlechtgläubigkeit der anderen Miteigentümer nicht schaden. Jene Miteigentümer, die vor Errichtung des Tores erworben haben, hätten gegenüber den späteren Miteigentümern keine Verständigungspflicht über ein allenfalls bestehendes Wegerecht gehabt. Nach der Ansicht des Berufungsgerichtes wären die späteren Miteigentümer der Nachlässigkeit der Vorerwerber ausgesetzt, obwohl sie diese gar nicht kannten. Auch der Umstand, daß die Miteigentümer in Beziehung auf das Ganze als einzige Person anzusehen seien, rechtfertige die Auffassung des Berufungsgerichtes nicht. Vielmehr ergebe sich daraus, daß die Gutgläubigkeit auch nur eines einzigen Miteigentümers das Erlöschen einer zuvor begründeten Dienstbarkeit zur Folge habe. Hinsichtlich der Gut- oder Schlechtgläubigkeit sei jeder Miteigentümer für sich zu betrachten und könne eine Zurechnung des Verhaltens einzelner Miteigentümer zu den anderen Miteigentümern nicht erfolgen.
Darüberhinaus sei für die Ersitzung eines Wegerechtes durch eine Gemeinde erforderlich, daß der Weg für die Benützer notwendig sei. Auch diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil zum M*****kirchlein auch ein anderer Weg führe. Durch die Errichtung der Bahnunterführung Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre habe sich auch das Erfordernis eines Weges am Haus der Revisionswerber vorbei, erübrigt.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:
Was die Frage der Ersitzung durch Gemeingebrauch betrifft, kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Auf die Frage der Notwendigkeit oder Nützlichkeit des Weges als Ersitzungsvoraussetzung (siehe hiezu auch Schubert in Rummel2, Rz 5 zu § 1460 mwN) ist im vorliegenden Fall nicht einzugehen, weil - ausgehend von den vom Berufungsgericht verdeutlichten Feststellungen des Erstgerichtes - zum Zeitpunkte der Errichtung des neuen Weges zur M*****kirche und zum Badeplatz die Ersitzung durch die klagende Partei bereits abgeschlossen war; bis zu diesem Zeitpunkt war der Weg aber für die Gemeindeangehörigen nicht nur von Vorteil, sondern sogar notwendig, um zur M*****kirche oder auch zum Badeplatz zu gelangen.
Zutreffend sind auch die Ausführungen des Berufungsgericht betreffend den Schutz des Vertrauens auf das öffentliche Buch und die Erkundigungspflicht des Erwerbers bei offenen Dienstbarkeiten. In bezug auf Dienstbarkeiten hat das Grundbuch generell geringere Aussagekraft, weil deren Verbücherung vielfach unterbleibt, sodaß auch eine Nachforschungspflicht im weiteren Umfang besteht (Schubert, aaO, Rz 3 zu § 1500 mwN).
Im vorliegenden Fall ist nun davon auszugehen, daß ein Teil der Miteigentümer im Vertrauen auf das Grundbuch zu schützen ist, ein Teil der Miteigentümer hingegen nicht. Eine Teilung der Dienstbarkeit entsprechend den ideellen Miteigentumsanteilen ist allerdings nicht möglich. Es stellt sich also die Frage, ob die Kenntnis einiger Miteigentümer betreffend die Umstände in der Natur, die das Vertrauen auf den Buchstand zerstören, allen übrigen Miteigentümern anzulasten ist, was zur Folge hätte, daß die von der klagenden Partei ersessene Dienstbarkeit aufrecht bliebe. Gemäß § 833 ABGB kommt der Besitz und die Verwaltung einer gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu. In Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung entscheidet die Mehrheit der Stimmen, welche nach dem Verhältnis der Anteile der Teilnehmer gezählt werden. Diese Vorschrift über die Verwaltungsbefugnis der Mehrheit betrifft auch das Außenverhältnis zu Dritten, weil Mehrheitsbildungen im Innenverhältnis die entsprechende Vertretungsmacht nach außen verleihen (Gamerith in Rummel2, Rz 12 zu § 833; Koziol/Welser II9, 55 jeweils mwN). Wenngleich es eine Vertretung im engeren Sinn nur bei der Abgabe und der Entgegennahme von Willenserklärungen gibt sind die entsprechenden Regelungen auch auf die Zurechnung der Tatsachenkenntnis bzw des Kennenmüssens anzuwenden (Koppensteiner in Straube, HGB I2, § 125 Rz 24; Heymann/Emmerich, HGB, § 125 Rz 40; SZ 43/120). Bei einer Gesamtvertretung ist es aber allgemein anerkannt, daß die Tatsachenkenntnis bzw Schlechtgläubigkeit jedes einzelnen schadet (SZ 43/120; Klang in Klang II2 223; Pimmer in Schwimann, § 367 ABGB Rz 6; Koppensteiner, aaO, § 125 Rz 24, § 124 Rz 19; Spielbüchler in Rummel2, Rz 2 zu § 337; Iro, Besitzerwerb durch Gehilfen 156, 184). Dementsprechend wird in Deutschland auch gelehrt, daß beim Erwerb durch Gesamthänder die Bösgläubigkeit eines handelnden Gesamthänders schadet (Bassenge in Palandt, BGB54, Rz 7 zu § 932). Das bedeutet nun für den vorliegenden Fall, daß den gutgläubigen Miteigentümern der fehlende gute Glaube der anderen Miteigentümer schadet, sodaß sie im Vertrauen auf das Grundbuch nicht geschützt werden können und die von der klagenden Partei ersessene Dienstbarkeit auch ihnen gegenüber Geltung hat.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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