Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin ist die außereheliche Tochter und einzige pflichtteilsberechtigte Erbin des am 20.11.1990 verstorbenen Karl B*****. Dieser schloß mit der Beklagten, die er in seinem Testament vom 26.5.1978 zur Alleinerbin bestimmt hatte, am 14.4.1982 einen notariellen Übergangsvertrag auf den Todesfall.
Die Klägerin begehrt die Zahlung von S 1,000.000,- s.A. zur Abgeltung ihres Pflichtteilsanspruches, weil die von der Beklagten übernommene Liegenschaft einen Wert von wenigstens S 4,000.000,- hätte. Dem stünden Leistungen der Beklagten im Wert von höchstens S 100.000,-
gegenüber. Die Klägerin selbst hätte Grundstücke im Wert von S 200.000,- geschenkt bekommen. Ihr Anspruch auf 50 % des geschenkten Wertes sei zumindest mit dem eingeklagten Betrag zu beziffern. Weitere der Klägerin übergebene Liegenschaften seien ihr nicht geschenkt, sondern als Ausgleich für Arbeitsleistungen gegeben worden.
Die Beklagte wendete ein, der Klägerin stünde kein Pflichtteilsanspruch mehr zu. Der Wert der Liegenschaft betrage maximal S 2,000.000,-. Dem stünden Leistungen der Beklagten gegenüber, wie etwa die Pflege und Betreuung des Übergebers, die Beheizung der von ihm benützten Räume, die zur Verfügungstellung des Futters für Pferde und Hund des Übergebers sowie die Übernahme einer Leibrentenschuld. Der Wert der Gegenleistung sei mit S 1,680.000,- zu beziffern. Dazu kämen besonders schwierige Pflegearbeiten, sodaß der Gesamtwert der Gegenleistung S 1,800.000,- betrage. Darüber hinaus hätte sie S 400.000,- an Schulden zu übernehmen gehabt. Dem ihr zugekommenen Wert von S 1,600.000,- stünden also Gegenleistungen von S 1,800.000,- gegenüber. Dazu komme, daß die Klägerin anrechenbare Vorempfänge von Karl B***** schenkungsweise erhalten hätte.
Überdies sei im Fall der Übergabe des bäuerlichen Hofes bei der Bestimmung des Übergabspreises § 11 Anerbengesetz analog anzuwenden. Dies habe zur Folge, daß das Prinzip des Wohlbestehenkönnens beachtet werden müsse.
Schließlich liege der Übergabsvertrag bereits mehr als zwei jahre zurück, sodaß daraus ein Anspruch wegen Pflichtteilsverkürzung nicht mehr abgeleitet werden könne.
Die Klägerin replizierte, die Beklagte beziehe ihr ausschließliches Einkommen nicht aus den bäuerlichen Hof, sondern aus der ihr geschenkten Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****. Selbst wenn man daher den Argumenten der Beklagten betreffend das Wohlbestehenkönnen folgen sollte, müßten auch die Einkünfte aus der geschenkten Liegenschaft berücksichtigt werden.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die im Juni 1950 geborene Beklagte, die seit ihrem zwölften Lebensjahr in der Landwirtschaft gearbeitet hatte, kam im Jahre 1974 zufällig auf den Hof des damals noch verheirateten Karl B*****. Nach erster Aushilfe arbeitete sie im Jahre 1975 schon etwa 4 bis 5 Monate (während des ganzen Jahres). Damals erhielt sie erstmals ein geringes Entgelt. Ab 1976 war sie zur Gänze auf den Hof gekommen und erhielt für ihre dortige Tätigkeit kein Entgelt mehr.
Im Jahre 1976 forderte Karl B***** die Beklagte erstmals auf "Bleib bis zu meinem Tod, arbeite, mache mir die letzte Treue" und versprach ihr als Gegenleistung "dann gehört alles dir", womit er die restlich verbleibende Liegenschaft meinte. In der Folge wiederholte Karl B***** diese Zusage noch öfter.
Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt kam es auch zu intimen Beziehungen zwischen Karl B***** und der Beklagten.
Die Ehe des Karl B***** wurde am 12.5.1978 geschieden. In dem in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Scheidungsvergleich vereinbarten die Eheleute die Aufhebung der bestehenden Gütergemeinschaft. Anna B***** erhielt Flurstücke im Ausmaß von 3 1/2 Joch, wogegen die übrigen Grundstücke im Allein- und unbeschränkten Eigentum des Karl B***** blieben. Als Wertausgleich verpflichtete sich dieser zur Zahlung einer monatlichen Leibrente von S 3.000,- an seine geschiedene Ehegattin.
Als Vorempfang auf ihrem Pflichtteil erhielt die Klägerin von Karl B***** Grundstücke im Ausmaß von 1 Hektar 56 Ar 57 m2.
Die Klägerin, eine gelernte Friseurin, half ab ihrem 18. bzw 19. Lebensjahr im Anwesen ihres Vaters mit. Bevor die Beklagte auf dem Hof gekommen war, hatte die Klägerin im Jahr (zusammengefaßt) Arbeiten im Ausmaß von 4 bis 5 Wochen geleistet. Nach der Anwesenheit der Beklagten auf dem Hof arbeitete die Klägerin dort noch mehr, und zwar im Durchschnitt mindestens zwei- bis dreimal pro Woche eine nicht feststellbare Zahl von Arbeitsstunden.
Die Beklagte selbst hat infolge der altmodischen Arbeitsweise im Betrieb des Karl B***** - nahezu kein maschineller Einsatz - ebenfalls sehr viel gearbeitet. Allein hätte sie die erforderlichen Arbeiten nicht leisten können.
Am 3.7.1978 schlossen Karl B***** und die Klägerin einen Schenkungsvertrag, mit dem Karl B***** an diese die Grundstücke 246, 219, 218, 220 und 90 der EZ ***** des Grundbuches T***** schenkte. Es kann nicht festgestellt werden, in welchem Ausmaß Karl B***** durch diese Schenkung die Arbeit seiner Tochter, die durch die Arbeitsleistungen ihren Vater hatte unterstützen wollen, abgelten wollte bzw in welchem Ausmaß er ihr als Vater zum Dank für die geleistete Hilfe eine Schenkung zukommen lassen wollte, deren Wert über die der geleisteten Arbeiten hinausging.
Am 13.11.1980 kaufte die Klägerin von Karl B***** Grundstücke aus der EZ ***** des Grundbuches T*****. Diese Grundstücke waren terrassenförmig angelegt. Es mußte daher der Ehemann der Klägerin ca. 50 bis 55 Stunden Arbeit mit einer Schubraupe aufwenden um die Parzellen zu einem schrägen Feld zu planieren.
Nachdem die Beklagte von Karl B***** zur Erbin eingesetzt worden war, schlossen die beiden am 14.April 1982 einen Übergabsvertrag auf den Todesfall (Beilage H), mit welchem der Beklagten der landwirtschaftliche Betrieb Karl B***** auf den Todesfall gegen ab sofort zu erbringende, im einzelnen umschriebene Gegenleistungen (in Art eines Ausgedinges), darunter auch die Versorgung der Pferde und des Hundes des Übergebers sowie die Übernahme der Leibrentenschuld des Übergebers gegenüber dessen geschiedener Ehegattin ab dem Todestag des Übergebers, übergeben wurde. Soweit der Wert des Vertragsgegenstandes die vereinbarten Gegenleistungen übersteigen sollte, bekräftigten die Vertragsparteien ihre Schenkungsabsicht, wobei der Übergeber ausdrücklich auf den Widerruf der Schenkung auf den Todesfall, aus welchen Gründen immer, verzichtete. Die Beklagte nahm die Schenkung auf den Todesfall an.
Die Beklagte erfüllte die sie aus dem Übergabsvertrag treffenden Pflichten. Geldleistungen an die geschiedene Ehegattin des Übergebers sind allerdings nicht aktuell geworden.
Zwischen Karl B***** und der Beklagten wurde ein Pachtvertrag über die auf den Todesfall übergebene Liegenschaft abgeschlossen, damit Karl B***** einen Pensionsanspruch erwerben konnte. Einen Pachtzins zahlte die Beklagte nur fallweise.
Am 28.6.1978 wurde der Beklagten von ihren Eltern eine Liegenschaft in der Größe von 12 1/2 Joch geschenkt. Die Beklagte verpflichtete sich dagegen, ihre Eltern im Krankheitsfall zu pflegen. Sie hat diese Pflege auch tatsächlich ausgeführt, als ihre Schwester wegen ihrer drei Kinder diese Pflege nicht leisten konnte. Aus dieser Liegenschaft erzielt die Beklagte wegen der schlechten Böden nur minimale Erträge. Ihren ausschließlichen Unterhalt und ihr ausschließliches Einkommen hingegen erzielt sie aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit, wobei der weitaus überwiegende Teil aus der ihr von Karl B***** übergebenen Liegenschaft stammt. Es kann nicht festgestellt werden, in welchem - jedenfalls äußerst geringen - Ausmaß Erträgnisse der der Beklagten von ihren Eltern geschenkten Liegenschaft zum Einkommen der Beklagten beitragen.
Im Verlassenschaftsverfahren nach Karl B***** gab die Beklagte keine Erbserklärung ab. Die übergebene Liegenschaft (samt Inventar an Vieh und Maschinen) fällt nicht in die Verlassenschaft.
Im Testament des Karl B***** wurde ausdrücklich festgestellt, daß die Klägerin ihren Pflichtteil bereits erhalten hat.
Ab Jänner 1990 war Karl B***** absolut pflegebedürftig. Auch in den Jahren davor hat er auf dem Hof, falls überhaupt, nur fallweise leichte Arbeiten verrichtet. Der zwischen Karl B***** und der Beklagten abgeschlossene Pachtvertrag war nur eine Formsache. Die Beklagte, die für ihre Arbeit keine Entlohnung erhielt, konnte auch keinen Ertrag aus der Feld- und Viehwirtschaft für sich vereinnahmen. Ihre Leistungen waren daher unentgeltlich und gingen weit über die im Übergabsvertrag vereinbarten Gegenleistungen hinaus.
Die übergebene Liegenschaft ist objektiv geeignet, als einheitlicher landwirtschaftlicher Betrieb eine Bewirtschaftung in der Art zu ermöglichen, daß der Unterhalt von zwei erwachsenen Personen bestritten werden kann. Unter Zugrundelegung von Vergleichspreisen für das Jahr 1992 für sämtliche Liegenschaften und Leistungen beider Parteien ergibt sich ein Verkehrswert der übergebenen Liegenschaft von S 4,862.085,- bei Einzelbewertung, hingegen bei Ganzheitsbewertung von S 3,930.008,-.
Die von der Beklagten auf Grund des Übergabsvertrages erbrachten Gegenleistungen (Pflege und Betreuung im Krankheitsfall, Zubereitung und Verabreichung von Kost, Beheizung und Beleuchtung der Wohnräume, Futterkostenaufwand für Pferde und Hund) betragen auf Grundlage der tatsächlich erbrachten Leistungen per 1992 S 1,030.065,50.
Da die geschiedene Ehegattin des Übergebers vor diesem verstorben war, kam die Leibrentenverpflichtung der Beklagten nicht zum Tragen.
Die von der Beklagten in dem Zeitraum von zehn bis zwölf Jahren erbrachten Arbeitsleistungen - der Pachtvertrag war ja nur eine Formsache - ergeben einen Wert von S 770.000,-, wogegen der Naturalverbrauch der Beklagten in diesem Zeitraum S 767.503,- betrug.
Die Beklagte übernahm im Zusammenhang mit dem übergebenen Betrieb Verbindlichkeiten von S 310.000,-.
Da der Ertragswert der übernommenen Liegenschaften - abweichend vom vorhin angeführten Verkehrswert - nur S 1,522.062,- betrug und da diesem Ertragswert Gegenleistungen im Wert von insgesamt S 2,101.262,50 gegenübersteht, ergibt sich ein "negativer Übernahmspreis" von S 579.500,50.
Die der Klägerin im Rahmen des Vergleiches vom 12.5.1978, dem sie beigetreten war, als Pflichtteilsvorempfang übergebenen Liegenschaften haben einen Verkehrswert von S 192.422,-.
Die der Klägerin mit Schenkungsvertrag vom 3.7.1978 geschenkten Grundstücke haben einen Verkehrswert von S 363.755,-. Die Hälfte davon kam der Klägerin als Abgeltung ihrer Arbeitsleistungen, die andere Hälfte als Schenkung zu. Zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung dieser Liegenschaften mußte der Ehemann der Klägerin Schubraupenarbeiten im Wert von S 20.000,- durchführen. Der der Klägerin schenkungsweise zugekommene Wert ist daher mit S 161.877,-
zu bemessen.
Der Verkehrswert der mit Kaufvertrag vom 13.11.1980 der Klägerin verkauften Grundstücke beträgt S 153.335,-, wobei aber der Klägerin infolge eines offensichtlich zu niedrig angesetzten Kaufpreises eine anteilige Schenkung von S 22.668,- zugekommen ist.
Der Wert der Vorausempfänge der Klägerin betrug sohin insgesamt S 376.967,- (S 192.422,- plus S 22.668,- plus S 161.877,-).
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß bei Beurteilung der Frage, ob ein bäuerlicher Übergabsvertrag eine gemischte Schenkung sei, nicht der Schätzwert, sondern der einer bäuerlichen Lebensordnung entsprechende geringere Wert, bei dem der Übernehmer wirtschaftlich bestehen könne, maßgebend sei. Der Grundsatz des Wohlbestehenkönnens des Hofübernehmers sei bäuerliches Gewohnheitsrecht, auf das bei Übergabe von Bauerngütern auch außerhalb des Anwendungsbereiches des Anerbengesetzes Bedacht zu nehmen sei.
Stelle man bei der Bewertung den Leistungen der Beklagten den Ertragswert der übergebenen Liegenschaft gegenüber, so komme man zum Ergebnis eines negativen Übernahmspreises, weshalb die Klägerin keinen Pflichtteilsanspruch hätte.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und unbedenklicher Beweiswürdigung. Auf dieser Grundlage führte das Berufungsgericht rechtlich im wesentlichen folgendes aus:
In der Rechtsprechung werde bei Festsetzung des Übernahmspreises nach § 11 AnerbenG teils vom arithmetischen Mittel zwischen Verkehrswert und Ertragswert (SZ 44/30), teils vom Ertragswert (SZ 45/40) ausgegangen. Lege man nun zugunsten der Klägerin der Berechnung des Übernahmspreises den Mittelwert zugrunde, so bleibe gleichfalls kein Raum für einen Zuspruch an die Klägerin, weil dem Mittelwert aus Verkehrswert (S 3,930.008,-) und Ertragswert (S 1,522.062,-) von S 2,726.035,- Leistungen der Beklagten von S 2,110.065,-
gegenüberstünden. Die Hälfte der Differenz, also S 307.984,-
(richtig: S 307.985,-) mache den Pflichtteil der Klägerin aus. Diesem stünden aber Vorausempfänge von S 376.967,- gegenüber.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen in klagestattgebendem Sinn abzuändern; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte begehrt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig und im Sinne ihres Eventualantrages auch berechtigt.
a) Zur Zulässigkeit:
Die Revision ist zulässig, weil zur hier konkreten Frage, ob im Falle der Übergabe des landwirtschaftlichen Gutes auf den Todesfall mit Elementen einer gemischten Schenkung an eine nicht zu den gesetzlichen Erben gehörende Person, die allerdings als Testamentserbin eingesetzt wurde, die Erbschaft jedoch nicht antrat, zur Ermittlung des Übernahmspreises zwecks Berechnung des Pflichtteilsanspruches eines Kindes die Vorschrift des § 11 AnerbenG anzuwenden oder ob vom reinen Verkehrswert - diesbezüglich wieder zwischen den Parteien strittig, ob nach den Grundsätzen der Einzel- oder der Gesamtbewertung des übergebenen Hofes zu ermitteln - auszugehen ist, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt.
b) Zur Sachentscheidung:
Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß bei einer Schenkung auf den Todesfall sich die davon betroffene Sache im Nachlaß befindet, so daß die Hinzurechnungsregeln des § 785 ABGB nicht zur Anwendung kommen (Welser in Rummel, ABGB2, Rz 9 zu § 785; EFSlg 36.087). Es kommt daher - entgegen der Rechtsmeinung der Beklagten - auch die Bestimmung des § 785 Abs 3 ABGB nicht zum Tragen, wonach bei der Hinzurechnung ua Schenkungen unberücksichtigt zu bleiben haben, die der Erblasser früher als zwei Jahre vor seinem Tod an nicht pflichtteilsberechtigte Personen machte. Dies muß auch für die in einem Übergabsvertrag auf den Todesfall enthaltene Schenkung gelten, weil auch in einem solchen Fall der Vermögensübergang auf den Übernehmer erst mit dem Tod des Übergebers erfogt.
Entscheidungswesentlich ist, von welchem Übernahmspreis, der um die von der Beklagten erbrachten Gegenleistungen zu mindern ist, ausgegangen werden muß, um die der Beklagten zugekommene Schenkung - Grundlage des Pflichtteilsanspruches der Klägerin - rechnerisch zu bestimmen.
Hiezu hat der erkennende Senat folgendes erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Außerhalb der hier unbestrittenermaßen nicht gegebenen gesetzlichen Erbberechtigung der Beklagten gegenüber dem Übergeber sind bei gewillkürter Erbfolge (§ 8 Abs 5 AnerbenG) bzw im Falle der Verfügung des Erblassers über den Erbhof durch Vermächtnis (§ 9 Abs 1 AnerbenG) die Bestimmungen des AnerbenG nur anzuwenden, wenn es zu einer Übernahme des Erbhofes (§ 1 AnerbenG) durch eine solcherart bedachte Person als Anerbe im Wege der Erbfolge oder als Vermächtnisnehmer kommt. In der hier zu beurteilenden Rechtssache hat die Beklagte auf den Hof des inzwischen verstorbenen Übergebers (auf den Todesfall) in keiner dieser im Anerbengesetz genannten Eigenschaften Anspruch, sondern auf Grund des bereits mehrfach genannten Übergabsvertrages, der nach dem Parteiwillen insoweit als Schenkung (auf den Todesfall) zu qualifizieren ist, als der übergebene Wert nicht durch Gegenleistungen der Übernehmerin gedeckt ist. Daraus folgt zunächst, daß in dieser Rechtssache bei der Ermittlung des Wertes des der nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben des Übergebers gehörenden, also unter diesem Gesichtspunkt fremden, Beklagten zugekommenen Hofes auch nicht die (primär auf die Bestimmung des Übernahmspreises im Verlassenschaftsverfahren abgestellte) Bestimmung des § 11 Abs 1 AnerbenG anzuwenden ist, wonach der Übernahmspreis (zugunsten des Übernehmers) nach billigem Ermessen so zu bestimmen ist, daß der Anerbe wohl bestehen kann.
Unzutreffend beruft sich die Beklagte darauf, daß auch bei Hofübergabe unter Lebenden ganz allgemein im bäuerlichen Bereich gewohnheitsrechtlich der Grundsatz gelte, daß der Hofübernehmer "wohl bestehen können" müssen (Bydlinksi in Rummel, ABGB2 Rz 3 zu § 10 unter Hinweis auf SZ 26/64, 38/47, 45/89; RZ 1969, 14 [= 1 Ob 194/68]; EvBl 1964/426; EvBl 1978, 153 und SZ 50/166). Allen diesen Entscheidungen liegt nämlich die Hofübergabe an eine dem Kreis der gesetzlichen Erben angehörende Person zugrunde. Bezüglich dieses Personenkreises mag durch das Anerben- und Höferecht (bloß) eine Teilkodifizierung - für den Bereich des Überganges im Erbweg - erfolgt sein, sodaß darüber hinaus für diesen Personenkreis das gleich lautende, durch Gewohnheitsrecht entstandene Prinzip des Wohlbestehenkönnens des Hofübernehmers auch außerhalb des Höfe- und Anerbenrechtes, insbesondere bei Hofübergabe unter Lebenden, weitergilt.
Handelt es sich jedoch - wie hier - um die Hofübergabe an eine fremde Person, so stellt der bäuerliche Übergabsvertrag nach seinem wirtschaftlichen Zweck nur einen Verkauf der Landwirtschaft gegen Stundung des Kaufpreises dar, sodaß als Wert der veräußerten Liegenschaft nur der Verkehrswert, das ist derjenige Wert herangezogen werden kann, den der Kläger als Austauschwert (Verkaufswert) auch bei Abschluß eines Kaufvertrages erzielt hätte (1 Ob 624/85 mwN; iglS 5 Ob 603/90 und 5 Ob 521/95). Dies entspricht auch der Regel des § 2 Abs 1 und 2 LBG, das nach dessen Artikel IV Abs 2 Z 1 lit a in dieser Rechtssache schon anzuwenden ist, weil der letzte Auftrag an den Sachverständigen zur Erstattung des Schätzungsgutachtens nicht vor dem 1.7.1992 erteilt wurde.
Da der Übergeber eben ein ganzes Bauerngut an die Beklagte - und nicht einzelne Teile davon an je verschiedene Personen - übergab, hat sich der Verkehrswert auch am Gesamtwert, der bei Veräußerung des ganzen Gutes erzielt werden könnte, zu orientieren, mag er auch in einem Fall wie diesem niedriger sein als der bei Einzelverkauf der Teile erzielbare Erlös.
Der Wert, der schon ab Vertragsabschluß zu erbringenden Gegenleistungen ist nach Wahrscheinlichkeitsregeln (= versicherungsmathematischen Grundsätzen) festzustellen (1 Ob 624/85 mwN; 5 Ob 603/90 ua), daher nicht auf Grund der tatsächlich verlaufenen Zeit, in der diese erbracht wurden.
Zu diesen Gegenleistungen gehören auch die - wenn auch später tatsächlich nicht zum Tragen gekommenen - Leibrentenverpflichtungen des Übergebers gegenüber seiner geschiedenen Ehegattin, die ab Todestag des Übergebers von der Beklagten zu erfüllen gewesen wären. Auch dieser Wert ist nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Berücksichtigung des Lebensalters der beteiligten Personen zu ermitteln: Barwert der von der Beklagten am vermutlichen Todestag des Übergebers bis zum vermutlichen Todestag der Leibrentenberechtigten zu erbringenden Leistungen.
Da der zwischen dem Übergeber und der Beklagten abgeschlossene Pachtvertrag festgestelltermaßen nur eine Formsache war, ist die diesbezügliche Vereinbarung als Ergänzung des Übergabsvertrages - verdecktes und daher wirksames Geschäft (vgl Koziol/Welser, Grundriß10 I 120 samt Rechtsprechungshinweis) - anzusehen. Daraus folgt, daß die von der Beklagten erbrachten Arbeitsleistungen ebenfalls als Gegenleistung für die Hofübergabe anzusehen sind. Darauf muß sie sich allerdings die während dieser Zeit bezogenen Naturalleistungen anrechnen lassen. Es schlägt sich daher bloß die Differenz zu Gunsten oder zu Lasten der Beklagten nieder.
Erst die Differenz zwischen dem Verkehrswert der übergebenen Liegenschaft und dem auf die genannte Art ermittelten Wert der versprochenen Gegenleistungen stellt die für die Pflichtteilsberechnung (ua) maßgebende Schenkung an die Beklagte dar.
In den Pflichtteil einrechnen lassen muß sich die pflichtteilsberechtigte Tochter des Erblassers, die Klägerin, nur das, was ihr von ihrem Vater als Vorschuß auf den Pflichtteil geleistet wurde (§ 789 ABGB). Die der Klägerin sonst von ihrem Vater zugekommenen Schenkungen sind hingegen nicht zu berücksichtigen, weil Schenkungen des Erblassers nur auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes - oder des pflichtteilsberechtigten Ehegatten also nicht der Beklagten - in Anschlag zu bringen sind (§ 785 Abs 1 ABGB).
Schließlich ist noch zu beachten, daß die Bestimmung des Wertes aller für die Pflichtteilsermittlung wesentlichen Vermögensteile (Wert des der Beklagten auf den Todesfall übergebenen landwirtschaftlichen Gutes, Wert ihrer übernommenen Gegenverpflichtungen, Wert des einzurechnenden Vorempfanges der Klägerin) nach dem Zeitpunkt der wirklichen Zuteilung des Pflichtteiles zu erfolgen hat. Maßgebend ist also im Falle der Ausmittlung durch gerichtliches Urteil der Wert am Todestag des Erblassers unter Berücksichtigung der bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz eingetretenen Wertsteigerungen (MGA-ABGB34 § 786/E 2 und 6 sowie § 788/E 4).
Da bisher Feststellungen fehlen, auf deren Grundlage eine Entscheidung in diesem Rechtsstreit im Sinne der dargelegten Rechtsansicht erfolgen könnte, waren in Stattgebung der Revision die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung im aufgezeigten Umfang aufzutragen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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